Katalonien

Barcelona, die Costa Brava, Lloret de Mar, Unabhängigkeitsbewegung und der FC. Barcelona (Barça) sind wohl die ersten Wörter, die jemandem in Deutschland einfallen würden, wenn man ihn nach Katalonien fragt. Aber was ist mit Antoni Gaudí, Salvador Dalí und Joan Miró? Was ist mit den Opernsängern José Carreras (eigentlich Josep Carreras i Coll) und Montserrat Caballé, und dem Cellisten Pau Casals; drei der bedeutendsten klassischen Musiker des 20. Jahrhunderts? Was ist mit der Costa Daurada, Städten wie Tarragona oder Girona, den katalanischen Pyrenäen und der einzigartigen Gastronomie Kataloniens?

Ich möchte gleich vorweg nehmen, dass dieser Beitrag länger geworden ist, als alle anderen, die ich bisher geschrieben habe. Als er fertig geschrieben war, und ich gesehen habe, wie lang er tatsächlich geworden ist, habe ich – nach einem kurzen Schockmoment – versucht, ihn zu kürzen. Man hätte vieles weglassen oder den Inhalt einfach auf mehrere Beiträge verteilen können, doch ich bin der Meinung, dass eigentlich alles, was hier steht, wichtig ist, um sich ein richtiges Bild von Katalonien zu machen. Die Realität Kataloniens ist eine andere als die in Madrid oder Andalusien, und um die zu verstehen, ist es wichtig, die Geschichte zu kennen (die den größten Teil des Beitrags ausmacht). Natürlich liegt die Länge des Beitrags auch daran, dass ich von Katalonien am meisten weiß; seit meiner Geburt bin ich mit der Region verbunden und möchte deshalb jedem so viel Informationen wie möglich über dieses einzigartige Land vermitteln.

Katalonien (span.: Cataluña, kat.: Catalunya, okz.: Catalonha) ist eine Autonome Gemeinschaft im Nordosten Spaniens und setzt sich aus vier Provinzen zusammen: Girona, Barcelona, Lleida und Tarragona. Die Einheimischen heißen Katalanen, nicht Katalonen oder Katalonier, ihre Sprache Katalanisch, nicht Katalan, Katalonisch oder was man sonst noch so hört. Katalonien hat drei offizielle Amtssprachen: Katalanisch, Spanisch und Aranesisch (aranesisches Okzitanisch). Denn ganz im Nordwesten befindet sich das Aran-Tal (Val d’Aran), dessen Einwohner – die Aranesen – dem Süden Frankreichs (Okzitanien) sowohl kulturell als auch sprachlich sehr viel näher stehen als Katalonien oder dem Rest Spaniens. Komischerweise weiß das aber fast niemand in Spanien, selbst in Katalonien ist es den meisten nicht bewusst, dass Aranesisch überall in Katalonien Amtssprache ist (bis 2006 war es nur im Aran-Tal offiziell), und dementsprechend auch eine kooffizielle Sprache Spaniens ist. Mit seinen 7,5 Mio. Einwohnern — von denen allein 3,2 Mio. in der Metropolregion Barcelona (636 km²; zum Vergleich: Hamburg hat 1,8 Mio. Einwohner auf einer Fläche von 755 km²) und ca. 4,8 Mio im Àmbit Metropolità de Barcelona (2.500 km²) leben — und einer Größe, die in etwa der Belgiens entspricht, ist Katalonien, nach Andalusien, die bevölkerungsreichsten Regionen Spaniens. Katalonien gehört zu den „historischen Nationalitäten“ Spaniens, wobei man den Begriff „Nationalität“ eigentlich mit „Nation“ gleichsetzen könnte. Es ist ein rein sprachlicher Kompromiss, zu dem man bei der Ausarbeitung der Spanischen Verfassung 1978 kam: Dabei wurde der Begriff „Nation“ für die „spanische Nation“ reserviert, während sich die Regionen mit eigener Geschichte, Sprache und Kultur als „Nationalitäten“ innerhalb Spaniens bezeichnen durften.

Von Iberern, Römern, Franken und Seemächten: Ein Einblick in die Geschichte Kataloniens

Das heutige Katalonien gehörte zum Siedlungsgebiet der Iberer. Auch wenn man heute alle Bewohner der Iberischen Halbinsel als „Iberer“ bezeichnet, lag ihr tatsächliches Siedlungsgebiet nur entlang der Mittelmeerküste. Dabei unterscheidet man in Katalonien 15 verschiedene iberische Stämme, darunter die Laietaner (laietans) um Barcelona, die Indigeten (indigets) im nördlichen Empordà, die Ilergeten (ilergets) im Umland von Lleida und die Ilercavons im südlichen Tarragona. Woher genau die Iberer kamen, woher ihre Sprache stammt etc. ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Manche halten sie für Ureinwohner Europas, andere glauben, dass sie während der Jungsteinzeit von Nordafrika aus eingewandert sind. Man weiß nur, dass sie 600 v. Chr. von den Griechen zum ersten Mal erwähnt werden, dass ihre Sprache – von der man nur sehr wenig weiß – einiges mit dem Baskischen gemein hatte und dass ihre Schrift auf dem phönizischen Alphabet basierte. Neben den Iberern, lebten im Nordwesten Kataloniens (im Pallars, der Ribagorça und dem Aran-Tal) zudem aquitanische Basken, was man heute noch an vielen Toponymen in der Region erkennt (z.B. Unarre, Lladorre, Sort, El Pont de Suert, Tavascan, Isavarre, Arestui, Llesui, Mentui, Urtx, Besiberri, Igüerri oder Aurós). Die gesamte Region war aber schon immer von vielen Völkern geprägt. So durchquerten Ligurer und indoeuropäische Kelten das Land, von Süden kamen die Phönizier, die schon früh begannen, mit den ansässigen Iberern Handel zu treiben. Ihr Hauptsiedlungsgebiet auf der Iberischen Halbinsel war jedoch der Süden, sodass andere Völker die Lücke im Nordosten füllten. Bereits im 7. Jhd. v. Chr. tauchten die ersten Griechen an der katalanischen Küste auf und fingen an, dort zu siedeln. Die wichtigsten griechischen Kolonien waren Rhode/ Rhodos (heute Roses) und Emporion (heute Empúries). Auch sie traten in Kontakt mit den Iberern, sodass sich deren Kultur stetig veränderte. Durch den griechischen Einfluss wurden sie zu einer richtigen Zivilisation. Anfänglich lebten sie hauptsächlich von der Viehzucht und vom Ackerbau, wohnten in Hütten, die auf Hügeln lagen, und betrieben eher sporadisch Handel mit anderen Völkern. Doch bereits im 3. Jhd. v. Chr. trieben sie großflächigen Handel mit vielen Völkern des Mittelmeers, errichteten eigene Städte, entsandten Krieger an das griechische Heer (iberische Krieger galten als besonder zäh und kräftig), hatten eine eigene Währung etc.

Im Jahr 218. v. Chr. brach der 2. Punische Krieg aus, in dem die Römer gegen die Phönizier (oft auch Punier oder Karthager genannt) um die Vorherrschaft im westlichen Mittelmeer kämpften. Während die Römer auf der einen Seite zwar ihren Feind bekämpften, nutzten sie gleichzeitig die Möglichkeit, um das neue Land zu besetzen. 201 v. Chr. war der Krieg beendet, Rom hatte gewonnen und sich die gesamte spanische Mittelmeerküste einverleibt. So wurde das heutige Katalonien zur ersten romanisierten Region der Iberischen Halbinsel. Dadurch, dass die einheimischen Iberer schon Kontakt mit der griechisch-römischen Kultur gehabt hatten, fiel ihnen die Anpassung an die neue Situation nicht schwer. Bis auf die Basken und die Ilergeten im Westen und Nordwesten, die noch längere Zeit Widerstand leisteten, wurde der Großteil der Iberer relativ schnell romanisiert und latinisiert. Bereits 20 v. Chr. sprachen fast alle Latein (nur in den entlegenden Pyrenäen-Tälern sprachen einzelne Gemeinden wohl noch bis ins Mittelalter Baskisch). Teil des Römischen Reichs zu sein (innerhalb der Provinz Tarraconensis) brachte neue Infrastrukturen, Gebäude und eine neue Kultur mit sich. Besonders deutlich ist das römische Erbe heute noch im „Archäologischen Ensemble von Tarraco“ in und um Tarragona zu erkennen, das im Jahr 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde und aus vierzehn römischen Monumenten besteht (darunter das Amphitheater von Tarragona, der Arc de Berà in Roda de Berà und der Aqüeducte de les Ferreres). Aber auch in anderen Orten, wie z.B. Vic (römischer Tempel), Martorell (römische Brücke) oder Caldes de Montbui (römische Thermen) ist das römische Erbe erhalten geblieben. Außerdem wurden neue Städte gegründet – die jedoch zumeist entweder auf zerstörten iberischen Siedlungen oder um sie herum gebaut wurden – wie z.B. Bætulo (vorher iberisch Baitolo, heute Badalona), Barcino (vorher iberisch Barkeno, heute Barcelona) oder Ilerda (vorher iberisch Ildirda/Iltirta, heute Lleida).

Doch bereits im 4. Jhd. n. Chr. begann der Niedergang des Römischen Reiches. Innenpolitische Krisen und germanische Invasionen schwächten das Reich so sehr, dass die Westgoten schon Anfang des 5. Jhd. weite Teile Südfrankreichs, ab Ende des 5. Jhd. dann auch weite Teile der Iberischen Halbinsel unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Die Hauptstadt des Westgotenreichs war damals Toulouse (Tolosanisches Reich). Doch bereits 100 Jahre später, gegen 545 n. Chr, musste die Hauptstadt nach Toledo verlegt werden, weil die Franken im Norden die Westgoten immer weiter zurückdrängten (Toledanisches Reich). Das Westgotenreich war, im Vergleich zum Römischen Reich, von einer gewissen Dekadenz geprägt. Viele Menschen waren aufs Land geflohen, um den germanischen Angriffen auf die Städte zu entfliehen. In Katalonien entstanden große Gutshöfe, die zwar Sicherheit boten, aber die Kleinbauern ausbeuteten. Der Handel mit Rom war nahezu inexistent, und es gab immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen mit den Franken, den Gallaekern, den Asturern und den Basken. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das ostgermanische Gotisch seinen größten Einfluss auf das Katalanische (und auf andere Sprachen der Iberischen Halbinsel) im Bereich Militär hatte: cota (Kettenrüstung; *kotta > Kutte), guerra (Krieg; von *werrō > engl: war), roba (Kleidung; von *raupa > Robe), elm (Stechhelm als Teil der Ritterrüstung; von *helm), espia (Spion; von *spaíha), treva (Waffenstillstand; *triggwa > dt. Treue) oder guaita/ guàrdia/ guardià (Wache, Wacht/ Wächter/ Wachposten; *wahta). Aber auch in heute noch üblichen Personennamen (z.B. Arnau, Alfred, Ramon, Roger, Bernat, Guillem, Gerard/Guerau und Jofre/Guifré) und Ortsnamen (z.B. La Geltrú, Areny, Baldomar, Guimerà oder Gombrèn) finden man den gotisch-germanischen Einfluss wieder. Anfang des 8. Jhd. kämpften zwei verfeindete Lager um die Macht im Westgotenreich: Auf der einen Seite stand König Roderic und auf der anderen Seite sein Vorgänger Wiriza und Teile des Adels. Es heißt, dass die Gegner von Roderic die Mauren um Hilfe gebeten hätten, um ihn zu stürzen. Ob das nun so war oder nicht, weiß man nicht. Fakt ist, dass die arabisch-berberischen Heere ein leichtes Spiel hatten. Das Westgotenreich hatte in wenigen Jahren fast ein drittel seiner Bevölkerung verloren (Pest, Dürren und Hungersnöte), das Königreich war verarmt und das Klima in der Bevölkerung war von Unsicherheit geprägt, da Banden geflohener Sklaven ihr Unwesen trieben. Außerdem unterstützten weite Teile des Adels und der jüdischen Bevölkerung die maurische Invasion (die Juden vor allem, weil sie unter den Westgoten stark diskriminiert, zwangskonvertiert und versklavt wurden). Innerhalb von nicht einmal zehn Jahren, hatten die Mauren die Iberische Halbinsel erobert (zwischen 711 und 720 n. Chr.). Im Gebiet des heutigen Katalonien war die muslimische Herrschaft allerdings ziemlich heterogen: Während die südlichen Gebiete teilweise bis ins 12. Jhd. (über 400 Jahre) zu Al-Andalus gehörten, entzogen sich die nördlichen Gebiete bereits zwischen 785 (Girona) und 801 (Barcelona) dem muslimischen Einfluss, da sie von den Franken (unter Karl dem Großen) erobert wurden. Dadurch, dass der Süden Kataloniens viel länger von den Mauren beherrscht wurde, sind hier arabische Ortsnamen auch viel häufiger: Im Norden (auch Catalunya Vella – Alt-Katalonien genannt) findet man nur 4 Ortsnamen arabischen Ursprungs (Jafre, Rama, Marata und Gallifa), während es im Süden (Catalunya Nova – Neu-Katalonien) knapp 100 sind (z.B. Massalcoreig, Altafulla, Bràfim, Calaf, Calafell, Benifallet, Benissanet, Alcarràs, Alforja, La Sénia, Margalef oder Miravet).

Die Gebiete im Norden wurden Teil der Spanischen Mark, einer militärischen Grenzregion des Fränkischen Reichs zum Schutz vor den Mauren. Dort entstanden die Katalanischen Grafschaften (Comtats Catalans), die zum einen der Geburtsort der katalanischen Sprache, zum anderen aber auch der Ausgangspunkt der katalanischen Reconquista, waren. Zu diesen Grafschaften gehörten u.a. die Grafschaft Barcelona, die Grafschaft Urgell, die Grafschaft Cerdanya, die Grafschaft Pallars, die Grafschaft Osona und die Grafschaften Conflent und Rosselló auf der anderen Seite der Pyrenäen. Die Grenze zum muslimischen Al-Andalus war der Fluss Llobregat, im Süden von Barcelona. In diesen Grafschaften, die allesamt vom fränkischen König abhängig waren, entstand ein Feudalsystem, in dem die Feudalherren über ihre Untertanen (meist Kleinbauern, die das Land der Feudalherren bestellten) herrschten, als wären sie Sklaven. Dabei ging die Gewalt nicht von den Grafen selbst aus, sondern von deren Vizegrafen, Stellvertretern, Baronen, Lehnsherren, etc. Während der nächsten Jahrhunderte kam es deshalb immer wieder zu Bauernaufständen und sozialen/politischen Krisen. Bereits Ende des 9. Jhd. vereinte der Graf von Barcelona, Guifré el Pilós (Wilfried der Haarige), die Grafschaften von Barcelona, Girona, Conflent, Osona und Cerdanya und begründete – als letzter von den Franken ernannte Graf – das Haus Barcelona (Casal de Barcelona), eine der bedeutendsten mediterranen Dynastien des Mittelalters. Sie stellten die Grafen in fast allen katalanischen Grafschaften und später viele Könige der aragonesischen Krone. Zu ihren Besitztümern gehörten u.a. bis ins 13. Jhd. die Provence, bis ins 15. Jhd. Sizilien, das Königreich Mallorca und Teile Griechenlands.

