Die Autonome Gemeinschaft Valencia – Comunitat Valenciana – ist eine sehr vielseitige Region. Von hier stammen die weltberühmte Paella und die Fideuà, nahezu alle Orangen und Zitronen, die wir in Deutschland kaufen können und einer der wichtigsten spanischen Sänger der 70er Jahre: Nino Bravo. Valencia ist auch die Heimat vieler Feste, wie die Falles, die Moros y Cristianos (Mauren und Christen) oder die Tomatina in Buñol. Außerdem ist die Region eines der beliebtesten Urlaubsziele der Nord– und Mitteleuropäer (vor allem an der Costa Blanca, mit Orten wie Benidorm, Calp, Dénia oder Alicante/Alacant).
Die Autonome Gemeinschaft Valencia liegt im Osten Spaniens, hat eine über 500 km lange Küstenlinie und grenzt im Norden an Katalonien und Aragonien, im Westen an Castilla–La Mancha und im Süden an Murcia. Sie besteht aus den drei Provinzen Castellón/Castelló, Valencia/València und Alicante/Alacant. Die Hauptstadt ist die Stadt València, die auch gleichzeitig die Provinzhauptstadt der Provinz Valencia ist. Wie man sieht, ist das mit dem Namen etwas verwirrend, da Valencia sowohl für das Land, die Provinz als auch die Hauptstadt stehen kann. Im Beitrag werde ich „Valencia“ grundsätzlich für die Autonome Gemeinschaft benutzen, ohne explizit darauf hinzuweisen. Für die Hauptstadt benutze ich „València“, da es seit 2017 die einzige offizielle Schreibweise ist. Sollte ich über die Provinz sprechen, wird sich das dann aus dem Kontext ergeben.
Valencia hat in seiner Geschichte viele verschiedene Namen gehabt, doch die heutige offizielle Bezeichnung Comunitat Valenciana ist ein relativ neuer Begriff, der erst im Jahr 1982 mit dem Inkrafttreten des neuen Autonomiestatuts auftauchte. Ihren Ursprung hat die Region im mittelalterlichen Königreich von Valencia (Regne de València), das zwischen 1239 und 1707 existierte, weshalb sie noch lange Zeit einfach Lo Regne genannt wurde. Noch heute sagen die Bewohner der angrenzenden kastilischen Provinz Cuenca, dass sie „ins Königreich runtergehen“ (bajarse al Reino), wenn sie nach Valencia fahren. Später nannte man die Region País Valencià (Valencianisches Land); diese Bezeichnung war bei den Valencianern bis zur Franco-Diktatur die meistgebrauchte. Während der Diktatur etablierte sich der Name „Levante Español“, was verhindern sollte, dass nationalistische Kräfte entstehen. Nach der Diktatur erarbeitete man in Valencia ein Autonomiestatut (alle Parteien nahmen dran teil), das als offizielle Bezeichnung País Valencià und als offizielle Flagge die Senyera (Flagge der aragonesischen Krone) mit einem blauen Streifen an der linken Seite festlegte, in dem sich das Wappen der Generalitat befand. Es war ein hart erarbeiteter Kompromiss, dem alle Parteien am Ende zugestimmt hatten. Doch als der Entwurf nach Madrid geschickt wurde, um abgesegnet zu werden, wurde er stark verändert. Statt País Valencià nannte man die Region Comunidad Valenciana, und die offizielle Flagge wurde die Stadtfahne Valèncias (die sogenannte Reial Senyera – ‘Königliche Flagge’); anstatt des Wappens der Generalitat, hat diese dort eine Krone. Dieses Autonomiestatut nannte man daraufhin in Valencia das „Estatuto de Madrid“, da von der ursprünglichen Version wenig nach geblieben war. Noch heute gibt es einen Flaggenstreit, und die verschiedenen Parteien benutzen verschiedene Namen, um das Land zu benennen. So heißt die valencianische Schwesterpartei der PSOE (entspricht der SPD) in Valencia immer noch PSPV (Partit Socialista del País Valencià), obwohl diese Bezeichnung ja nicht mehr offiziell ist. Aber dazu später mehr.
Valencia ist in etwa so groß wie Mecklenburg-Vorpommern, hat aber dreimal so viele Einwohner, nämlich knapp 5 Mio., von denen fast 2 Mio. in der Metropolregion València leben (in der Hauptstadt selbst ca. 800.000, damit drittgrößte Stadt Spaniens) und fast 760.000 in der Metropolregion Alicante–Elche. Seit der Verfassungsreform von 2006 (neues Autonomiestatut) ist Valencia als historische Nationalität Spaniens anerkannt, denn man hat eine eigene Geschichte, Kultur und Sprache. Valencia ist sprachlich zweigeteilt: In den östlichen 2/3 des Landes spricht man traditionell Valencianisch/Katalanisch (Spanisch vor allem in den Großstädten) und im westlichen Landesinneren spricht man traditionell Spanisch. Das hat historische Gründe, auf die ich später eingehen werde.
Von Iberern, Phöniziern, Römern, Mauren und Königen
Die Region gehörte zum traditionellen Siedlungsgebiet der Iberer. Sie trieben Handel mit den Phöniziern und den Griechen; diese Völker hatten jedoch in Valencia keine Kolonien (die Griechen hatten Kolonien in Katalonien, und die Phönizier in Südspanien), die einzige phönizische Siedlung auf valencianischem Boden – Herna – befand sich in der Nähe von Guardamar del Segura (äußerster Süden). So lief das einige Jahrhunderte lang, bis die Karthager (eigentlich auch Phönizier, die Römer nannten sie Punier) im 3. Jhd. vor Chr. begannen die südliche Mittelmeerküste der Iberischen Halbinsel zu besiedeln. Im Jahr 227 v. Chr. gründeten sie die Stadt Qart Hadasht/ Carthago Nova (heute Cartagena in Murcia) und rückten weiter nach Norden vor. Die iberische Stadt Arse/ Saguntum (heutiges Sagunt, in der Nähe von València) lag auf der Route des punischen Heerführers Hannibal und wurde im Jahr 219 v. Chr. von ihm und seinem Heer belagert; zum einen, um mit den erbeuteten Reichtümern den Angriff auf Rom zu finanzieren und zum anderen, um mehr Männer zu rekrutieren. Die Belagerung dauerte acht Monate und am Ende fiel die Stadt. Dies war der Beginn des 2. Punischen Kriegs, in dem die Karthager und Römer um die Vorherrschaft im westlichen Mittelmeer kämpften. Rom besiegte die Karthager im Jahr 202 v. Chr. und verleibte sich die gesamte iberische Mittelmeerküste ein.
Die Region wurde romanisiert und latinisiert. Es entstanden neue Städte, wie z.B. Valentia (València, 138 v. Chr. gegründet), Lucentum (Alicante/Alacant) oder Iulia Illici Augusta (vorher eine iberische Stadt namens Ilici, heute Elche/Elx), neue Bewässerungssysteme, Infrastrukturen, etc; und die iberische Bevölkerung begann, das Latein als Umgangssprache zu übernehmen. Innerhalb der Bevölkerung gab es einen großen Drang, sich so römisch zu geben wie möglich, um so die begehrte römische Staatsangehörigkeit zu erlangen, die viele Privilegien mit sich brachte. Allerdings ist von der römischen Architektur nur sehr wenig erhalten geblieben. Zu erwähnen sind das Römische Theater in Sagunt (im 19. Jhd. von Napoleons Truppen zerstört, im 20. Jhd. restauriert) und der Triumphbogen von Cabanes.
Anfang des 5. Jhd. n. Chr. beginnt das Römische Reich zu zerfallen. Die germanischen Völker, die ins Reich einbrachen, plünderten Gallien und destabilisierten das Reich, sodass man sich auf die Verteidigung Roms konzentrierte und Hispanien vernachlässigte. Das vereinfachte den Sueben, Vandalen und Alanen ihr Vorrücken auf der Iberischen Halbinsel. Allerdings hatten sie nur sehr wenig Einfluss auf die Küstenregion der Provinz Tarraconensis (zu der Valencia gehörte). Es gab einzelne Streifzüge der Alanen in Südvalencia, mehr aber nicht. Erst Ende des 5. Jhd. verliert die Provinz den Kontakt zu Rom, als die Westgoten die gesamte Iberische Halbinsel besetzen. Sie gründeten das Toledanische Westgotenreich, mit Hauptstadt in Toledo. Eigentlich änderte sich in der Region, die heute Valencia ist, nichts, denn die Westgoten behielten sogar die römische Verwaltungsgliederung bei, sodass der Norden Valencias weiterhin zur Tarraconsensis gehörte und der Süden zur Carthaginensis. Auch die Byzantiner (also das überlebende Oströmische Reich), die für etwa 70 Jahre den Südosten der Iberischen Halbinsel besetzt hielten (ca. 552 – 625 n. Chr.), hinterließen in Valencia kaum Spuren. Der große Umbruch sollte Anfang des 8. Jhd. kommen.
Das Westgotenreich war ein einziges großes Chaos. Der Adel war zerstritten, es gab Machtkämpfe und gewalttätige Auseinandersetzungen. Außerdem litt die Bevölkerung an Hunger und ziemlicher Armut, was immer wieder zu Bauernaufständen führte. Besonders die jüdische Bevölkerung, die seit mindestens 500 v. Chr. in Südspanien lebte, litt unter der Herrschaft der Westgoten. Anfänglich gab es wenig Probleme, da die Westgoten dem Arianismus angehörten, und der Rest der Bevölkerung (ca. 96%) Katholiken waren, die sich ausschließlich um sich selbst kümmerten. Im 6. Jhd. konvertierten die Westgoten allerdings zum Katholizismus und unterwarfen sich der Anordnung der Kirche, wieder zum römischen Recht zurückzukehren, was die Situation für die Juden drastisch verschlechterte. Sie durften keine christlichen Leibeigenen bzw. Feldarbeiter haben (und wenn sie sie hatten, mussten sie sie an Christen verkaufen); Juden durften bestimmte Berufe nicht ausführen und durften keine öffentlichen Ämter bekleiden; Christen, die zum Judentum konvertiert waren, wurden öffentlich ausgepeitscht und diejenigen, die sie zur Konversion gebracht hatten, hingerichtet; gemischte Ehen oder Beziehungen waren verboten, weigerte sich der jüdische Partner zum Christentum zu konvertieren, wurde er verbannt und seine Besitztümer konfisziert. Später kam es dann zur allgemeinen Zwangskonversion aller Juden im Westgotenreich. Da die Konvertiten allerdings nur oberflächlich dem Christentum beigetreten waren, und im Geheimen weiterhin ihre jüdischen Traditionen pflegten, ging man mit extremer Gewalt gegen die „Kryptojuden“ vor: Wer dabei erwischt wurde, den Sabbat oder das jüdische Osterfest zu feiern; Schweinefleisch zu verschmähen; Beschneidungen durchzuführen oder zu erhalten; oder wer Kontakt zu nicht getauften Juden hatte, konnte zum Tode auf dem Scheiterhaufen oder durch Steinigung verurteilt werden. Konvertiten durften außerdem nicht gegen Christen aussagen, mussten regelmäßig vor Priestern erscheinen, um ihren christlichen Glauben zu beteuern und sie mussten bei Reisen immer angeben wohin sie gingen, damit die dortigen Kirchenoberhäupter sie in Empfang nehmen konnten. Später bestrafte man Beschnittene und Beschneider und diejenigen, die jemanden zum Judentum bekehrt hatten, indem man ihnen die Genitalien abschnitt (bei Frauen war es die Nase). Christen, die den Konvertiten dabei halfen, ihre Traditionen auszuleben, mussten mit hohen Geldstrafen und der Exkommunikation (Ausschluss aus der Kirche) rechnen.
Die Westgoten, die nur etwa 4% der Bevölkerung ausmachten, siedelten hauptsächlich in der nördlichen Meseta (also Kastilien) und lebten lange Zeit unter sich. Die hispano–romanische Bevölkerung hatte wenig Kontakt zu ihnen. So war das auch in Valencia. Das änderte sich aber mit der Zeit: So wurden z.B. Mischehen zwischen Westgoten und Hispano–Romanen erlaubt und die Gesetze vereinheitlicht. Das Reich war aber sehr instabil. Anfang des 8. Jhds. stand das Heer der arabischen Umayyaden in Marokko, bereit die Iberische Halbinsel zu erobern. Unterstützung bekamen die Araber, die kurz zuvor die Berberstämme Nordafrikas islamisiert hatten, besonders von der jüdischen Bevölkerung und den adligen Gegnern des Westgoten-Königs Roderic. In nur vier Jahren hatten die Mauren nahezu die gesamte Iberische Halbinsel erobert (711 – 714 n. Chr.).
So entstand al–Ándalus, der muslimisch beherrschte Teil der Iberischen Halbinsel. Anfänglich war das Gebiet eine Provinz des Umayyaden–Reichs, das sich vom Indus im Osten (Punjab, Grenze zwischen Pakistan und Indien), über den Iran, den Kaukasus und Ostanatolien, bis nach Ägypten, Nordafrika und nun eben auch bis zur Iberische Halbinsel im Westen erstreckte. Die Hauptstadt war Damaskus. Bereits 756 machte sich aber al–Ándalus als Emirat von Córdoba unabhängig. Es war Abd–ar Rahman II., der 773 die Unabhängigkeit des Emirats vollendete und die Grundsteine für die erste Hochkultur Europas außerhalb von Byzanz legte; ohne allerdings die spirituellen und kulturellen Verbindungen zur neuen Hauptstadt des Islams – Bagdad – zu kappen. Die Islamisierung der Bevölkerung verlief ziemlich schnell. Viele adlige Familien traten zum Islam über, um ihre Macht zu behalten. Allerdings waren die Mozaraber (mozárabes/ mossàrabs), also arabisierte, aber nicht islamisierte, Christen, einige Zeit in der Mehrheit. Zwar verließen viele Christen al–Ándalus, um in den christlichen Königreichen im Norden zu siedeln, die meisten konvertierten jedoch mit der Zeit zum Islam. Der wichtigste Grund für die Menschen, zum Islam zu konvertieren, war die Tatsache, dass sie dadurch nicht die Dschizya bezahlen mussten; eine Steuer, die nicht–muslimische Schutzbefohlene (Dhimmi) bezahlen müssen, wenn sie unter muslimischer Herrschaft leben. Christen, die zum Islam konvertiert waren, hießen Muladíes. Ein Beispiel für Muladíes war die Familie des adligen Westgoten Casio, der während des Westgoten–Reichs das Gebiet um Zaragoza verwaltete. Nach der Machtübernahme der Umayyaden traten sie zum Islam über und nannten sich von da an Banu Qasi.
Die Region von Valencia wurden von den Eroberern Xarq al–Ándalus genannt, was so viel wie „Osten von al–Ándalus“ bedeutet. Wie in anderen Regionen, waren die hohen Verwaltungsämter aber mit Hispano–Romanen besetzt, die mit den Umayyaden Verträge abgeschlossen hatten. Außerdem kamen viele Araber, aber vor allem nordafrikanische Berber, die anfingen, im Land zu siedeln. Die Araber blieben meist in den Städten, die Berber lebten meist auf dem Land. Allerdings gab es anfänglich keine richtige Verwaltungsgliederung im Emirat. Es kam nämlich immer wieder zu Machtkämpfen und Berber–Aufständen, da die Berber – die in der Überzahl waren – sich von den Arabern bevormundet fühlten. Aber man weiß, dass der Süden der heutigen Provinz Alicante/Alacant zur Kora von Tudmir gehörte (kora war eine muslimische Verwaltungseinheit), inklusive der Städte al–Laqant (vorher Lucentum, heute Alicante/Alacant), Ilsh (vorher Ilici, heute Elche/Elx) und Ûriûla (vorher Orecelis oder Auraiola, heute Orihuela bzw. Oriola). Der Rest von Valencia gehörte wohl zur Kora von Balansiya (allerdings waren die Städte Dâniyah/Dénia und Shâtiba/Xàtiva wichtiger als Balansiya/València), und der Norden gehörte zur Kora von Turtuxa (Tortosa, Süd–Katalonien). Die Gesellschaft war größtenteils von einer extremen Toleranz geprägt. Dies war natürlich von den Arabern gewollt, denn sie stellten nur ca. 10% der Bevölkerung. Der Rest der Bevölkerung bestand hauptsächlich aus Berbern, Hispano–Romanen, die Nachfahren von Iberern und Römern waren, Westgoten und deren Nachfahren, und Juden.
Jedoch kam es immer wieder zu Berber–Aufständen, die erst im 10. Jhd. endgültig befriedigt werden konnten. Daraufhin erklärte sich Abd ar–Rahman III. im Jahr 929 zum Kalifen und gründete so das Kalifat von Córdoba. Damit stärkte er die Position der Umayyaden innerhalb von al–Ándalus und gab ein klares Zeichen an verschiedene muslimische Mächte im Ausland, die die Macht beanspruchten. Außerdem wurden die christlichen Königreiche im Norden zu Vasallen des Kalifats, d.h. sie zahlten jährliche Tribute, um den Frieden zu gewährleisten. Es begann eine – wenn auch kurze – Zeit des Überflusses und des Reichtums. Das Kalifat wurde zum islamisches Zentrum der westlichen Welt, es trieb Handel und exportierte wichtige Fortschritte in Bereichen der Mathematik, Religion, Astronomie und Medizin nach ganz Europa. Die wissenschaftlichen Fortschritte hatte man vor allem dem friedlichen Zusammenleben der drei Religionen (Islam, Judentum und Christentum) zu verdanken, deren Gelehrte sich untereinander austauschten und so immer wieder bahnbrechende Entdeckungen machten. Die Einwohnerzahl von Córdoba (Qurtuba) explodierte, fast 1 Mio. Menschen sollen im 10. Jhd. in Córdoba gelebt haben, was die Stadt zu einer der wichtigsten und größten Städte des späten Frühmittelalters machte. Allerdings gehörte keine valencianische Stadt zu den Hochburgen der andalusischen Kultur (andalusí – von al-Ándalus, nicht zu verwechseln mit dem heutigen Andalusien). Dies kam erst später.
Denn, wie schon gesagt, das Kalifat von Córdoba hielt nicht lange. Bereits im Jahr 1009 begann die Fitna von al–Ándalus, ein Bürgerkrieg, der durch einen Staatsstreich ausgelöst wurde. Was genau zur Fitna führte, und was alles passierte, würde wohl den Rahmen sprengen. Es ging, wie immer, um Macht, und die christlichen Königreiche wussten, wie sie unterschiedliche Lager unterstützen konnten, um das Kalifat zu destabilisieren. In den letzten Jahren des Kalifats gab es alle paar Monate einen neuen Kalifen. Am Ende zerfiel das Kalifat (1031) und es entstanden die sogenannten Taifa–Reiche. Es gab Taifas, die von Berbern regiert wurden, von arabischen Umayyaden und andere, die von den Amiriden regiert wurden (die arabische Dynastie von Abi Amir al–Mansûr (span. Almanzor). Zu den von den Amiriden regierten Taifas gehörten z.B. die Taifa von Dâniya (1010 bis 1091) und die Taifa von Balansiya (1010 bis 1238). Jedoch kam es immer wieder zu Machtwechseln, Taifas vereinten sich und trennten sich wieder oder wurden zu Vasallen der christlichen Königreiche, die in der Zersplitterung des islamischen Kalifats ihre Chance sahen, ihr Einflussgebiet zu vergrößern. Es war aber die Blütezeit der Taifas, denn dadurch, dass man sich nicht mehr auf den Krieg konzentrieren musste und sich die verschiedenen Taifa–Könige gegenseitig überbieten wollten, gab es große Fortschritte in der Kultur und der Wissenschaft. Besonders in Dâniya und Balansiya fokussierten sich die Machthaber auf die Förderung der Poesie und der Wissenschaften. Die Taifa von Dâniya – zu der auch die Balearen gehörten – war in ganz al–Ándalus für ihr Reichtum und ihre Gelehrten bekannt; und Balansiya stand ihr in nichts nach.
Die Festlandgebiete der Taifa von Dâniya wurden 1076 von al–Muqtadir erobert und gingen an die Taifa von Saraqusta (Zaragoza). Die Balearen wurden unabhängig und wurden zur Taifa von Mayûrqa (Mallorca). Es waren sehr chaotische Zeiten, in denen die Allianzen zwischen Taifas und christlichen Königreichen schnell wechseln konnten und immer wieder neue Emire auftauchten. So wurde z.B. die ehemalige Taifa von Dâniya kurze Zeit später wieder unter dem Namen Taifa von Xàtiva unabhängig und versuchte – zusammen mit den Katalanen des Grafen von Barcelona Berenguer Ramon II. – im Jahr 1087 València zu erobern, das mit dem Königreich Kastilien verbündet war, nachdem València zuvor versucht hatte, Xàtiva einzunehmen. Die Taifa von Balansiya/Valencia wurde ab 1086 von einem gewissen al–Qàdir regiert, der vorher Emir von Toledo gewesen war (dank der Unterstützung des Königs Alfonso VI. von Kastilien). Doch die Bevölkerung dort hasste ihn, sodass er entschied, Kastilien die Taifa von Toledo zu überlassen, im Tausch dafür, dass die Kastilier ihm dabei halfen, die Taifa von Balansiya zu regieren. Und so geschah es. Al–Qàdir wurde zum Emir von Balansiya, ohne allerdings die volle Unterstützung seiner Untertanen zu haben, denn seine einzige Unterstützung in der Region waren die kastilischen Soldaten, für deren Lohn er aber horrende Steuern eintreiben musste. Als València von den Heeren von Xàtiva und Barcelona belagert wurde, ersuchte er die Hilfe von Kastilien. Die waren aber mit anderen Kriegen beschäftigt, sodass El Cid auf der Bildfläche erschien.
El Cid, eigentlich Rodrigo Díaz de Vivar, war ein kastilischer Ritter und Söldner. Er ist ein Nationalheld Spaniens: schon im Jahr 1200 taucht der Heldenepos „Cantar de Mio Cid“ auf, eines der frühesten Werke der spanischen Literatur, das zudem nahezu vollständig erhalten ist. Dieser Heldenepos führte allerdings auch dazu, dass die Figur des Cid ziemlich verherrlicht wurde. Ihm wird zugeschrieben, dass er Spanien den Christen wiedergeben wollte, und dass sich sein Kampf immer der Reconquista widmete; immer im Kampf der Christen gegen die Muslime. So wichtig er zwar für die Idiosynkrasie Spaniens war und ist, so unwahr sind aber auch einige Geschichten, die in diesem Epos stehen. Genauso wird nämlich die gesamte Reconquista romantisiert, es ging nicht um den Kampf der Christen gegen die Muslime, es ging um Macht. Alle christlichen Königreiche schlossen Allianzen mit muslimischen Taifas, um andere christliche Königreiche oder Taifas zu bekämpfen. Und das spiegelt sich auch in der Geschichte des Cid wider. Er wuchs am kastilischen Hof in Burgos auf, wo er später Truppenführer des Königs Sancho II. von Kastilien wurde. Für ihn kämpfte er gegen die Brüder des Königs, Alfonso VI. von León und García von Galicien. Als Sacho II. allerdings starb und sein Bruder Alfonso VI. León und Kastilien vereinte, wurde er zum Truppenführer von Alfonso VI., der nun König von Kastilien, León und Galicien war und den er zuvor bekämpft hatte. Da El Cid aber eigenmächtige Eroberungszüge durchführte, mit denen der König nicht einverstanden war, fiel er in Ungnade und wurde aus Kastilien verbannt. Daraufhin suchte er Zuflucht in der muslimischen Taifa von Zaragoza, für dessen Emir al–Mu’tamin er ein Söldnerheer aufbaute, das aus seinen christlichen Gefolgsmännern, aber auch muslimischen Soldaten, bestand. Mit diesem Heer kämpfte er gegen den Grafen von Barcelona und gegen die Taifas von Turtuxa (Tortosa), Al-Bûnt (Alpont/Alpuente), Dâniya (Dénia) und Lârida (Lleida). Einige eroberte er eigenhändig (ohne einem König unterstellt zu sein), andere mussten ihm Tribute (parias) zahlen. Da er auf diese Weise Geld eintrieb, das eigentlich den Königen gehörte, verbündeten sich die Könige von Kastilien und León, Aragonien und der Graf von Barcelona mit Pisa und Genua, um El Cid in Tortosa anzugreifen. Dieser Angriff schlug allerdings fehl und er zog weiter in Richtung Valencia.