In blau die Besitztümer des Grafen von Barcelona Ramon Berenguer III. Daneben die unabhängigen Grafschaften Urgell (rot), Pallars Jussà (dunkelgrün), Pallars Sobirà (orange), Rosselló (grau-rot) und Empúries (pink). In hellgrün die Gebiete, die von Ramon Berenguer IV. erobert wurden.

Im 10. Jhd. hatten sich die katalanischen Grafschaften größtenteils vom Fränkischen Reich abgewandt und fingen an, südliche Gebiete zu erobern. Im Jahr 1117 wurde Tarragona erobert, Lleida, Tortosa und Amposta im Jahr 1148/49. Die Gebiete von Neu-Katalonien wurden mit Menschen aus dem Norden wiederbesiedelt, aber die neuen Gebiete sind wohl nicht menschenleer gewesen. Die katalanischen Siedler vermischten sich mit der lokalen mozarabischen Bevölkerung (Christen, die unter maurischer Herrschaft gelebt hatten; vom Arabischen musta’rab = arabisiert), die wohl schon eine Sprache sprach, die dem Katalanischen sehr ähnlich war. Bereits im Jahr 1137 – ca. 11 Jahre vor der endgültigen Eroberung Neu-Kataloniens – hatten sich das Königreich Aragón und die Grafschaft Barcelona zur Krone von Aragonien vereint (Hochzeit zwischen Ramon Berenguer IV. de Barcelona und Peronella d’Aragó/Peironela d’Aragón).

In rot die Gebiete der Grafschaft Barcelona, in blau die Gebiete des Königreichs Aragón. Die rot umrandeten Gebiete bildeten den Anfang der Krone von Aragón. Wie man sieht, gehörten die Grafschaften Urgell (dunkebraun), Pallars (grün), Rosselló (ocker) und Empúries (beige) noch nicht dazu.

Zu diesem Zeitpunkt kann man noch nicht von „Katalonien“ sprechen, obwohl Ramon Berenguer III. schon im Jahr 1115 als „Dux Catalanensis“ bezeichnet wird („Führer der Katalanen“, siehe Liber maiolichinus). Überall erscheint dieses Land unter dem Namen „Grafschaft Barcelona“ oder „Ländereien des Grafen von Barcelona“. Zu erwähnen wäre auch, dass nicht alle katalanischen Grafschaften zu dem Zeitpunkt vom Grafen Barcelonas regiert wurden. Die Grafschaften Rosselló, Urgell, Pallars Sobirà, Pallars Jussà und Empúries wurden von eigenen Grafen/ Dynastien regiert – die allerdings allesamt Vasallen des Grafen von Barcelona waren – und wurden erst später formal in Katalonien und in die Krone Aragoniens integriert: Rosselló im Jahr 1172, Pallars Jussà im Jahr 1192, Empúries im Jahr 1402, Urgell 1413 und Pallars Sobirà erst im Jahr 1487. Von Katalonien als einen Staat mit fest definierten Grenzen (von Salses im Norden, bis zum Cinca im Westen und Tortosa im Süden), eigener Legislative (Les Corts Catalanes), eigener Exekutive (Diputació del General/ Generalitat de Catalunya) und eigenen Gerichten (jedoch immer innerhalb der Krone Aragoniens) kann man ab dem 14. Jhd. sprechen, als Cathalonia oder Principatu Cathalonie (heute Principat de Catalunya – Fürstentum Katalonien) in den Parlamenten benutzt und die Generalitat de Catalunya gegründet wird (1359).

Die aragonesische Krone wuchs im Mittelalter zu einer der bedeutendsten Mächte des Mittelmeers heran. Ab dem 13. Jhd. wandte man sich von Okzitanien im Norden ab, da alle okzitanischen Grafschaften und Vasallen der aragonesischen Krone (Provence, Carcassonne, Foix, Bigorra, Béarn, Besièrs, Nîmes, Montpellier, Comenge, Couserans, Gevaudan, Narbonne) von Frankreich erobert wurden (Albigenserkreuzzug). Daher begann man, intensiver nach Süden zu expandieren. Im 14./15. Jahrhundert gehörten neben dem Königreich Aragón und dem Fürstentum Katalonien auch ganz Valencia, die Balearen, das Königreich Sizilien, das Königreich Neapel (ganz Süditalien), Korsika, das Königreich Sardinien, Malta, Djerba und die griechischen Herzogtümer Athen und Neopatria zur Krone von Aragón. Sowohl das Königreich Beider Sizilien (Union von Neapel und Sizilien) als auch das Königreich Sardinien gehörten bis ins 18. Jhd. zur aragonesischen Krone (ab 1479 Teil der Spanischen Monarchie).

Da sich das System veränderte hatte (vom Feudalismus zur Monarchie), veränderte sich auch die Gesellschaft. Während im Hinterland Feudalherren weiterhin ihr Unwesen mit ihren Leibeigenen trieben, war Barcelona eine freie, florierende Stadt. Viele wollten in die Stadt ziehen, um sich der Tyrannei der Feudalherren zu entziehen. Die Bauern, die von den Feudalherren als Leibeigene behandelt wurden, hießen „Remences“ oder „Pagesos de Remença“ (remença = Sühne, Buße, Lösegeld). Sie waren zwar theoretisch freie Bürger, waren aber an den Feudalherren gebunden, da ihm ihr Haus und ihr Land gehörte. Um im Haus zu leben und das Land bestellen zu dürfen, mussten sie mit ihrer Ernte bezahlten (diese „Verträge“ kamen meistens unter Zwang zustande und wurden vererbt, sodass man dem Kreislauf nicht entfliehen konnte). Ohne die Erlaubnis des Feudalherren durfte nichts geerntet werden, verlangte der Feudalherr, dass die Frau oder die Tochter auf seiner Burg arbeitet, musste dies getan werden. Starb ein Bauer ohne Testament oder Nachkommen, nahm sich der Feudalherr 4/5 seines Besitzes. Außerdem hatte der Feudalherr das „Recht der ersten Nacht“ (dret de cuixa) mit jeder Braut seines Landes. Um aus dieser Situation zu entkommen, hatten die Bauern nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie bezahlten die „Remença“ und durften dann das Land verlassen, oder sie flohen. Das Buch „Die Kathedrale des Meeres“ (La catedral del mar) von Ildefonso Falcones spielt in dieser Zeit und erzählt die Geschichte des Bauern Bernat Estanyol, der mit seinem Sohn Arnau aus dem katalanischen Innenland (Navarcles, bei Manresa) nach Barcelona flieht, weil er den Qualen seines Feudalherren, Llorenç de Bellera, entkommen musste. Wer das Buch nicht kennt, sollte es lesen! Wer nicht gerne liest (was ich eigentlich ausschließe, wenn man bis hier gelesen hat), kann sich die gleichnamige Serie angucken, die dieses Jahr ausgestrahlt wird (eine Zusammenarbeit von Atresmedia, Televisió de Catalunya und Netflix).

Nach der Hochzeit von Fernando II. de Aragón und Isabel I. de Castilla (Cousins zweiten Grades) im Jahr 1469, wurden die Kronen von Kastilien und Aragonien im Jahr 1516 endgültig zur Monarquía Hispánica (Spanische Monarchie) vereint. Das hatte jedoch erstmal keine Auswirkung auf die Eigenständigkeit der verschiedenen Länder, es hieß nur, dass die verschiedenen Königreiche in Personalunion regiert wurden. Katalonien behielt seine eigenen Gesetzen, seine eigene Regierung und Institutionen bei. In den Königreichen Aragón, Valencia und Mallorca sah es ähnlich aus. Es gab auch weiterhin bewachte Grenzen zwischen den Königreichen, obwohl sie nun zur selben Monarchie gehörten. Noch im 19. Jhd. wird teilweise die Krone von Aragón und die dazugehörigen Länder als „España incorporada o asimilada“ (eingegliedertes/assimiliertes Spanien) bezeichnet, während der Rest, also die Krone von Kastilien, als „España uniforme o puramente constitucional“ (einheitliches/rein konstitutionelles Spanien) bezeichnet wird.

Politische Karte Spaniens aus dem Jahr 1854 (Biblioteca Nacional de Madrid)

Die Zeit zwischen dem 15. und 18. Jhd. war in Katalonien von mehreren Kriegen geprägt. So kam es 1462 – 1472 zum Katalanischen Bürgerkrieg (Guerra Civil Catalana), 1485/86 zum Zweiten Remences-Aufstand, 1640-1652 zum Aufstand der Schnitter (Guerra dels Segadors) und 1700-1714 zum Spanischen Erbfolgekrieg (Guerra de Successió Espanyola). Während die ersten beiden eher positive Folgen für Katalonien hatten (z.B. Befreiung der Leibeigenen, Einschränkung der Macht der Feudalherren), brachten die letzten beiden Kriege große politische Einschnitte mit sich. Der Aufstand der Schnitter fand zeitgleich mit dem Französisch-Spanischen Krieg (1635-1659) statt und war eigentlich eine Folge dieses Krieges. Wegen des Krieges wurden nämlich kastilische Truppen in Katalonien stationiert, die sich dort allerdings teilweise als Besatzungsmacht aufführten. So plünderten und zerstörten/verbrannten sie Dörfer, vergingen sich an der Landbevölkerung, etc. Dies führte dazu, dass sich die Landbevölkerung gegen die kastilischen Soldaten erhob. Auf der anderen Seite hatte es schon vorher Probleme zwischen der katalanischen Regierung und der spanischen Monarchie gegeben, weil Kastilien verlangte, dass Katalonien sich mit Geld und Männern am Krieg beteiligte (Unión de Armas), die katalanischen Gesetze dies aber nicht vorsahen und man sich deshalb weigerte. Außerdem gab es Pläne, die Krone zu zentralisieren, den einzelnen Ländern und Königreichen die eigenen Rechte zu entziehen und überall das kastilische Recht einzuführen (Memorial secreto del Conde-Duque Olivares, 1624). Schnitter (also Bauern, die mit Sicheln/Sensen die Kornfelder ernten) aus dem Innenland und verschiedene Sometents (Milizen der katalanischen Landbevölkerung, die im Kriegsfall zusammengerufen wurden, um das Land zu verteidigen) machten sich am Fronleichnamstag 1640 auf den Weg nach Barcelona, um dort gegen das Verhalten der Soldaten und die Untätigkeit der katalanischen Oberschicht zu protestieren. Dabei wurde ein Schnitter getötet, was zu einem Straßenkampf führte. An dem Tag wurden mehrere Schnitter, zwischen 12 – 20 königliche Staatsdiener und der katalanische Vizekönig Dalmau III. de Queralt getötet (daher auch Corpus de Sang – Blut-Fronleichnam – genannt). Das war der Beginn einer Rebellion, die damit endete, dass Franzosen und Katalanen gegen Kastilien kämpften, Katalonien zeitweise unabhängig war (zwischen dem 16. und 23. Januar 1641) und dann Teil Frankreichs wurde. Allerdings vergingen sich auch die französischen Soldaten an der katalanischen Landbevölkerung, was dazu führte, dass diese sich nun gegen Frankreich erhob. Die Generalitat hatte auch Probleme mit den französischen Funktionären, die anscheinend nicht vor hatten, die Constitucions Catalanes (Gesetze Kataloniens) zu respektieren. Außerdem stiegen die Kosten ins Unermessliche: Frankreich stationierte zwar seine Armee in Katalonien und kämpfte gegen Kastilien (und verfolgte natürlich dabei eigene Interessen), aber nur Katalonien kam für die Finanzierung des französischen Heeres auf; Frankreich ging seinen Interessen nach, ohne auch nur einen Cent dafür zu zahlen. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung und die instabilen Beziehungen zwischen der katalanischen Regierung und den Franzosen nutzte der spanische König Felipe IV. dann im Jahr 1652, um Katalonien zurückzuerobern. 1659 wurde letztendlich der Pyrenäenfrieden unterschrieben; das Fürstentum Katalonien wurde geteilt: Nordkatalonien (Rosselló, Vallespir, Teile der Cerdanya, Capcir und Conflent) ging an Frankreich, der Rest Kataloniens ging an die Spanische Monarchie. Der König Felipe IV. schwor den katalanischen Institutionen und Verfassungen Treue und distanzierte sich von jeglichen Plänen, die Krone zu zentralisieren. Auch der französische König Ludwig XIV. (der Sonnenkönig) hatte unterschrieben, die katalanischen Institutionen in Nordkatalonien zu respektieren, allerdings löste er diese wenige Jahre später auf und verbot die katalanische Sprache in der Öffentlichkeit. Dieser Krieg ist auch das Thema der katalanischen Nationalhymne „Els Segadors”. Dort heißt es zum Beispiel: «Que tremoli l’enemic, en veient la nostra ensenya. Com fem caure espigues d’or, quan convé seguem cadenes.» („Der Feind soll zittern, wenn er unsere Fahne sieht. Wie wir die goldenen Ähren fallen lassen, zersägen wir auch Ketten, wenn en nötig ist“).

Auch wenn dieser Krieg für Katalonien viele Tote und den Verlust wichtiger Gebiete (1/5 des Territoriums) bedeutet hat, waren die Folgen nichts im Vergleich zu denen, die Katalonien mit dem Ende des Spanischen Erbfolgekriegs zu erwarten hatte. Nach dem kinderlosen Tod des Habsburgers Carlos II., gab es zwei Thronprätendenten: den Habsburger Carlos VI. (später römisch-deutscher Kaiser) und den Bourbonen Felipe V. Katalonien unterstützte zunächst zwar den Thronanspruch von Felipe, aber es war relativ schnell klar, dass er dem Vorbild seines Großvaters Ludwig XIV. folgen würde, und Spanien zu einer zentralistischen absoluten Monarchie umwandeln würde. Der Krieg dauerte 13 Jahre und war von internationaler Bedeutung, da Frankreich den Bourbonen (Felipe V. war ja der Enkel des Königs von Frankreich) unterstützte, um seinen Einfluss zu vergrößern. Die restlichen europäischen Mächte (das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, England, die Niederlande) versuchten dies zu verhindern. Doch am Ende gewann Felipe V., der – nach einer über einjährigen Belagerung der Stadt – am 11. September 1714 Barcelona einnahm und so zum König Spaniens wurde.

Als Rache dafür, die Habsburger unterstützt zu haben, wurden Katalonien – aber auch die anderen Länder der Krone Aragoniens (Königreich Aragón, Königreich Valencia und das Königreich Mallorca) – bestraft. Durch die Verordnungen der „Decretos de la Nueva Planta“ wurden ihnen alle Sonderrechte entzogen. Sie verloren ihre eigenen Institutionen, ihre Regierungen, ihre Gerichte, ihre Verfassungen. Die Vorschrift, dass hohe Stellen nicht an Ausländer vergeben werden durften, wurde abgeschafft: Von nun an durften auch Kastilier in Aragón oder Katalonien hohe Stellen besetzen (vorher galten Kastilier in Aragón oder Aragonesen in Kastilien als Ausländer). Die Zölle und Grenzen zwischen den Ländern Aragoniens und Kastiliens wurden abgeschafft und stattdessen ein zentralistisches Zoll- und Steuersystem eingeführt. Kastilisch wurde zur Sprache der Öffentlichkeit, Katalanisch durfte nicht mehr für offizielle Angelegenheiten benutzt werden. Mit einem Schlag wurde Spanien zentralisiert, die Staaten der Krone Aragoniens verschwanden in der Bedeutungslosigkeit, Katalonien wurde zu einer weiteren Provinz.

Lange Zeit wurde in verschiedenen Gemeinden Kataloniens ein Trauergottesdienst am 11. September abgehalten, um der Gefallenen und der verlorenen Rechte zu gedenken. Ab 1888 – mit der Errichtung einer Denkmals für Rafael Casanova (damaliger Stadtrat Barcelonas, der die katalanischen Truppen bei der Verteidigung Barcelonas anführte) – wurde der Tag zu einem jährlichen Gedenktag, an dem Politiker, Aktivisten, Gewerkschaftler und Katalanisten Blumen am Denkmal ablegten. Seit 1931 ist der 11. September der offizielle Nationalfeiertag Kataloniens (La Diada Nacional).

Von Kriegen, Republiken und Diktaturen: Katalonien im gesamtspanischen Kontext der letzten 200 Jahre

Auch das 19. Jhd. war nicht gerade ruhig und friedlich. Nach der französischen Invasion unter Napoleon Bonaparte im Jahr 1808, die von den herrschenden Bourbonen widerstandslos akzeptiert worden war, kam es in ganz Spanien zu Aufständen. Es formierte sich ein starker ziviler Widerstand gegen die französische Besatzung (Spanischer Unabhängigkeitskrieg), besonders heftig war der Volksaufstand in Katalonien, dem Baskenland, Navarra und in den Bergregionen Kastiliens; aber der Aufstand verbreitete sich schnell über die ganze Iberische Halbinsel. Doch schon 1811 war ganz Katalonien von den Franzosen besetzt und wurde 1812 offiziell annektiert. Der Krieg endete 1814 mit der Rückkehr des Bourbonen-Königs Fernando VII. (der während des Krieges in Frankreich „gefangen“ war) und der Rückgabe Kataloniens an Spanien. Allerdings kam es bereits 1820 als Reaktion darauf, dass Fernando VII. die liberale spanische Verfassung von 1812 (Verfassung von Cádiz oder „La Pepa“ genannt) abgeschafft und seine absolutistische Herrschaft – inklusive Inquisition und Folter – wiedereingeführt hatte, zur Spanischen Revolution von 1820. Um seine Macht zu behalten, beauftragte der König die Franzosen, erneut in Spanien einzumarschieren und die Revolution zu zerschlagen (1823), was diese dann auch taten. Als seine Macht wiederhergestellt war, sah er sich trotzdem gezwungen, mit den Liberalen Kompromisse einzugehen, was dazu führte, dass seine Regentschaft liberaler wurde. Er änderte sogar das bourbonische Erbrecht, damit seine Tochter Isabel Königin werden konnte (von den Liberalen favorisiert) und nicht sein Bruder Don Carlos (von den Absolutisten bevorzugt). Nach seinem Tod löste dies eine Spaltung der spanischen Gesellschaft aus, die u.a. in drei Bürgerkriegen gipfelte: 1833-1840 (1. Carlistenkrieg), 1847-49 (2. Carlistenkrieg) und 1872-76 (3. Carlistenkrieg). Fernando VII. hatte das wohl schon vorhergesehen, er wird oft zitiert mit: «España es una botella de cerveza, cuyo tapón soy yo. El día que yo falte, veréis cómo se desparrama todo» („Spanien ist eine Bierflasche und ich bin der Pfropfen. Wenn ich eines Tages fehle, wird sich der Inhalt überallhin ergießen“). Die Carlisten, also die Anhänger von Don Carlos, konzentrierten sich vor allem auf das Baskenland, Navarra und das ländlichen Katalonien. Isabel II. stand für den liberalen Kurs, der der Landbevölkerung viele Nachteile gebracht hatte. Zum einen fürchteten sie um ihre traditionelle Lebensweise und zum anderen sahen sie, wie der Staat den Gemeinden im Zuge der Desamortización (Bindungsaufhebung) Land und Häuser wegnahm und an reiche Privatleute verkaufte, die die Bauern dann an der Ausübung ihrer kommunalen Rechte hinderten. Außerdem war die Landbevölkerung sehr katholisch und betrachtete die Errichtung eines laizistischen Staates mit Argwohn. Zudem muss man erwähnen, dass die Liberalen, die nun an der Macht waren, von der Französischen Revolution geprägt wurden und jede regionale Besonderheit auslöschen wollten. Damit Spanien als Einheitsstaat funktionieren konnte, müsse es noch stärker zentralisiert und vereinheitlicht werden. Das kam natürlich in den ehemaligen Ländern der aragonesischen Krone, dem Baskenland und Navarra überhaupt nicht gut an. Die Carlisten dagegen – obwohl sie für die traditionalistische, absolutistische Monarchie standen – verteidigten die regionalen Sonderrechte und die Idee der „Las Españas“ („die Spaniens“, Spanien als Staatenbund/Völkerbund unter einem König). Ihr Motto war und ist «Dios, Patria, Fueros y Rey» (Gott, Heimat, Sonderrechte und König). In Katalonien kam es zu vielen Aufständen, der 2. Carlistenkrieg fand ausschließlich in Katalonien statt (auch Guerra dels Matiners – Krieg der Frühaufsteher genannt).

Zwar verloren die Carlisten die Kriege, aber sie bauten eine große Opposition auf, die verhinderte, dass die Liberalen alles umsetzten konnten, was sie wollten. Eigenartigerweise schaffte es Katalonien – als erste Region Spaniens – in den Wirren des 19. Jhd. die industrielle Revolution zu vollziehen. Das war möglich, weil sich katalanische Unternehmer zusammentaten und auf eigene Kosten ein Eisenbahnnetz errichteten, das ihre eigenen Produktionsstätten mit dem Hafen in Barcelona verband. In Madrid baute man dagegen nur Bahngleise, um die verschiedenen königlichen Paläste miteinander zu verbinden (und das mit öffentlichen Geldern). Durch die industrielle Revolution wurde der Unterschied zwischen zwei sozialen Klassen immer offensichtlicher: auf der einen Seite die Bourgeoisie (Burgesia), die die Textilfabriken etc. besaß, und auf der anderen das Proletariat, das unter den schwierigen Arbeitsbedingungen litt. Außerdem erlebte Katalonien im 19. Jhd. auch eine kulturelle Revolution, die Renaixença (Wiedergeburt), die zum Ziel hatte, die Katalanische Sprache wieder in der Literatur sichtbar zu machen. Ende des 19. Jhd. taucht auch der politische Katalanismus auf und löst den kulturellen Katalanismus ab. Dieser politische Katalanismus (auch katalanischer Nationalismus genannt) forderte die alten Sonderrechte für Katalonien zurück und verteidigte zudem vehement die katalanische Sprache und Kultur (jedoch nicht die Unabhängigkeit).

Doch in Spanien brodelte der Konflikt zwischen Carlisten und Liberalen weiter, auch wenn der carlistische Einfluss in Katalonien nachgelassen hatte, nachdem durch die industrielle Revolution ein Bürgertum entstanden war, das andere Ideale hatte, als einen absoluten Herrscher. Auch in der Arbeiterklasse hatten die Carlisten an Rückhalt verloren, nachdem diese sich immer mehr von der Kirche entfernt und sich dem Anarchismus und Anarcho-Syndikalismus zugewandt hatte.

Im Jahr 1907 gewann Solidaritat Catalana – eine Gruppierung, die Katalanisten (von der Lliga Regionalista), moderaten Carlisten und föderative Republikaner vereinte – die Wahlen in den vier katalanischen Provinzen mit einer haushohen Mehrheit (41 von 44 Sitzen).  Solidaritat Catalana war als Antwort auf die „Fets del Cu-Cut“ (Geschehnisse des Cu-Cut) entstanden, als die Redaktionen der satirischen Wochenzeitschrift Cu-Cut und der Tageszeitung La Veu de Catalunya von spanischen Soldaten überfallen und zerstört wurden. Es war also eine deutliche Antwort der katalanischen Zivilgesellschaft. Doch bereits zwei Jahr später, im Jahr 1909, kam es zur „Tragischen Woche“ (Setmana Tràgica) in Barcelona und anderen katalanischen Städten. Auslöser dafür war der Krieg in Marokko, für den Spanien 40.000 Reservisten einberief; die meisten von ihnen mittlerweile verheiratete Familienväter. Wer nicht in den Krieg ziehen wollte, konnte sich freikaufen; was natürlich nur die Reichen tun konnten. Die Arbeiterklasse in Katalonien sah im Krieg einen Klassenkampf, in dem es nicht um die Verteidigung spanischer Interessen, sondern um die privaten Interessen der Elite, ging (schließlich waren die Minen in Marokko, die beschützt werden sollten, in Händen der Elite). Schon einen Tag vor dem 27. Juli 1909, als fast 200 spanische Soldaten (nach inoffiziellen Angaben über 1000) während der „Katastrophe der Wolfsschlucht“ (Desastre del Barranco del Lobo) in Marokko getötet wurden, organisierten Gewerkschaften, radikale Republikaner (um ihren Anführer Alejandro Lerroux) und Anarchisten einen Generalstreik mit den Slogans „¡Abajo la guerra! ¡Que vayan los ricos! ¡Todos o ninguno!“ (Nieder mit dem Krieg! Die Reichen sollen hingehen! Alle oder keiner!). Dieser Streik artete nach der Tragödie in Marokko aus; es kam zu Aufständen, die Demonstranten errichteten Barrikaden (über 250 in Barcelona), einige radikalen Republikaner brannten Kirchen und Klöster nieder (über 80 religiöse Gebäude), während die Sicherheitskräfte auf die Demonstranten schossen. Letztendlich verhängte die Zentralregierung in Madrid das Kriegsrecht und befahl der spanischen Armee, die Rebellion zu beenden. Doch die in Barcelona stationierten Truppen weigerten sich, auf die eigenen Leute zu schießen, sodass Truppen aus anderen Landesteilen hingeschickt wurden, die dann den Aufstand niederschossen. Hunderte Zivilisten starben. Über 2000 Menschen wurden verhaften, egal, ob sie nun an den Aufständen beteiligt waren, oder nicht. Knapp 2000 wurden vor das Militärgericht gestellt, 200 wurden verbannt, 17 zum Tode und 60 zu lebenslanger Haft verurteilt. Anarchistische, linke und katalanistische Zeitungen wurden verboten, alle laizistischen und neutralen Schulen wurden geschlossen (über 100), da man sie für die Verbreitung der antiklerikalen, antikolonialistischen und antimilitaristischen Propaganda verantwortlich machte.

Spanien war im 19. Jhd. das instabilste Land Europas, und auch im 20. Jhd. sollte sich daran erstmal nichts ändern. Die Jahre nach dem 1. Weltkrieg (1917/18 – 1923) waren vom Arbeiterkampf geprägt. Besonders in Barcelona/Katalonien war er extrem gut organisiert, weil sich über 400.000 Arbeiter der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft CNT angeschlossen hatten. Im Jahr 1918 organisierten sie den Streik „Huelga de La Canadiense“ im Energiekonzern „La Canadiense“, der über 44 Tage dauerte und sich zum Generalstreik entwickelte, der 70% der katalanischen Industrie stilllegte. Die spanische Regierung rief den Kriegszustand aus und ließ über 3.000 Arbeiter inhaftieren. Doch am Ende musste man den Forderungen der Streikenden nachkommen, was u.a. zur Folge hatte, dass Spanien als erstes Land der Welt den Achtstundentag gesetzlich festlegte. Zwischen 1919 und 1923 war zudem die Zeit des Pistolerisme, eine Art bewaffnete Fortsetzung des Arbeiterkampfs: Fabrikbesitzer und Unternehmer taten sich im Arbeitgeberverband Federació Patronal zusammen, nahmen Massenentlassungen vor, zwangen ihre Arbeiter, ihre CNT-Ausweise abzugeben, um arbeiten zu können und engagierten Auftragsmörder (hauptsächlich Mitglieder der carlistischen gelben Gewerkschaft Unión de Sindicatos Libres), die Gewerkschaftsführer und Aktivisten der CNT erschossen, um die Arbeiterbewegung zu schwächen. Die Regierung unterstützte die Unternehmer, u.a. mit dem Gesetz Ley de Fugas, das es der Polizei erlaubt, Gefangene zu erschießen, wenn diese versuchten, zu fliehen. Es kam zu unzähligen Morden, indem der angebliche Fluchtversuch einfach inszeniert wurde (der Polizist entfernte sich einige Meter vom Gefangenen und schoss ihm in den Rücken). Die CNT und anarchistische Verbände begannen daraufhin ihrerseits, Unternehmer und „hohe Tiere“ zu erschießen. Insgesamt gab es 1919-1923 über 800 Attentate, mit ca. 500 ermordeten Mitgliedern der CNT und ca. 50 toten Pistoleros (Auftragsmörder). Auch wichtige Persönlichkeiten wie Eduardo Dato (damaliger Ministerpräsident Spaniens), Francisco Maestre Laborde-Boix (Präfekt von Barcelona) und Manuel Bravo Portillo (Polizeichef, verantwortlich für viele Hinrichtungen) wurden von den anarcho-syndikalistischen Pistolers erschossen.

Im Jahr 1923 kam der Diktator Primo de Rivera durch einen Militärputsch an die Macht, und wurde von der katalanischen Bourgeoisie mit Applaus empfangen, weil er versprach, wieder Ordnung ins Land zu bringen. Allerdings verbannte er das Katalanische aus der Öffentlichkeit (war in der 1914 gegründeten Mancomunitat de Catalunya zwischenzeitlich quasi-offiziell) und verbot die katalanistischen Parteien. Dies führte dazu, dass sich die katalanistische Bewegung, die zuvor vor allem konservativ, monarchistisch und moderat gewesen war, radikalisierte und sich dem Linksextremismus und Separatismus zu wandte (vor allem Estat Català und ERC; die Lliga Regionalista wurde dagegen immer rechter). Die Diktatur endete 1930 mit dem Pacto de San Sebastián, bei dem Sozialisten, Republikaner, und regionale Nationalisten die Gründung der 2. Spanischen Republik beschlossen. Im April 1931 fanden dann die Kommunalwahlen statt, die sich zum Plebiszit entwickelten: die republikanischen Kräfte gewannen. Besonders stark war ihr Rückhalt in Katalonien, wo über 68% der Wähler für republikanische Kräfte gestimmt hatten, und nur ca. 20% für die Lliga Regionalista und 5% für andere monarchistische Parteien. Damit wurde Spanien zur Republik, und der König Alfonso XIII. floh aus dem Land. Wenige Stunden bevor die Republik jedoch am 14. April 1931 ausgerufen wurde, rief Francesc Macià (Anführer der katalanischen links-republikanischen Partei ERC; Gewinner der Wahlen in Katalonien) die Katalanische Republik aus, „die darauf wartet, dass die anderen Völker Spaniens auch zu Republiken werden, um sich dann zur iberischen Konföderation zusammenzuschließen“. Drei Tage später einigte man sich aber darauf,  Katalonien eine weitreichende Autonomie innerhalb der Spanischen Republik zu gewähren. Mit diesem Autonomiestatut erlangte Katalonien seine eigenen Institutionen zurück (z.B. die Generalitat, eigene Gerichte) und das Katalanische wurde nicht nur wieder erlaubt, sondern wurde – neben Spanisch – zur Amtssprache Kataloniens.