El Cid, der diesen Beinahmen wohl erst nach seinem Tod bekam (cid geht auf das arabische sîdi – ‘Herr’ zurück), besiegte die Belagerer vor den Toren von València und machte sich daraufhin auf den Weg nach Norden, um Ländereien Kastiliens zu erobern. Die Stellung von al–Qàdir in València war aber geschwächt, was zu einer Stadtrevolte führte, bei der er von Ben Yahhaf, einem Cadí/Qâdî (islamischen Rechtsgelehrten) aus Toledo, getötet wurde. Ben Yahhaf erlaubte den Almoraviden die Stadt zu betreten, sodass sie kurzzeitig von ihnen besetzt war (1092 – 1094). Als El Cid dies aber erfuhr, kehrte er zurück, belagerte València und nahm sie dann im Jahr 1094 ein. Ben Yahhaf ließ er als Rache für den Mord an al–Qàdir auf einem Scheiterhaufen verbrennen. Die Eroberung Valèncias verlief offiziell im Namen der kastilischen Krone, faktisch agierte El Cid aber unabhängig von Kastilien. Zwischen 1094 und 1102 errichtete er in València sein eigenes christliches Reich (Señorío de Valencia) und versuchte durch die Heirat seiner beiden Töchter mit dem Grafen von Barcelona (Ramon Berenguer III.) und Ramiro Sánchez von Pamplona (Herr von Monzón) eine gemeinsame Allianz gegen die vorrückenden Amoraviden zu bilden. Außerdem versuchte er, mozarabische Christen im Umland von València anzusiedeln. Dafür ließ er mehrere Kirchen erbauen, denn zu der Zeit war der allergrößte Teil der Bevölkerung muslimisch (es gab Mauren und Araber, aber die Mehrheit waren Nachfahren der Muladíes, also hispano-romanischer Christen, die zum Islam konvertiert waren). Er ließ zudem die Hauptmoschee von València zu einer Kathedrale umwandeln und brachte den radikal-konservativen französischen Cluny–Orden in die Stadt, der einen kompromisslosen Kurs gegen die nicht–christliche Bevölkerung verfolgte und die mozarabische Liturgie (auch altspanische Liturgie genannt) durch die römische ersetzte. Als er aber im Jahr 1099 starb, schaffte es seine Frau Ximena nicht mehr lange, València zu halten. Der kastilische König Alfonso VI. kam ihr zur Hilfe, brachte sie und ihre Familie aus der Stadt und ließ die Stadt danach niederbrennen. Auch der Tod von El Cid ist legendär. Die Legende besagt, dass er in einem Hinterhalt tödlich verletzt wurde. Seine Gefolgsleute nahmen ihm kurz vor seinem Tod aber das Versprechen ab, den Feind mit ihm erneut anzugreifen. Also schminkten sie die Leiche, setzten sie in voller Montur und Schwert auf sein weißes Pferd, und ließen es ins Getümmel laufen. Die berberischen Almoraviden sollen von der Erscheinung des Totgeglaubten so erschrocken gewesen sein, dass das Heer von El Cid einen glorreichen Sieg einfahren konnte. Tatsächlich weiß man aber wenig über seinen Tod, am wahrscheinlichsten ist, dass er im Bett seinen Verletzungen erlag.
Mit dem Fall von València, wurde die gesamte Region Teil des Almoraviden–Reichs, das sich in Nordafrika über Marokko und Teilen Algeriens bis nach Mauretanien ausdehnte. Die Bevölkerung, die größtenteils muslimisch war (die christlichen Mozaraber waren eine Minderheit), hatte stehts ihre Abneigung gegen die Almoraviden deutlich gemacht. Diese hatten wenig mit der kultivierten Welt zu tun, in der sie vorher gelebt hatten. Im Jahr 1144 begann eine Rebellion gegen die Almoraviden, die damit endete, dass ihr Reich unterging, und neue Taifas entstanden. In Valencia war es der Muladí Muhammad ibn Mardaniš (man glaubt, dass Mardaniš die arabische Form des spanischen Nachnamen Martínez/Martines war; die Christen nannten ihn „Rey Lobo“ – König Wolf), der im gesamten Osten der Iberischen Halbinsel die Macht übernahm. Er wurde zum unabhängigen Emir von Mursiyya (Murcia), Balansiya (València) und al–Mariyya (Almería). Bis zu seinem Tod im Jahr 1171 konnte er sein Reich – aufgrund von Bündnissen mit dem christlichen Norden – gegen die Almohaden (eine andere Berber-Dynastie aus Nordafrika), die schon den Südwesten der Iberischen Halbinsel erobert hatten, verteidigen. Doch am Ende siegten die Almohaden.

Die Taifas von Valencia und Dénia gehörten Mitte des 12. Jhd. zur Taifa von Murcia (im Osten von al-Ándalus). Die helleren Gebiete im Westen waren schon unter der Kontrolle der Almohaden.
Zur gleichen Zeit hatte sich im christlichen Norden einiges getan und die christlichen Königreiche waren dabei, weiter in den Süden vorzurücken. So hatte Aragón z.B. 1117 bereits Saraqusta (Zaragoza) und 1120 die Stadt Qal’at Ayyub (Calatayud) erobert, und Kastilien im Jahr 1147 die Festungsstadt Qal’at Rabah (Calatrava, südlich von Toledo). Die Grafschaft von Barcelona hatte sich im Jahr 1137 mit dem Königreich Aragón zur Krone von Aragonien vereint, die nun versuchte, nach Süden zu expandieren. Ramon Berenguer IV., Graf von Barcelona und Fürst von Aragón (erst 1158 erlaubte ihm der Papst, sich „König von Aragonien“ zu nennen), hatte 1148 Tortosa und 1149 Lleida erobert und schickte sich nun an, weitere Städte zu erobern. Im Jahr 1170 fiel Tirwal (Teruel, heute Süd-Aragonien) in die Hände der aragonesischen Krone, und die Almohaden rückten von Süden in Richtung Valencias. Nachdem Ibn Mardaniš im Jahr 1171 gestorben war, erklärte sich sein Bruder Alu al–Hajjaj zum Vasall der Almohaden. So ging die gesamte Region Valencia 1172 an das Reich der Almohaden, die es aber – genauso wie die Almoraviden – nicht schafften, die hispano–arabische Bevölkerung mit der neuen nordafrikanischen Herrschaft zu einer zusammenhängenden politischen Einheit zu vereinen. Die Hauptstadt des Almohaden–Reichs lag nicht mehr auf der Iberischen Halbinsel, sondern in Nordafrika (Marrakesch), sodass die meisten Verwalter ziemlich unabhängig agierten. Gegen 1227 begann eine Rebellion gegen die Almohaden, die von Ibn Hud al–Djudzaní angeführt wurde, der bereits 1228 die gesamte Südhälfte Valencias (u.a. Orihuela, Dénia, Gandía und Xàtiva) kontrollierte. Allerdings schaffte er es nicht, den Norden zu erobern, da die dortigen Machthaber den Almohaden treu blieben. Der almohadische Herrscher Valencias, Zayd Abu Zayd, hatte ein Bündnis mit Jaume I., dem König von Aragonien, geschlossen, damit dieser ihn in nächster Zeit nicht angreift, was aber in der Bevölkerung nicht gut ankam, da man befürchtete, dass er sich zu sehr den Christen annähern würde. Und so sollte es kommen: Die Rebellionen hörten nicht auf, sodass Abu Zayd entschied, Jaume I. zu erlauben, die Taifa von Valencia zu erobern. 1232 begann die Eroberung im Norden von Castellón, 1233 fielen Burriana, Castellón de la Plana, Peñíscola und Villafamés. Im Jahr 1236 konvertierte Abu Zayd zum Christentum, änderte seinen Namen zu Vicent Bellvís und gab all seine Ländereien an das Bistum Segorbe ab, um so seine Christenheit zu untermauern. Die Stadt València und andere Festungen waren allerdings in den Händen von den Anhängern von Zayyan, dem Enkel des „Rey Lobo“, die sich weigerten, sich den Christen zu ergeben. Nach einer 5-monatigen Belagerung, ergab sich València im Jahr 1238 und wurde Teil der Krone von Aragonien. Zur Zeit der Kapitulation Valèncias sollen im Gebiet 120.000 Muslime, 2.000 Juden und bereits 60.000 Christen gelebt haben. Zayyan soll bei der symbolischen Schlüsselübergabe Jaume I. gebeten haben, sein Volk weiterhin mit Toleranz zu regieren, denn in seinem Reich hatten sowohl Juden als auch Christen ihrem Glauben nachgehen dürfen. Er hoffe, dass den Muslimen im neuen Reich dieselben Rechte gewährt werden würden. Leider war dem aber nicht ganz so. Die Reconquista ging weiter. Der Süden Valencias wurde kurz darauf erobert: Bis 1245 waren alle maurischen Festungen Valencias erobert und in die aragonesische Krone integriert. Eine Ausnahme stellt der extreme Süden Valencias dar, der laut dem Vertrag von Almizra im Jahr 1244 an Kastilien gehen sollte (dazu gehörten Orihuela, Elche/Elx und Alicante/Alacant). Damit endete die über 500 Jahre währende muslimische Herrschaft in Valencia.
Jaume I., der anscheinend ziemlich föderalistisch geprägt war, setzte sich gegen den aragonesischen Adel durch und gründete 1238 das Königreich Valencia, das eine eigene Gesetzgebung (Furs de València), ein eigenes Parlament (Corts Valencianes) und eine eigene Münze hatte, obwohl es weiterhin zur Krone von Aragonien gehörte. Damit reihte es sich in die Liste der autonomen Territorien der Krone ein, wie z.B. das Königreich Aragón, das Fürstentum Katalonien oder das Königreich Mallorca. Die Corts Valencianes mussten, genauso wie die Corts der anderen Teilreiche, einmal im Jahr einberufen werden und ihre Beschlüsse waren bindend. Das ist einer der größten Unterschiede zu den Cortes in Kastilien, die ausschließlich einen beratenden Charakter hatten. Viele Muslime wanderten in die noch muslimischen Gebiete von al–Ándalus aus (z.B. Granada), viele andere blieben jedoch. Das Gebiet wurde mit Katalanen und Aragoneses wiederbesiedelt. Dabei stellten die Katalanen etwa 65% der Siedler dar und siedelten hauptsächlich in den Küstenregionen. Die Aragonesen siedelten im Landesinneren. Trotzdem stellten die Mudéjares, wie die muslimische Bevölkerung jetzt genannt wurde (arabisch mudajjan – ‘domestiziert’), lange Zeit die Bevölkerungsmehrheit (in manchen Regionen gab es fünfmal mehr Muslime als Christen), obwohl nach der Eroberung etwa 60.000 Muslime in den muslimischen Süden Spaniens oder nach Nordafrika ausgewandert waren (etwa 1/3 der damaligen Bevölkerung Valencias). Noch im 16. Jhd. stellten sie über 30% der Bevölkerung Valencias. Obwohl bei der Eroberung Verträge unterschrieben wurden, die den Schutz ihres Glaubens, ihrer Traditionen und Sprache sicherstellen sollten, zeigten viele der Siedler diese Toleranz nicht. Während die meisten Siedler zu Großgrundbesitzern wurden, bestellten die Muslime ihr Land. Die Mudéjares waren schon immer Weltmeister der Landwirtschaft gewesen: Ihre Vorfahren hatten die Zitrusfrüchte, Reis, Zuckerrohr und neue Gemüsesorten (z.B. Auberginen und Artischocken) auf die Iberische Halbinsel gebracht und neue Bewässerungssysteme und Anbauarten (Terrassenfelder, Dämme) eingeführt, die halfen, Valencia zu einer der fruchtbarsten Regionen Spaniens zu machen. So lebten Teile der muslimischen Gesellschaft entweder in abgelegenen Aljamas (quasi–autonome Gemeinden, in denen sie ein normales Leben führen konnten) und in den städtischen Morerías (Maurenvierteln entweder innerhalb der Städte oder in den Arrabales, Vierteln außerhalb der Stadtmauern, die zuvor von den mozarabischen Christen bewohnt worden waren), oder aber als Sklaven der Großgrundbesitzer, die hohe Ernteabgaben verrichten mussten. In den folgenden Jahrzehnten (hauptsächlich zwischen 1244 und 1277) kam es zu drei großen Aufständen der muslimischen Bevölkerung. Im Katalanischen heißen diese Aufstände „Revoltes d’al–Azraq“, weil sie vom Mudéjar al–Azraq („der Blauäugige“) angeführt wurden, der im Vall d’Alcalà (bei Dénia) als Sohn eines Muslims und einer Christin geboren wurde. Bei den Aufständen wurde al–Azraq u.a. vom Sultan von Granada und von der Krone von Kastilien unterstützt. Während der letzten Revolte, bei der er versuchte, Alcoi einzunehmen, wurde er tödlich verwundet; sein Sohn rächte allerdings seinen Tod und schaffte es Alcoi und Xàtiva zu erobern. Während die Aufständischen auf Unterstützung aus Nordafrika warteten, konnte der neue aragonesische König Pere III. die Rebellen besiegen. Er entwaffnete sie, aber anstatt sie zu bestrafen, sicherte er ihnen zu, sich im gesamten Königreich frei bewegen und niederlassen zu können und freien Handel treiben zu können. Damit widersetzte er sich – wie schon sein Vater Jaume I. – den Anweisungen des Papstes in Rom, der ihnen aufgetragen hatte, alle Muslime aus ihren Königreichen zu vertreiben. Allerdings gab es dadurch auch erstmal keine muslimischen Aufstände mehr, obwohl sie z.B. immer noch keine öffentlichen Ämter bekleiden durften.
Ende des 13. Jhd. eroberte die aragonesische Krone den Süden der heutigen Provinz Alicante, der eigentlich von den Kastiliern erobert worden war. 1305 unterschrieben Kastilien und Aragonien einen neuen Vertrag, den Vertrag von Elche, in dem sie sich die ehemalige Taifa von Mursiyya untereinander aufteilten. Die heutige Region Murcia ging an Kastilien, Alicante/Alacant, Elche/Elx und Orihuela gingen an Aragonien und wurden ins Königreich von Valencia integriert. Das Königreich von Valencia wurde in zwei Gouvernements unterteilt: im Süden die Governació d’Oriola (auch Governació dellà Xixona genannt; entspricht dem Süden der heutigen Provinz Alicante) und im Zentrum und Norden die Governació de València, die wiederum in drei Unter–Gouvernements unterteilt war: die Governació de Xàtiva bzw. dellà del Riu Xúquer (entspricht dem Norden der heutigen Provinz Alicante und den Süden von Valencia), die Governació de València (Norden der heutigen Provinz Valencia) und die Governació de Castelló bzw. dellà del Riu Uixó (in etwa die heutige Provinz Castelló); diese wurden aber alle vom Governador de València überwacht. Doch das neue Königreich hatte es nicht leicht in den ersten 150 Jahren.
Das 14. Jhd. war geprägt von Tod und Kriegen. Schon kurz nach der Gründung des Königreichs hatten sich verschiedene Adelsfamilien aus Aragonien und Valencia zusammengetan, um den König Pere IV. zu zwingen, ihnen mehr Rechte zu geben (die sogenannten Unió d’Aragón und Unió de València). Diese Auseinandersetzungen mündeten im Jahr 1348 im Krieg, der Guerra de la Unió, bei dem sich Truppen der aufsässigen Adligen den Truppen des Königs gegenüberstanden. Der Krieg fand ausschließlich in Valencia statt und endete mit dem Sieg von Pere IV. Obwohl er zunächst die Privilegien des Adels abschaffte und viele der Aufständischen hinrichten ließ, legten die Unions den Grundstein für die spätere Entwicklung der Ständeversammlungen, die der König einmal im Jahr einberufen musste und ohne deren Zusage er keine Entscheidungen treffen durfte. Doch noch im selben Jahr (1348) brach die Schwarze Pest aus. Immer wieder brachen neue Epidemien aus, die bis zum Anfang des 15. Jhd. ein Drittel der Bevölkerung der aragonesischen Krone töteten. Im Königreich von Valencia waren die Folgen aber sehr unterschiedlich. Während der Norden zwischen 40 – 70 % seiner Bevölkerung verlor, verdoppelte der Süden seine Bevölkerungszahl, weil der Siedler–Strom aus dem Norden (Katalonien, Nord–Valencia, Aragón, Kastilien, Okzitanien) nicht abriss. Allerdings hatte die Pest soziale Folgen: Auf der Suche nach einem Schuldigen, konzentrierte sich die christliche Bevölkerung auf die Juden und Mudéjares. Aber eben besonders auf die Juden. Im Jahr 1391 breitete sich eine Verfolgungswelle von Sevilla in andere Teile der Iberischen Halbinsel aus. Tausende Juden wurden ermordet, hunderte Juderías bzw. Calls (Judenviertel) verschwanden. In València starben ca. 250 Juden bei den Revolten. Viele Juden flohen daraufhin, erst nach Portugal, später nach Nordafrika, Frankreich und sogar nach Istanbul. Die meisten blieben allerdings und mussten sich einer Zwangskonversion unterziehen. Nur ca. 100.000 auf der gesamten Iberischen Halbinsel blieben ihrem Glauben treu (etwa 20.000 davon auf dem Gebiet der Krone von Aragonien), wobei man viele Conversos (wie die zum Christentum konvertierten Juden genannt wurden) dazuzählen muss, die im Geheimen ihren jüdischen Glauben weiterlebten.
Zwischen 1356 und 1375 kam es zu einem Krieg zwischen den Kronen von Kastilien und Aragonien, dem sogenannte Guerra dels dos Peres/ de los dos Pedros (Krieg der beiden Peter). In Kastilien war 1351 ein Bürgerkrieg ausgebrochen, in dem die Anhänger von Pedro I. gegen die Anhänger seines Halbbruders Enrique de Trastámara kämpften. Die Krone von Aragonien unterstützte, zusammen mit Frankreich, die Ansprüche von Enrique. England (mitten im Hundertjährigen Krieg gegen Frankreich), Genua, Portugal, Navarra und das muslimische Granada unterstützten Pedro I. von Kastilien. Als dann 1356 zwei genuesische Schiffe von den Aragonesen angegriffen wurden (Genua war ein Feind Aragoniens, aber Verbündeter Kastiliens), erklärte Kastilien Aragonien den Krieg. Allerdings war dies nicht der einzige Grund: Aragonien beanspruchte das restliche Gebiet der ehemaligen Taifa von Murcia für sich (das vertraglich aber an Kastilien gegangen war), während Kastilien den Süden Alicantes zurück haben wollte. So begann kastilischer Truppen, in das Gebiet einzudringen, das sie auch relativ schnell unter ihre Kontrolle brachten. Die meisten Schlachten fanden aber im Königreich von Aragonien statt. Erst 1363 wurde es für Valencia brenzlich, da die kastilischen Truppen die Stadt València belagerten. Pedro I. – der auch „der Grausame“ genannt wird, weil er dutzende, wenn nicht hunderte, Frauen und Kinder (darunter auch seine eigenen Halbgeschwister) seiner Widersacher ermorden ließ – ging in Valencia grausam gegen die Bevölkerung vor. Doch am Ende konnte sich Pere IV. von Aragonien behaupten. Im Jahr 1375 wurde ein Friedensvertrag (Tratado de Almazán) unterschrieben – allerdings nicht mehr mit Pedro I., da der 1369 wohl von Enrique (ab diesem Moment neuer König Kastiliens, als Enrique II. von Kastilien) ermordet worden war – in dem Aragonien ein paar Landstriche an Kastilien abgab, wie z.B. den Señorío de Molina (heißt heute Molina de Aragón und liegt in der kastilischen Provinz Guadalajara) und Kastilien Aragonien im Gegenzug die eroberten Festungen in Alicante zurückgab und 180.000 Florins d’Or (Goldmünzen) bezahlte. Außerdem musste Kastilien der Heirat von Elionor d’Aragó i Sicília (Tochter von Pere IV.) und Juan de Castilla (Sohn von Enrique II.) zustimmen.
Das 15. Jhd. war zwar nicht frei von Auseinandersetzungen, aber es war die Blütezeit des Königreichs von Valencia. Die Stadt València wurde zu einer der zwei wichtigsten Städte der aragonesischen Krone (die andere war Barcelona) und stieg zu einer der wichtigsten Handelsmetropolen des Mittelmeers auf. Im Jahr 1407 wird in València die Taula de Canvis i Depòsits eröffnet, ein direkter Vorgänger der heutigen Sparkassen der aber auch den Charakter einer Börse hatte. Nach der Taula de Canvis von Barcelona, die 1401 eröffnet wurde, war sie die älteste öffentliche Bank Europas. Die Textilindustrie florierte, die Stadt entwickelte sich zur bevölkerungsreichsten der gesamten Krone. Gegen Ende des 15. Jhd. wurde die Universitat de València gegründet und die Llotja de la Seda (Seidenbörse) erbaut, der wichtigste Umschlagplatz des westlichen Mittelmeers und heute UNESCO–Weltkulturerbe. Ab Ende des 15. Jhd. war die Llotja de la Seda zudem der Sitz des 1238 gegründeten Consolat de Mar, einer juristischen Institution, die die Einhaltung der maritimen und kommerziellen Gesetze beaufsichtigte. València war so reich, dass die Stadt den Großteil der Finanzierung der Mittelmeer-Expansion der Krone von Aragonien übernahm (Eroberung des Königreichs von Neapel, Befriedigung von Sardinien, etc.). Dieses Jahrhundert wird auch Segle d’Or Valencià (Valencianisches Goldenes Jahrhundert) genannt, denn es war auch ein Höhepunkt für die Kultur und Architektur des Landes. Besonders hervorzuheben ist die katalanischsprachige Literatur, die zu keinem Zeitpunkt der Geschichte so omnipräsent gewesen war, wie im 15/16. Jahrhundert. Die bekanntesten Schriftsteller waren Ausiàs March, Isabel de Villena, Jaume Gassull, Bernat Fenollar, Joan Roís de Corella und natürlich Joanot Maragall (Schwager von Ausiàs March), dessen Werk Tirant lo Blanc ein Wendepunkt in der Romanliteratur Europas bedeutete und noch heute als Grundstein für den modernen Roman gilt. Selbst Cervantes ließ sich für seinen Roman Don Quijote, der hundert Jahre später erschien, von diesem Buch inspirieren. Im Quijote wird das Buch sogar namentlich erwähnt: es wird als „das beste Buch der Welt“ bezeichnet und vor der Verbrennung gerettet. Allerdings hatte das Buch in Kastilien keinen Erfolg (vor allem da es anfänglich keine spanische Übersetzung gab), und hätte Cervantes es nicht in seinem Meisterwerk erwähnt, wäre es wohl heute schon längst vergessen.
Doch wie schon gesagt, es war nicht alles so perfekt. Im Jahr 1410 starb der König Martí l’Humà ohne Thronfolger. Dies löste eine institutionelle Krise aus, an deren Ende 1412 der Kompromiss von Caspe stand: Fernando de Trastámara (auf Katalanisch auch Ferran d’Antequera genannt) wurde zum neuen König, Fernando I., gekrönt. Obwohl er Kastilier war, war dies möglich, weil seine Mutter (Elionor d’Aragó) ja aus dem aragonesischen Königshaus (Casal de Barcelona) stammte und Schwester des verstorbenen Martí l’Humà war. Zwar existierte somit die Krone von Aragonien weiter, aber es war das Ende der katalanisch-aragonesischen Dynastie (nahezu alle vorherigen Könige stammten aus dem Haus Barcelona). Außerdem legte dieser Dynastie–Wechsel auch die Weichen für die spätere dynastische Vereinigung der Kronen von Kastilien und Aragonien. Dies sollte dann Ende des 15. Jhds. passieren. Es war leicht chaotisch, weil vieles in sehr kurzer Zeit passierte: Im Jahr 1469 heirateten Fernando II. von Aragonien und Isabel I. von Kastilien, doch sie wurden erst 1475 gekrönt. Allerdings bedeutete das noch nicht die tatsächliche Vereinigung von Kastilien und Aragonien, denn während Fernando II. jetzt auch König von Kastilien war, war Isabel I. nicht Königin von Aragonien, da es die aragonesischen Gesetze nicht erlaubten. Das Emirat von Granada (Reino Nazarí de Granada) weigerte sich, weiterhin die hohen Tribute an die kastilische Krone zu zahlen, sodass Kastilien die instabile Situation im letzten muslimischen Königreich ausnutzte (Bürgerkriege, etc.) und ab 1481 immer mehr Gebiete Granadas eroberte. Anfang Januar 1492 kapitulierte Granada und wurde so in Kastilien integriert. Damit verschwand nach 800 Jahren das letzte muslimische Herrschaftsgebiet auf der Iberischen Halbinsel. Im März 1492 unterzeichnen die „Katholischen Könige“ (so wurden Fernando II. und Isabel I. nun genannt) – getrieben von der Inquisition – das Alhambra–Edikt in Granada, das die Vertreibung aller Juden aus Spanien anordnete. Vier Monate hatten die Juden Zeit, ihren Besitz zu verkaufen und die Königreiche zu verlassen (allerdings durften sie keine Münzen ausführen, sie durften nur Wechselurkunden mitnehmen). Besonders die reicheren und viele Rabbiner konvertierten zum Christentum. Aber über 100.000 Juden verließen die Iberische Halbinsel (ca. 80.000 aus Kastilien und 20.000 aus den Ländern der Krone von Aragonien), erst in Richtung Nordafrika und Portugal, und von dort dann weiter in die ganze Welt. Die größten sephardischen Gemeinden (die spanischen Juden nannten sich Sephardim; hebr. Sefarad – ‘Spanien’) lebten im Osmanischen Reich (das sie explizit eingeladen hatte), besonders in Istanbul, Bosnien und Thessaloniki (im 19. Jhd. waren 65% der Einwohner Thessalonikis Sephardim, die immer noch Ladino, Judenspanisch, sprachen; als die Deutschen dort im 2. Weltkrieg einfielen, fielen aber über 80% der Bevölkerung dem Holocaust zum Opfer). Heute leben die meisten Sephardim in Israel. Fast 300.000 Juden entschieden sich jedoch dazu, zu bleiben und sich der Zwangskonversion zu unterziehen (ob man es wirklich als „Entscheidung“ bezeichnen kann, ist mehr als fraglich, da sie sich die Ausreise selbst finanzieren mussten und die allermeisten Juden zu der Zeit von der Landwirtschaft lebten). Die Konvertiten entgingen mit der Taufe aber nicht der Inquisition. Noch jahrzehntelang verfolgte die Inquisition die Marranos („Schweine“, so wurden die Conversos auch genannt), um zu verhindern, dass sie heimlich ihrem Glauben nachgingen. Alle Conversos standen unter Generalverdacht, schlechte Katholiken zu sein. Wichtig zu erwähnen ist in diesem Kontext der valencianische Humanist und Philosoph Lluís Vives (mit ganzem Namen Joan Lluís Vives i March). Er war Sohn eines aus València stammenden Converso–Paares; der Vater wurde auf dem Scheiterhaufen verbrannt, und die Überreste seiner Mutter wurden über 20 Jahre nach ihrem Tod wieder ausgegraben und symbolisch verbrannt. Nachdem seine Mutter an der Pest gestorben war, schickte ihn sein Vater 1509 nach Paris. Er studierte dort und ließ sich nach einiger Zeit in Brügge nieder. Mit den Jahren erarbeitete er sich einen hervorragenden Ruf in Europa, lehrte in England, etc. Als erster Denker seiner Zeit, setzte er sich für eine umfassende Schulbildung für Frauen ein und verteidigte in seinen Schriften die Pflicht des Staates, seine arme Bevölkerung zu versorgen. Neben Erasmus von Rotterdam – einem langjährigen Freund von Vives – zählt Vives zu den meistgelesenen Humanisten des 16., 17. und 19. Jhds.
Auch wenn im Königreich von Valencia die Vertreibung der Juden nicht so tiefgreifende Folgen hatte (da hier eher wenig Juden lebten), zeigt das Beispiel von Vives aber sehr klar, dass es trotzdem Menschen getroffen hat. Bei geschichtlichen Ereignissen neigt man oft dazu, sie einfach hinzunehmen, ohne sich bewusst zu machen, was sie tatsächlich für die Menschen damals bedeutet haben. Interessant ist auch die Tatsache, dass laut den letzten Forschungsergebnissen, 20% aller Spanier zumindest väterlicherseits sephardischer Herkunft sind. Zeitgleich mit dem Ablauf der Auswanderungsfrist (2. August 1492), machte sich Columbus auf den Weg nach Indien. Noch im selben Jahr „entdeckte“ er Amerika und die Kolonialisierung des neuen Kontinents begann. Obwohl diese allein den Bewohner der Krone Kastiliens vorbehalten war, beteiligte sich Valencia finanziell ziemlich stark daran.
Im Jahr 1516 wurde Carlos I. zum König der spanischen Monarchie gekrönt. Damit war er der erste König, der die beiden Kronen regierte. Somit war er der erste König Spaniens. Jedoch hieß das nur, dass die ehemaligen Kronen von Kastilien und Aragonien nun von einem König regiert wurden. Die Teilreiche der ehemaligen Krone Aragoniens behielten ihre eigenen Institutionen, Gesetze, Sonderrechte, Amtssprachen, Grenzen, Währungen und Zölle bei. Um gekrönt zu werden, musste er versprechen, Spanisch zu lernen; denn der in Gent geborene Habsburger, konnte kein Spanisch. Allerdings dauerte seine Krönung in den Königreichen der Krone von Aragonien etwas länger, denn er musste erst in jeder Ständeversammlung vorstellig werden und schwören, dass er die Sonderrechte und Privilegien unberührt lassen würde. In Valencia tat er das erst im Jahr 1528, weil er sehr beschäftigt war: 1519 wurde er zum König des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation (als Karl V.), 1520 brach ein Aufstand in Kastilien gegen ihn aus (Guerra de las Comunidades de Castilla) und in Valencia kam es ab 1519 zu den sogenannten Revoltes de les Germanies (Rebellionen der Bruderschaften). Die Germanies waren Handwerkerzunften, die das Recht hatten, sich in Krisensituationen zu bewaffnen. Da Valencia in den letzten Jahren verstärkt von osmanischen Piraten heimgesucht wurde, was die Wirtschaft immer mehr schwächte, bewaffneten sie sich. Während einer erneuten Pest–Epidemie im Jahr 1519, war der Adel aus den Städten geflohen, um in ihren abgeschiedenen Landhäusern Zuflucht zu suchen. Dieses Machtvakuum wurde von den Germanies genutzt, um die Macht zu ergreifen. Sie vertrieben den Vizekönig Diego Hurtado de Mendoza aus València und die Situation eskalierte. Da die Mudéjares dem Adel treu geblieben waren (schließlich bearbeiteten sie ihr Land), kam es vermehrt zu brutalen Übergriffen auf die muslimische Bevölkerung (z.B. Überfall und in Brand stecken der Morería von València). Außerdem zwang man jeden Mudéjar, den man fand, zur Taufe. Nach Ende des Krieges versuchte der Adel diese Zwangstaufen rückgängig zu machen, jedoch entschied die Kirche, dass das nicht ginge: schließlich wären die Muslime freiwillig konvertiert, man hatte ihnen ja die Wahl gelassen zwischen der Taufe oder dem Tod. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Mudéjares zu Morisken (Moriscos) bzw. Neu-Christen (Cristianos nuevos). Erst 1522 schafften es die Adligen mit ihren Truppen alle valencianischen Städte zurückzuerobern. Die daraufhin eingesetzte Vizekönigin Germana de Foix griff hart durch und soll über 800 Todesurteile gegen die Aufständischen unterschrieben haben. Ob diese auch alle ausgeführt wurden, ist nicht klar, denn 1524 veröffentlichte Germana de Foix ein Dokument, in dem sie Aufständischen begnadigte. Dieses Dokument gilt als erstes auf Spanisch verfasste Dokument in Valencia. Doch erst als König Carl I. nach Valencia reiste, um den Institutionen und Sonderrechten des Königreichs die Treue zu schwören, konnte dieser Aufstand endgültig befriedigt werden.
Der Aufstieg des Osmanischen Reichs und die Piraten brachten im 16. Jhd. den Handel im westlichen Mittelmeer bald zum Erliegen, was für die Stadt València, und damit für das gesamte Königreich, schlimme wirtschaftliche Folgen hatte. Dies hatte natürlich auch soziale Folgen, denn große Teile des Bürgertums verarmte. Die Morisken, die größtenteils in sklavenähnlichen Verhältnissen das Land des Adels bestellten, betraf dies aber nicht wirklich. Allerdings wurde das Misstrauen ihnen gegenüber größer. Sie waren jetzt getauft, und trotzdem gingen viele Morisken Valencias weiterhin dem Islam nach, sprachen untereinander noch Arabisch (Árabe andalusí – ‘andalusisches Arabisch’, oder abfällig Algarabía/Algaravia genannt; von arab. al–‘arabiyya – ‘Arabisch’), etc. Damit unterschieden sie sich stark von den Morisken Kastiliens oder Aragoniens, die größtenteils schon vor mehreren Generationen konvertiert waren, kein Arabisch mehr sprachen und wenn überhaupt nur noch sehr rudimentäre Kenntnisse des Islam hatten. Anders sah es bei den Muslimen Granadas aus, denen ja bei der Eroberung 1492 versprochen wurde, dass man ihren Glauben und ihre Sprache schützen würde. Bereits wenige Monate später begann allerdings die Konversion, die jedoch in den ersten Jahren tatsächlich friedlich, freiwillig und sehr langsam verlief. Der zuständige Priester lernte sogar Arabisch. Das ging den Katholischen Königen aber zu langsam, sodass ab dem 16. Jhd. der Druck zur Taufe stieg (u.a. mit Geldstrafen, aber auch körperlicher Gewalt). So kam es zwischen 1499 und 1501 zum ersten Aufstand in den Alpujarras (einem Gebirgszug im Süden Granadas, der hauptsächlich von Muslimen bewohnt war). Der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen, allein in Laujar de Andarax wurden 3.000 Muslime getötet, über 200 Frauen und Kinder starben in der Moschee, in der sie Zuflucht gesucht hatten, als die katholischen Truppen diese in Brand steckten. Am Ende mussten auch die granadinischen Muslime konvertieren (oder auswandern) und wurden zu Morisken. Als im Jahr 1567 der König Felipe II. ein Edikt erließ, das den Morisken verbot, ihre traditionelle Kleidung zu tragen und Arabisch zu sprechen, kam es zum 2. Aufstand in den Alpujarras (1568 – 1571). Die Morisken verstanden nicht, warum man ihnen ihre Muttersprache nehmen wollte, zumal es ja auch Christen in „Ägypten, Syrien und Malta gäbe, die Arabisch sprächen“ (Zitat von Francisco Núñez Muley, dem Anführer der Morisken in Granada). Auch dieser Aufstand wurde niedergeschlagen: 80.000 Morisken wurden deportiert und überall in Kastilien angesiedelt. Somit verlor Granada 2/3 seiner Bevölkerung. Warum ist das wichtig zu wissen? Weil diese Aufstände auch indirekte und direkte Auswirkungen auf die Morisken in Valencia hatten. 1563 befahl Felipe II. die Entwaffnung der Morisken in Valencia, aus Angst davor, sie könnten sich auch gegen die Machthaber erheben. Außerdem kursierte in den hohen Kreisen das Gerücht, dass sich die Morisken mit dem Osmanischen Reich verbünden könnten, was das Ende für Spanien bedeuten würde. Anders als die Morisken in anderen Teilen der Krone, hatten die Morisken Valencias allerdings den Adel hinter sich, der ja schließlich sehr gut an ihnen verdiente. Im Jahr 1609 wurde dann die endgültige Vertreibung aller Morisken aus Spanien entschieden. Der offizielle Grund dafür war, dass sie sich mit den Osmanen verbünden wollten, tatsächlich war es aber ein Akt der ethnischen Säuberung, mit dem man der christlichen Welt (vor allem dem Rest Europas) beweisen wollte, dass Spanien seine Machtposition nicht verloren hatte. König Felipe III. hatte zuvor den Friedensvertrag mit den niederländischen Protestanten unterschrieben und wollte so deutlich machen, dass Spanien trotzdem weiterhin so katholisch sei, dass man sogar einen Teil der eigenen Bevölkerung zu vertreiben, um die religiöse Einheit nicht zu gefährden. Man schätzt, dass es etwa 320.000 Morisken in Spanien gab, die allerdings sehr ungleich verteilt waren: Während sie in Valencia ein Drittel (ca. 120.000) und in Aragón knapp 20% (ca. 70.000) der Bevölkerung ausmachten, stellten sie im Königreich von Kastilien nur ca. 2% der Bevölkerung (ca. 45.000 in Alt– und Neu–Kastilien; ca. 43.000 in Murcia und West–Andalusien). Die Vertreibung begann im Königreich von Valencia. Anders jedoch als bei der Vertreibung der Juden, ging man hier sehr organisiert vor. Jede Aljama, jede Morería wurde von Truppen der Krone aufgesucht und alle Bewohner wurden in langen Kolonnen an die Häfen von Alicante, Dénia, Xàbia, València und Vinaròs gebracht, wo schon die Flotten Genuas, Siziliens, Neapels, Portugals, Kataloniens und Kastiliens warteten, um sie nach Nordafrika zu bringen. Die ersten Überfahrten wurden in sehr kurzer Zeit gemacht, bereits zwei Monate später waren über 100.000 Morisken nach Nordafrika gebracht worden (vor allem Orán, im heutigen Algerien, das damals zu Spanien gehörte). Jedoch verbreitete sich zwischen den Morisken, die noch in Valencia waren, das Gerücht, dass die Morisken auf den Schiffen misshandelt und teilweise ins Meer geschmissen werden, und dass sie in Nordafrika von Beduinen–Stämmen beklaut und getötet werden. Und Tatsache ist, dass der Hafen von Orán teilweise so überfüllt war, dass die Schiffe dort nicht andocken konnten, sodass sie vor der Küste vor Anker gingen und die Morisken ins Meer warfen. Dadurch, dass sie außerhalb der Stadt an den Strand kamen, waren sie den Angriffen der Beduinen schutzlos ausgeliefert. Diese Gerüchte führten dazu, dass es in Valencia zu Aufständen kam. Besonders bekannt wurde der Aufstand der Morisken in Teresa de Cofrents (im Landesinneren, im Südwesten der heutigen Provinz Valencia). Etwa 6.000 Morisken aus dem Umland flüchteten auf den Berg Mola de Cortes. Sie wurden wochenlang belagert, 3.000 starben vor Hunger und der Rest ergab sich und wurde zu den Schiffen gebracht.
Die Folgen für das Königreich von Valencia waren verheerend: Ein Drittel der Bevölkerung war verschwunden, ganze Landstriche waren total entvölkert. Und da die Morisken hauptsächlich in der Landwirtschaft tätig waren, brach die Nahrungsversorgung zusammen. Obwohl der Adel versuchte, neue christliche Siedler für sich arbeiten zu lassen, gestaltete sich die Versorgung als sehr schwierig. Denn anstatt das Land billig an die Siedler zu verkaufen, wollte der Adel, dass sie noch höhere Beiträge zahlen, als die Morisken, um so ihre Verluste kurzfristig zu kompensieren. Über 200 Ortschaften wurden nie wieder besiedelt und verschwanden von den Landkarten. Besonders betroffen war die Marina Alta (Landkreis bei Dénia), das Innenland von Alicante und Valencia und der Süden des Landes (Orihuela, Elche, etc.). Die Marina Alta wurde in den folgenden Jahrzehnten von Mallorquiner wiederbesiedelt, der Süden hauptsächlich von Siedlern aus Murcia. Der Landkreis Vega Baja del Segura/ Baix Segura (mit Hauptstadt in Orihuela) erlitt zudem 1648 und 1678 zwei sehr schwerwiegende Pest–Epidemien, was dazu führte, dass der Großteil der alteingesessenen Bevölkerung verschwunden war. Die Siedler aus Murcia brachten etwas neues in die Region: das Spanische. Während vorher alle offiziellen Dokumente in Orihuela auf Katalanisch verfasst wurden, erschienen sie ab dem 18. Jhd. auf Spanisch. Heute gehört der Landkreis zum spanischsprachigen Teil Valencias.
Erst über 150 Jahre später erlangte Valencia wieder die Bevölkerungszahlen, die das Königreich vor der Vertreibung der Morisken gehabt hatte. Denn während viele kastilische Morisken mit der Zeit wieder nach Kastilien zurückkehrten oder gar nicht erst ausgewiesen wurden (und von befreundeten Alt–Christen versteckt wurden), kehrten die valencianischen Morisken nie zurück. Die kastilischen Morisken sprachen kein Arabisch mehr (mit Ausnahme der granadinischen Morisken) und waren wohl tatsächlich „gute“ Christen, weshalb sie gut integriert gewesen waren. Dementsprechend erging es ihnen in Nordafrika nicht besonders gut. Zeitzeugen berichteten von Diskriminierung, weil sie nicht mit den Muslimen in die Moschee gehen wollten, etc. Die größten Gemeinden lebten in den Städten, vor allem Tetuán, Tánger, Fez und Algier. Doch die valencianischen Morisken sprachen noch Arabisch und hatten oft weiterhin den Islam praktiziert. Ihnen fiel die Integration in Nordafrika leichter, besonders in Tunesien, wo sie mit offenen Armen empfangen wurden. Sie bekamen fruchtbares Land (vor allem an den Ufern des Medjerda), mussten nicht mehr als Sklaven arbeiten und genossen in der tunesischen Gesellschaft ein hohes Ansehen; besonders weil sie landwirtschaftliche Methoden einführten, die die Ernten verdoppelten etc. Anderen wurde geholfen, sich als Kunsthandwerker in Tunis niederzulassen. Die Ankunft der Morisken bedeutete für Tunesien ein unverhofftes Wirtschaftswachstum. Noch heute gibt es in Tunesien ganze Ortschaften, die komplett aus Nachfahren der Morisken bestehen und die sich sowohl architektonisch als auch kulturell vom Rest des Landes unterscheiden. Außerdem gibt es noch viele Familien, die spanische Nachnahmen haben, wie z.B. Morisco, Conde, Méndez oder Palau. Die wenigsten der ca. 100.000 Morisken, die in Tunesien siedelten, kehrten zurück. Wozu auch? Während man in Valencia als Sklaven behandelt wurde, genoss man hier hohes Ansehen und konnte in Ruhe leben.
Ende des 17. Jhds. kam es immer wieder zu Bauernaufständen, der letzte 1693, der auch Segona Germania genannt wird. Alle wurden aber niedergeschlagen und halfen indirekt dabei, die Krone immer weiter zu zentralisieren (weil der Adel zunehmend abhängiger von der Hilfe der Krone wurde, um die Aufständischen zu bekämpfen). Als im Jahr 1700 der Franzose Felipe V. (Bourbone) zum spanischen König gemacht wurde, brach der Spanische Erbfolgekrieg aus. Die Anhänger des Bourbonen – unterstützt von Frankreich, schließlich war Felipe Enkel des französischen Königs – und die Anhänger des Habsburgers Carlos VI. – unterstützt von England und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation – bekämpften sich bis aufs letzte. Die Stadt Xàtiva wurde z.B. mehrmals von den bourbonischen Truppen niedergebrannt (oder zumindest Teile davon), weshalb man die Bewohner noch heute Socarrats (Verbrannte) nennt. In den Ländern der ehemaligen Krone Aragoniens (namentlich das Königreich Aragonien, Katalonien und das Königreich Valencia) war der Großteil der Bevölkerung für den Habsburger (seine Anhänger wurden in Valencia Maulets genannt), während Teile des valencianischen und katalanischen Adels jedoch für den Bourbonen waren (Botiflers genannt). Bei der Schlacht von Almansa (1707) besiegten die Truppen von Felipe V. die Truppen von Carlos. Kastilien besetzte daraufhin das Königreich Valencia und wendete das Eroberungsrecht (Dret de conquesta) an. Mit den Decretos de Nueva Planta wurden die valencianischen Institutionen abgeschafft, darunter die Generalitat, die Corts Valencianes (Parlament), das Consell General (Regierung), der Batle General (Amtsmann), der Síndic (Syndikus), die Justícia del Regne de València (das Gerichtswesen), etc. Außerdem wurden die Gesetze und Sonderrechte (Furs) abgeschafft und durch die kastilischen ersetzt. Anstatt eines Vizekönigs hatte Valencia jetzt einen Capitán General (einen kastilischen Generaloberst). Außerdem wurde das Katalanische als Amtssprache verboten, es durfte nur noch das Kastilische benutzt werden. Alle wichtigen Stellen wurden ab dem Zeitpunkt mit Kastiliern besetzt, was vorher nicht möglich gewesen war, weil Ausländer – und das waren Kastiliern vorher in Valencia, und Valencianer in Kastilien – keine hohen Ämter bekleiden durften. Außerdem wurden die Zölle zwischen Kastilien und Aragón abgeschafft, die Stadträte auf Lebenszeit eingesetzt und ein neues, von Kastilien gesteuertes, Steuersystem eingeführt. Auch die traditionelle Verwaltungsgliederung wurde aufgehoben: an die Stelle der traditionellen Governacions traten 11 Corregimientos kastilischen Ursprungs. Felipe V., der erste bourbonische König Spaniens (von dem übrigens das heutige spanische Königshaus abstammt), „vereinte“, kastilisierte und zentralisierte Spanien auf einen Schlag. Das vorher föderale und mehrsprachige Spanien wurde zu einem absolutistischen Einheitsstaat.
Die Einführung des kastilischen Rechts freute den Adel, denn es war in vielen Punkten für die Reichen sehr viel angenehmer als das valencianische (z.B. konnte ihr Besitz nicht mehr von Gerichten konfisziert werden). Außerdem erlaubte es dem Adel, mehr öffentliche Ämter zu bekleiden: während z.B. vorher nur zwei der sechs Jurats (oberste Verwalter der Stadt València) aus dem Adel stammen durften, und vom Consell General aus einer Liste von 12 Kandidaten ausgewählt werden mussten (und sie wurden nur für ein Jahr gewählt), waren nach den Decretos de Nueva Planta 16 der 24 Regidores aus dem Adel. Und sie wurden direkt vom König oder einem seiner Vertreter ernannt und konnten das Amt ihr Leben lang bekleiden. Da das Kastilische jetzt die einzige erlaubte Amtssprache war, mussten diejenigen, die auf ein öffentliches Amt hofften, Spanisch sprechen können. Dies führte zum einen dazu, dass die gesamte Oberschicht Valencias das Spanische als Umgangssprache übernahm, und zum anderen auch, dass große Teile der Stadtbevölkerung, wo die Präsenz der Verwaltung naturgemäß viel stärker war als auf dem Land, kastilisiert wurden. Am Ende bedeutete das alles das Verschwinden des Königreichs von Valencia. Lo Regne, das von 1238 bis 1707 existiert hatte, wurde zu einer weiteren spanischen Provinz.