Die Beziehung zwischen der linken Regierung in Barcelona (Generalitat) und der Regierung in Madrid verschlechterten sich allerdings, als die rechts-konservative CEDA (Confederación Española de Derechas Autónomas – Spanische Konföderation der Autonomen Rechten), bei den Wahlen 1933 die meisten Stimmen bekam und daraufhin den Kurs der Politik mitbestimmte (allerdings nicht die Regierung stellte). Als die CEDA dann am 4. Oktober 1934 in die Regierung eintrat, eigene Minister aufstellte und anfing darüber zu sprechen, das Parlament aufzulösen, um einen totalitären Staat zu errichten (nach ihrem Vorbild, den österreichischen Faschisten), kam es zu einer politischen Krise zwischen Barcelona und Madrid, die dazu führte, dass verschiedene separatistische und linke Parteien, Gewerkschaften und die Arbeiterallianz (u.a. Estat Català/ ERC, UGT, PSOE, Aliança Obrera de Catalunya) Stimmung machten und zum revolutionären Generalstreik aufriefen (auch in anderen Teilen Spaniens kam es zu Aufständen und Streiken, besonders in Asturien = Oktoberrevolution). Am 6. Oktober 1934 kam es dann zum Streik, der allerdings friedlich verlief, da er von der Generalitat unterstützt und bewacht wurde. Am selben Abend rief der katalanische Präsident Lluís Companys „den Katalanischen Staat der föderativen Republik Spaniens“ ausel Govern [..] proclama l’Estat Català de la República Federal Espanyola»). Die spanische Regierung verhängte das Kriegsrecht, entsandte die Armee nach Katalonien und ließ Companys und die Mitglieder der katalanischen Regierung verhaften. Überall in Katalonien kam es zu Aufständen, die brutal von der Armee niedergeschlagen wurden; über 70 Menschen wurden getötet, über 3.400 inhaftiert. Lluís Companys und alle anderen Mitglieder der katalanischen Regierung wurden zu 30 Jahren Haft verurteilt, doch er sollte seine Strafe nicht so lange absitzen. Außerdem wurden katalanistische und linke Parteien, Zeitungen und Vereine verboten, Katalonien wurde das Autonomiestatut entzogen und verlor so erneut alle Rechte.

Die Parlamentswahlen in Spanien gewann 1936 das links-republikanische Bündnis Frente Popular, was viele Rechte und vor allem die Carlisten verärgerte. Der Frente Popular führte das katalanische Autonomiestatut wieder ein, und entließ alle republikanischen Gefangenen – darunter auch Lluís Companys – aus den Gefängnissen. Companys wurde wieder Präsident der Generalitat; bereitete aber, wohl wissend, dass es zu einem erneuten Putsch kommen würde, sein Exil vor. Die Carlisten organisierten zusammen mit dem Militär (darunter auch General Franco) eine Verschwörung, die wenige Monate später in einem Militärputsch münden sollten (Juli 1936). Dieser Putsch schlug allerdings in Barcelona fehl, da zehntausende bewaffnete Polizisten (Mossos d’Esquadra, Guàrdia d’Assalt und Guardia Civil), Gewerkschaftler (die sozialistische UGT und die anarcho-syndikalistische CNT), Marxisten (der Partei POUM), Kommunisten (der Partei PSUC) und verschiedene anarchistische Milizen (darunter auch Buenaventura Durruti, einer der bedeutsamsten Anarchisten Spaniens) auf die 5.000 Soldaten warteten, die die Stadt im Morgengrauen einnehmen wollten. Nach einer brutalen Straßenschlacht, bei der ca. 200 Republikaner und ca. 300 Putschisten starben, war der Putschversuch in Barcelona/ Katalonien beendet.

Die blauen Gebiet sind in den Händen der Putschisten. Die rosanen Gebiete sind noch in Händen der Republikaner.

So begann der Spanische Bürgerkrieg (1936-1939), während dem die faschistischen Putschisten unter Francos Führung gegen die Kräfte der Republik kämpften. In Katalonien selbst gab es ab dem Zeitpunkt zwei Machtpole: auf der einen Seite die offiziellen (Generalitat und die republikanische Zentralregierung), und auf der anderen Seite die bewaffneten, antifaschistischen Milizen des Comitè Central de Milícies Antifeixistes de Catalunya (Zentralkomitee der antifaschistischen Milizen Kataloniens), die, nach dem erfolgreichen Kampf gegen die Armee, die Macht auf den Straßen übernommen hatten. Beide Mächte standen jedoch zunächst auf derselben Seite (also gegen die Putschisten). Das Comitè Central de Milícies Antifeixistes gründeten Patrouillen (die „Patrulles de Control“), da die Polizei nach dem Putsch nicht mehr handlungsfähig war. Diese Patrouillen bekämpften Putschisten, die sich verschanzt hatten und versuchten, die Lage in der Stadt zu beruhigen. Allerdings wurde auch teilweise grausam gegen diejenigen vorgegangen, die im Verdacht standen, den Putsch unterstützt zu haben oder die Putschisten immer noch zu unterstützen (vor allem Soldaten, Geistliche, Carlisten, Falangisten, etc.): In den drei Monaten nach dem Putsch (Juli – September 1936) wurden über 4.600 Menschen getötet, darunter knapp 1.200 Carlisten, 280 Mitglieder der Lliga Regionalista und etwa 300 Mitglieder der CEDA und der Falange (rechts-extreme, faschistische Partei, später die einzige von Franco geduldete Partei). Nach etwa einem Jahr beruhigte sich die Situation jedoch; vor allem, weil die Generalitat hart gegen diese Gruppen vorging und weil die CNT entschied, in die Politik zu gehen.

Da der Krieg woanders stattfand, wollte man (verschiedene linke, kommunistische, anarchistische Gruppen, aber besonders die anarcho-sydikalistische Gewerkschaft CNT-FAI und die marxistisch POUM) eine soziale Revolution, die man mit dem „Decret de Col·lectivització“ (Kollektivierungsdekret) auch teilweise erreichte: Über 3/4 der katalanischen Industrie, aber auch Hotels, Restaurants und andere Dienstleistungen, wurden kollektiviert (in Arbeitnehmerhand übergeben). Katalonien beherbergte zu dieser Zeit über 70% der spanischen Industrie, über 1 Mio. Katalanen beteiligten sich an der Kollektivierung. Überall stiegen die Erträge, Geld verschwand aus manchen Bereichen und wurde durch Gutscheine ersetzt. Die Produktionskosten sanken erheblich. Obwohl die Fahrkartenpreise gesenkt wurden, wuchsen die Erträge der Verkehrsbetriebe von Barcelona um 20%, da man eigene Straßenbahnen baute, die viel leichter und größer waren, als die alten. Auch die Landwirtschaft steigerte ihre Erträge um 40%.  Die Revolution fand zudem auf kultureller Ebene statt, so wurde z.B. Frauen die Abtreibung erlaubt, das Konzept der freien Liebe eingeführt (man musste nicht heiraten, um ein Paar zu sein) und gleichberechtigte Partnerschaften propagiert. Neben der kollektivierten Selbstverwaltung, war die Revolution vom Rationalismus, administrativem Horizontalismus, Antiklerikalismus und vom Kantonalismus (radikaler Föderalismus) geprägt. Die Spanische Revolution von 1936 war die erste und einzige geglückte anarchistische Revolution in der europäischen Geschichte; wenn auch nur von kurzer Dauer.

Denn bald darauf spaltete sich das republikanische Lager, besonders aufgrund der Moskauer Schauprozesse und der darauffolgenden stalinistischen Säuberung (als Stalin in seinem Verfolgungswahn dutzende Parteikollegen wegen Verrat hinrichten ließ und u.a. die Linke Opposition auslöschte): Manchen ging die Revolution zu weit (z.B. den stalintreuen Kommunisten des PCE und PSUC, die für die Sowjetunion arbeiteten) und anderen (u.a. Teile der Gewerkschaft CNT und vor allem ihrem radikaleren Arm, die FAI – Federación Anarquista Ibérica, und POUM) ging das alles nicht weit genug. Viele Republikaner und Kommunisten priorisierten den Krieg: man wollte erst den Krieg gewinnen, und danach könnte man den Rest erledigen. Doch für die Anarchisten und Marxisten war die Soziale Revolution das höchste Gut und absolut vorrangig; nur, wenn man die Revolution schaffte, könnte man auch den Krieg gewinnen.

Die Kommunisten (PCE, PSUC) bekamen Unterstützung vom katalanischen Bürgertum (weil sie gegen die Kollektivierung waren, die das Bürgertum teilweise enteignet hatte), Waffen aus der UdSSR und versuchten, die Revolution zu unterbinden, bzw. eine Gegenrevolution zu beginnen. Im Mai 1937 kam es dann in Barcelona zu den Maiereignissen (Fets de Maig; 3. – 8. Mai 1937), bei denen die Kommunisten (als Teil der Regierung) die Anarchisten/Marxisten (CNT-FAI, POUM) angriffen. Ihr eigentliches Ziel war dabei aber hauptsächlich die POUM, die sie als trotzkistische Verräter bezeichnete und sie beschuldigte, insgeheim für Franco zu kämpfen. Bei den Straßenkämpfen starben zwischen 500 und 1000 Menschen. Es war eben ein Bürgerkrieg, viele ausländische Kräfte versuchten, ihre Interessen durchzusetzen. Die Tatsache, dass die Putschisten in den eroberten Gebieten zehntausende Republikaner ermordeten; dass die Putschisten immer wieder im Radio davon berichteten, dass sie Spione und Unterstützer in der republikanischen Zone hätten und das daraus resultierende Misstrauen allen gegenüber, die andere Strategien verfolgten, tat natürlich ihr Übriges. Der PSUC ließ die POUM verbieten, „verhörte“ zusammen mit dem sowjetischen Geheimdienst GPU die Anführer in sogenannten Checas (Folterkellern) und ließ sie später hinrichten. Anhänger des POUM wurden bis zu ihrem endgültigen Verschwinden verfolgt. Die Spaltung des republikanischen Lagers half am Ende den Falschen: Denn durch die Schwächung des republikanischen Lagers konnte Franco immer schneller vorrücken.

Allein Barcelona wurde während des Krieges 200 Mal von den Putschisten  bombardiert (von der italienischen und deutschen Luftwaffe durchgeführt), tausende Zivilisten starben. Doch erst im Jahr 1939 konnte Katalonien von den Putschisten erobert werden: Das republikanische Heer hatte fast keine Waffen mehr, weil Frankreich den Waffenimport aus der UdSSR verhinderte; Katalonien war geschwächt, über 1 Mio. Flüchtlinge, die aus der Kriegszone geflohen waren, hielten sich nun in Katalonien auf (zu der Zeit hatte Katalonien nur ca. 2,8 Mio. Einwohner). Es kam zu Hungersnöten, die katalanische Industrie war stillgelegt, und die Putschisten bombardierten immer wieder die Zivilbevölkerung. In nur 6 Wochen brachte Franco ganz Katalonien unter seine Kontrolle, was die Flucht von über 500.000 Menschen nach Frankreich verursachte. Und selbst diese schutzlosen Menschen, die in kilometerlangen Kolonnen Richtung Frankreich unterwegs waren, bombardierte man erbarmungslos. Viele weitere starben später in den Auffanglagern Frankreichs, weil Frankreich zum einen nicht darauf vorbereitet war und zum anderen die Beziehungen zu den „Siegern“ nicht gefährden wollte, indem es die „Verlierer“ beschützte. Wenige Tage, bevor Francos Truppen dann in Barcelona einmarschierten, machte sich auch Lluís Companys mit seiner Familie und dem baskischen Lehendakari (Präsidenten) José Agirre Lekube auf den Weg über die Pyrenäen nach Frankreich. Als Frankreich jedoch kurz darauf von den deutschen Truppen besetzt wurde, lieferten die Deutschen Companys an Spanien aus. Im Jahr 1940 wurde Lluís Companys auf dem Montjuïc in Barcelona hingerichtet.

Die Nachkriegszeit war für ganz Spanien ein Albtraum, in Katalonien kam aber dazu, dass neben allen Linken und Republikanern auch die Katalanisten verfolgt wurden. Zum Einmarsch seiner Soldaten in Barcelona sagte Franco: „Sie erhalten diese Ehre nicht, weil sie am besten gekämpft hätten, sondern weil sie diejenigen mit dem größten Hass sind; dem größten Hass auf Katalonien und die Katalanen“. Die katalanische Gesellschaft war gespalten, nicht in zwei Lager (Republikaner vs. Franquisten), sondern in drei: Große Teile der Republikaner waren geflohen, und die, die noch geblieben waren, versteckten sich;, die Franquisten, die sich über die Jahre versteckt hatten, bejubelten die Truppen Francos. Aber die Mehrheit der katalanischen Zivilbevölkerung war lethargisch, vom Krieg schockiert, von allen Lagern enttäuscht. Oft wird für die Stimmung im Land ein Katalane zitiert, der auf die Frage, welcher denn der glücklichste Tag in seinem Leben gewesen wäre, antwortete: Der 25. Januar 1939, als die einen schon weggegangen waren (die Republikaner), und die anderen (die Franquisten) noch nicht einmarschiert waren (Barcelona wurde am 26. Januar 1939 eingenommen). Während des Krieges verschwanden fast 150.000 Katalanen, darunter ca. 60.000 gefallene republikanische Soldaten, ca. 3.000 franquistische Soldaten, ca. 8.000 Opfer der republikanischen Repression, etwa 10.000 Opfer der Bombardements und der franquistischer Repression, und natürlich Katalanen, die ins Exil gegangen waren und nie zurückgekehrten. Die Repressionen gegen Andersdenkende waren in den ersten Jahren der Franco-Diktatur besonders hart. Über 4.000 Katalanen wurden hingerichtet; es waren nicht mehr, weil die meisten Aktivsten und Intellektuellen ins Exil gegangen waren. Wie im Rest Spaniens wurden alle Parteien (außer die Falange), die freie Presse, Gewerkschaften und linke Organisationen verboten und verfolgt. Fast 30.000 Katalanen saßen als politische Gefangene in Gefängnissen oder in einem der 190 Konzentrationslager Spaniens (in ganz Spanien waren es über 250.000 politische Gefangene + 400.000 republikanische Soldaten als Kriegsgefangene; knapp 200.000 wurden dort hingerichtet). In den ersten sechs Jahren der Diktatur wurden spanienweit ca. 30.000 Menschen hingerichtet, während der gesamten Nachkriegszeit zwischen 45.000 und 50.000. Außerdem kam es zum Phänomen der „Geraubten Kinder“ (Niños robados): Die Kinder von inhaftierten republikanischen Frauen – die sowieso schon harte Folter erdulden mussten – wurden ab ihrem 3. Lebensjahr aus den Gefängnissen geholt und an Klöster und regimetreue Familien verteilt. Dort wurden sie dann zu Franquisten erzogen, erhielten neue Namen, etc. Auch Waisenkindern ereilte dieses Schicksal, wenn sie sich nicht an ihren Nachnamen erinnerten. Über 30.000 Kinder sollen so ihren Familien geraubt worden sein. Hinzu kommen die Verschwundenen (Desaparecidos): Mit über 143.000 Verschwundenen, die irgendwo in Massengräbern vergraben sind, ist Spanien heute – nach Kambodscha – weltweit das Land mit den meisten Verschwundenen. Vergangenheitsbewältigung kann Spanien.

Zusätzlich sahen sich die Katalanen einem regelrechten Hass ausgesetzt, der alles betraf, was katalanisch war. Neben dem Verbot der katalanischen Sprache und Kultur, und der Abschaffung aller katalanischen Sonderrechte, sah man sich den Rachegelüsten und dem Hass der Franquisten ausgesetzt. So schrie 1939 José Artero, ein Priester aus Salamanca, während einer Messe in Tarragona: „Katalanische Hunde! Ihr seid der Sonne nicht würdig, die auf euch scheint!“ («¡Perros catalanes! ¡No sois dignos del sol que os alumbra!»). Víctor Ruíz Albéniz, ein enger Freund Francos, forderte für Barcelona „eine biblische Strafe (Sodom und Gomorra), um die rote Stadt, das Zentrum des Anarchismus und des Separatismus, zu säubern; denn das wäre die einzige Möglichkeit, diese beiden Krebstumore zu beseitigen“. Der von Franco ernannte Stadthalter Barcelonas, Wenceslao González Oliveros, meinte, „dass jegliche Toleranz dem Regionalismus gegenüber wieder zu der „Fäulnis“ führen würde, die man gerade chirurgisch entfernt hatte“.

Wenn man nun aber denkt, dass deshalb alle Katalanen gegen Franco waren, irrt man sich. Es gab überzeugte katalanische Franquisten (vor allem aus dem carlistischen/traditionalistischen Lager), wie z.B. Eduard Aunós Pérez (Justizminister unter Franco), Josep Burrull (Bürgermeister von Sabadell), Enric Fontana Codina (Handelsminister unter Franco), etc. Besonders die katalanische Oberschicht hat es schon immer verstanden, sich mit denjenigen gut zu stellen, die ihr Reichtum gefährden könnten oder ihnen dabei helfen könnten, reicher zu werden. Viele waren früher Mitglieder der Lliga Regionalista (später Lliga Catalana) gewesen oder profitierten von Franco, wie z.B. Francesc Cambó i Batlle (Gründer der Lliga Regionalista), Juan Antonio Samaranch i Torelló (Politiker und von 1980-2001 Präsident des Internationalen Olympischen Komitees), anfänglich Josep Pla (Journalist für die katalanische Tageszeitung La Vanguardia nach Kriegsende, einer der bedeutendsten Schriftsteller in katalanischer Sprache des 20. Jhd.; später Gegner Francos, vor allem wegen des Katalanisch-Verbots und der Zensur), Josep Maria de Porcioles i Colomer (Bürgermeister Barcelonas während der Diktatur), einige Präsidenten des FC Barcelona (u.a. Narcís de Carreras, Josep Vendrell i Ferrer und Francesc Miró-Sans) oder der Maler Salvador Dalí (anfänglich den anarchistischen und kommunistischen Kreisen nah, näherte sich erst später Franco an). Viele bedeutende katalanische Familien haben von der Diktatur und ihren guten Beziehungen zu Franco profitiert. Der Unternehmer – und wegen Veruntreuung von über 30 Mio. € angeklagte –  Fèlix Millet prägte im Jahr 2001 den Satz „en som 400 i sempre som els mateixos“ (wir sind 400 und wir sind immer dieselben), als Anspielung darauf, dass Katalonien seit jeher in der Hand derselben Familien ist. So findet man noch heute Familien, die vor Jahrhunderten ihr Geld mit dem Sklavenhandel verdienten, später Inhaber der Textilfabriken in Katalonien waren und noch heute in fast allen wichtigen Aufsichtsräten etc., sitzen. All diese Familien, die sich selbst als „societat civil“ (Zivilgesellschaft) bezeichnen, eint, dass sie während der Franco-Diktatur auf der Seite der Faschisten waren. Nicht, weil sie immer dieser Ideologie angehörten, sondern eher, weil es ihnen finanziell nützte. Zu diesen Familien gehören z.B. die Millet (Fèlix Millet i Tusall war u.a. Präsident bzw. Vizepräsident vom Liceu in Barcelona, von der Fundació FC. Barcelona und der Fundació Orfeó Català – Palau de la Música Catalana; sein Vater Fèlix Millet i Maristany kämpfte mit den Putschisten gegen die Republik), die Cortina (Inhaber der Biermarke San Miguel; der Gründer Pedro Cortina Mauri war Außenminister unter Franco), die Carceller (Gründer und Inhaber von Estrella Damm; der Gründer Carceller Segura war Mitbegründer der Falange; im Jahr 2016 bezahlten sie 94 Mio. € an das Finanzamt, um nicht wegen Steuerhinterziehung angeklagt zu werden), die Saqué-Mateu (Miquel Mateu i Pla, Erbe des Automobilherstellers Hispano-Suiza, war enger Freund Francos, Bürgermeister Barcelonas während der Diktatur, Präsident des katalanischen Arbeitgeberverbandes, Präsident der Sparkassen La Caixa und Gründer des Wein-Unternehmens „Perelada“; seine Tochter Carme Mateu Quintana gründete zusammen mit ihrem Mann Artur Suqué i Puig die Gruppe Perelada, mit der sie mit Weinen, Cavas und Casinos ein Vermögen von über 450 Mio. Euro erwirtschafteten), die Lara-Bosch (José Manuel Lara gründete 1949 den Verlag „Planeta“, zuvor hatte er im Bürgerkrieg auf der Seite der Faschisten gekämpft und hatte gute Verbindungen zum Regime; sein Sohn, José Manuel Lara Bosch, übernahm den Verlag: heute ist die „Grupo Planeta“ die einflussreichste Mediengruppen der spanischsprachigen Welt und eine der acht größten Buchverlagsgruppen der Welt; neben den über 70 Verlagen, hat die Gruppe auch Mehrheitsanteile am Medienunternehmen Atresmedia, mit den Fernsehsendern Antena3, LaSexta, Neox und Mega, und den Radiosendern Onda Cero und Europa FM, außerdem veröffentlicht die Gruppe die rechts-konservative Tageszeitung La Razón und ihr gehören einige der besten Business Schools in Spanien; ihr jährlicher Umsatz liegt bei knapp 3 Milliarden Euro), die Bau (Carlisten und wichtige Politiker in Südkatalonien), die Vilarasau (Vorsitzende von Telefónica und Berater für Haushalt/Finanzen unter Franco, später Präsidenten von La Caixa), die Daurella (Freunde Francos, heute Vorsitzende und Teilhaber der Coca-Cola European Partners, dem Vertriebspartner von Coca-Cola für Westeuropa), die Sentís, die Vicens-Vives, die Güell, die Roca, die Raventós-Codorníu, und ein langes etc.

Doch die Mehrheit der Katalanen litt unter der Diktatur. Erst als der 2. Weltkrieg zu Ende war, lockerte Franco die Repression gegen diejenigen, die er als seine Feinde betrachtete. In den 60er Jahren verbesserte sich die Wirtschaft: Nach 20 Jahren totaler Isolation und Autarkie (mit entsprechenden Hungersnöten, vor allem in Südspanien), öffnete sich Franco – Dank der Unterstützung von Seiten der USA (da Franco zutiefst anti-kommunistisch war) – der Welt; jedoch ausschließlich wirtschaftlich, nicht politisch. Für Katalonien hieß das vor allem ein sehr schnelles wirtschaftliches Wachstum, das durch die Ankunft hunderttausender Spanier aus anderen Landesteilen (vor allem Andalusien, Murcia und Extremadura) unterstützt wurde. Die Provinz Barcelona erlebt zwischen 1960 und 1981 einen Bevölkerungszuwachs von fast 2 Mio. Menschen (1960: 2,8 Mio. Einwohner, 1981: 4,6 Mio.). Spanien entwickelte sich in nur wenigen Jahren von einem Entwicklungsland zu einer der 10 größten Industrienationen der Welt. Dies diente Franco vor allem, um seine Macht zu legitimieren. Ende der 60er Jahre ließ die Repression gegen die Zivilbevölkerung fast vollständig nach, es wurden „nur“ noch linke Aktivisten und Mitglieder (oder vermeintliche Unterstützter) der ETA verfolgt. Auch wenn in Katalonien die katalanische Sprache und jegliches Symbol katalanischer Kultur weiterhin offiziell verboten waren, wurde nicht mehr so hart durchgegriffen, um das Verbot durchzusetzen. Es entstanden kulturelle Bewegungen, wie z.B. die Nova Cançó, es erschienen – wenn auch aus dem Untergrund – wieder erste Romane auf Katalanisch. Zwar gab es  immer noch keine politische Freiheit, die Presse wurde zensiert und es wurden immer noch Menschen zum Tode verurteilt, aber der einfache Bürger konnte mehr oder weniger „normal“ leben, solange er sich nicht politisch engagierte.

Der Widerstand brodelte aber unter der oberflächlichen Normalität; viele Untergrundgruppen, wie z.B. die MIL (Movimiento Ibérico de Liberación – Iberische Befreiungsbewegung), finanzierten ihre Aktionen durch Banküberfälle etc. Ein Mitglied der MIL war Salvador Puig i Antich, der 1974 – trotz nationaler und internationaler Proteste – durch die Garotte hingerichtet wurde, nachdem er, fälschlicherweise, wegen des Mordes an einem Polizeibeamten zum Tode verurteilt worden war. Er war der letzte, der so hingerichtet wurde. Es gibt einen sehr guten Film über ihn, mit Daniel Brühl (in Barcelona geboren) in der Hauptrolle: Salvador – Kampf um die Freiheit, von Manuel Huerga. Den sollte man gesehen haben. Ein Jahr später starb Franco, Spanien erlangte seine Demokratie, Katalonien sein Autonomiestatut und alle Sonderrechte, wieder. Was während der sogenannten Transición (Übergangsphase) und in den letzten Jahren so passiert ist, das dazu geführt hat, dass die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien so rasant gewachsen ist, werde ich in einem anderen Beitrag erklären.

Schneebedeckte Berge, wilde Küsten, fruchtbare Ebenen und Sandstrände: Kataloniens Geographie

Kaum eine Region Europas vereint den Kontrast zwischen warmen Stränden und kalten Hochgebirgen so gut wie Katalonien. Von Barcelona bis zu den Pyrenäen sind es keine 2 Stunden Autofahrt. Und wer die katalanischen Pyrenäen nicht kennt, sollte sie unbedingt kennen lernen! Sie bilden die natürliche Grenze zwischen Katalonien, Andorra und Frankreich (Okzitanien und Nordkatalonien); im Nordwesten ragen die Gipfel bis über 3.000m in den Himmel (der höchste Berg Kataloniens ist der Pica d’Estats mit 3.143m), während sie zur Küste hin immer flacher werden. Die Hochgebirgsregion um die Comarques (Landkreise) Pallars Sobirà, Alta Ribagorça und das Aran-Tal im äußersten Nordwesten Kataloniens ist einfach nur beeindruckend. Hier befinden sich einige der besten Ski-Gebiete der Iberischen Halbinsel, darunter Baqueira-Beret, La Molina, Boí Taüll, Espot, Port Ainé und Tavascán/Pleta del Prat. Die Landschaft ist natürlich alpin, mit ausgedehnten Tannenwäldern (avetoses), Kiefernwälder (pinedes) und Bergwiesen. Das Aran-Tal ist besonders, weil es als einziges spanisches Gebiet auf der anderen Seite des Pyrenäen-Hauptkammes liegt und dadurch dem atlantischen Klima ausgesetzt ist; daher trifft man hier zudem auf viele Buchenwälder (fagedes/ hagedes). Durchzogen wird das Gebiet von unzähligen Bächen, Kaskaden und Wasserfällen. Neben den über 400 Gletscherseen, befinden sich in den Pyrenäen auch die Quellen der meisten katalanischen Flüsse: So entspringen hier u.a. der Ter, der Llobregat, der Segre, die Noguera Pallaresa, die Noguera Ribagorçana, der Fluvià und selbst die Garona (frz. Garonne), die allerdings nicht im Mittelmeer, sondern im Atlantik mündet (bei Bordeaux). Auch der einzige Nationalpark Kataloniens, der Parc Nacional d’Aigüestortes i Estany de Sant Maurici, befindet sich hier.  Wenn im Frühling die Blumen, Sträucher und Bäume anfangen zu blühen, wird es richtig bunt! Aber auch im Sommer lohnt sich ein Besuch. Auf der einen Seite entkommt man so den heißen Temperaturen im Tiefland und auf der anderen Seite kann man durch ein Gebiet wandern, dass einen irgendwie an „Ein Land vor unserer Zeit“ erinnert.

Das Tal Vall de Boí, direkt nebenan, wurde 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt, weil es mit seinen neun frühromanischen Kirchen aus dem 11. Jhd. die größte Dichte romanischer Kirchen Europas aufweist (z.B. Sant Climent de Taüll, Sant Feliu de Barruera, Santa Eulàlia d’Erill la Vall oder Sant Joan de Boí). Weiter im Osten, in den Vorpyrenäen Gironas, befindet sich der Naturschutzpark „Vulkane der Garrotxa“ (Parc Natural de la Zona Volcànica de la Garrotxa). Mit seinen 40 inaktiven, jedoch nicht erloschenen, Vulkanen zählt die Garrotxa zusammen mit der Eifel und dem französischen Zentralmassiv zu den wichtigsten Vulkangebieten Europas. Mitten im Naturpark liegt die Kleinstadt Olot, die vielen Touristen als Ausgangspunkt dient, um die für die Region untypische Landschaft und die mittelalterlichen Dörfer (z.B. Besalú) zu erkunden. Das beeindruckendste Dorf der Garrotxa ist wohl Castellfollit de la Roca, das sich auf einem Felsmassiv befindet und dessen Häuser direkt an den, über 50m hohen, Steilwänden liegen. Südlich der Garrotxa, im Landkreis Osona, befindet sich der Stausee Pantà de Sau, der 1962 unter Franco errichtet wurde (Franco liebte Stauseen, während der Diktatur entstanden über 500). Wie so oft, wurden auch hier ganze Dörfer überflutet. Eines dieser Dörfer war Sant Romà de Sau, mit einer romanischen Kirche aus dem 11. Jhd. Und immer, wenn der Wasserstand niedrig ist, kommt der Kirchturm zum Vorschein. Bei den großen Dürren von 2005 und 2008 war der Wasserstand sogar so niedrig, dass der gesamte Kirchturm trocken lag und besichtigt werden konnte.

Ganz im Nordosten bildet das Kap Cap de Creus das Ende der Pyrenäen und zugleich den östlichsten Punkt der Iberischen Halbinsel. In einer Bucht des Kaps liegt das malerische Dorf Cadaqués, das viele Künstler anzog, die sich dort inspirieren ließen. Neben Salvador Dalí, der im Nachbardorf Portlligat lebte, kamen u.a. Joan Miró, Gabriel García Márquez, García Lorca, Picasso, André Breton, Max Ernst, Marcel Duchamp und Walt Disney hierher. Südlich des Kaps befindet sich der Golf von Roses, das Siedlungsgebiet der alten Griechen. Hier, im Alt Empordà, kann man viele kleine und nicht mehr ganz so kleine Fischerdörfer besuchen, wie z.B. l’Escala (wo man die Ruinen des griechischen Empúries besichtigen kann), Sant Pere Pescador, Castelló d’Empúries (ehemalige Hauptstadt der unabhängigen Grafschaft Empúries, die erst 1402 in die aragonesische Krone eingegliedert wurde) oder Roses (Ruinen der griechischen Siedlung Rhode). Außerdem befinden sich hier auch zum einen Empúriabrava, der größte bewohnte Jachthafen der Welt, und die Aiguamolls de l’Empordà/Marismas del Ampurdán, ein unter Naturschutz stehendes Feuchtgebiet mit über 300 Vogelarten, darunter Störchen (cigonyes/gantes), Flamingos (flamencs), Purpurhühner (polles blaves), Knäkenten (ànecs roncaires) und Bienenfresser (abellerols).