Eine gute Sache – auch wenn es die einzige war – brachte diese Zentralisierung allerdings: Valencia wurde der Handel mit Amerika erlaubt. Der war nämlich vorher ausschließlich Kastilien vorbehalten gewesen. Der Export von valencianischer Seide, Papier aus Alcoi, Wolle aus Bocairent und Keramik aus l’Alcora führte zu einem großen Wirtschaftswachstum. Es ist auch die Zeit der spanischen Aufklärung, mit dem Valencianer Gregori Maians i Siscar als Vorreiter. Anfang des 19. Jhds. wurde Spanien von Napoleon besetzt, was vom spanischen König Fernando VII. erlaubt worden war. In der Bevölkerung regte sich aber der Widerstand, was dann im Spanischen Unabhängigkeitskrieg (1808 – 1814) und der ersten spanischen Verfassung (Constitución de Cádiz bzw. La Pepita, 1812) mündete. Die Stadt València wurde zweimal vom französischen Heer belagert und bombardiert, wurde 1812 erobert, aber 1813 wieder verlassen. Fernando VII. starb mit unklarer Erbfolge: das bourbonische Recht (Ley Sálica) erlaubte eigentlich keinen Frauen, den Thron zu besteigen, allerdings hatte Fernando VII. das Gesetz verändert, damit seine Tochter Isabel II. Königin werden konnte (die seinen neuerdings eher liberalen, aber zentralistischen, Kurs weiterführen sollte). Diese Änderung wurde aber nicht von allen anerkannt. Besonders im Baskenland, Navarra, Katalonien, Aragonien und Valencia unterstützten die Menschen den anderen Thronprätendenten: Don Carlos (Bruder des Königs). Don Carlos verteidigte eine absolutistische, konservative Monarchie, versprach aber den Ländern der ehemaligen Krone Aragoniens, ihnen ihre Sonderrechte wieder zurückzugeben. Die Bevölkerung Spaniens war geteilt, in ein mehrheitliches liberales Lager (Isabelinos, unterstützten den Anspruch von Isabel II.), und in ein kleineres, regional aber stark mehrheitliches traditionalistisches Lager (Carlisten, unterstützten den Anspruch von Don Carlos). Dieser Streit über die Erbfolge gipfelte in drei Bürgerkriegen, den sogenannten Carlisten–Kriegen. In Valencia konzentrierten sich die Kämpfe hauptsächlich auf Castelló. Besonders heftig waren die Auseinandersetzungen im Maestrazgo/ Maestrat. Die Carlisten verloren alle Kriege, verschwanden aber nie ganz von der Bildfläche.
Anders als in Katalonien oder dem Baskenland, erreichte die Industrialisierung Valencia eher spät und sehr lückenhaft. Der Großteil der Wirtschaft basierte im 19. Jhd. auf der Landwirtschaft. Neben all den Kriegen und Auseinandersetzungen, kam es aber auch zu einer kulturellen und literarischen Bewegung: die Renaixença Valenciana (Wiedergeburt). Die Wiedergeburt der katalanischen Sprache (in Valencia traditionell Valencià – ‘Valencianisch’ genannt). Anfänglich war die Bewegung nicht politisch, jedoch entwickelte sie sich bis zum Ende des 19. Jhd. zum Valencianisme, einer Bewegung, die die valencianische Identität, Sprache und Kultur verteidigte und besser schützen wollte. Die wichtigsten Vertreter der Renaixença waren Teodor Llorente, Bonaventura Aribau, Josep Maria Bonilla, Blai Bellver i Tomàs, Josep Bernat i Baldoví und natürlich Constantí Llombart, der zusammen mit Llorente im Jahr 1878 den Kulturverein Lo Rat Penat gründeten, der sich um die Verbreitung, Lehre und Förderung der katalanischen Sprache kümmerte. Allerdings war die Bewegung nicht so konsequent wie in Katalonien, was vor allem auch daran lag, dass sie in ein konservatives und in ein eher progressives Lager gespalten war. Der politische Valencianismus wird offiziell 1902 geboren, als der Arzt Faustí Barberà i Martí seinen Diskurs De Regionalisme i Valentinicultura hält, in dem er die Absorbierung des Valencianischen durch das Kastilische anprangert und eine Autonomie für Valencia fordert. Inspiriert von der Solidaritat Catalana, einem katalanistischen Wahlbündnis in Katalonien, gründete die Gruppe València Nova im Jahr 1907 die Assemblea Regionalista Valenciana, um die valencianistischen Kräfte zu bündeln; allerdings mit weniger Erfolg als in Katalonien. Der politische Valencianismus versammelte viele unterschiedliche Ideologien: manche verteidigten die Errichtung eines unabhängigen Staats, andere wollten die Vereinigung von Valencia mit den anderen katalanischsprachigen Regionen (Països Catalans), aber die meisten wollten einfach eine Dezentralisierung des Staates und mehr Autonomie. Anders als der Katalanismus in Katalonien war der Valencianismus fast ausschließlich links, progressistisch und wurde von der Arbeiterklasse unterstützt. Die größten valencianistischen Parteien während der 2. Republik (1931 – 1939) waren Esquerra Valenciana und Partit Valencianista d’Esquerra. Allerdings heißt das nicht, dass es keine konservativen Kräfte gab; diese waren aber ausschließlich regionalistisch, und betrachteten die Kultur und Sprache Valencias eher aus einem folkloristischen Blickwinkel (dazu gehörte z.B. die 1930 gegründete Partei Derecha Regional Valenciana, die vor allem aus Konservativen und Carlisten bestand). Im Gegensatz zu Katalonien, schafften es die valencianischen Kräfte nicht, ein Autonomiestatut für Valencia zu bekommen, bevor 1936 der Spanische Bürgerkrieg begann.
In den ersten Jahren des Bürgerkriegs konnte Valencia sich auf der Seite der Republik halten, während besonders Kastilien und Nordspanien schon von den Faschisten erobert wurden. Noch 1938 war València die Hauptstadt der schwindenden Republik. Während der Ofensiva de Levante, schafften es Francos Truppen zwar, Castelló unter ihre Kontrolle zu bringen, aber vor Sagunt war Schluss. Vor allem, weil republikanische Truppen aus Katalonien zur Hilfe kamen, und die Putschisten bei der Batalla del Ebro (Ebro–Schlacht) zurückdrängen konnten. Allerdings wurden alle Häfen Valencias bombardiert, u.a. Orpesa, Port de Sagunt, Burriana, Gandia, Dénia, Benicarló, Castelló und València, aber auch andere Orte wie Alicante, Xàtiva oder Algemesí. Der Großteil von Valencia konnte bis zum Ende des Kriegs nicht erobert werden, mehr noch, man ergab sich, als Madrid fiel. Obwohl die Putschisten bereits gewonnen hatten, bombardierten sie die Häfen Valencias noch weiter. Die letzte Bombe des Kriegs wurde von einem italienischen Flugzeug auf den Hafen von Gandia geworfen. Die Nachkriegszeit war geprägt von Todesurteilen und Gefängnis für die republikanischen Kräfte und sehr viel Unsicherheit, Wirtschaftskrisen, politischer und sprachlicher Verfolgung für die einfache Bevölkerung. Noch heute gibt es in Valencia über 400 Massengräber, in denen ca. 10.000 Menschen liegen sollen; die meisten von ihnen Republikaner, denn die Gefallenen der Franquisten wurden während der Diktatur meist ausgegraben und ordentlich bestattet. Ca. 2.000 Menschen starben bei den Bombenangriffen. Wie viele Soldaten in Valencia starben ist nicht sicher, die meisten waren wohl aber vom franquistischen Lager. Insgesamt starben im Krieg je nach Quelle zwischen 500.000 und 1 Mio. Menschen, hunderttausende waren danach als Kriegsgefange oder politische Gefangene im Gefängnis oder in Konzentrationslagern (1939 waren es allein 400.000 in Konzentrationslagern, knapp 200.000 von ihnen wurden hingerichtet). Bis 1956 wurden tausende (ca. 50.000) Linke, Republikaner, Katalanisten, Anarchisten, Separatisten, etc. zum Tode verurteilt und hingerichtet. In Valencia wurden so viele Menschen verhaftet, dass man alle umliegenden Klöster in Gefängnisse verwandelte, um sie alle aufzunehmen.
Ab den 60er Jahren lockerte Franco seine Diktatur ein wenig. Die Wirtschaft erholte sich, Spanien wurde von einem Entwicklungsland zur Industrienation. In Valencia waren die valencianistischen Parteien zwar verboten, die regionalistischen aber nicht. Mehr noch, da die regionalistischen Kräfte sich schnell ins neue Regime integriert hatten, wurden sie sogar gefördert. Das Katalanische war auch dort offiziell verboten, aber da es in Valencia vor dem Krieg nicht das nationale Selbstverständnis gegeben hatte wie in Katalonien oder dem Baskenland, war man mit den Verboten dort etwas lascher. Allerdings nur solange es um Folklore ging. Denn Folklore macht keine Nation aus, Folklore wird belächelt, Folklore bringt die zerbrechliche nationalstaatliche Einheit nicht in Gefahr. So durften z.B. Ankündigungen für Wettbewerbe oder Info–Hefte für Volksfeste auf Katalanisch erscheinen, Literatur auf Katalanisch war aber streng verboten. Die einzige identitätsstiftende Bewegung Valencias – neben den national–katholischen Kräften des Staates – war der von Franco kontrollierte Regionalismus, denn die nationalistischen/valencianistischen Kräfte waren entweder getötet worden oder waren im Exil. In den 60er Jahren taucht der Schriftsteller Joan Fuster i Ortells auf der Bildfläche auf. Mit seinem Werk „Nosaltres, els valencians“ (Wir, die Valencianer), das er 1962 veröffentlichte, kehrte der Valencianismus zurück. Er gilt als bester Essayist in katalanischer Sprache der zweiten Hälfte des 20. Jhds. Obwohl er dutzende Essays und Gedichte veröffentlichte, in denen er ganz unterschiedliche Thematiken behandelte, ist Nosaltres, els valencians sein bedeutendstes und polemischstes Werk gewesen. Er prägte die Idee der Països Catalans (Katalanische Länder); seiner Meinung nach müssten sich die katalanischsprachigen Regionen (hauptsächlich Valencia, Katalonien und die Balearen) vereinen, wenn man ihre Kultur und Sprache beschützen wollte. Es war eines der ersten kritischen Werke, die sich mit der Geschichte Valencias, der Sprache und dem Identitätsproblem der Valencianer auseinandersetzte. Besonders viel Anklang fanden sein „Nou Valencianisme“ (Neuer Valencianismus) in den linken und universitären Kreisen. In den regionalistischen Kreisen und beim Regime kam es natürlich überhaupt nicht gut an. Anfänglich wurden Fusters Werke zensiert oder verboten, aber die Diktatur neigte sich dem Ende und es wurde nicht mehr so stark durchgegriffen.
Der lange Schatten des Franquismus
Mit der Einführung der Demokratie, tauchten verschiedene Parteien auf, die den Valencianismus in all seinen Facetten in ihr Wahlprogramm integrierten; darunter die linke Partit Socialista del País Valencià (PSPV) und die eher konservative Unió Democràtica del País Valencià (UDPV), die sich dann ab 1978 den überregionalen Parteien PSOE (sozialdemokratisch) und UCD (Mitte) anschlossen. Heutige valencianistische Parteien sind der PSPV-PSOE (sehr moderat), der Bloc Nacionalista Valencià und Iniciativa del Poble Valencià (innerhalb des Bündnisses Coalició Compromís; stellen zusammen mit dem PSPV–PSOE und Podemos mittlerweile die Regionalregierung Valencias und die Stadtverwaltung von València), Esquerra Republicana del País Valencià (links-nationalistisch, republikanisch, katalanistisch; ohne parlamentarischer Repräsentation) und weitere Kleinparteien, die allerdings weniger als 1% der Stimmen bekommen.
Doch der offizielle Regionalismus, der die valencianische Identität immer der staatlichen, spanisch-kastilischen Identität, unterstellt hatte, mobilisierte seine Anhänger gegen diesen „pankatalanistischen“ Angriff auf die Valencianer. Joan Fuster wurde Opfer von zwei Bombenattentaten, einem im Jahr 1978 und einem 1981; beide überlebte er jedoch unverletzt. Allerdings sieht man hier, wie sehr die valencianische Gesellschaft gespalten war und wie tief der Hass gegen diejenigen sitzt, die anders denken. Da der Diskurs des rechts–konservativen, stark katholisch geprägten Regionalismus der einzige war, der auch während der Diktatur erlaubt war, identifizierten sich viele Valencianer damit. Der neu entstandene valencianische Nationalismus, der stark politisch und progressistisch geprägt war, fand keinen Anklang im Großteil der Gesellschaft. Ende der 70er Jahre entsteht der Blaverisme, eine regionalistische Bewegung, die von einem extremen Antikatalanismus geprägt ist. Die Jahre zwischen 1976 und 1982 sind von Gewalt und Einschüchterungsversuchen gegen die linken und valencianistischen Kräfte gekennzeichnet. Diese Zeit nennt man heute auch „Batalla de València“ (Schlacht von València). Die Blaversime-Bewegung hatte verschiedene rechte, ultra-rechte und antikatalanische Parteien, Intellektuelle, Fußball–Hooligans, Anhänger der Falles etc. in ihren Reihen vereint, die gewaltsam gegen Anhänger des PSPV, der Übergangsregierung (Consell del País Valencià; von 1978 – 1983), Lehrer und Intellektuelle vorgingen. Sie verprügelten Parlamentarier, bedrohten sie mit Waffen, legten Bomben und Briefbomben, griffen Leute bei Versammlungen, in Universitäten, etc. an. Ihr Ziel – wenn sie eins hatten – war zu verhindern, dass Valencia ein Autonomiestatut erhält, in dem „pankatalanistische“ Symbole verteidigt werden. Der Consell del País Valencià, vom PSPV regiert, hatte die aragonesisch-katalanische Senyera (Flagge) zur offiziellen Flagge Valencias gemacht (mit dem Wappen der Generalitat in der Mitte) und verteidigte den Namen „País Valencià“ für die Region, während die Konservativen und der Blaverisme die Stadtflagge Valèncias favorisierten und die Region „Regne de València“ nennen wollten. Im Jahr 1981, nach langen Verhandlungen, hatten die verschiedenen Parteien einen Entwurf für das valencianische Autonomiestatut ausgearbeitet, mit dem alle Parteien zufrieden waren, das Estatut de Benicàssim. Allerdings verhinderte der Blaverisme, dass es auch beschlossen werden konnte. In diesem Entwurf hatte man sich auf die Bezeichnung País Valencià und auf eine neue Flagge geeinigt, die zwar der der Stadt València ähnelte, anstatt der Krone im blauen Streifen jedoch das Wappen der Generalitat trug. Als das Autonomiestatut dann in Madrid beschlossen wurde (1982), kam etwas ganz neues bei raus: das sogenannte Estatut de Madrid. Die offizielle Flagge der Autonomen Gemeinschaft Valencia wurde die vorherige Stadtflagge Valèncias, die eigene Sprache wurde offiziell Valencianisch genannt (ohne darauf hinzuweisen, dass es Katalanisch ist) und die offizielle Bezeichnung der Region wurde Comunitat Valenciana (Valencianische Gemeinschaft).
Als bei den Regionalwahlen 1983 die regionalistische Partei Unió Valenciana ins valencianische Parlament (Les Corts) einzog, zog sich der Blaverisme aus den Straßen zurück und konzentrierte seine Arbeit auf das Parlament. Einen weiteren wichtigen Partner fand die Bewegung in der Partei Alianza Popular (Auffanglager aller Alt–Franquisten und Vorgängerpartei des PP). Es ist wichtig zu verstehen, dass der Diskurs des Blaverisme nicht etwa davon geprägt ist, zu sagen, dass Joan Fuster mit seinen Theorien und Ambitionen falsch lag, sondern von der Tatsache, dass man grundlegend jegliche Verbindung zu Katalonien leugnet und eine neue Geschichte erfindet. Als Fuster und die linken Parteien die Quatribarrada („vier–stäbige“ in Anlehnung an die vier roten Streifen) als Flagge Valencias verteidigten, machten sich die Blavers für die Stadtflagge Valèncias stark, die eben einen blauen Streifen hat (franja blava). Blau/blava heißt im Katalanischen „blau“, weshalb man die Bewegung „Blaverisme“ („Blauismus“) und ihre Anhänger „Blavers“ nannte. Nie in der Geschichte hatte in Valencia jemand daran gezweifelt, dass man dieselbe Sprache spricht, wie die Katalanen (obwohl man sie anders nannte, u.a. valencià oder llemosí); doch als Fuster die Einheit der Sprache benutzte, um seine Theorie der katalanischen Nation (die alle katalanischsprechenden Regionen einschließt) zu untermauern, fingen die Blavers an, zu behaupten, dass das Valencianische überhaupt nichts mit dem Katalanischen zu tun hätte, dass es zwei verschiedene Sprachen seien, die unabhängig voneinander entstanden waren. Und in Anbetracht der mutmaßlichen „katalanischen Invasion“, die Valencia bevorstand, radikalisierten sie ihren antikatalanischen Diskurs. Sie weigerten sich, die offiziellen Normes de Castelló (valencianische Rechtschreibung, die auf der katalanischen basiert) zu benutzen und entwickelten ihre eigene Rechtschreibung, die Normes del Puig, „perqué cal escriure cóm es parla“ (weil man so schreiben muss, wie man spricht; in der offiziellen Schreibweise wäre es „perquè cal escriure com es parla“). Die rechten Parteien bedienten sich dieses Diskurses, weil die linken Parteien alle Wahlen gewannen. Und da sie wegen ihrer Nähe zum Franquismus sehr weit vom antifranquistischen Denken der breiten Bevölkerung entfernt waren, brauchten sie einen neuen Feind, um Wähler zu gewinnen. Und der neue Feind wurde Katalonien und jeder, der behauptete, dass Valencia irgendwas mit Katalonien zu tun haben könnte.
Immer mehr Valencianer fingen an, sich mit diesen Ideen zu identifizieren, nicht zuletzt, weil die meistgelesene Zeitung Valencias, Las Provincias, als fundamentales Verbreitungsmittel des Blaverisme diente. Man kann eine Lüge eben ewig wiederholen, ohne dass sie zur Wahrheit wird, aber irgendwas bleibt leider immer hängen. Besonders viel Anhänger hat die Bewegung in València Stadt und dem Umland, wo Las Provincias noch heute die meistgelesene Zeitung ist, nach Levante-EMV. Außerdem wurde und wird die Diskussion unglaublich emotional geführt, es ist mir unerklärlich welche Art von irrationalen und surrealen Gefühlen dort geweckt wurden, aber sie helfen auf jeden Fall nicht, den sozialen Frieden zu wahren.
Im Jahr 1991 hatte die Unió Valenciana ihren größten Wahlerfolg in Valencia, mit knapp 210.000 Stimmen (ca. 10% der Stimmen). Zusammen mit dem PP stellten sie die Stadtverwaltung von València, und nach den nächsten Regionalwahlen im Jahr 1995 auch die Generalitat. Dadurch dass der Blaverisme so Zugang zu den Institutionen (und Geldern) hatte, genehmigten sie ihren Organisationen (Lo Rat Penat und Real Academia de Cultura Valenciana, kurz RACV) Subventionen in Millionenhöhe. Selbst als 1998 die Acadèmia Valenciana de la Llengua (AVL) gegründet wurde, die per Gesetz zur offiziellen Sprachakademie des Valencianischen wurde, und die die Normes de Castelló als einzige offizielle Rechtschreibung der Sprache festlegte und in ihrem Statut klar stellte, dass das Valencianische zum katalanischen Sprachsystem gehört, erhielten Lo Rat Penat, die RACV und andere Organisationen weiterhin Subventionen; obwohl sie ausschließlich die Normes del Puig benutzten und so eigentlich von Subventionen hätten ausgeschlossen werden müssen. Ende der 90er Jahre löst sich die Unió Valenciana (UV) langsam auf und integriert sich in die PP, die von nun an den Blaverisme-Diskurs für sich beansprucht. Seit 1995 regierte die PP die Generalitat mit absoluter Mehrheit (anfänglich unterstützt von UV), seit 1991 regierte Rita Barberà (PP) die Stadt València, teilweise mit über 53% der Stimmen. Rita Barberà war von 1991 bis 2015 Bürgermeisterin Valèncias und war wohl die eigenartigste Figur des Blaverisme. Mit der PP nistete sich auch die Korruption in ganz Valencia ein. Vetternwirtschaft war an der Tagesordnung, Baugenehmigungen wurden nur gegen Komissionen vergeben und bei großangelegten Bauvorhaben wurden Millionen von Steuergelder veruntreut (allein beim Saqueig d’Emarsa – der „Plünderung von Emarsa“ – der öffentlichen Abwasserentsorgung Valèncias, sollen über 30 Mio. € veruntreut worden sein; das Großprojekt Ciutat de les Arts i les Ciències in València kostete statt den veranschlagten 300 Mio. € über 1,3 Milliarden; allein der Architekt Calatrava bekam 94 Mio. €, obwohl einiges fehlerhaft war).
Heutzutage ist der Blaverisme zwar leicht zurückgegangen, zumindest was seine parlamentarische Repräsentation betrifft. Aber in der Bevölkerung findet man immer noch einige, die die irrationalen, populistischen und haarsträubenden Hypothesen der Bewegung verteidigen (52% der Valencianer sind heute immer noch der Meinung, dass das Valencianische und das Katalanische zwei unterschiedliche Sprachen sind). Nicht zuletzt wird das bei den Prozessionen zum Nationalfeiertag Valencias – dem Dia Nacional del País Valencià/ Día de la Comunidad Valenciana – am 9. Oktober deutlich, an dem man die Eroberung durch Jaume I. und die Gründung des Königreichs von Valencia feiert. Über Jahrzehnte hinweg war dieser Tag dem Blaverisme und den rechten Parteien vorbehalten, linken und valencianistischen (oder gar katalanistischen) Parteien war die Teilnahme verwährt. Seit 2007 beteiligt sich aber Coalició Compromís an der Prozession, was bei vielen Zuschauern anscheinend nicht gut ankommt. Compromís ist ein Bündnis, das viele verschiedene Parteien vereint, darunter valencianistische, nationalistische, separatistische, aber auch grüne, linke und föderalistische Parteien. Allerdings finden die separatistischen kaum Gehör, denn man hat sich auf ein einheitliches, nicht-separatistisches, Parteiprogramm geeinigt. Was man aber verteidigt ist die Einheit der katalanischen Sprache, und man übt offen Kritik an der Regierung der PP. Hier ein Video von einer Prozession (der Processó Civil) – bei der politische Parteien marschieren dürfen – damit man sieht, wie sehr der Hass gegen diejenigen sitzt, die es wagen zu behaupten, dass das Valencianische und das Katalanische dieselbe Sprache sind. Man muss dazu sagen, dass natürlich die meisten Beleidigungen und Bedrohungen von Seiten der rechtsextremen Gruppierungen Democracia Nueva, España 2000, Vox, Alianza Nacional und der Grupo de Acción Valencianista (GAV) kommen, jedoch stehen manche Zuschauer ihnen in nichts nach. Da ich davon ausgehe, dass nicht jeder, der das Video sieht, Spanisch oder Katalanisch spricht, hier die häufigsten Beleidigungen und „Gesänge“: Fills/Hijos de Puta (Hurensöhne), Som valencians, mai catalans (Wir sind Valencianer, niemals Katalanen), Maricones (Schwuchteln), Catalanistes, terroristes (Katalanisten, Terroristen), Artur Mas, cámara de gas (Artur Mas, damaliger Präsident Kataloniens, in die Gaskammer), Ni valencians ni catalans, lo que són és subnormals (Weder Valencianer noch Katalanen, sie sind geistig behindert), Traïdors (Verräter), Guillem Agulló, pio, pio, pio (Guillem Agulló, piep, piep, piep; Agulló war ein 19 jähriger Valencianist und Antifaschist aus Burjassot, er wurde 1993 von Nazis der Alianza Nacional/Frente Antisistema mit einem Stich ins Herz ermordet), Dónde están? No se ven! Los amigos de Guillem (Wo sind sie? Man sieht sie nicht! Die Freunde von Guillem), oder Sieg Heil:
Auch dieses Jahr kam es am 9. Oktober wieder zu Ausschreitungen von Seiten der rechten Szene; sowohl bei den offiziellen Prozessionen, wo sie wieder Gaskammern für Artur Mas und Maschinengewehre gegen Pablo Iglesias (Podemos) forderten, als auch im Anschluss an eine Demo für die Unabhängigkeit Kataloniens (die von mehr als 1000 „Gegendemonstranten“ umzingelt wurde), wo sie mehrere Demonstranten verprügelten und auch Journalisten angriffen. Aber es scheint ein genereller Wandel in der valencianischen Gesellschaft stattgefunden haben. Zwar gibt es noch Blavers und gewaltbereite Faschisten, aber sie sind eine kleine, wenn auch laute, Minderheit. Die Regionalwahlen von 2015 haben das politische Panorama Valencias verändert: Die PP, die vorher mit absoluter Mehrheit regiert hatte (1,2 Mio. Wähler, ca. 51% der Stimmen im Jahr 2011), verlor diese nicht nur, sondern verlor fast die Hälfte der Wählerstimmen (2015: 650.000 Wähler, 27% der Stimmen). Compromís, die vorher nur 7,3% der Stimmen hatte, wurde drittstärkste Kraft, mit knapp 19% der Stimmen. Zusammen mit der sozialdemokratischen PSPV (21%) und Podemos (11,5%) unterschrieben sie den Acord del Botànic, eine Art Koalitionsvertrag, der jedoch kein richtiger Regierungsvertrag war: PSPV und Compromís regierten, Podemos ging in die Opposition, überwacht allerdings die Einhaltung der im Pakt aufgelisteten Ziele. Dasselbe geschah in der Stadtverwaltung Valèncias: Rita Barberà (PP) hatte die Stadt seit 24 Jahren mit eiserner Hand regiert (2007: 57% der Stimmen; 2011: 53%), fiel aber immer stärker ins Visier der Untersuchungsrichter, die die weit gefächerte Korruption untersuchten. Außerdem war sie negativ aufgefallen, weil sie öfter mal „beschwipst“ Reden hielt, ein sehr eigenartiges Valencianisch sprach (eigentlich Spanisch, mit ein paar „valencianischen“ Wörtern) und vor allem, weil sie sich im Jahr 2015 von ihrem Balkon aus über die Angehörigen der Opfer des Metro–Unfalls von 2006 lustig machte, die unten demonstrierten.
Bei dem Unfall waren 43 Menschen gestorben und die regierende PP hatte versucht, die Gründe dafür zu vertuschen. Offiziell hieß es nur, der Fahrer sei zu schnell gefahren, später kam raus, dass er Epilepsie hatte und gar nicht hätte fahren dürfen. Außerdem wäre der Unfall durch längst fällige Umbauten verhindert werden können. Doch man versuchte, es zu verschweigen. So hatte man dem autonomen öffentlich-rechtlichen Sender Canal 9 verboten, live über den Unfall zu berichten (während andere Kanäle Spaniens darüber berichteten, lief auf Canal 9 das normale Programm), man hatte Coaches engagiert, die die Angestellten der öffentlichen Bahngesellschaft (Ferrocarrils de la Generalitat Valenciana) für ihre Aussage vor Gericht trainieren sollten, damit diese bloß keinen PP–Politiker in die Sache verwickelten, und der Parlamentspräsident Juan Cotino höchstpersönlich war bei einigen Angehörigen der Opfer vorstellig geworden, um ihnen Jobs und andere Gefälligkeiten anzubieten, falls sie nicht aussagten. Zehn Jahre lang demonstrierten die Angehörigen jeden 3. Juli (Tag des Unfalls), um Gerechtigkeit zu fordern. Zehn Jahre mussten sie warten, bis sich die Stadt, mit dem neuen Bürgermeister Joan Ribó i Canut (Compromís), offiziell bei den Opfern und Angehörigen entschuldigte und eine parlamentarische Untersuchungskommission einrichtete, um die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. Im Jahr 2013 wurde Canal 9 trotz starker Proteste in der Bevölkerung geschlossen (dank der absoluten Mehrheit der PP); doch die Mitarbeiter, die schon vorher ihren Frust über die aufgezwungene Berichterstattung deutlich gemacht hatten, hatten nicht vor, ohne einen letzten Paukenschlag zu gehen: in einer Live–Schalte entschuldigten sie sich bei den Opfern dafür, nicht über den Unfall berichtet zu haben und beschuldigten direkt das Regierungsbüro, ihnen verboten zu haben, darüber zu berichten. Am Tag der Schließung hatten die Mitarbeiter zudem die Präsidenten des Angehörigen–Vereins reingeschmuggelt, um sich noch mal live und persönlich zu entschuldigen. Wenig später, um 12:19 Uhr am 29.11.2013, während einer über 12 Stunden dauernden Live–Übertragung der Schließung, bei der die letzten übrig gebliebenen Mitarbeiter demonstrierten, zog die Policía Nacional den Stecker und die Bildschirme wurden schwarz.
Rita Barberà wurde 2015 als Bürgermeisterin von València abgesetzt, nachdem die PP mehr als die Hälfte der Stimmen verloren hatten: Von 53% im Jahr 2011 fielen sie auf 25% im Jahr 2015. Compromís stattdessen konnte das vorherige Ergebnis mehr als verdoppeln: von 9% im Jahr 2011 auf 23% im Jahr 2015. Rita Barberà starb 2016 an einem Herzinfarkt und reihte sich so in eine Liste von acht Personen ein, die in Verbindung mit dem Korruptionsfall Gürtel standen (illegale Finanzierung der PP), und die seit 2009 plötzlich verstorben sind, immer kurz bevor sie vor Gericht aussagen sollten.
Die neue Regierung in Valencia hat Großes vor. Sie haben angefangen, den Dreck unter den Teppichen hervorzuholen, der dort so lange versteckt gewesen war. Milliarden von Steuergeldern waren einfach verschwunden, und langsam kommt ans Licht, warum das so war. Allein 2013 standen über 100 Abgeordnete der valencianischen PP wegen Korruption vor Gericht; aktuell wird gegen 8 der 10 Stadträte der PP in València wegen Korruption ermittelt. In Valencia waren die Folgen der Finanzkrise besonders schlimm (vor allem, weil viele junge Menschen und Einwanderer im Bausektor arbeiteten). Waren im Jahr 2007 ca. 7% der Bevölkerung arbeitslos, waren es 2013 knapp 30%. Mittlerweile liegt die Arbeitslosenquote bei 17%, bei den unter 25 jährigen aber immer noch bei fast 40%. Dadurch, dass die PP überall, aber besonders in Bildung, Sozialleistungen und Gesundheit, eingespart hatte, war die Lage vieler Familien dramatisch. Seit dem Jahr 2000 sollten knapp 300 Schulen für ca. 1 Milliarde € gebaut werden, aber nur die Hälfte wurde gebaut, in den restlichen Schulen lernen die Kinder immer noch in Containern oder Bauhütten. Knapp 30% der Kinder leiden an Mangelernährung, 10% sogar an Unterernährung. Doch während die PP öffentlich meinte, dass die Kinder einfach mit einer Tupper–Dose in die Schule gehen sollten und dass das eh die Schuld der Eltern wäre, beschlossen Compromís und PSPV, die Schulkantinen nun auch in den Sommerferien für die benachteiligten Familien zu öffnen. Außerdem nahm die neue Regierung viel Geld in die Hand, um den Familien, die die Wasser–, Strom– und Gasrechnungen nicht mehr bezahlen konnten, zu helfen, damit ihnen nicht das Wasser und der Strom abgestellt werden. Generell wurde der Etat für Bildung, Soziales und Gesundheit auf 13 Milliarden ausgeweitet: Der „Copago“ (Zusatzbeitrag bei Medikamenten) für Geringverdiener und Menschen mit funktionaler Diversität (diversidad funcional – funktionale Beeinträchtigung, statt „mit Behinderung“) wurde gestrichen, die „Sanidad Universal“ (universelles, öffentliches Gesundheitswesen, das jedem erlaubt, egal ob mit Papieren oder nicht, gratis ärztlich versorgt zu werden) wurde wieder eingeführt, die Ausgaben für den Kampf gegen Energiearmut (Pobreza energética) und Gewalt gegen Frauen wurden vergrößert und außerdem wurde das Pflegegeld für Pflegebedürftige wieder erhöht, nachdem die PP es gesenkt hatte und hunderte gestorben waren, ohne jemals die versprochene Hilfe bekommen zu haben (ein anderer Skandal der valencianischen PP war, dass die zuständige Direktorin des Departments für Pflegebedürftige hunderten Pflegebedürftigen den Pflegegrad herabgesetzt hatte; allen am selben Tag und auch Fälle von Querschnittgelähmten). Und trotz dieser hohen Ausgaben, wächst das BIP. Dadurch, dass man unnütze Verträge mit Freunden der PP kündigte, bestimmte Bauvorhaben, die illegal vergeben wurden, abgeblasen wurden, etc. konnte die Generalitat viel Geld wiedererlangen. Das größte aktuelle Projekt ist, die Finanzierung der Autonomen Gemeinschaft zu normalisieren. Denn Valencia ist eine Anomalie innerhalb Spaniens und innerhalb Europas: Obwohl sie offiziell zu den ärmeren Regionen zählt (das BIP pro Einwohner liegt 11 Prozentpunkte unterhalb des spanischen Durchschnitts), zählt sie zu den Geberländern. Das führt dazu, dass Regionen, die reicher sind als Valencia, trotzdem mehr Geld als Valencia bekommen. Eigentlich hätte das Finanzierungssystem 2014 erneuert werden müssen, aber die PP hat es immer wieder verschoben. Durch die schlechte Finanzierung (ein Loch von über 1,3 Milliarden jährlich), die gerade reicht, um die grundlegenden sozialen Ausgaben zu decken (Kompetenzen, die der Zentralstaat an die Autonomen Gemeinschaften abgetreten hatte), musste die Generalitat immer mehr Kredite beim Staat aufnehmen, um z.B. Investitionen in der Wirtschaft, etc. zu tätigen, damit die Wirtschaft wachsen kann (außerdem wurden die staatlichen Investitionen in Valencia um 33% gekürzt). In Industrie, Kultur, Infrastruktur, Landwirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit investiert Valencia 40% weniger als der spanische Durchschnitt, und ist trotzdem eine der am stärksten verschuldeten Gemeinschaften Spaniens. Natürlich ist die schlechte Finanzierung nicht der einzige Grund dafür, denn der schlechte Umgang mit öffentlichen Geldern und die Korruption der Vorgängerregierung haben ein Loch von 12 Milliarden € hinterlassen, aber es wäre zumindest ein erster Schritt, um das Leben der Valencianer wieder zu verbessern und die unnötige Weiterverschuldung zu verhindern. Noch stellt sich die Zentralregierung quer (obwohl sie offen zugibt, dass Valencia zu wenig Geld bekommt), aber mit der aktuellen Krise mit Katalonien wird man früher oder später zu einem gerechteren Länderfinanzausgleich kommen müssen. Das andere große Projekt der neuen Regierung ist die Neugründung einer öffentlichen valencianischen Rundfunkgesellschaft. Dies geschah im Jahr 2016: die Corporació Valenciana de Mitjans de Comunicació (CVMC). Der Radiosender À Punt Ràdio begann Mitte November 2017 die Ausstrahlung probeweise, der TV-Kanal À. (à punt) soll im ersten Trimester 2018 auf Sendung gehen.
Ein mediterranes Land
Wenn es etwas gibt, was die Geografie Valencias bestimmt, dann ist es das Mittelmeer. Das Land schlängelt sich über 520 km an der Mittelmeerküste entlang, keine valencianische Ortschaft liegt mehr als 95 km vom Meer entfernt (vom Rincón de Ademuz mal abgesehen, das außerhalb des Kerngebiets liegt). Der Großteil der knapp 5 Mio. Einwohner wohnen in den Küstenregionen (über 90% der Bevölkerung). Die größten Städte sind València (ca. 800.000 Einwohner; 1,7 Mio. in der Metropolregion), Alicante/ Alacant (330.000), Elche/ Elx (230.000; ca. 760.000 in der Metropolregion Alicante-Elche), Castelló de la Plana (171.000) und Torrevieja (ca. 84.000). Die wichtigsten Flüsse – von Norden nach Süden – sind: der Sénia (an der Grenze zu Katalonien), der Millars/ Mijares, der Túria (verlief ursprünglich direkt durch die Altstadt von València), der Xúquer/ Júcar (der größte Fluss), der Vinalopó und der Segura (an der Grenze zu Murcia). Diese Flüsse sind es auch, die das Wasser für die Séquies bzw. Acequias liefern, die von den Mauren entwickelten Kanalsysteme für die Bewässerung der Plantagen. Es gibt in Valencia zwei Hauptanbaumethoden: den Regadiu/ Regadío, Bewässerungsfeldwirtschaft mithilfe von Séquies, und den Secà/ Secano, den Trockenfeldbau, der auf Regen angewiesen ist. Im Regadiu werden in Valencia vor allem Zitrusfrüchte (besonders Orangen, Zitronen und Mandarinen), verschiedene Gemüsesorten, Reis und neuerdings Kakis angebaut; im Secà hauptsächlich Mandelbäume, Johannisbrotbäume, Getreide und Olivenbäume. Vor allem die Zitrusfrüchte werden europaweit exportiert. In Valencia (vor allem in der Horta de València und der Horta d’Alacant) werden 60% aller Zitrusfrüchte Spaniens angebaut, wobei die Mandarinen–Produktion hervor sticht; 80% werden hier produziert. Die Orangen–Produktion sinkt zwar seit ein paar Jahren (60% der nationalen Produktion), allerdings gelten sie immer noch als die besten Orangen. Anders als z.B. in Brasilien (größter Produzent der Welt), werden in Valencia hauptsächlich Orangen für den direkten Verzehr angebaut und nicht für die Saftproduktion (für den Saft ist es egal, ob die Früchte süß sind oder nicht, denn man fügt ja eh Zucker hinzu).
Die Provinz Castelló im Norden ist mit ca. 580.000 Einwohnern die bevölkerungsärmste Provinz Valencias. Die Küste von Castelló heißt Costa del Azahar / Costa dels Tarongers (azahar – ‘Orangenblüte’; vom Arabischen az-zahr – ‘Blüte, Blume’, später andalusisches Arabisch azzahár; taronger – Katalanisch für ‘Orangenbaum’). Eigentlich heißt die gesamte Küste zwischen Vinaròs (Grenze zu Katalonien) und dem Cap de la Nau (Alicante) Costa del Azahar, aber seitdem sich die Tourismusbezeichnung „Castellón – Costa Azahar“ etabliert hat, bezeichnet der Name hauptsächlich die Küste von Castelló. Die Küste der Provinz Valencia wird dann meist als Costa de València bezeichnet. Wichtige Ortschaften an der Küste sind Vinaròs, Benicarló, Benicàssim, Peñíscola, Orpesa und natürlich die Provinzhauptstadt Castelló de la Plana. Die Strände der Costa del Azahar sind beeindruckend. Es gibt weite Sandstrände, besonders die Stadtstrände oder das riesige Ferienressort Marina d’Or bei Orpesa, mit mehreren Hotels, 8 Freizeitparks, dem größten Meerwasser-Heilbad Europas, etc.; aber auch abgelegene Buchten und Steilküsten (z.B. La Renegà in Orpesa/ Oroposa del Mar), die eher wenig von internationalen Touristen besucht werden. Dazu gehören z.B. Buchten des Naturparks Serra d’Irta (bei Alcossebre; die letzten 14km unberührter Strand zwischen Frankreich und Andalusien), der Steinstrand an der Flussmündung des Riu de les Coves (bei Capicorb, Alcalà de Xivert), oder die Platja Nord von Peñíscola, von wo aus man einen wunderbaren Blick auf die Stadt hat. Peñíscola ist ein Muss für jeden, der die Region besucht. Die Altstadt liegt auf einem über 60m hohen Felsen im Meer, der über eine schmale Landzunge mit dem Festland verbunden ist. Die aktuelle Templerburg wurde im 14. Jhd. auf die zerstörte arabische Alcazaba (al–qasbah – ‘maurische Festung’) gebaut. Naja, und besonders für Fans von Game of Thrones ist sie interessant, denn sie diente als Kulisse für die 6. Staffel der Serie. Außerdem befinden sich hier in der Nähe die Naturparks Prats de Cabanes–Torreblanca (bei Orpesa; mit Sümpfen, Feuchtgebieten und vielen Brutvögeln) und der Desert de les Palmes (bei Castelló de la Plana, verdankt seinen Namen dem großes Vorkommen der Zwergpalme). In Vall d’Uixó befinden sich die Grutes de Sant Josep, ein Höhlensystem mit Wandmalereien und dem längsten schiffbaren unterirdischen Fluss Europas. Wer gerne taucht, sollte die Illes Columbretes besuchen, eine unter Naturschutz stehende Inselgruppe im Mittelmeer. Während die Küstenregion größtenteils ziemlich flach ist (vor allem La Plana de Castelló, die Ebene von Castelló), zeichnet sich das Innenland hauptsächlich dadurch aus, dass es ziemlich bergig ist. Dort befinden sich u.a. die Gebirgszüge Serra Calderona, die Serra d’Espadà, das Els Ports-Massiv (mit dem Naturpark Tinença de Benifassà) und der höchste Berg Valencias, der Penyagolosa (1.813 m). Allesamt gehören zu den östlichen Ausläufern des Iberischen Gebirges. Hier liegen viele Ortschaften mit denkmalgeschützten Altstädten, wie Morella, Sant Mateu del Maestrat, Mascarell (einziges vollständig ummauertes Dorf Valencias), Culla, Vilafamés oder Segorbe.
In Segorbe, das bis ins 17. Jhd. katalanischsprachig war, aber nach der Vertreibung der Morisken von Aragonesen besiedelt wurde und jetzt spanischsprachig ist, kann man zudem Mitte September der Entrada de toros y caballos beiwohnen (dem Einlaufen der Stiere und Pferde). Es ist eine Tradition, die seit dem 14. Jhd. belegt ist und die darin besteht, sechs Stiere – die von mindestens so vielen Pferden begleitet werden – von ihrem Stall in die Kampfarena zu führen. Die Menschen (bis zu 20.000) bilden dabei zuerst eine undurchdringliche Menschenmenge, die sich dann wie ein Reißverschluss öffnet, wenn sich die Tiere nähern. Dieses Fest wurde zu einem Fest von internationalem touristischen Interesse ernannt (Fiesta de interés turístico internacional). Normalerweise passiert nichts, weder den Menschen, die ohne Trennwände dem Spektakel beiwohnen, noch den Pferden. Was aber nicht heißt, dass nie was passiert (naja, und die Stiere sterben am Ende natürlich beim Stierkampf). Was ich von Festen mit Tieren halten, behalte ich an dieser Stelle für mich. Hier ein kurzes Video (der gesamte Lauf dauert keine Minute):
Die Provinz Valencia ist dagegen mit knapp 2,5 Mio. Einwohner die bevölkerungsreichste Provinz der Autonomen Gemeinschaft. Allerdings leben 1,7 Mio. davon in der Metropolregion València, also knapp 70%. Weitere wichtige Städte der Provinz sind Torrent, Gandia, Sagunt, Alzira, Burjassot und Xàtiva. Wie oben schon erwähnt, heißt die Küste Valencias entweder auch Costa del Azahar oder eben Costa de València. Der gesamte Küstenabschnitt ist relativ flach, das Gebiet der Huerta de Valencia/ Horta de València (huerta – Obst– oder Gemüsegarten) ist die zweitgrößte Küstenebene Spaniens. Die wichtigsten Flüsse der Region sind der Túria und der Xúquer/Júcar. Der Túria durchquerte ursprünglich die gesamte Altstadt Valèncias und mündete dort auch ins Mittelmeer. Aber schon seit Jahrhunderten brachte er immer wieder den Tod in die Stadt, denn bei Starkregen (das Wetterphänomen „Gota fría“) überschwemmte er die Stadt regelmäßig. Zuletzt geschah das im Jahr 1957, als bei der Flut 81 Menschen starben. Daraufhin entschied die Stadtverwaltung, den Flussverlauf umzuleiten. Und so mündet heute der Túria südlich von València. Das trockengelegte Flussbett in der Stadt sollte zunächst zu einer Autobahn werden, aber die Einwohner wehrten sich und forderten einen Park. Es entstand der Jardí del Túria (Garten des Túria), eine über 7km lange Grünanlage, die sich durch die gesamte Stadt zieht. Der Xúquer ist um einiges größer (nach dem Ebro der größte spanische Fluss, der im Mittelmeer mündet) und versorgt viele Séquies mit Wasser. Dementsprechend sind seine Ufer von Orangenplantagen gesäumt. Zwischen den Flussmündungen des Túria und des Xúquer befindet sich die Albufera, eine geschützte Süßwasserlagune, die nur durch einen schmalen Sandstreifen vom Meer getrennt ist (albufera stammt vom arabischen al-buhayra – ‘kleines Meer’). Es ist das wichtigste Feuchtgebiet Valencias und der zweitgrößte See Spaniens. Die Albufera ist umgeben von Reisfeldern (über 200 km²) und ist die Heimat vieler Vogelarten (u.a. Flamingos) und von zwei kleinen endemischen, vom Aussterben bedrohte, Fischarten, dem Samaruc (Valencia-Kärpfling) und dem Fartet (Spanien-Kärpfling). Die Costa de Valencia ist bekannt für ihren langen und breiten Sandstrände, die flach ins Meer übergehen (anders als z.B. an der Costa Brava, wo das Wasser ziemlich abrupt sehr tief werden kann). Allerdings besuchen recht wenig internationale Touristen die Strände Valencias. Wichtige Strände gibt es in Port de Sagunt (gehört zu Sagunt), Canet d’en Berenguer (bei Sagunt), Puçol, Meliana, Cullera, Oliva, Gandia (die beiden letzteren im Landkreis La Safor, im Süden) und natürlich València. Gandia war vielleicht früher nicht jedem jungen Spanier ein Begriff. Dies änderte sich allerdings, als 2012 die spanische Version des MTV-Formats Jersey Shore gedreht wurde: Gandia Shore. Viele der Teilnehmer nutzten die Aufmerksamkeit, um danach ihre „Karriere“ als Z-Promis im spanischen Fernsehen (dem man einen eigenen Beitrag widmen muss) weiterzuführen.