Der gesamte Küstenabschnitt zwischen der Grenze zu Frankreich (Portbou) und Sa Palomera (Blanes) gehört zur Costa Brava, die wohl so gut wie jedem bekannt ist. Die „Wilde Küste“ besteht aber nicht nur aus Lloret de Mar und Calella. Zwischen ihren Steilküsten und bis ins Meer ragenden Bergen, findet man viele wunderschöne Dörfer und Kleinstädte, wie z.B. Peratallada, Calella de Palafrugell, Tossa de Mar, Begur, Peralada, Pals, Palamós oder Tamariu. Aber auch schöne Strände und Buchten, wie Platja d’Aro, Aiguablava, Cala s’Alguer oder Platja Es Castell.

Südlich der Costa Brava schließen die Costa del Maresme und die Costa del Garraf an. Beide Küstenabschnitte sind stark vom Tourismus geprägt, ja teilweise durch den Massentourismus verschandelt. Getrennt werden sie durch die Stadt Barcelona. Wichtige Orte der Costa del Maresme sind Badalona, Mataró, Pineda de Mar, Malgrat de Mar, Arenys de Mar, Premià de Mar und El Masnou. Die wichtigsten Orte der Costa del Garraf sind Castelldefels, Gavà, Sitges, Vilanova i la Geltrú und Cubelles. Sitges ist vielleicht nicht jedem ein Begriff, aber für mich ist es einer der schönsten Orte im Umland von Barcelona. Neben den Stränden, die natürlich im Sommer maßlos überfüllt sind, bietet Sitges eine wunderschöne Altstadt, eine tolle Kirche, die über den Wellenbrechern thront, und jedes Jahr in der letzten August-Woche ein sehr farbenfrohes Patronatsfest, das mit dem besten Feuerwerk der Welt endet.

Sitges (Costa del Garraf)

Südlich der Costa del Garraf befindet sich die Costa Daurada, oder auf Spanisch Costa Dorada, die sich entlang der gesamten Küste der Provinz Tarragona zieht (also von Cunit im Norden bis Alcanar im Süden). Manchmal wird allerdings das Ebro-Delta nicht dazugezählt, weshalb für manche die Küste in l’Hospitalet de l’Infant (Baix Camp, bei Reus) endet. Dieser Küstenabschnitt ist bekannt für seine langen, „goldenen“ Sandstrände (kat.: daurat = golden, goldfarben). Anders als bei den Küsten im Norden, trifft man hier nur selten auf felsige Küstenabschnitte, was natürlich sowohl den nationalen als auch internationalen Tourismus positiv beeinflusst hat. Leider sieht man hier deshalb aber auch vermehrt die typischen Bausünden, wie an den meisten spanischen Küsten, die an der Costa Brava zwar nicht fehlen, aber weniger sichtbar sind. Bekannte touristische Orte sind z.B. Salou, Cambrils, Calafell und Torredembarra, eher von einheimischen Touristen besuchte Orte sind die Strände von El Vendrell (Coma-Ruga, El Francàs, Sant Salvador), Altafulla, l’Ametlla de Mar, Creixell und l’Ampolla.

Die wichtigste Stadt ist natürlich Tarragona. Als Tarraco war sie die Hauptstadt der römischen Provinz Tarraconensis und bis heute sind viele römische Monumente erhalten geblieben: das Amphitheater, das Forum Romanum, das Grabmal „Torre dels Escipions“, das Mausoleum von Centcelles, die Stadtmauer, etc. Es ist schon peinlich, dass ich das „Archäologische Ensemble von Tarraco“ noch nicht besucht habe, obwohl ich jeden Sommer in der Nähe von Tarragona verbringe. Was ich allerdings schon gesehen habe – und zu übersehen ist er nicht, weil er mitten auf einer Nationalstraße steht – ist der römische Triumphbogen Arc de Berà (13 v. Chr. errichtet) zwischen Roda de Berà und Creixell. Aber nicht nur die Küste ist es wert, besucht zu werden; das Hinterland Tarragonas hat so einiges zu bieten. In den Bergen der „Muntanyes de Prades“ befinden sich Orte wie Montblanc (mit einem der am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtkernen Kataloniens), l’Espluga de Francolí (mit einem der längsten steinzeitlichen Höhlensysteme der Welt), das Kloster Monestir de Poblet (aus dem 11. Jhd., in dem einige katalanisch-aragonesische Könige begraben liegen), das mittelalterliche Dorf Siurana de Prades oder die bekannten Weinanbaugebiete vom Priorat und, weiter östlich, vom Penedès.

Ganz im Süden der Costa Daurada liegt, wie schon gesagt, das Ebrodelta, das Delta de l’Ebre. Hier mündet der wasserreichste Fluss der Iberischen Halbinsel (der längste ist der Tajo) ins Mittelmeer. Das Ebrodelta ist das zweitgrößte Feuchtgebiet Spaniens und das zweitgrößte Delta des Mittelmeerraums (nach dem Nildelta). Charakteristisch für diese Region ist der Anbau von Reis, nirgendwo sonst in Spanien wird so viel Reis angebaut wie hier. 20% der Fläche des Deltas stehen unter Naturschutz (Parc Natural del Delta de l’Ebre). Hier findet man neben den über 300 Vogelarten (wegen der zahlreichen Brutkolonien, darunter auch 17.000 Flamingos, ist es eines der wichtigsten Vogelschutzgebiete der Welt), auch unzählige Amphibien- und Reptilienarten, darunter die Griechische Landschildkröte, die auf Spanisch/Katalanisch passender „Mittelmeer-Schildkröte“ (tortuga mediterránea/ mediterrània) genannt wird. Von den Fischarten, von denen es auch unzählige gibt, ist der nur 6cm lange, vom Aussterben bedrohte Spanienkärpfling (Fartet oder Peix de Sequiol) erwähnenswert, der hier im Delta einen seiner letzten Rückzugsorte in Katalonien gefunden hat.

Direkt vor dem Delta liegen die Städte Amposta und Tortosa. Amposta ist zwar schön, besonders beeindruckend ist die Hängebrücke, die während des Bürgerkriegs zerstört und später wieder aufgebaut wurde, dient aber meistens nur als Ausgangspunkt, um das Ebrodelta oder die südlich gelegene Serra del Montsià zu erkunden. Die wahre Perle der Terres de l’Ebre, der „Ebro-Gebiete“, ist Tortosa. Die einstige Hauptstadt des maurischen Emirats Turtusha, die über 400 Jahre unter maurischer Herrschaft stand und erst 1148 vom Grafen Barcelonas erobert wurde, kann selbst heute ihr maurisches Erbe nicht leugnen. Über dem Ebro, der die Stadt durchquert, thront die maurische Festung Suda de Tortosa aus dem 9. Jhd., die heute Teil der staatlichen Hotelkette „Paradores Nacionales“ ist. Neben der Suda gibt es in Tortosa noch viele gut erhaltene mittelalterliche Stadtmauern, Wachtürme und die Ruinen der arabischen Bäder zu besichtigen. Einen Besuch wert ist auch das Viertel Remolins, das früher das Judenviertel (Call jueu/ Judería) der Stadt war und bis heute nahezu intakt geblieben ist. Im Hinterland von Tortosa gibt es viele schöne Dörfer mit denkmalgeschützten Altstädten: Dazu gehören z.B. Miravet und Ulldecona mit ihren intakten Husûn (maurischen Festungen), Horta de Sant Joan oder Móra d’Ebre. Außerdem kann man in Ulldecona und Perelló levantinische Höhlenmalereien bestaunen, in Tivissa die Ruinen einer iberischen Siedlung aus dem 3. Jhd. v. Chr. besichtigen, und in Benifallet die Tropfsteinhöhlen „Coves Maravelles“ bewundern. Oder man wandert einfach durch den Naturpark Parc Natural dels Ports in den Bergen des beeindruckenden Ports-Massivs (an der Grenze zu Aragón und Valencia) und macht sich auf die Suche nach Kataloniens letzten Steinböcken.

Das Landesinnere Kataloniens kann man gewissermaßen in zwei Regionen unterteilen, die ziemlich genau den Terres del Ponent („West-Gebiete“, südliche Hälfte der heutigen Provinz Lleida) und den Comarques Centrals („Zentrale Landkreise“, die nördliche Hälfte der Provinz Barcelona + den Landkreis Solsonès in Lleida) entsprechen. Diese beiden Regionen unterscheiden sich sowohl geschichtlich, sprachlich (in den Terres del Ponent werden westkatalanische Dialekte gesprochen, in den Comarques Centrals ostkatalansiche) als auch landschaftlich voneinander. Die Terres del Ponent gehören zur Catalunya Nova (Neu-Katalonien), da sie erst im 11. und 12. Jhd. von den katalanischen Grafen erobert wurden, während die Comarques Centrals größtenteils von Anfang an zu den katalanischen Grafschaften gehörten (Catalunya Vella – Alt-Katalonien). Dementsprechend kann man in den Terres del Ponent noch auf viele Relikte maurischer Architektur stoßen, auch wenn diese oft nur noch rudimentär erhalten sind. In der Provinzhauptstadt Lleida steht heute dort, wo einst die Suda de Lleida stand, nur noch eine Wand, der Rest wurde in den Kriegen von 1812 und 1936 zerstört. Einen Besuch wert ist sie aber trotzdem; auch, um im Anschluss die Alte Kathedrale – die Seu Vella – zu besichtigen (einem Meisterwerk der europäischen Architektur des 13. Jhd.), oder der Tempelburg Castell Templer de Gardeny (12. Jhd.) einen Besuch abzustatten. Auch in Balaguer, der nächstgrößeren Stadt, stehen vom maurischen Castell Formós nur noch ein paar Mauern und die Grundsteine, da es während der Revolte vom Grafen von Urgell Anfang des 15. Jhd. zerstört wurde. Jedoch ist der Rest der Altstadt gut erhalten und steht auch unter Denkmalschutz. Dörfer, in denen die mittelalterliche Architektur, egal ob nun maurisch oder christlich, am besten erhalten ist, sind z.B. Verdú, Montsonís, La Floresta, Tiurana, Alòs de Balaguer, Guimerà und Torrefeta i Florejacs. Wer sich mehr für Natur interessiert, muss hier etwas länger suchen. Die Region lebt größtenteils von der Landwirtschaft, sodass große Flächen entweder Äcker sind oder Wiesen für Rinder. Im Süden, in Les Garrigues, widmet man sich seit jeher der Olivenöl-Produktion. Hier entsteht aus den Arbequina-Oliven (aus dem Dorf Arbeca in Les Garrigues) eines der besten und teuersten Olivenöle der Welt. Die landwirtschaftliche Nutzung des Landes tut der Schönheit zwar keinen Abbruch, den Naturfreak jedoch wird sie enttäuschen. Aber es gibt sie. Es gibt Orte, die einem den Atem rauben können. Einer davon ist wohl Corçà bei Àger, wo die Kapelle Capella de la Mare de Déu de la Pertusa auf einer riesigen Felsformation über einem Stausee thront und einem einen ausgezeichneten Ausblick auf das Naturschutzgebiet Noguera Ribagorçana – Mont Rebei bietet. Innerhalb des Naturschutzgebiets befindet sich auch der Congost de Mont-rebei, eine Schlucht mit über 500m hohen Steilwänden, durch die sich die Noguera Ribagorçana schlängelt. Dieses Gebiet ist touristisch kaum erschlossen, was es umso attraktiver macht. Weiter im Norden liegt die Serra del Montsec, eine Gebirgskette mit vielen Wanderrouten.

Die Comarques Centrals dagegen wurden von den Mauren kaum beeinflusst, da die Region nur zwischen 50 und 100 Jahren unter maurischer Herrschaft stand und größtenteils von Anfang an Teil der katalanischen Grafschaften war. Außerdem waren die Mauren in der Zeit eher damit beschäftigt, zu kämpfen, als direkten Einfluss auf die Bevölkerung auszuüben, geschweige denn Gebäude zu errichten. Im Norden, im Berguedà, gibt es immer noch über 80 romanische Kirchen aus der Zeit der katalanischen Vorromanik und Frühromanik (9. bis 13. Jhd.). Dazu gehören u.a. Sant Quirze de Pedret (Cercs, bei Berga), Sant Vicenç d’Obiols (Avià), Sant Sadurní de Rotgers, Sant Joan de Cornudell (Castellar de n’Hug) und das Kloster Sant Jaume de Frontanyà. Die wichtigsten Städte Zentralkataloniens sind Manresa (im Bages), Igualada (Anoia), Vic (Osona) und Berga (Berguedà). In Manresa, der größten Stadt mit etwa 75.000 Einwohnern, sollte man die mittelalterliche Altstadt mit der Kathedrale La Seu de Manresa aus dem 14. Jhd., vielen Stadtmauern, Brücken und Wachtürmen besuchen. Außerdem hat man teilweise einen sehr guten Blick auf den Montserrat; ein Wahrzeichen Kataloniens, das viele Barcelona-Reisende bestimmt schon besucht haben. Die meisten mittelalterlichen Burgen oder Schlösser der Comarques Centrals wurden leider zerstört. Manche während der Remences-Aufstände, die hier besonders bedeutsam waren, andere während der Carlisten-Kriege im 19. Jhd. In Cardona (im Bages) befindet sich eine der letzten Festungen, die nicht zerstört wurden, das Castell de Cardona aus dem Jahr 886. Aber auch in manchen Dörfern kann man noch mehr oder weniger gut erhaltene Schlösser bewundern, z.B. das Castell de Puig-reig (Berguedà), das Castell de Sant Ferran (Berga), der Palau dels Barons de Pinós (Bagà), das Castellvell de Solsona (Solsonès), das Castell de Balsareny (Bages) oder das Castell d’Orpí (Anoia).

Landschaftlich kann man die Comarques Centrals in zwei Regionen einteilen: den gebirgigen Norden (Teile von Osona, Berguedà und Solsonès) und den eher flachen, zur zentralkatalanischen Senke (Depressió Central) gehörenden, Süden (Anoia, Bages und Moianès). In den Vorpyrenäen im Norden befinden sich wichtige Gebirgszüge, wie z.B. die Serra del Cadí, die Serra de Moixeró oder die Serra del Verd. Die meisten gehören zum Naturpark Parc Natural del Cadí-Moixeró, in dem sich auch einer der emblematischsten Berge Kataloniens befindet, der Pedraforca (knapp 2.500m hoch). Außerdem gibt es viele Flüsse und Seen, wie z.B. den Pantà de Foix oder den Pantà de la Llosa del Cavall. Weiter im Süden, im Bages und Moianès, befindet sich der Naturpark Parc Natural de Sant Llorenç del Munt i l’Obac, der die Bergmassive von Sant Llorenç del Munt und Obac umfasst. Der höchste Berg ist der Montcau mit ca. 1.050 m. Das schönste Dorf dieser Gegend ist Mura mit seinem mittelalterlichen Ortskern und dem Puig de la Balma, einer Masia (katalanisches Landhaus) aus dem 11. Jhd., das direkt in/an einem Felsüberhang gebaut wurde.  Der Süden (hauptsächlich die Landkreise Bages und Anoia) stattdessen ist stark von der Landwirtschaft geprägt, besonders vom Getreide-, Raps-, Mandelbaum- und Olivenanbau. Das Pla de Bages ist zudem ein Weinanbaugebiet. Die schönsten Orte des Nordens sind Berga, Castellar de n’Hug, Gósol, Rupit i Pruit, Montesquiu, Bagà und Talamanca, im Süden sind es z.B. Tous (mit einem Schloss aus dem 9. Jhd.), Pujalt, Jorba oder Rajadell.

Von Feuer, Teufeln, Drachen, Menschentürmen und Rumba: Ein Einblick in die Kultur Kataloniens

Wenn es ein Element gibt, das die katalanische Kultur am besten verkörpert, dann ist es das Feuer. Zwar ist es nicht nur typisch für Katalonien, sondern auch für Valencia, die Balearen und andere Teile der Mittelmeerküste, aber hier hat es eine besonders starke Bedeutung. Es fehlt bei keinem Patronatsfest. Die verbreitetste Form sind die Correfocs („Feuerläufe“) oder Ball de Diables („Tanz der Teufel“), einer katalanischen Tradition aus dem Mittelalter. Ein Correfoc ist eine Parade/ Prozession, bei der die Colles de Diables im Mittelpunkt stehen (Colla kann Verein oder Mannschaft bedeuten). Die meisten Dörfer und Stadtviertel haben eine eigene Colla, die dann bei wichtigen Feierlichkeiten – meistens während der Patronatsfesten (Festa Major) und Volksfesten – ihre Show vorführen. Oft werden auch die Colles der Nachbargemeinden eingeladen. Die Mitglieder verkleiden sich als Teufel (Diables) und tragen Stöcke, an deren Ende Feuerwerkskörper angebracht sind. Oft gibt es auch Bèsties (Bestien) – Drachen, Teufel, Stiere und hässliche Kreaturen aus feuerfesten Glasfasern – die auch mit Feuerwerkskörpern versehen sind. Begleitet wird die Gruppe von Trommlern, zu deren Rhythmus dann getanzt wird, während überall die Raketen und Böllern in die Luft gehen (hier und hier). Generell kann das Publikum mitmachen, sollte jedoch darauf achten, Kleidung aus Baumwolle zu tragen und das Gesicht zu schützen, denn ganz ungefährlich ist der ganze Spaß nicht. So durchquert die Parade das Dorf, bis sie am Hauptplatz ankommt. Dort treffen alle Teufel und Bestien aufeinander und beenden das Spektakel mit einer atemberaubenden und ohrenbetäubenden Feuershow. Es gibt jedoch auch Colles, wie z.B. die Diables de l’Onyar aus Girona, die ihre Darbietung professionalisiert haben, mit eigener Band anreisen und Choreographien vorführen. Bei solchen Correfocs sollte man sich als Zuschauer zurückhalten und nicht plötzlich zwischen die Feuerteufel springen :)

Eines der traditionellsten und wichtigsten Volksfeste Kataloniens ist die Patum in Berga. Sie ist seit dem 16. Jhd. dokumentiert und seit 2005 immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO. Jedes Jahr zu Fronleichnam feiert die Kleinstadt Berga ihre Patum, zu tausenden drängen sich die Menschen auf den kleinen Hauptplatz. Wirklich zu beschreiben, was da passiert, ist schwierig. Es ist eine Mischung aus Straßentheater, tanzenden Figuren, Trommeln, Musik, Emotionen und Feuerwerk. Sehr viel Feuerwerk. Über 300 Komparsen nehmen an den Aufführungen teil, die jedoch inmitten der Menschenmenge stattfinden. Hier trifft man auf Gegants i Capgrossos (Riesen und Großköpfe), die man auch sonst bei jedem Volksfest sieht, den tanzenden Àliga (Adler; Video bis zum Ende sehen), auf den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse (Meces i Àngels, Teufel mit Feuerkeulen und Engel) oder auf die „Jagd“ der Guites (Fabelwesen des Berguedà, halb Maulesel, halb Giraffe mit dem Kopf eines Drachen). Höhepunkt der Feierlichkeiten sind die Els Plens, eine wahre Feuerorgie. Jeweils 100 als Teufel verkleidete Komparsen mischen sich unter die Feiernden. Jeder trägt einen Stock mit Feuer und mehreren Feuerwerkskörpern auf dem Kopf, während man sich mit frischer Waldrebe (vidalba) und einer Maske vor dem Feuer schützt. Das Licht geht aus, das Feuer geht an und der ganze Platz scheint zu brennen; er bebt unter den Paukenschlägen, dem Lärm der Knallkörper und den Sprüngen der Teilnehmer (Video). Der ehemalige Bürgermeister von Berga, Agustí Ferrer, beschrieb es so: „Pel qui els veu, l’infern; pel qui els fa, la glòria del cel“ (Für den, der zuschaut, die Hölle; für den, der mitmacht, der Himmel auf Erden). In den letzten Jahren ist die massive Überfüllung zum Problem geworden. Die Stadt mit 16.000 Einwohnern beherbergt zur Patum über 80.000 Touristen. Die Menschen versuchen, sich am Abend auf den Hauptplatz zu zwängen, auf dem aber maximal 6.000 Leute Platz haben, die engen Seitengassen sind total verstopft. Eine wirklich Lösung für das Problem konnte jedoch noch nicht gefunden werden.

Doch es gibt unzählige Feste und Feierlichkeiten in Katalonien. In den Hochgebirgsregionen im Nordwesten feiert man die Falles del Pirineu, auch ein immatrielles Weltkulturerbe der UNESCO. Dieses paganische/heidnische Brauchtum, das seit dem 11. Jhd. belegt ist, findet jedes Jahr zur Sommersonnenwende statt. In Dörfern wie Isil, El Pont de Suert, Senet oder Alins, im Boí-Tal (Vall de Boí) und im Aran-Tal (Val d’Aran) besteigen Gruppen von – früher ausschließlich ledigen – Männern einen Berggipfel, der vom Dorf aus gut zu sehen ist. Sobald es Nacht wird, zünden sie die Falles (Baumstämme und große Äste) an und machen sich auf den Weg zurück ins Dorf. Im Dorf angekommen, laufen sie mit den brennenden Stämmen durch die Straßen und verscheuchen so die bösen Geister. Am Ende kommen die Stämme und Äste auf große Scheiterhaufen, es gibt Musik, Essen und es werden traditionelle Tänze getanzt (Video aus dem Vall de Boí). Die Feierlichkeiten im Aran-Tal – die dort auf Aranesisch Hèstes deth Huec (Feste des Feuers) genannt werden – weichen leicht ab: In Les heißt das Hauptfest Crema deth Haro und ist der Höhepunkt eines Rituals, das schon Wochen vorher begonnen hat. Im Frühling wird eine große Tanne (ca. 12m hoch) gefällt und zum Haro hergerichtet (Äste werden abgeschnitten, der Stamm teilweise geöffnet und Keile rein geschlagen, damit das Holz besser trocknet). Dieses Ritual heißt Shasclada deth Haro und dient dazu, den Stamm für das nächste Jahr vorzubereiten (der Haro, der im jeweiligen Jahr brennt, wurde im Vorjahr vorbereitet). In der Nacht der Sommersonnenwende – der Crema deth Haro – wird der Stamm angezündet und während die Flammen in die Höhe schießen, wird um den brennenden Baum herum getanzt, gesungen und mit brennenden Halhes (Fakeln aus Kirschbaumästen) das Dorf von den bösen Geistern befreit. Drei Tage später findet die Quilhada deth Haro statt: der zuvor hergerichtete neue Haro wird – mit Blumen beschmückt – auf den Dorfplatz gepflanzt, wo er dann darauf wartet, im nächsten Jahr verbrannt zu werden. In Arties, wo das Fest Crema deth Taro heißt, spart man sich die Vorbereitungen im Vorjahr. Der Baum wird einen Monat vor dem Verbrennen gefällt, vorbereitet und dann zur Sonnenwende verbrannt. Besonders ist jedoch, dass man die Asche der Tanne im ganzen Dorf verteilt, da man glaubt(e), dass sie eine schützende und reinigende Wirkung hat.

Eine der umstrittensten Traditionen Kataloniens sind die sogenannten Correbous. Diese Tradition stammt aus dem äußersten Süden Kataloniens, aus den Terres de l’Ebre, wird aber auch in Cardona (Barcelona) und Olot (Girona) gefeiert. Außerdem ist diese Tradition auch stark in Valencia verwurzelt, wo man sie allerdings Bous al Carrer nennt. Und was sind die Correbous? Kurz gesagt: ein Fest mit Stieren (wörtlich: Stierläufe). Dabei gibt es verschiedene Varianten: Beim Bou Capllaçat (hier)wird der Stier an den Hörnern an ein Seil gebunden und durchs Dorf geführt, während Leute ihn vorne und hinten am Seil festhalten. Die Bous a la Plaça oder Bous al Carrer (hier) ähneln eher den Sanfermines in Pamplona. Auch hier werden die Stiere (teilweise auch Kühe) durchs Dorf getrieben und beenden den Lauf auf dem Platz (plaça), der mit speziellen Gittern und Käfigen umstellt ist, damit sich die Teilnehmer dahinter verstecken können. Beim Bou Embolat (hier) werden dem Stier nachts auf dem Platz spezielle Armaturen an den Hörnern befestigt, an deren Ende sich Feuerbälle (entzündliche Werg-Bälle aus Hanf/Leinen) oder Feuerwerkskörper befinden. Diese werden angezündet und der Stier läuft dann über den Platz und versucht, einen der Teilnehmer zu erwischen. Noch eine andere Variante, die zwar in Valencia viel populärer ist, aber auch in l’Ampolla und Les Cases d’Alcanar vorkommt, ist der Bou a la Mar (Stier ins Meer). Hier befindet sich der Schauplatz an einer Hafenmole o.Ä. und man versucht den Stier so zu provozieren, dass er hinter einem ins Meer springt. Seit 2015 musste allerdings der Zugang zum Wasser abgesperrt werden, da nach katalanischem Gesetz, die Feste mit Stieren nur in einem gänzlich umzäunten Gelände stattfinden dürfen. Allen Varianten der katalanischen Correbous ist gemein, dass der Stier am Ende des Festes nicht stirbt, sondern nach der 15 minütigen Vorstellung wieder zurück auf seine Wiese kommt. Deshalb gibt es in Südkatalonien sogar bekannte Stiere, da man sie immer wieder bei den Patronatsfesten zu sehen bekommt. Wie gesagt, ist diese Tradition nicht ganz unumstritten. Obwohl die Aficionats („Fans“) und Vereine stets die vielen Vorschriften für das Wohl des Tieres, das schöne Leben der Tiere und das Fehlende Misshandeln der Tiere betonen (hier ein Video über das Leben der Stiere), so gibt es doch weite Teile der katalanischen Bevölkerung, die in dieser Tradition sehr wohl einen Akt der Tierquälerei sehen. Es stimmt, es gibt wirklich viele Regeln, die eingehalten werden müssen, und die auch von Tierärzten überwacht werden, damit das Tier so wenig Stress, wie möglich ausgesetzt ist. Doch ich glaube, jeder, der mit der Kultur des Stierkampfes/ Stierhatz nicht vertraut ist, wird darin Tierquälerei erkennen. 2010 gab es eine große öffentliche Diskussion über die Tradition, als die katalanische Regierung den – für Spanien stehenden – Stierkampf in Katalonien verbot, die katalanischen Correbous dagegen gesetzlich schützte. Ich persönlich weiß nicht, wie ich mich positionieren soll, bin aber der Meinung, dass man – wenn man sich schon dazu entschließt, den Stierkampf zu verbieten – die Correbous genauso hätte verbieten müssen. Ich weiß nämlich nicht was schlimmer ist, nach einem 20 minütigen Kampf zu sterben, oder diese 20 Minuten jedes Jahr nochmal erleben zu müssen. Andererseits werden den Tieren bei den Correbous keine Speere oder Dolche ins Fleisch gestochen…Generell bin ich aber eher gegen ein Verbot (außer den Bou Embolat, den sollte man sofort verbieten), das ist aber eine andere Geschichte, die ich mal in einem anderen Beitrag behandeln werde.

Anders als im Süden Spaniens, haben es rein religiöse Feste in Katalonien nicht geschafft, Menschenmassen anzuziehen. Es gibt zwar Prozessionen zur Setmana Santa (Heilige Woche), keine hat jedoch das Ausmaß, das z.B. in Sevilla, Valladolid, Málaga oder Cartagena erreicht wird. Die wichtigste Prozession ist die von Verges (Baix Empordà), während der die Passion Christi nachgestellt wird. Mitten in der Nacht (gegen 2 Uhr), nachdem Jesus gekreuzigt wurde, beginnt der Todestanz (von mehreren, als Skelette verkleidete, Komparsen vorgeführt), die Dansa de la Mort. Dieser Todestanz ist es auch, der den Feierlichkeiten in Verges zu nationalem Interesse verholfen hat, schließlich ist das Dorf eines der letzten Europas, wo man diese Tradition aus dem 14. Jhd. beibehalten hat (Video). Bekannt ist auch – wenngleich nicht rein christlicher Natur – der Karneval (carnaval oder carnestoltes genannt). Während der Karneval in Barcelona, Tarragona und Sitges mit den farbenfrohen Umzügen und Teilnehmern aus der ganzen Welt eher an den Karneval in Rio erinnert, haben sich Städte wie Solsona und Vilanova i la Geltrú eine traditionellere, katalanischere, Facette bewahren können.