Das Innenland von Valencia ist ziemlich gebirgig. Zu den Gebirgszügen gehören der Macizo del Caroig, die Serra de Mondúber und die Sierra Martés. Doch die höchsten Berge der Provinz befinden sich in der Exklave Rincón de Ademuz/ Racó d’Ademús, zwischen der aragonesischen Provinz Teruel und der kastilischen Provinz Cuenca. Hier befinden sich der Cerro Calderón bzw. Alto de las Barracas (1.838 m) und der Cruz de los Tres Reinos (1.560 m; „Kreuz der Drei Königreiche“, da hier früher die Grenze zwischen den Königreichen Kastilien, Aragonien und Valencia verlief). Der Rincón de Ademuz war ursprünglich keine Exklave, denn die Landkreise, die zwischen dem Rincón und Valencia liegen, gehörten eigentlich zum Königreich von Valencia. Aber schon kurz nach der Eroberung wurden sie in die Königreiche Aragonien und Kastilien integriert, sodass der Rincón de Ademuz isoliert blieb. Die beiden Hauptorte des Landkreises sind Ademuz (benannt nach der arabischen Festung Al-Dâmûs) und Castielfabib (benannt nach der arabischen Festung Qastil al-Habib). Charakteristisch für die Region sind Eiben- und Wacholderwälder (tejos und trabinas), und die „Leopardenfell-Landschaft“, bestehend aus flachen Büschen, wie Rosmarin (romero), Thymian (tomillo terrero), Stecheichen (coscoja/coscollo), Sadebäumen (sabina rastrera) und spanischem Ginster (aliaga). Das Innenland Valencias ist mindestens genauso interessant wie die Küste. Man findet dutzende denkmalgeschützte Dörfer und Altstädte, reste maurischer Festungen, christliche Kirchen aus dem 14. Jhd. und maurisch-christliche Schutzmauern. Zu den schönsten Orten gehören Xàtiva, Bocairent, Algemesí, Albaida, Llíria, Alpuente, Chulilla, Requena, Anna und Andilla. In Xàtiva kann man noch die mittelalterliche Burg bewundern, die zwar iberischen und römischen Ursprungs ist, aber von den Arabern komplett reformiert und ummauert wurde. Sie ist nahezu intakt. Bocairent ist bekannt für seine Altstadt und die Covetes dels Moros (Höhlen der Mauren), etwa 50 Höhlen, die im 10. Jhd. von den Mauren in eine Steilwand gehauen wurden. Außerdem liegt hier die Quelle des Vinalopó und die älteste Stierkampfarena Valencias. Auch wenn man keine Stierkämpfe mag, sollte man sie besuchen, denn sie ist einzigartig: Sie wurde direkt in das Gestein gemeißelt. Außerdem gibt es viele Naturschutzgebiete, Naturparks, etc. mit einer perfekten Infrastruktur für Wanderer. Dazu gehören z.B. die Hoces del Cabriel (Landkreis Requena-Utiel), die Ruta del Agua zwischen Chelva und Calles (Landkreis Los Serranos), die Route durch die Peña Cortada und dem dazugehörigen Aquädukt (Los Serranos), das Tal Vall de la Murta (bei Alzira, Landkreis Ribera Alta) oder die Selva de Cabrentà (La Costera). In den Landkreisen La Costera und Vall d’Albaida befindet sich ein Weinanbaugebiet, das oft als die „valencianische Toscana“ bezeichnet wird, die Terres dels Alforins (so heißt auch der Winzerverband der Region). Wer etwas besonderes sehen möchte, der kann sich auf die „Ruta de los Dinosaurios“ begeben und den Spuren der Dinosaurier folgen. In der Provinz Valencia gibt es mehrere Ausgrabungsstellen, darunter in Millares (Rambla del Tambúc, über 200 versteinerte Abdrücke) und in Alpuente.
Die Provinz Alicante/Alacant hat 1,8 Mio. Einwohner und liegt somit zwischen Castelló und Valencia. Die größten Städte sind sind Alicante/Alacant, Elche/Elx, Torrevieja, Orihuela, Benidorm und Alcoy/Alcoi. Es ist eine sehr stark urbanisierte Provinz, mit 26 Ortschaften, die über 20.000 Einwohner haben. Die Küste im Norden, bis zum Kap Cap de la Nau (bei Dénia) gehört noch zur Costa del Azahar bzw. Costa de València, während der Rest der Küste zur weltbekannten Costa Blanca gehört. Es ist die touristischste Region Valencias, und eine der touristischsten Regionen Spaniens. Die wichtigsten Orte an der Costa Blanca (von Alicante und Torrevieja abgesehen) sind Xàbia/ Jávea, Calp/ Calpe, Altea, Benidorm, Santa Pola und Guardamar del Segura. Benidorm gilt als das Miami Spaniens oder als New York des Mittelmeers, denn nirgendwo sonst reihen sich so viele Wolkenkratzer aneinander (nach New York hat Benidorm die höchste Wolkenkratzer-Dichte pro m² weltweit). Benidorm hat ca. 70.000 Einwohner (etwa 100.000 wenn man die nicht angemeldeten „Residentes“ aus Deutschland und Großbritannien dazurechnet, die nicht das ganze Jahr dort wohnen), doch seine Bevölkerung kann während der Saison auf über 400.000 steigen. An der Costa Blanca leben generell viele Ausländer, so haben etwa 30% der Einwohner von Benidorm, Dénia und 34% der Einwohner von Altea einen ausländischen Pass (hauptsächlich aus Großbritannien, Deutschland, den Benelux-Ländern und Skandinavien). Alle Gemeinden Spaniens, in denen mehr als die Hälfte der Bevölkerung Ausländer sind, liegen in Alicante: darunter Xàbia (53%), Calp (2008: 58%; 2016: 47%; verlor wegen der Krise 1/3 der Bevölkerung), Rojales (65%) und San Fulgencio (2008: knapp 80%). San Fulgencio ist allerdings ein Sonderfall: Durch den Bauboom in den 2000er wurden tausende Briten angelockt, die 2008 etwa 50% der 12.000 Einwohner ausmachten. Mit dem Platzen der Immobilienblase kehrten viele aber zurück, andere starben (schließlich waren die meisten Rentner), und die Einwohnerzahl sank auf die heutigen 7.200 (von denen aber immer noch 63% Ausländer sind). Die schönsten Strände – von denen der Bettenburgen mal abgesehen – sind z.B. die Platja l’Arenal (Xàbia), La Granadella (Xàbia), Cala del Moraig (Benitatxell), Platja del Paradís und Platja del Torres (La Vila Joiosa/ Villajoyosa), L’Almadrava und Les Rotes (Dénia) oder die Platja Carabassí (Santa Pola, Baix Vinalopó).
Die Provinz ist größtenteils ziemlich bergig. Die einzigen Ebenen befinden sich im Süden (Horta d’Alacant, Baix Vinalopó und die Vega Baja del Segura mit der Huerta de Orihuela). Die wichtigsten Gebirgszüge sind die Serra d’Aitana, Serra de Mariola, Serra del Maigmó oder der Berg Puig Campana (1.406 m). Allesamt sind Ausläufer der Betischen Kordillere (Cordilleras Béticas). Obwohl es in der Provinz nur zwei größere Flüsse gibt (Segura und Vinalopó), gibt es ziemlich viele kleine und mittlere Talsperren. Bekannt ist die Talsperre von Tibi (bei Tibi und Xixona), weil es die älteste Talsperre Europas ist (16. Jhd.). Entlang der Küstenlinie gibt es unzählige Lagunen und Albuferes, die je nach Niederschlag zu Sumpfland werden oder trocken sind. Größere Ortschaften im Innenland sind Elche/Elx, Orihuela, Alcoi, Elda, Ibi und Cocentaina. Orte mit gut erhaltener Altstadt oder denkmalgeschützten Gebäuden aus dem Mittelalter sind z.B. El Castell de Guadalest (Marina Baixa), L’Atzúbia (Marina Alta), Sax (Alt Vinalopó), Callosa d’en Sarrià (Marina Baixa), Villena (Alt Vinalopó), Novelda (Vinalopó Mitjà) und Agres (Comtat/ Condado de Cocentaina). In Elche/Elx befindet sich neben dem Torre de la Calaforra (einem muslimischen Wachturm aus dem 12. Jhd.) auch der Palmeral de Elche, der größte Palmenhain Europas. Es wird angenommen, dass der Palmeral schon zu Zeiten der Karthager existierte, seine jetzige Form stammt aber von den Mauren. Noch bis ins 18. Jhd. war er doppelt so groß wie jetzt und ist seit dem Jahr 2000 UNESCO-Weltkulturerbe. Hervorzuheben sind zweifelsohne die maurischen Burgen Castell de Biar (Biar, Alt Vinalopó), Castillo de la Atalaya (Villena, Alt Vinalopó; atalaya vom arabischen at-talay’a – ‘Wache, Vorposten’) und Castillo de Sax (Sax, Alt Vinalopó), die während der Reconquista stark umkämpft waren. Wer beeindruckende Landschaften mag, sollte z.B. die Arcs d’Atanços (Marina Alta), den Parc Natural del Carrascal de la Font Roja (dem am besten erhaltenen mediterranen Wald der Provinz; Marina Alta), die Serra de Benicadell (Comtat und Vall d’Albaida) oder Guadalest besuchen. Außerdem könnte man die Ruta del Forat de Bèrnia (einem der schönsten natürlichen Balkone der Mittelmeerküste) oder die Ruta de los 6000 escalones (Route der 6000 Stufen) machen. Wenn man im Süden ist, sollte man auf jeden Fall den Parque Natural de las Lagunas de la Mata y de Torrevieja besuchen, zwei Salzwasserlagunen: die eine ist grün, die andere rosa.
Ein Schmelztiegel der Kulturen
Die Geschichte Valencias hat dazu geführt, dass viele unterschiedliche Kulturen ihre Spuren in der lokalen Kultur hinterlassen haben. Die Iberer, die Römer, die Phönizier, die Westgoten, die Araber, Mudéjares, Morisken und Mozaraber, die Katalanen, die Aragonesen und die Kastilier, alle haben in unterschiedlichem Maße die Kultur Valencias beeinflusst.
Sprache
Die sprachliche Situation Valencias ist eine direkte Folge der Wiederbesiedlung nach der Reconquista und der darauffolgenden Jahrhunderte. Direkt nach der Reconquista ließen sich die katalanischen Siedler in den Küstenregionen nieder, während die Aragonesen sich im Landesinneren niederließen. Jeder brachte seine Sprache mit: die Katalanen sprachen meist westkatalanische Dialekte (da sie vor allem aus der heutigen Provinz Lleida kamen) und die Aragonesen sprachen aragonesische Dialekte, die zu der Zeit wahrscheinlich schon stark kastilisiert waren. Es kamen aber sehr viel mehr Katalanen als Aragonesen (zwischen 65 und 70% aller Siedler). Natürlich gab es teilweise auch aragonesische und katalanische Siedler im selben Dorf; dort dominierte am Ende die Sprache der Mehrheit. Die beiden meist gesprochenen Sprachen des Königreichs von Valencia waren aber lange Zeit das Katalanische und das Arabische (da ja 1/3 der Bevölkerung bis Anfang des 17. Jhd. arabischsprachige Morisken waren). Heute hat die Autonome Gemeinschaft Valencia zwei offizielle Amtssprachen: das Katalanische (Valencianisch genannt) und das Spanische. Allerdings ist das Land sprachlich in zwei „Predominios lingüísticos“ (Sprachgebiete) geteilt, etwa 2/3 des Gebiets gehören zum katalanischsprachigen Gebiet, 1/3 zum spanischsprachigen Gebiet. Im rein spanischsprachigen Gebiet leben aber nur 13% der Bevölkerung, 87% leben im traditionell katalanischsprachigen Teil. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass alle dort Katalanisch/Valencianisch sprechen.
Besonders in den beiden großen Städten València und Alicante/Alacant ist der Anteil der valencianischsprachigen Bevölkerung stark zurückgegangen. Das liegt vor allem am sozialen Stigma, unter dem Valencianischsprecher lange Zeit litten. Schon im 19. Jhd. galt man in den Städten als Bauerntrampel, wenn man Valencianisch sprach. Und das verschlimmerte sich während der Franco-Diktatur. Das Valencianische wurde zur Sprache der Privatsphäre, sobald man das Haus verließ, sprach man Spanisch. Noch heute berichten die Einwohner von Alicante, dass ihre Großeltern nur Valencianisch sprechen konnten (besonders die, die vom Land in die Stadt gezogen waren), aber dass schon ihre Eltern nie mit ihnen Valencianisch sprachen. Heute sprechen in Alicante nur noch 12% der Einwohner mehr Valencianisch als Spanisch im Alltag (7,7 % ausschließlich Valencianisch), und in València nur knapp 20% (13% ausschließlich Valencianisch). Sprachen 1995 noch knapp 50% der Einwohner des valencianischsprachigen Teils immer Valencianisch Zuhause, so waren es 2015 nur noch knapp 24%. Am lebendigsten ist das Valencianische als Alltagssprache heute vor allem in den ländlichen Regionen: in der Provinz Castelló sprechen es 41% mehrheitlich im Alltag, in der Region Alcoi-Gandia 56% und in der Region Valencia (mit Ausnahme der Metropolregion València) rund 59%. Durch die Einführung des Valencianischen als Unterrichtssprache (oder als Pflichtfach, je nachdem welche Linie mal wählt) ist allerdings die Sprachkompetenz gestiegen: Im gesamten valencianischsprachigen Teil können 56% der Einwohner das Valencianische gut bzw. perfekt sprechen, in València Stadt 47%, in Alicante/Alacant immerhin 44%. Selbst im spanischsprachigen Teil können es knapp 15% sehr gut sprechen. Allerdings hat es in Valencia keinen konsequenten sprachlichen Normalisierungsprozess gegeben, so wie es ihn in Katalonien oder den Balearen gegeben hat. Man war lange Zeit zu sehr mit dem Sprachkonflikt beschäftigt und die Politik der PP war alles andere als förderlich. Ein weiterer Grund dafür, dass das Valencianische besonders ab dem Jahr 2000 prozentual an Sprechern verloren hat, ist, dass fast eine halbe Million Spanischsprecher nach Valencia eingewandert sind, sowohl aus den spanischsprachigen Regionen Valencias, als auch aus dem Rest Spaniens und vor allem aus Lateinamerika. Anders als in Katalonien, wo jedes Kind im öffentlichen Schulsystem auf Katalanisch unterrichtet wird, um so die Integration und die Zweisprachigkeit der Einwanderer zu gewährleisten, hat man in Valencia die Möglichkeit, sein Kind in verschiedene Modelle/Linien einzuschulen. Zwar hatte jede Schule die Pflicht, auch eine valencianische Linie anzubieten (mit Valencianisch als Unterrichtssprache), dem wurde aber nicht immer Folge geleistet, sodass tausende Kinder nicht die Möglichkeiten hatten, auf Valencianisch unterrichtet zu werden. Dies möchte die neue Regierung ändern. Ihr Plan, ein mehrsprachiges System einzuführen, wo sich jede Schule für eine Linie entscheiden muss (entweder mehrheitlich Spanisch als Unterrichtssprache oder mehrheitlich Valencianisch und zusätzlich mehrere Fächer auf Englisch) wurde vom TSJCV (Valencianisches Oberlandesgericht) gestoppt, weil nur die Linie mit Valencianisch als Unterrichtssprache auch 30% des Unterrichts auf Englisch geben dürfte, und das wäre diskriminierend. Im Moment hat man für die neu eingeschulten 3-jährigen folgendes System eingeführt: Die Schule darf zwischen Modell A (16–18 Std/Woche Valencianisch, 4 Std. Spanisch, 0–2 Std. Englisch), Modell B (8–9 Std. Valencianisch, 11–14 Std. Spanisch, 0–2 Std. Englisch) und Modell C (4 Std. Valencianisch, 16–18 Std. Spanisch, 0–2 Std. Englisch) wählen. Dies wurde getan, weil die meisten Kinder bereits in einer Schule mit den geplanten Modellen angemeldet waren, bevor das TSJCV in den Sommerferien 2017 das Urteil fällte. Allerdings muss man jetzt ein neues System erarbeiten, wenn man nicht zum System der PP zurückkehren möchte. Was in Valencia fehlt, ist ein wirkliches Sprachbewusstsein. In Katalonien genießt das Katalanische sehr viel Prestige, selbst die spanischen Einwanderer akzeptierten ohne Probleme, dass der Unterricht halt auf Katalanisch stattfindet (natürlich gibt es auch dort Ausnahmen). Man hat aber nie jemanden sagen hören, man sei ein Bauerntrampel, wenn man Katalanisch spricht, und das lag vor allem auch an der katalanischen Bourgeoisie, die die Sprache als identitätsstiftendes Symbol benutzte. Außerdem haben die letzten Studien gezeigt, dass Menschen, die politisch eher rechts gesinnt sind, weniger Valencianisch sprechen als eher linke. Damit scheint wieder mal bestätigt, dass die Sprachen in Spanien zu sehr politisiert sind: Anhänger des rechten spanischen Nationalismus sprechen meist Spanisch, Anhänger des eher linken Valencianismus sprechen meist Valencianisch. Und das kann für eine Sprache nicht gut sein.
Charakteristisch für das Valencianische ist, dass es keine neutralisierten Vokale gibt; d.h. ein geschriebenes <a> oder <e> wird nie als [ə], ein <o> nie als [u] ausgesprochen. Diese Besonderheit hat es mit den westkatalanischen Dialekten Kataloniens gemeinsam. Der größte Unterschied zu den Dialekten Kataloniens oder der Balearen ist aber, dass das intervokalische –d– oft verstummt (wie in vielen zentral- und südspanischen Dialekten): cremada > cremà (Verbrennen), llaurador > llauraor (Bauer), mascletada/mascletades > mascletà/mascletaes (eine Art Feuerwerk), cadira > caira (Stuhl), etc. Dies ist wichtig zu wissen, weil viele typische Bezeichnungen bei Festen, etc., in dieser Form geschrieben sind. Typisch für das Valencianische im Umland von València ist die Aussprache von [ʤ] als [ʧ] (also wie „tsch“ statt „dsch“) und die Tatsache, dass man oft nicht mehr zwischen einem weichem und einem scharfen /s/ unterscheidet (meist dann [s], wo man [z] sagen müsste). Dieser Dialekt heißt Apitxat, und es kann gut sein, dass es der Einfluss des Aragonesischen war, wo man z.B. cheografía [ʧe.o.ɣɾaˈfi.a] sagt und schreibt, statt des katalanischen bzw. valencianischen geografia [ʒə.u.ɣɾəˈfi.ə] bzw. [ʤe.o.ɣɾaˈfi.a] oder des spanischen geografía [xe.o.ɣɾaˈfi.a].
Die spanischsprachigen Gebiete kann man sowohl sprachlich als auch historisch in drei Teilregionen unterteilen (Nord, Central und Meridional). Die Landkreise im Nordwesten (Nord), die fast alle an die aragonesische Provinz Teruel grenzen (Alto Mijares, Alto Palancia, Los Serranos, Rincón de Ademuz und Hoya de Buñol) werden von Valencianisch-Sprechern meist „Comarques xurres“ genannt (Comarcas churras). Sie wurden allesamt hauptsächlich von Aragonesen wiederbesiedelt, obwohl es auch katalanische Siedler gab. Ihr Spanisch, das Castellano Churro, ist dementsprechend sehr eigen: Es gibt viele Wörter aus dem Aragonesischen (z.B. panizo statt span. maíz – ‘Mais’, jada statt span. azada – ‘Hacke’, pozal statt span. cubo – ‘Eimer’), auch die Sprachmelodie ist eher aragonesisch, aber das Valencianische hat viele Spuren hinterlassen. So gibt es Regionen mit Seseo ([s] statt [θ]), mit der Aussprache des <v> als [v] und nicht als [b], und viele Wörter und Ausdrücke katalanischen Ursprungs (z.B. naranjero statt span. naranjo, von kat. taronger – ‘Orangenbaum’, bajoca [baˈxoka] statt span. judía, von kat. bajoca [baˈʤɔka] – ‘grüne Bohne’, no cal – ‘nicht nötig’, rebuche statt span. rechazo, von kat. rebuig – ‘Ablehnung’, etc.). Kulturell sind diese Landkreise heute eher aragonesisch.
Die etwas weiter südlich gelegenen Landkreise Canal de Navarrés und Valle de Confrentes, und die spanischen Sprachinseln in den Landkreisen des Vinalopó-Tals (z.B. Villena, Sax, Asp, Monforte del Cid, Elda) haben eine andere Geschichte (Sector Central). Der Canal de Navarrés und das Valle de Confrentes wurden von Kastiliern wiederbesiedelt, da sie erst hundert Jahre nach der Reconquista (Anfang des 14. Jhds.) an das Königreich von Valencia gingen. Allerdings kamen danach viele katalanische Siedler in die Region, weshalb das Spanische dort zwar starke manchegische Elemente hat (aus La Mancha) – z.B. Aspiration des <s> am Silbenende – aber auch stark vom Katalanischen beeinflusst wurde. So gibt es Seseo, teilweise die Unterscheidung zwischen [s] und [z] oder sogar zwischen [s], [z], [s̺] und [z̺] und das <v> wird wie [v] ausgesprochen. Außerdem gibt es katalanische Elemente wie das Pronomen „en“ (z.B. no te’n quiero dar – ‘ich möchte dir keine davon geben’) oder die periphrastische Vergangenheitsform „ir + Infinitiv“ (z.B. ayer voy cantar – ‘gestern sang ich’, statt ayer canté). Lange Zeit waren die Siedler hier aber in der Minderheit, die meisten Bewohner waren arabischsprachige Morisken. Erst nach deren Vertreibung im 17. Jhd. wurde die Region massiv von Kastiliern wiederbesiedelt. Ähnliches passierte in den spanischen Sprachinseln des Vinalopó-Tals. Mit Ausnahme von Villena, das erst im 19. Jhd. an Valencia ging, waren diese Regionen – wie ihr Umland – valencianisch- und arabischsprachig. Doch nach der Vertreibung der Morisken kamen Kastilier aus La Mancha, sodass man heute dort Spanisch spricht und kulturell La Mancha näher ist als seinen direkten Nachbarn. So entstanden komische Situation, wie die von Elda und Petrer. Heute trennt die Städte nur eine unsichtbare Linie, denn durch den Bevölkerungszuwachs gehen mittlerweile die Stadtteile der beiden Städte lückenlos ineinander über. Aber Elda ist spanischsprachig und Petrer valencianischsprachig. Das liegt daran, dass nach der Vertreibung der Morisken (sie verloren 2/3 der Bevölkerung) Elda von spanischsprachigen Siedlern aus Villena und Petrer von valencianischsprachigen Siedelern aus Castalla und Onil wiederbesiedelt wurden. Eine Ausnahme in diesem Block stellt der Landkreis Requena-Utiel/ Plana d’Utiel (äußerster Westen der Provinz Valencia) dar. Er hatte nie zum Königreich von Valencia gehört und wurde dementsprechend von Kastilien erobert und wiederbesiedelt. Lange Zeit gehörte er zur kastilischen Provinz Cuenca. Aber mit der Neugliederung Spaniens im Jahr 1851 wurde der Landkreis in Valencia integriert.
Als letzte spanischsprachige Region muss der südlichste Landkreis Valencias erwähnt werden: die Vega Baja del Segura / Baix Segura, mit Hauptstadt in Orihuela (Sector Meridional). Auch wenn die Region zunächst von Kastilien beansprucht wurde, wurde die Wiederbesiedlung hauptsächlich von Katalanen durchgeführt. Bis ins 17. Jhd. war Valencianisch hier die einzige Amtssprache, die Bevölkerung sprach entweder Valencianisch oder Arabisch. Allerdings verlor die Region im 17. Jhd. große Teile ihrer Bevölkerung durch die Vertreibung der Morisken und einer darauffolgenden Pestepidemie. Wiederbesiedelt wurde die Region danach von Siedlern aus Murcia, die ihren murcianischen Dialekt mitbrachten. Aber auch der vermischte sich mit dem Valencianischen. Es gibt unzählige valencianische Lehnwörter, aber auch viele Arabismen und, anders als in Murcia, ist der Seseo sehr weit verbreitet. Jedoch muss man sagen, dass sich in allen spanischsprachigen Gebieten, die Sprache immer mehr dem Standard angleicht und dass die Unterschiede bei der jungen Bevölkerung heutzutage kaum mehr vorhanden sind.
Von Feuer, Musik, Bällen, Stieren und Festes – Die Kultur Valencias
Die valencianische Kultur hat vieles mit der Kultur anderer Mittelmeerländer – und besonders mit der Kultur Kataloniens und der Balearen – gemeinsam. Allerdings gibt es auch eine Reihe von Besonderheiten, die man nur hier findet oder die z.B. auf das maurische Erbe zurückgehen.
Eines der wichtigsten Elemente, das bei keinem Fest fehlt, ist das Feuer, meist in Form von Feuerwerk und Böllern. Es ist nicht verwunderlich, dass einige der besten Pyrotechniker der Welt aus Valencia stammen und überall auf der Welt Feuerwerkspektakel organisieren. Wenn es ein Fest gibt, das man in Spanien – und langsam auch im Rest Europas – sofort mit Valencia verbindet, dann sind das die Fallas. Sie sind DAS Stadtfest von València, jedoch gibt es seit Anfang des 20. Jhds. auch Falles in anderen valencianischen Städten, wie z.B. in Xàtiva, Gandia, Sueca oder Alzira. Wann genau sie entstanden und weshalb, ist bis heute nicht wirklich geklärt. Manche meinen, dass es sich um eine paganische Tradition zum Frühlingsanfang handelt, andere meinen, dass Handwerker im 18. Jhd. begannen, im Frühling die nicht mehr benötigten „Parots“ (eine Art Kerzenständer für die dunklen Wintertage) und das überschüssige Holzspan verbrannten. Mit der Zeit verkleideten die Nachbarn die Ständer, was am Ende zu den heutigen Ninots (Pappmaché-Figuren) geführt haben soll. Die Feierlichkeiten an sich finden immer zwischen dem 15. und dem 19. März statt. Jedoch werden sie schon am letzten Sonntag im Februar mit der Crida eingeleitet (einer Zusammenkunft aller Fallas-Vereine), nachdem die Fallera Major de València ernannt worden ist (die Fallera Major de València ist eine Art „Miss Fallas“ in valencianischer Tracht, die aus den hunderten von Fallas-Vereinen ausgewählt wird und als Botschafterin der Feierlichkeiten fungiert). Der Fallera Major de València wird dann bei der Crida symbolisch der Schlüssel der Stadt übergeben und der Bürgermeister/die Bürgermeisterin der Stadt ruft die Bevölkerung auf, das Fest zu beginnen (crida – Aufruf). Nahezu jeder Straßenzug von València hat seinen eigenen Fallas-Verein (Comissió fallera, fast 400 in Valencia), der sich im Vereinshaus (Casal Faller) versammelt und die Feierlichkeiten über das ganze Jahr hinweg vorbereitet. Jede Comissió ernennt zudem einen Präsidenten und eine Fallera Major, die den Verein nach Außen hin vertreten. Sie beauftragen Handwerker (artesans fallers) damit, die Falles und Ninots herzustellen, sammeln Geld im Viertel, organisieren die Kapellen etc. Koordiniert werden sie von der Junta Central Fallera. Ab dem 1. März ertönt täglich gegen 14 Uhr die Mascletà auf dem Rathausplatz. Die Mascletà ist ein eher farbloses Feuerwerkspektakel; es geht um den Lärm, den der Pyrotechniker so koordinieren soll, dass ein fast hypnotisierendes Knall-Konzert entsteht. Es ist einfach nur beeindruckend. Außerdem finden verschiedene Umzüge statt (Cavalcades), bei denen die Ninots vorgestellt werden. Die zwei schönsten Ninots werden vom Volk ausgewählt und retten sich so vor der Cremà (zu der ich gleich komme). Am 15. März findet die Plantà statt: die riesigen Monumente werden überall in der Stadt aufgestellt. Eine Falla (oder Cadafal Faller), wie die Pappmaché-Monumente inklusive der Ninots auch genannt werden, können über 30m hoch sein, über 10 Tonnen wiegen und über 100.000 € kosten. Es sind meist Karikaturen von berühmten Politikern, Sportlern oder regionalen Ereignissen (die Darstellung ist immer kritisch und satirisch), weshalb sie anfänglich von der Obrigkeit missbilligt wurden. Mittlerweile werden die Falles aber sogar subventioniert. Die aufgestellten Falles werden von einer Juri beurteilt und können im Idealfall mit einem Preisgeld von 7.000 € bedacht werden (am 16. März). In der Nacht zum 18. März beginnt die Ofrena (Opfergabe) für die Mare de Déu dels Desemparats (Jungfrau der Schutzlosen), der Schutzpatronin von València, die von den Valencianern auch liebevoll La Geperudeta (die Bucklige) genannt wird. La Geperudeta ist eine 14m hohe Holzfigur, der sich mittlerweile 100.000 Fallers und Falleres (Vereinsmitglieder) am Tag der Ofrena nähern, um einen Blumenstrauß für ihren „Mantel“ zu opfern. Mit den Blumensträußen wird dann ein riesiger Mantel entworfen, der der Jungfrau übergeworfen wird (fast 50 Tonnen Blumen). Es ist eines der meistbesuchten Ereignisse vor dem Höhepunkt der Festlichkeiten. Neben den täglichen Mascletades (oft auch Mascletaes geschrieben) gibt es zwischen dem 15. und 19. März jede Nacht zusätzlich ein großes Feuerwerk (meist um Mitternacht), und jeden Morgen wecken die Vereine die Nachbarn mit Böllern (tros de bac – explodieren beim Aufprall auf den Boden) und Musik. Dieses „Wecken“ wird Despertà genannt und wird von vielen Nachbarn kritisiert, da nur der 19. März ein Feiertag ist. In der Nacht vom 18. auf den 19. findet die Nit del Foc, die Nacht des Feuers, statt; das größte Feuerwerk der Woche, mit über 2 Tonnen Feuerwerkskörper, die in 20 Minuten in die Luft gejagt werden. Insgesamt werden für die Falles 100 Tonnen Feuerwerkskörper für die Mascletaes und Castells de Foc (Feuerwerk) benötigt. 1 Mio. Menschen kommen jedes Jahr, um die Nit del Foc zu erleben. Am 19. ist dann der Tag der Tage, der Höhepunkt der Falles: La Cremà (das Verbrennen). Sie wird durch ein Feuerwerk eingeleitet. Als erstes brennen die Falles infantils (Kinder-Fallas; ggn. 22 Uhr), ab 0 Uhr brennen dann die restliches Monumenten, immerhin etwa 390 Stück; um 00:30 Uhr wird dann die Gewinner-Falla und um 1 Uhr die Falla der Stadt València, die nicht am Wettbewerb teilnimmt, verbrannt. Kurz nachdem alle Falles abgebrannt sind, gehen die Zuschauer nach Hause und die Vorbereitungen für das nächste Jahr beginnen. Die Falles de València wurden 2016 von der UNESCO in die Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
Die Fogueres de Sant Joan in Alicante/Alacant ähneln den Falles sehr. Allerdings finden sie zwischen dem 20. und 24. Juni statt und sie sind klar paganischen Ursprungs, denn sie gehen auf das Fest zur Sommersonnenwende zurück. Aber in ihrer aktuellen Form, gibt es sie erst seit Anfang des 20. Jhds., vorher gab es zwar Lagerfeuer etc., aber die Bürgermeister der Stadt hatten im 19. Jhd. verboten, in der Stadt Feuer zu zünden. Da die Fogueres d’Alacant den Falles nachempfunden sind, gibt es natürlich viele Parallelen. Auch hier gibt es riesige Pappmaché-Monumente – die allerdings Fogueres genannt werden – und Pappmaché-Figuren, die Ninots. Eigentlich heißt foguera bloß Lagerfeuer/Scheiterhaufen, und diese Lagerfeuer sind in ganz Spanien typisch für die Nacht vom 23. auf den 24. Juni (San Juan – Johannistag). In Alicante findet auch die Plantà (das Aufstellen der Monumente) und ein Wettbewerb statt, um die schönste Foguera zu küren. Es gibt 88 Distrikte, die jeweils von einem Verein vertreten werden. Jeder Verein wählt einen Präsidenten und eine Bellea (valencianische Aussprache von bellesa – Schönheit), die den Verein repräsentieren. Unter allen Bellees wir dann die Bellea del Foc (die Schönheit des Feuers) ausgewählt, die dann auch als Botschafterin der Feierlichkeiten fungiert (ähnlich der Fallera Major de València). Auch in Alicante gibt es täglich despertaes (val. Aussprache von despertades), mascletaes (val. Aussprache von mascletades) und Castells de Foc (Feuerwerke). Ein Unterschied zu den Falles ist allerdings, dass die Vereine in sogenannten Barraques feiern, abgezäunte Straßenzüge mit Bars, Tischen auf der Straße und einer Bühne. Man kann jede Barraca besuchen und z.B. die Spezialitäten probieren (vor allem Coca de tonyina – Coca mit Thunfisch oder bacores – Feigen). Ähnlich wie in València wird hier jede Foguera von einer Musikkapelle begleitet, die typisch valencianische Volksfest-Musik spielen (das bekannteste Lied, das mittlerweile auf keinem Fest Spaniens fehlt, ist der Pasodoble Paquito el Chocolatero, hier oder hier). Ein weiterer Unterschied zu den Falles besteht darin, dass zeitgleich die Feria Taurina stattfindet, also Stierkämpfe. Am Tag der Cremà (23. Juni) werden überall in der Stadt die Fogueres verbrannt und tausende Menschen entzünden Lagerfeuer am Strand, um von dort aus das große Feuerwerk zu bewundern. Mittlerweile gibt es auch in anderen südvalencianischen Städten Fogueres, wie z.B. in Elche/Elx, Guardamar del Segura, Xàbia, Benidorm und Dénia.
Ein weiteres wichtiges Fest in Valencia sind die Moros y Cristianos/ Moros i Cristians (Mauren und Christen). Es sind historische Feierlichkeiten, die der Reconquista und verschiedenen Mudéjar-Aufständen (vor allem denen von Al-Azraq) gedenken. Das älteste dokumentierte Moros–i–Cristians–Fest ist das von Cocentaina, es wurde bereits im Jahr 1586 erwähnt. Jedoch ist das bekannteste Fest das von Alcoi. Allgemein kann man sagen, dass es pro Stadt mehrere Komparsen-Vereine gibt (comparses bzw. filaes), die entweder die Mauren oder die Christen darstellen. Jede Filà besteht zudem aus mehreren Esquadres (Untergruppen), die eine bestimmte Verkleidung benutzen (z.B. die Esquadra Aladí des Vereins Saudites d’Ontinyent). In jedem Dorf ist der Ablauf etwas anders, aber generell kann man sagen, dass am Anfang die Mauren einmarschieren, am nächsten Tag die Christen und es dann am dritten Tag zum großen „Kampf“ kommt, mit unglaublich viel Schwarzpulver (pólvora) und Feuerwerken. In manchen Orten können die Mauren u.a. auch auf Pferden, Kamelen oder Elefanten einreiten. Die Feierlichkeiten haben kein festes überregionales Datum, in Alcoi sind sie Ende April (zu Ehren von Sant Jordi, Sankt Georg, am 23. April, der den Christen zur Hilfe gekommen sein soll), in Biar Mitte Mai, in Cocentaina im August und in El Campello im Oktober. Man kann also eigentlich das ganze Jahr über irgendwo in Valencia die Moros i Cristians bewundern. Besonders ist das Fest in El Campello, denn hier wird die Landung der Mauren an der Küste dargestellt, mit Schiffen, Feuer etc.
Das wichtigste Fest von Castelló de la Plana sind die Festes de la Magdalena, Ende Februar oder Anfang März (am 3. Sonntag der Fastenzeit). An diesem Tag gedenken die Stadtbewohner der Gründung der Stadt, als der König Jaume I. im Jahr 1251 den Christen von Castelló erlaubte, von den Bergen in die, nun von den Mauren verlassene, Ebene zu ziehen. Das Fest beginnt am Samstag mit einer Mascletà und mehreren Umzügen, die die Mythologie, Geschichte und Kultur der Stadt darstellen. Am Sonntag Morgen beginnt die Romeria de les Canyes (Pilgerfahrt der Schilfrohre). Die Teilnehmer begeben sich auf den Weg zur Ermita de la Magdalena (eine kleine Kapelle), die auf dem Berg liegt, von wo aus die Gründer der Stadt in die Ebene wanderten. Einmal dort angekommen, gibt es eine Messe und eine riesige Paella für alle. Allerdings bleibt man nicht lange dort, denn bis um 19 Uhr muss man wieder zurück ins Stadtzentrum wandern, um gemeinsam mit mehreren Karossen und Reitern in die Stadt einzuziehen. Am Montag werden dann die sogenannten Gaiates angemacht, bis zu 6m hohe beleuchtete Figuren, die an die Fackeln (aus Schilfrohr – ‘canya’) erinnern sollen, die den ersten Siedeln den Weg in die Ebene beleuchteten. Da jedes Viertel seine eigene Gaiata hat, sind es am Ende 19 Stück, die in einem leuchtenden Umzug durch die Stadt getragen werden. Während der gesamten Woche gibt es viele Konzerte, Feuerwerke, Prozessionen, Umzüge und Correfocs (siehe Beitrag zu Katalonien). Am folgenden Sonntag dann werden die Feierlichkeiten – nach der Traca final (einer 4km langen Knallkette) – offiziell für beendet erklärt: die Reines de la Festa (gewählte Fest-Königinnen) rufen vom Rathaus-Balkon „Magdalena!“, und die unten stehenden Zuschauer antworten mit „Vítol!“ (Alt-Valencianisch für „Sie lebe hoch“).
Die Festes de la Mare de Déu de la Salut von Algemesí (Ribera Alta, Valencia) zählen wohl zu den ursprünglichsten und erstaunlichsten Festen Valencias. Sie gehen auf den Fund eines Marienbilds im Jahr 1247 zurück und sind seit 1610 schriftlich belegt. Die Rituale, Musik-, Tanz- und Theaterdarbietungen werden von Generation an Generation weitergegeben und haben sich in all den Jahrhunderten kaum verändert. So kommt es, dass es in Algemesí noch Bräuche gibt, die aus den Nachbargemeinden längst verschwunden waren und erst im 20. Jhd. langsam wiederentdeckt wurden. Die Feierlichkeiten sind zudem von der UNESCO in die Liste der „Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit“ aufgenommen worden. Da eine ausführliche Erklärung der einzelnen Bestandteile des Fests zu lange dauern würde, möchte ich nur kurz auf ein paar der wichtigsten Elemente eingehen. Es gibt viele Prozessionen, die von der Melodie der Dolçaines (Holzblasinstrument, ähnlich der Oboe/Schalmei; arabischen Ursprungs) und Tabalets (Tabor, Trommeln) und verschiedenen Tänzen begleitet werden, wie z.B. den Els Bastonets (mit Stöcken), La Carxofa, Les Pastoretes, Els Llauradors oder Els Tornejants. Charakteristisch sind auch die Menschentürme, die Muixerangues. Anders als bei den katalanischen Castells, geht es bei der Muixeranga allerdings eher um Figuren, Tanz und Spiritualität, als um die Höhe des Turms. Bevor die Prozessionen beginnen, tragen Kinder ein „Misteri“ oder „Miracle“ vor; kurze Theaterdarbietungen, die entweder Bibelpassagen oder religiöse Ereignisse im Landkreis zum Thema haben. Ein weiteres Fest, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde, sind die „Mysterienspiele von Elche“ (Misteri d’Elx). Es ist das einzige lyrische Drama, das vom Mittelalter bis heute ohne Unterbrechung aufgeführt wird. Die Legende erzählt, dass es entweder aus dem Jahr 1265 stammt (Jahr der Eroberung Elches durch Jaume I.) oder aus dem Jahr 1370, als in Santa Pola ein Bildnis der Jungfrau Maria gefunden wurde. Aktuelle Studien sagen allerdings, dass es wohl im 15. Jhd. entstand. Das Misteri ist – bis auf ein paar lateinische Verse – vollständig auf Alt-Valencianisch geschrieben und handelt vom Tod, von der Himmelfahrt und der Krönung der Jungfrau Maria. Das Misteri d’Elx ist zudem die einzige Theaterdarbietung, die ununterbrochen in einer Kirche aufgeführt wurde (nach dem Konzil von Trent im Jahr 1563 durften keine Theaterstücke mehr in Kirchen aufgeführt, aber der Papst Urban VIII. erlaubte es Elche schriftlich). Die Darbietung besteht aus zwei Akten, die jeweils am 14. (La Vespra) und am 15. August (La Festa) in der Kirche Basílica Santa Maria aufgeführt werden. Die Musik ist eine Mischung aus mittelalterlichen Stücken, Stücken aus dem 16. Jhd., des Barrocks und der Renaissance. Ein weiteres wichtiges Fest in Elche/Elx ist die Palmsonntag-Prozession am Sonntag vor Ostern. Zehntausende Einwohner nehmen an der Prozession teil und verleihen der Stadt mit ihren weißen Palmenstöcken ein beeindruckendes Aussehen (Elche ist der einzige Ort der Welt, wo man noch weiße Palmenstöcke herstellt; sie stammen aus dem Palmenhain der Stadt).
Die Semana Santa (Heilige Woche – im deutschen Sprachraum „Karwoche“) wird in ganz Valencia gefeiert. Die wichtigsten Feierlichkeiten finden in Orihuela, Elche/Elx, Crevillent, Alicante/Alacant, Alzira und den Küstendörfern von València (Poblats Marítims) statt. Es gibt jeden Tag religiöse Prozessionen (eine der größten ist die Karfreitag-Prozession von Orihuela, mit über 8.000 Nazarenos – Büßer mit Spitzhaube), die von den Cofradías (Bruderschaften) organisiert und durchgeführt werden. Anders als in Deutschland, ist die Heilige Woche aber keine Trauerwoche, auch wenn die Prozessionen oft sehr still und ernsthaft vollzogen werden. Die Woche beginnt am Palmsonntag mit dem Einzug Jesu in die Stadt, und endet mit seiner Auferstehung am Ostersonntag. Sein Tod am Karfreitag ist sozusagen nur eine Zwischenstufe. Es tut mir leid, dass ich hier nicht mehr darüber schreibe, aber mir war die Semana Santa leider schon immer ziemlich suspekt. Wahrscheinlich liegt es daran, dass man sie in Katalonien kaum feiert und dass ich mit der Kirche relativ wenig anfangen kann. Aber ich werde versuchen, mich spätestens beim Beitrag über Andalusien näher damit zu beschäftigen :)
Zwei Feste, von denen man in Deutschland schon mal gehört haben wird, sind die Tomatina von Buñol und Els Enfarinats von Ibi. Die Tomatina, das bekannte Tomaten-Fest, findet immer Ende August innerhalb der Patronatsfeierlichkeiten von Buñol statt. Man weiß nicht genau, warum dieses Fest entstand, denn es hat keine politischen oder religiösen Elemente. Die wahrscheinlichste Theorie besagt, dass die Tradition im Jahr 1945 entstand, als ein paar Jugendliche, die nicht an einer Prozession teilnehmen durften, anfingen die anderen Teilnehmer mit Tomaten eines Gemüsestands zu beschmeißen, und diese genauso antworten. Diese „Schlacht“ wurde dann von der Guardia Civil beendet. Im folgenden Jahr brachten die Leute dann ihre eigenen Tomaten mit. Und so ging das dann, bis die Kommunalverwaltung das Fest 1959 offiziell erlaubte und Regeln aufstellte. Seit einem Fernsehbericht im Jahr 1983 wurde das Fest in Spanien immer populärer. Und auch auf internationaler Ebene erlangte es Berühmtheit, sodass der Zustrom von Touristen stätig wuchs. Buñol hat etwa 10.000 Einwohner, und teilweise waren über 45.000 Menschen bei der Tomatina. Im Jahr 2013 begrenzte das Rathaus die Teilnehmerzahl auf 22.000. Die Tomaten-Schlacht beginnt gegen 11 Uhr, sobald es jemand schafft, einen Schinken von einem eingeseiften 7 Meter hohen Holzstamm runterzuholen. Mehrere Lkws, die mit 150 Tonnen Tomaten beladen sind, fahren durch die Stadt und versorgen die Teilnehmer mit „Munition“. Nach einem Knall beginnt die Schlacht, die aber nur eine Stunde dauert und mit einem erneuten Böller-Knall endet. Die Straßen von Buñol sind daraufhin von einer roten Tomaten-Matsche bedeckt, die aber sogar was gutes hat: durch die Säure in den Tomaten wird der Boden gesäubert. Das Fest Els Enfarinats ist zwar weniger bekannt, aber nicht weniger komisch. Es findet innerhalb der Winterfeste von Ibi statt (Festes d’Hivern d’Ibi; Ende Dezember). Der Hauptakt ist der Kampf zwischen zwei satirischen Gruppen, die Enfarinats (die „Eingemehlten“; farina = Mehl) und die Oposició, die versucht, den Enfarinats die Macht über die Stadt zu entreißen. Sie bewerfen sich gegenseitig mit Mehl, Gemüse, Eiern, Farbpulver und Coets borratxos („betrunkene Raketen“), doch am Ende gewinnen die Enfarinats, die dann die Ordnung wiederherstellen.
Ein weiteres wichtiges Element der valencianischen Kultur sind die Stiere. Nahezu jedes Dorf hat sein eigenes Fest mit Stieren. Dabei geht es aber nicht immer um den Stierkampf in einer Stierkampfarena (den es zweifelsohne auch gibt); viel verbreiteter sind z.B. die Bous al Carrer, Bous a la Mar oder die Bous embolats. Die Bous al Carrer sind besonders im Landesinneren beliebt (Alto Mijares, Alto Palancia, Alt und Baix Maestrat, Marina Alta, Camp del Túria) und bestehen darin, einen oder mehrere Stiere durch die Stadt bis in eine improvisierte Arena laufen zu lassen. Die Teilnehmer laufen dann zum Stier, der sie dann verfolgt. Bei den Bous embolats läuft es ähnlich ab, allerdings werden dem Stier vorher Fackeln und Feuerwerkskörper an die Hörner gebunden. Die Bous a la Mar finden nur an der Küste statt, besonders in Dénia, Xàbia und Benicarló. Die improvisierte Arena liegt dann am Hafen und ist an drei Seiten umzäunt, die vierte Barriere ist der offene Zugang zum Meer. Die Leute versuchen dann vor dem Stier wegzulaufen und den Stier irgendwie dazu zu bekommen, ihnen ins Meer nachzuspringen. Allen Festen dieser Art ist allerdings gemein, dass der Stier weder körperlich verletzt noch getötet wird. Natürlich steht das Tier aber unter enormem Stress, und ab und zu sterben Stiere auch deswegen. Trotzdem erfreuen sich die Feste eines großen Zuspruchs in der jeweiligen Bevölkerung und werden vehement verteidigt.
Was den Sport angeht sind die meisten Valencianer natürlich auch ziemlich fußballbegeistert (u.a. Valencia CF, Levante UD oder Villarreal CF), aber ihr traditioneller Nationalsport ist die Pilota Valenciana. Eigentlich nennt man die Sportart nur Pilota, der Zusatz Valenciana dient dazu, sie von der baskischen Pelota Vasca (Eusko Pilota) zu unterscheiden. Die Ursprünge der Sportart gehen auf die antiken Griechen zurück, und sie war in fast ganz Europa bekannt. Mittlerweile ist sie von fast überall verschwunden, doch in Valencia erfreut sie sich noch immer großer Beliebtheit. Gespielt wurde ursprünglich meist auf der Straße, doch das wurde im 14. Jhd. verboten. Daraufhin entstanden die Trinquets, die heutigen Spielfelder. Ein Trinquet ist meist zwischen 50–70m lang und 9–11m breit; die Wände sind meist so hoch wie das Spielfeld breit ist. An der einen Wand befindest sich oft die Escala, eine vierstufige Treppe, auf der das Publikum Platz nimmt. Es gibt verschiedene Spielarten, die auch mit unterschiedlich vielen Spieler gespielt werden und mit verschiedenen Bällen. Die bekanntes Arten sind Llargues, Escala i Corda und Raspall. Die Llargues werden meist auf der Straße gespielt (oft auf extra dafür gebauten Straßen, um dem Verkehr zu entgehen); zwei Mannschaften a 3 – 5 Spielern versuchen, beim Aufschlag über die Ratlla del rest (Endlinie) zu kommen, die ca. 70m entfernt ist. Gelingt dies, gewinnt man den Satz (tanto). Am Ende gewinnt die Mannschaft, die 10 tantos gewonnen hat. Die Escala i Corda wird im Trinquet gespielt, mit der Treppe (Escala) und einer Schur (Corda), die auf der Mittellinie in etwa 2m Höhe angebracht wird. Der Ball darf nur einmal im eigenen Spielfeld aufkommen und muss immer über die Schnur kommen. Gezählt wird ähnlich wie beim Tennis: 15, 30, Val, Joc. Mit dem Joc (Spiel) gewinnt man den Satz (tanto), der 5 Punkte zählt. Gewonnen hat die Mannschaft, die zuerst die 60 Punkte erreicht (also 12 Jocs). Die anstrengendste Form ist der Raspall (raspar – schürfen, schaben). Auch der Raspall wird im Trinquet gespielt, allerdings ohne Schnur und das Spiel findet weniger in der Luft statt, sondern der Ball rollt meist auf dem Boden. Die Spieler müssen dafür mit der Hand über den Boden „schürfen“, was früher immer zu Verletzungen geführt hat (vor allem abgeschürfte Fingerkuppen). Heutzutage benutzen die Spieler aber spezielle Didals (Fingerhüte aus Leder), und viel Leukoplast. Wie in den anderen Varianten benutzt man beim Raspall auch Lederhandschuhe, aber die bedecken nur die Handinnenfläche, da diese die größten Schläge abbekommt. Der Raspall oder Raspallot ist besonders in La Safor, Vall d’Albaida, La Costera und den beiden Marines beliebt. Bevor der Canal 9 geschlossen wurde, wurden viele Spiele auch im Fernsehen übertragen, jetzt aber höchsten auf Regionalsendern. Es gibt aber sogar eine Valencianische „Nationalmannschaft“, die an internationalen Pelota-Wettkämpfen teilnimmt.
Eine andere traditionelle Sportart ist der Tir i Arrossegament/ Tiro y Arrastre (Ziehen und Schleppen). Dabei muss ein Pferd einen mit Sandsäcken beladenden Karren über eine Sandpiste ziehen. Das Pferd, das es in der kürzesten Zeit schafft, gewinnt. Beliebt war es vor allem bei den Landwirten in den 40er Jahren, mittlerweile finden diese Wettkämpfe aber kaum mehr statt, weil man keine Zugtiere mehr für die Landwirtschaft braucht und es sich dadurch nicht mehr rechnet, sie zu halten.
Zur traditionellen Musik Valencias zählen u.a. die Albades (Albaes), ein metrischer, satirischer Gesang, der seit dem 14. Jhd. belegt ist. Heute findet man in hauptsächlich bei den Patronatsfesten im Landkreis La Costera. Begleitet wird er, wie fast jede valencianische Musikrichtung, von der Dolçaina und dem Tabalet. Diese Instrumente fehlen eigentlich nie, genauso wie die Feuerwerkskörper. Zu den traditionellen Tänzen gehören vor allem die Jota (von der man ausgeht, dass sie im Königreich von Valencia entstand und sich von dort aus nach ganz Spanien ausbreitete), l’U bzw. Malaguenya, die Valencianes, die Dansaes, der Bolero und der Fandango. In den Comarcas Churras, also die ursprünglich von Aragonesen wiederbesiedelten Gebiete, ist die Jota Aragonesa am verbreitetsten. Die Musik spielt eine unglaublich wichtige Rolle für die Valencianer. Jedes Dorf, jedes Stadtviertel hat seine eigene Band/Kapelle, es gibt unzählige Societats Musicals (musikalische Gesellschaften) über das ganze Land verteilt. Und die Musiker der Bands sind oft keine Laien, sondern oft sehr gut ausgebildete Musiker, die mit ihren Bands die gesamte Welt bereisen. Wie am Anfang schon geschrieben, ist der wohl bekannteste valencianische Sänger Nino Bravo gewesen. Der in Aielo de Malferit (Vall d’Albaida) geborene Luis Manuel Ferri Llopis – wie er in Wirklichkeit hieß – prägte eine ganze Generation, und selbst heute kennt man z.B. in Lateinamerika seine besten Lieder, wie z.B. Libre (geht um den ersten Erschossenen an der deutsch-deutschen Grenze), Un beso y una flor oder Te quiero, te quiero. Er starb 1973 im Alter von 28 Jahren nach einem Autounfall unweit von Madrid, kurz nachdem er einen Vertrag mit dem deutsch-britischen Musiklabel Polydor abgeschlossen hatte. Für mich persönlich – und wahrscheinlich nicht zuletzt deswegen, weil ich mit seinen Liedern viele schöne Kindheitserinnerungen mit meiner Oma verbinde – sang er einige der schönsten spanischen Lieder aller Zeiten. Andere wichtige Musiker waren u.a. Concha Piquer (bekannt als beste Copla-Sängerin der Geschichte; 1906-1990), Camilo Sesto (romantische Balladen; über 70 Mio. verkaufte Platten) und die Band Seguridad Social (vor allem bekannt in den 80ern; z.B. Quiero tener tu presencia). Zu den Künstlern, die im Moment noch aktiv sind, gehört Bebe (gebürtig aus València, aber in Extremadura aufgewachsen; bekannt vor allem wegen Malo, dem wichtigsten Lied gegen Gewalt gegen Frauen). Auf Valencianisch singen nur wenige bekannte Bands; auf Valencianisch erscheint vor allem Ska und Rock. So z.B. von Obrint Pas (wohl bekannteste katalanischsprachige Ska-Band; z.B. La Flama, Del Sud oder Mentides), Sva–Ters (Rock, Rumba, Reggae und Ska mit Dolçaines; z.B. Rumba d’Amore oder República Alcassera), Aspencat (z.B. Música naix de la ràbia), ZOO (Rap, Hip-Hop, Reggae; z.B. Corbelles oder Estiu) und La Gossa Sorda (eher Rock; Camals Mullats oder Esbarzers).
Valencia hat zwei „Nationalfeiertage“: auf der einen Seite den 9. Oktober – in Gedenken an die Eroberung Valencias durch Jaume I. am 9. Oktober 1238 – und auf der anderen Seite den 25. April, in Gedenken an die Schlacht von Almansa am 25. April 1707, deren Niederlage das Verschwinden des Königreichs von Valencia als eigenständiges Land (jedoch immer innerhalb der Krone Aragoniens) zur Folge hatte. Traditionell wurde der 25. April nur von Valencianisten und Nationalisten gefeiert, vor allem mit Demonstrationen, die mehr Selbstverwaltung forderten. Der 9. Oktober war lange Zeit dem konservativen, streng katholischen Volk gewidmet, auch wenn an diesem Tag sowohl 1935 als auch 1977 die größten Demonstrationen für ein Autonomiestatut stattfanden, die Valencia je gesehen hatte. Heute versuchen die valencianistischen Kräfte – wie weiter oben schon beschrieben – sich ihren Platz am 9. Oktober zurückzuerobern. Ein weiteres wichtiges Symbol Valencias ist die Architektur: während die Barraques Valencianes (weiße Bauernhäuser der Albufera und Horta de València) für das ländliche Valencia stehen, steht die Ciutat de les Arts i les Ciències, trotz aller Kritik, für den Fortschritt und die Modernität. Zu den religiösen Monumenten gehören vor allem die Klöster, wie z.B. das Monestir del Puig (Horta Nord), das Monestir de Santa Maria de la Valldigna (La Safor), das Monestir de Santa Maria de Benifassà (Baix Maestrat), oder aber Kathedralen, wie die Catedral de València, die auf die ursprüngliche Moschee drauf gebaut wurde.
Als letztes valencianisches Fest, möchte ich noch die Mocadorada (auch Mocadorà oder Mocaorà) erwähnen. Sie wird am 9. Oktober gefeiert – der Nationalfeiertag und gleichzeig der Tag von Sant Dionís, Schutzpatron der valencianischen Verliebten – und hat ihren Ursprung im Mittelalter. Die Mocadorà wird allerdings nur in València und Umgebung gefeiert, im Rest Valencias ist sie relativ unbekannt. Etwa zum 100. Jahrestag der Eroberung Valencias, begann man in València diesen Tag zu feiern: Hauptbestandteil der Feier waren die Raketen (Coets). Doch im 18. Jhd. verboten die Decretos de Nueva Planta vom König Felipe V. die Feierlichkeiten, weil er jegliche Erinnerung an die Krone Aragoniens und ihrer Teilstaaten auslöschen wollte. Als der Bourbone die Böller und Raketen verboten hatte, entschied die Konditor-Zunft der Stadt, stattdessen Marzipanfiguren in Form von Raketen herzustellen, und diese dann – eingewickelt in ein Tuch (mocador) – an die Bevölkerung zu verteilen. Die Figuren hatten phallische Formen und erinnerten an das männliche Geschlecht. Sie heißen Piuleta („kleiner Böller“, bezeichnet noch heute ein kleines männliches Geschlecht auf Valencianisch) und Tronaor („Donnernder“, großer Böller). Zusammen mit der Piuleta und dem Tronaor kamen noch kleine bunte Marzipanfrüchte (sollten an die Fruchtbarkeit der Horta de València erinnern) in das Tuch, und nach einer Weile wurde es zur Tradition, dass Männer ihren Freundinnen/Frauen am 9. Oktober einen befüllten Mocador schenkten. Da dies ein Zeichen ihrer Liebe war, hoben die Frauen jedes Halstuch auf, das ihnen ihre Männer zur Mocadorà geschenkt hatten. Und diese Tradition hat bis heute überlebt.
Mehr als nur Paella – Die valencianische Küche
Die Küchen der Küste und des Hinterlands unterscheiden sich stark, jedoch gibt ein einendes Element: den Reis. Es ist nicht ganz klar, ob schon vor den Arabern Reis angebaut wurde, aber klar ist, dass es die Araber waren, die dem Reis durch die neuen Anbaumethoden den Platz in der valencianischen Küche verschafften, den er heute hat. In Valencia gibt es über 100 verschiedene Reisgerichte. Natürlich ist heute die Paella das internationalste aller Reisgerichte, und dabei war es eigentlich nur ein einfaches Gericht der Landwirte der Albufera. Die Paella Valenciana (ursprünglich Arròs a la Valenciana oder im 19. Jhd. in Belgien Riz a la Valenciennes) enthält keinen Fisch und keine Meeresfrüchte; stattdessen enthält sie Hühnchen, Kaninchen und verschiedene Bohnensorten. Für viele Valencianer sind die Paelles Mixtes (Fleisch und Fisch gemischt) oder Paelles Marineres (mit Fisch und Meeresfrüchten) keine Paella, sondern einfach Reisgerichte. Allerdings sind die traditionellen Rezepte regional sehr unterschiedlich, und eigentlich macht sie auch jeder Haushalt anders. Jeder weiß, dass die beste Paella bei einem Zuhause zubereitet wird. Es ist wichtig anzumerken, dass „Paella“ im Valencianischen/Katalanischen eigentlich nur „Pfanne“ bedeutet, und deswegen weniger das Gericht an sich, sondern seine Zubereitungsform beschreibt. Das beste der Paella ist übrigens das Socarrat, die leicht angebrannte Reis-Schicht am Pfannenboden. Die Paella ist ein Produkt der verschiedenen Kulturen, die in Valencia siedelten: die Römer brachten die Pfanne (patella > paella), die Araber den Reis und den Safran (arab. az-za’faran > span. azafrán, kat. safrà).
Die Fideuà ist der Paella sehr ähnlich und wird deshalb von Touristen oft auch „Nudel-Paella“ genannt. Statt Reis benutzt man nämlich Fideus, dünne kleine Nudeln. Anders als die traditionelle Paella, enthält die Fideuà aber vor allem Fisch und Meeresfrüchte. Sowohl die Fideuà als auch die Reisgerichte können entweder mit Safran (oder Lebensmittelfarbe) gelb, oder mit Tintenfisch-Tinte schwarz gefärbt werden. Typisch für die Wintermonate sind die Olletes und Pucheros, also Eintöpfe. Dabei ist es an der Küste typisch, mehr Fisch- oder Gemüseeintöpfe zu essen (Cassoles/Suquets de Peix und Bullits), und im Hinterland eher deftige Fleischeintöpfe. Das All–i–Pebre (Knoblauch und Paprikapulver), ein Eintopf aus Aal, Knoblauch und Paprikapulver, ist typisch für die Albufera, der Gazpacho Manchego (nicht zu verwechseln mit dem kalten Gazpacho Andaluz), ein warmer Eintopf mit Kaninchen, Hase oder Wachteln, ist typisch für die kastilischen Landkreise, wie z.B. Requena-Utiel. Dieser Art von Gazpacho/Gaspatxo hat regional verschiedene Namen und Zutaten: so heißt er in Elche Gazpacho/Gaspatxo Jumillano und enthält Schnecken, in Aiora heißt er Gazpacho de Monte und enthält Kaninchen, in Alicante und im Baix Vinalopó heißt er Gaspatxo de Mero und enthält Garnelen und Mero (Zackenbarsch). Aber der Rest des Rezepts und das Anreichen sind gleich: man serviert den Gazpacho auf einer Coca de Gaspatxo/Torta Cenceña, einer Art Fladenbrot, von dem man dann Stücke in den Gazpacho tunkt. Daher kommt auch der Spruch, dass man vom Gazpacho sogar den Teller und den Löffel isst.
Und damit kommen wir zur Coca, der katalanisch-valencianisch-balearischen Version der Pizza. Es gibt salzige und süße Coques. Zu den salzigen/herzhaften gehören z.B. die Coca amb tonyina (mit Bauchfleisch vom Thunfisch – tonyina de sorra – Zwiebeln und Pinienkernen), die in Alicante zu Sant Joan gegessen wird; die Coca de dacsa (aus Maismehl), die vor allem in La Safor mit einer Tomaten-Thunfisch-Ei-Mischung befüllt und ähnlich wie Tacos/Burritos gegessen wird; die Coca de molletes (mit Streuseln; nur aus Olivenöl, Salz, Wasser und Mehl) oder die Coques de mullador (mit Tomaten und Auberginen). Im Landesinneren gibt es noch die Coca de xulla (in Requena-Utiel Bollo genannt), die sehr herzhaft ist und u.a. Speck, Chorizos und andere Wurstware enthält. Es gibt aber unzählige Varianten. Zu den süßen Coques gehören z.B. die Coca d’ametla (Mandel-Coca) von Castelló; die Coca de llanda (mit Konditorcreme, Schokolade, Nüssen und Rosinen oder Kürbis) aus Zentral-Valencia und viele mehr.
Typisch für die Küstenregion von Alicante ist zudem der getrocknete Fisch; vor allem Mojama/Moixama (vom arab. moshamma – ‘getrocknet’; getrockneter/gepökelter Thunfisch), Huevas/Freses (getrockneter Rogen) und Bacallà sec/Bacalao seco (Stockfisch – vom Dorsch). Der Stockfisch ist besonders wichtig für einige valencianische Salate, wie z.B. den Esgarraet (kalte, gegrillte Paprikastreifen mit Stockfisch), der Pericana (getrocknete, gebratene Paprika mit Knoblauch und Stockfisch) aus den Bergen rund um Alcoi oder den Espencat (kalte, gegrillte Auberginen und Paprika mit Stockfisch, gekochtem Ei und Pinienkernen; der katalanischen Escalivada sehr ähnlich).
Da Valencia ziemlich trocken ist, gab es hier nie viele Rinder. Deshalb gibt es auch kaum autochthone Käsesorten: die wichtigsten sind der Blanquet (weicher Ziegenkäse) aus den Bergen Alicantes oder der Formatge de Tovalló („Servietten-Käse“, da in eine Serviette eingewickelt). Viel verbreiteter sind die Embutidos (Wurstware); chorizos/xoriços (Paprikawurst), longanizas/llonganisses (luftgetrocknete Hartwurst), morcillas/botifarrons (Blutwurst), butifarras/botifarres (frische Bratwürste), figatells (mit Schweineleber), sobrassada (in der von Mallorquinern wiederbesiedelten Marina). etc.
Die valencianischen Süßspeisen und Nachtische können ihr arabisches Erbe nicht leugnen. Der typische und alltägliche Nachtisch ist natürlich Obst, vor allem Orangen (taronges), Mandarinen (mandarines) und Loquats/Japanische Mispeln (nespres). Ansonsten sind die Basis von Süßspeisen oft Mandeln und Honig. Mittlerweile weltbekannt und das spanische Weihnachtsgebäck schlechthin, ist der Turrón, entweder aus Xixona/Jijona (Alicante) oder Casinos (Valencia). Die bekanntesten Varianten sind der Turrón de Alicante oder Turrón Duro/ Turró Fort (harte Masse aus Honig, Zucker, Eiweiß und ganzen Mandeln) und der Turrón de Xixona oder Turrón Blando/ Turró Fluix (die gleichen Zutat, nur dass sie gemahlen werden und deshalb eine weiche Masse bei raus kommt). Außerdem gibt es noch den Turrón de Yema Tostada/ Turró de Crema Cremada (mit Eigelb und am Ende flambiert, Geschmack erinnert mehr an Marzipan; sehr beliebt in Barcelona), Turrón de Chocolate/ Turró de Xocolata (mit Schokolade) oder Turrón de Frutas/ Turró de Fruites (mit kandierten Früchten). Weitere wichtige Süßwaren der Weihnachtszeit sind die Peladillas/ Confit aus Casinos und Alcoi (kandierte Mandeln), die Panellets (kleine Mandel-Süßkartoffel-Pralinen), Pastissets de Nadal (kleine frittierte Teigtaschen mit einer gesüßten Süßkartoffel-Füllung) und Rosegons (den katalanischen Carquinyolis und den italienischen Cantuccini sehr ähnlich).
Weiteres Gebäck sind z.B. die kastilischen Alajú aus Requena-Utiel (arab. al–hasû – gefüllt; mit einer Honig–Mandel–Semmelbrösel–Masse gefüllte Oblaten), die Almoixàvenes aus Xàtiva (eine Art Mandelkuchen), die Casca (valencianische Variante des Roscón de Reyes/ Tortell de Reis; wird am Dreikönigstag gegessen; der Kuchenteig erinnert an Marzipan und ist mit Süßkartoffeln, Kürbis oder kandiertem Eigelb gefüllt), der Arnadí (ein Kürbiskuchen) und natürlich die Mona de Pascua bzw. Tonya/Pa Socarrat (ein Brioche/Hefeteig-Kuchen; die Mona de Pascua besteht aus denselben Zutaten, ist aber bunt dekoriert und hat ein gekochtes Ei in der Mitte; sie wird nur zu Ostern gegessen). Zu den Süßspeisen gehören der Aguamiel aus Ayora (eine Art Konfitüre aus Kürbis, Orangen und Honig), Pá-nolí aus Castelló (kleine flache Törtchen mit Cabello de Ángel), Pan de higo/Panfigo/Pa de figues (Feigenbrot) und Arrop i Tallaetes (ein lange eingekochter, stark gesüßter, fester Sirup aus Traubensaft mit Kürbis- oder Feigenscheiben).
Das bekannteste Getränk Valencias ist natürlich die Horchata de Chufas/ Orxata de Xufes (Erdmandelmilch). Eine Horchata ist an sich jedes Getränk, das durch das Zerstampfen von Nüssen, Samen oder Getreide und der Zugabe von Wasser entsteht. Dazu gehören z.B. Kokosmilch, Mandelmilch, Reismilch, Agua de Cebada (Gerstenwasser), etc. In Spanien bezeichnet der Begriff allerdings mittlerweile ausschließlich die Erdmandelmilch. Für die Herstellung werden die Erdmandeln gemahlen, aufgeweicht, gepresst und mit Zucker und Wasser gemischt. Das Getränk wird eiskalt serviert. Besonders València ist bekannt dafür, dass es fast an jeder Straßenecke eine mobile Horchatería gibt; ein kleiner Wagen, wo die tagesfrische, eiskalte Horchata verkauft wird. Begleitet wird die Horchata oft mit Fartons – ein längliches Hefegebäck – die in die Horchata getunkt werden. Zu den einheimischen alkoholischen Getränken gehören der Herbero (ein Kräuterschnaps), der Anís Coloma (ein Anis-Likör), der Cantueso (ein Likör aus alicantinischem Thymian), der Cafè-licor (ein Kaffeelikör, der mit Horchata oder frischer Limonade gemischt werden kann) und natürlich der Agua de València, ein Cocktail aus aus Cava, Gin, Vodka, Zucker und frischem Orangensaft. Außerdem gibt es noch drei geschützte Herkunftsbezeichnungen (Denominación de Origen, D.O.) für Weinanbaugebiete: D.O. Alacant, D.O. Requena-Utiel (dort wird auch Cava hergestellt) und D.O. València.
Zu allerletzt möchte ich noch ein Element der valencianischen Kultur erwähnen, das auf der Welt einzigartig ist: das Wassergericht (Tribunal de les Aigües/ Tribunal de las Aguas). Dabei handelt es sich um die älteste Rechtsinstitution der Welt, denn es hat seinen Ursprung im maurischen Balansiya/València des 10. Jhds., manche Historiker meinen sogar, dass es noch auf die Römer zurückgeht. 2009 wurde es zum UNESCO–Weltkulturerbe erklärt. Die acht Síndics (Richter) treffen sich jeden Donnerstag vor der Kathedrale von València und schlichten Streitigkeiten zwischen Bauern und Grundbesitzern der Huerta de València, vor allem geht es darum zu bestimmen, wer wie viel Wasser aus welcher Séquia benutzen darf, und falls jemand zu viel genommen hat, den jeweiligen Täter zu einer Ausgleichszahlung zu verurteilen (die Zahlungen werden immer noch in Sous angegeben, wie im Mittelalter; 1 Sou = Sold, ein Tageslohn). Viele Valencia–Touristen werden das Wassergericht schon mal gesehen und für eine Touristen-Attraktion gehalten haben. Von einer Attraktion hat es aber relativ wenig; was die wenigsten wissen, ist, dass die Urteile des Gerichts – die ausschließlich mündlich verkündet werden – unanfechtbar gültig sind. Es darf keine Berufung gegen ein Urteil eingelegt werden und es ist von der spanischen Verfassung (durch das Autonomiestatut von Valencia) geschützt. Die acht Richter werden von den Bauern der acht Bewässerungsbezirke der Huerta de València gewählt und genießen großen Respekt.
El largo Artículo me dá una vista más profunda de mi tierra nativa y me ha enseñado que estaba equivocada con mi creéncia que el valenciá era una lengua diferente que el catalán.!Gracias por ello!
Tal y como está explicada nuestra historia no la recibí,desgraciadamente, ni en mi ciudad nativa Valencía ni en Zaragoza donde pasé mi infancia.Támpoco en la Universidad de Valencia ( en los años 66) pude hacerme una ídea .Desde 1968 vivo en Alemania y estoy integrada en ella que me dió la oportunidad del estudio de Medicina y donde fundé mi familia con un alemán,De todas formas el árticulo es demasiado largo para los que no están interesados con la Historia de España.
De todas formas :Muchas gracias.
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¡Hola! Me alegro de que te haya gustado. Y sí, he de entonar un mea culpa por no conseguir escribir artículos más cortos. Pero empiezo, me voy enrollando y al final me encuentro ante un ensayo larguísimo. Lamentablemente, durante mucho tiempo no se ha explicado la historia de Valencia como se debía. Desde la política se ha tendido a crear conflictos donde, en teoría, no tiene que haberlos (como, por ejemplo, en el tema de la lengua: le damos nombres diferentes, pero que se diga que el valencià forma parte de la lengua catalana no significa que los catalanes quieran apropiarse de Valencia, u otros mitos que se le han vendido a la gente). Entiendo perfectamente que haya gente que no esté interesada en la historia, ni en la valenciana ni en cualquier otra, pero opino que es a través de la historia que se entiende el presente. Y más el presente de un territorio tan complejo como lo es Valencia. Espero que te siga yendo igual de bien por Alemania y que de vez en cuando vayas a visitar la terreta :)
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