Als letztes feierliches Ereignis muss die Flama del Canigó erwähnt werden. Der Canigó galt einst als höchster Berg Kataloniens und liegt im heutigen Nordkatalonien, also in Frankreich. Der fast 2.800m hohe Berg befindet sich zwischen den Landkreisen Rosselló, Conflent und Vallespir, ca. 20km von der spanischen Grenze entfernt. Seit jeher hat dieser Gipfel für die Bewohner der katalanischen Pyrenäen eine symbolische Bedeutung, und seit der Reneixança ist er auch das Nationalsymbol aller Katalanen. Was für die Armenier der Ararat ist (der ja in der heutigen Türkei liegt), ist für die Katalanen der Canigó. Selbst die französische Regierung hat diese Tatsache anerkannt: Heute ist die offizielle Bezeichnung des Berges nicht mehr das französische „Canigou“, sondern das katalanische „Canigó“, weil es „der heilige Berg der Katalanen“ ist («montagne sacrée du pays catalan»). Die Flama del Canigó – die Flamme des Canigó – brennt seit über 60 Jahren, ohne zu erlöschen. Sie ist das Jahr über im Castellet (einem Wachturm aus dem 14. Jhd.) von Perpinyà/ Perpignan, wo man sie pflegt. Am 22. Juni werden zwei Freiwillige ernannt, die die Flamme (in windgeschützten Behältern/ Öllampen) dann zu Fuß auf den Canigó bringen, um dort um Mitternacht einen Scheiterhaufen mit ihr anzuzünden. Begleitet werden sie von Hunderten von Freiwilligen, die aus ganz Katalonien, Valencia und manchmal sogar von den Balearen angereist sind. Diese Erneuerung der Flamme ist ein Festakt, der u.a. mit Gedichten über Frieden, Freundschaft und Einheit, einem Manifest und dem gemeinsamen Singen der katalanischen Nationalhymne abgerundet wird. Jeder der Freiwilligen entzündet eine Fackel oder einen Docht (meistens Öllampen, damit das Feuer nicht erlischt) an dem Lagerfeuer und macht sich auf den Weg nach Hause. Auf dem Rückweg wird die Flamme verteilt, jedes Dorf erhält auf diese Weise eine Flamme des Canigó, mit der sie in der Nacht des 23. Juni – der Sommersonnenwende – ihre Johannisfeuer (fogueres de Sant Joan) entzünden können. Manche Städte und Dörfer fungieren zudem als „Verteiler“, sodass Freiwillige aus anderen Dörfern sich ihre Flamme dort abholen können. Allein in Katalonien gibt es über 400 Gemeinden, die offiziell teilnehmen; es wird angenommen, dass über 3.000 Johannisfeuer mit der Flama del Canigó angezündet werden.  Von nordkatalanischen Orten wie Salses, Perpinyà, Ribesaltes, Ceret oder Prada, Andorra, über ganz Katalonien bis hin zu valencianischen Städten wie Valencia, Castellón, Vinaròs, Xàtiva oder Gandia, überall wird die Flamme während eines Festaktes empfangen. Nur die Balearen konnten die Flamme erst ein paar Mal empfangen, weil es zeitlich und logistisch sehr schwierig ist, ein Feuer in wenigen Stunden übers Meer zu transportieren. Das Verteilen der Flamme hat einen starken symbolischen Wert: Zum einen verbindet das Ritual alle katalanischsprachigen Länder (Països Catalans), zum anderen stärkt es auch die Verbindung zwischen dem Fürstentum Katalonien und Nordkatalonien, die im 17. Jhd. voneinander getrennt wurden. Allein die Tatsache, dass die Teilnehmer eine Staatsgrenze überqueren müssen, um zu „ihrem“ Canigó zu gelangen, intensiviert den Zusammenhalt zwischen Nordkatalanen und Südkatalanen, und führt zudem zur Festigung des katalanischen Selbstverständnisses auf der französischen Seite der Pyrenäen. Auch wenn es seit einigen Jahren, besonders seitdem sich der Kulturverein Òmnium Cultural um die Organisation der Routen in Katalonien kümmert, zum Symbol des Separatismus geworden ist, muss man sagen, dass das Ritual an sich wenig mit Politik zu tun hat, sondern einfach die kulturelle und sprachliche Verbindung feiert und stärkt. Hier ein Video, in dem man diesen einenden Willen erkennt, und hier ein Propagandavideo vom Òmnium.

Kataloniens Nationaltanz ist ohne Zweifel die Sardana, die stets von der Cobla, dem Orchester, begleitet wird. Das Orchester besteht meist aus einer Flöte (flabiol), Holzblasinstrumenten („Schalmeien“, tibles und tenores), Blechblasinstrumente und Trommeln (tamborí). Getanzt wird im Kreis und indem man sich an den Händen fasst. Es ist zwar ein eher ernster Tanz, da man sich konzentrieren muss, aber auch ein sehr offener, denn jeder, der möchte, kann sich links von einer Person in den Kreis integrieren und mitmachen. Weitere traditionelle Tänze sind der Ball de Gitanes (Tanz der Zigeunerinnen), der Ball de Bastons (Stocktanz), die Jota in den Terres de l’Ebre oder – vor allem im Umland von Tarragona – die Moixigangues, eine eher akrobatische, mystische Darbietung. Zum traditionellen Liedgut Kataloniens gehören, neben den Sardanes, auch die Havaneres, die – wie der Name schon andeutet – ihre Wurzeln in La Havanna/ Cuba haben. Katalanische Siedler, die nach Cuba ausgewandert waren, brachten diese Musik mit ihrer Rückkehr im 19. Jhd.  nach Katalonien. Zu Havaneres-Veranstaltungen wird fast immer Rom Cremat (flambierter Rum mit Kaffeebohnen, Zimt, Zucker und Zitronenschale) serviert. Doch auch die Rumba Catalana, eine der wichtigsten Musikrichtungen Kataloniens, hat ihre Wurzeln auf Cuba, nämlich in der kubanischen Rumba. Die Rumba Catalana entstand Mitte des letzten Jahrhunderts in der katalanischsprachigen Zigeuner-Gemeinde Barcelonas (vor allem in Gràcia, El Raval und Hostafrancs). Sie ist nah mit der Rumba Flamenca verwandt, vermischt die afrokubanische Rumba mit Flamenco und teilweise auch mit Rock&Roll. Zu den ersten und erfolgreichsten Vertretern dieser Stilrichtung gehörten Antonio González „El Pescaílla, Peret (damals und heute), Los Amaya und Gato Pérez. Doch es waren die 90er, in denen die Rumba Catalana einen wahren Boom erfuhr, der teilweise bis heute anhält. Während der Schlussfeier der Olympischen Spiele 1992 in Barcelona, spielten Los Manolos ihr Amics per sempre (Freunde für immer) und daraufhin schossen überall Rumba-Künstler aus dem Boden. Nicht nur in Spanien, sondern auch in Frankreich. Die Gipsy Kings sind wohl die bekanntesten Vertreter der Rumba Catalana, zumal sie zu den bekanntesten Bands Frankreichs zählen. Warum machen Franzosen katalanische Musik? Die Gipsy Kings sind Nachfahren katalanischer Zigeuner/Roma (Gitanos catalans/ calé), die während des Spanischen Bürgerkriegs nach Perpinyà geflohen waren und sich schließlich in der Camargue niederließen. Auch der französische Flamenco-Gitarrist Ricardo Baliardo alias „Manitas de Plata“ war ein katalanischer Verteilung der katalanischsprachigen Calé-Familien in FrankreichZigeuner aus der Nähe von Montpellier. Es gibt eben nicht nur in Nordkatalonien Katalanischsprecher: Über 150 katalanischsprachige Roma-Gemeinden mit Zehntausenden von Mitgliedern gibt in ganz Frankreich verteilt, ob im Nord-Pas-de-Calais, der Provence, in der Camargue oder in Bordeaux. Auch der französische The Voice-Gewinner und Chartstürmer Kendji Girac ist ein katalanischer Zigeuner aus Périgueux/ Perigús (Dordogne). Bei einem Treffen zwischen Kendji und Manuel Valls (in Barcelona geboren und bis Ende 2016 Premierminister Frankreichs) unterhielten sich beide auf ihrer Muttersprache – Katalanisch – was in Frankreich ziemlich viel Aufsehen erregte. Wie auch immer, die Rumba Catalana überschritt alle Grenzen. Nach der Olympiade entstanden neue Bands, die immer wieder neue Musikstile mit einfließen ließen, wie z.B. kolumbianische Cumbia (Rúmbia genannt), Jazz, Reggae, Salsa, Rock, etc. Zu diesen Bands, von denen manche auf Spanisch, manche auf Katalanisch (und auf ganz vielen anderen Sprachen) singen und teilweise spanienweit (manche auch darüber hinaus) bekannt sind, gehören: EstopaDusminguetLa Troba Kung-FúGertrudis, Muchachito Bombo Infierno, teilweise Ojos de Brujo und Manu Chao, La Banda del Panda, La Pegatina und Txarango.

Oft wird gesagt, dass der Flamenco nicht zu Katalonien gehört. Und ja, es ist unglaublich komisch, in den Souvenirläden Figuren von bunt gekleideten Flamenco-Tänzerinnen zu sehen. Denn der Flamenco ist wirklich nicht typisch katalanisch und viele Katalanen, besonders aus dem Hinterland und Nationalisten, können mit dieser Musik Südspaniens überhaupt nichts anfangen. Der Flamenco mag nicht katalanisch sein, aber er gehört zu Katalonien, genauso wie die hunderttausenden Andalusier, die seit Jahrzehnten in Katalonien leben. Seit 1971 feiern sie jährlich die Feria de Abril de Cataluña in Barcelona, die der Feria de Abril in Sevilla (einem der größten Volksfeste der Welt, mit 4 – 5 Mio. Besuchern) nachempfunden ist. Die Besucher tragen die typisch andalusische Tracht, überall auf dem Festgelände ertönt Flamenco aus den Lautsprechern und es werden über 200.000l Rebujito (ein andalusisches Getränk, Manzanilla-Sherry mit Zitronenlimonade gemischt) konsumiert. Die Feria de Abril in Barcelona ist mittlerweile die zweitgrößte Spaniens, zwar hinter der in Sevilla, aber noch vor denen in Córdoba oder Málaga. Mit jährlich zwischen 1,5 und 3 Mio. Besuchern ist sie zudem Kataloniens größtes Volksfest.

Wenn es eine katalanische Tradition gibt, die in den letzten Jahren im Ausland immer bekannter geworden ist, dann sind das die Castells. Diese Menschentürme, die bis zu zehn Ebenen hoch sein können (also über 13m), wurden 2010 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt und sind eine Wissenschaft für sich. Entstanden sind die Castells (Burgen) vermutlich aus dem Ball dels Valencians (Tanz der Valencianer) oder der Moixiganga, die immer mit einer kleinen Menschenpyramide endeten. Die verschiedenen Gruppen wetteiferten wohl miteinander, um sich in der Höhe dieser Pyramide zu übertreffen, was im 18. Jhd. dann zu den Castells führte, die gänzlich ohne Tanz errichtet wurden. Der erste dokumentierte Castell wurde im Jahr 1770 in l’Arboç im Baix Penedès (Tarragona) errichtet; die ersten beiden Vereine entstanden 1801 bzw. 1813 in Valls (die Colla dels Pagesos und die Colla dels Menestrals, die heute Colla Vella dels Xiquets de Valls und Colla Joves Xiquets de Valls heißen). Anders als die Sardana waren die Castells während der Franco-Diktatur nicht verboten, mehr noch, sie erlebten nach dem Bürgerkrieg sogar eine richtige Renaissance. Das Ursprungsgebiet dieser Tradition ist der Süden Kataloniens, besonders das Umland von Tarragona (Camp de Tarragona und Penedès). Hier sind auch 5 der 8 wichtigsten Colles Castelleres (Castell-Vereine) beheimatet: die Colla Vella dels Xiquets de Valls, die Colla Joves Xiquets de Valls, die Colla Jove Xiquets de Tarragona, die Xiquets de Tarragona und die Castellers de Vilafranca. Die anderen drei befinden sich weiter im Norden, eine in Barcelona (Castellers de Barcelona), eine in Terrassa (Minyons de Terrassa) und eine in Mataró (Capgrossos de Mataró). Ein Castell besteht aus drei Elementen; der Pinya (Basis), dem Tronc (Stamm) und dem Pom de Dalt (Kuppel). Die Pinya ist die Basis und damit der wichtigste Teil des Turms. Die Anzahl der Menschen in der Pinya hängt vom geplanten Turm ab und kann bis zu über 400 Teilnehmer (Castellers genannt) umfassen. Auch wenn es aussieht, als wäre es eine chaotische Menschenmenge, so hat doch jeder seine eingeteilte Position und eine Aufgabe. Der Tronc beginnt am Boden (natürlich) und jede Ebene kann aus einer, zwei, drei oder vier (manchmal fünf) Personen bestehen. Die Anzahl bestimmt die Art des Turms. Auf den unteren Personen (Baixos) erheben sich dann die „Stockwerke“ (bis zu 8 Ebenen + 2 Kinder). Ganz oben befindet sich der Pom de Dalt, der aus zwei Kindern besteht: dem Aixecador/ Acotxador (Heber) und der Enxaneta. Letztere klettert bis ganz nach oben, hebt die Hand (fer l’aleta) als Zeichen dafür, dass der Turm fertig ist und daraufhin wird begonnen, den Turm wieder abzubauen. Musikalisch wird das Errichten eines Castells immer von Gralles- und Timbal-Spielern (katalanische Schalmei und Trommeln) begleitet, die meistens das Lied Toc de Castells spielen. Die Struktur der Türme ist verschieden, so gibt es Pilars (Säule, nur eine Person pro Ebene), Torres (Turm, zwei Personen pro Ebene), Tres  (drei Personen pro Ebene) und Quatre (vier Personen pro Ebene). Wenn man einen Turm benennt, dann kommt die Anzahl der Personen pro Ebene an erster Stelle, danach die Anzahl der Ebenen und ggf. am Ende die zusätzliche Unterstützung (folre: zusätzlicher Stützring von Menschen auf der 2. Ebene; manilles: zusätzliche „Stützer“ auf der 3. Ebene). Ein Turm, der aus 8 Ebenen à 4 Personen pro Ebene besteht heißt Quatre de Vuit oder 4d8. Ein Turm, der aus 10 Stockwerken à 3 Personen + zusätzlichen „Stützern“ in der 2. und 3. Ebene besteht, heißt Tres de Deu amb folre i manilles, oder 3d10fm. Warum ist das wichtig? Weil es Turniere gibt, und jeder Turm unterschiedlich bewertet wird, je nachdem wie viele Stockwerke, Personen pro Stockwerk und zusätzliche „Stützer“ er hat. Je höher er ist und je weniger Menschen insgesamt beteiligt sind, desto besser. Die Colles befinden sich in einem ewigen Wettstreit um den besten Turm. Dies ist natürlich bei Patronatsfesten, wo die Türme hauptsächlich aufgebaut werden, ziemlich nebensächlich, gewinnt allerdings bei den – im Fernsehen übertragenen – Turnieren an Bedeutung. Über das gesamte Jahr verteilt finden sogenannte Diades Castelleres statt (hier in Valls), bei denen Colles aus Katalonien, Valencia, Nordkatalonien und den Balearen ihr Können präsentieren und versuchen, die höchste Punktzahl zu erreichen. Das bekannteste Turnier ist der Concurs de Castells de Tarragona, das alle zwei Jahre stattfindet und bei dem sich alle wichtigen Colles Kataloniens in der ehemaligen Stierkampfarena Tarragonas treffen, um sich gegenseitig zu übertrumpfen (siehe hier zwei Videos von den historischen 3d9fa und 4d10fm, die Emotionen des Kommentators sind wie bei einem Fußballspiel). Da die beiden letzten Ebenen immer von Kindern besetzt werden (Canalla genannt), weil sie am leichtesten sind, gibt es aber auch Kritik an dieser Tradition. Denn es passiert manchmal, dass so ein Turm zusammenfällt (hier ein Beispiel vom letzten Jahr bei einem 3d9 ohne zusätzliche stützende Ebenen, der noch nie geschafft wurde). Jedoch sind Schutzhelme bei den Kindern mittlerweile Pflicht (seit 2006) und es kommt sehr selten zu größeren Verletzungen, da die Pinya alle Stürze abfängt und im Training zudem viele Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden. Außerdem fallen 96,3 % der Türme nicht zusammen. Das Verletzungsrisiko ist bei Fußball, Basketball und Handball zwischen 5 und 10 Mal höher. In der über 200 jährigen Geschichte der Castells, sind vier Menschen gestorben, was wenig erscheint, wenn man bedenkt, wie gefährlich die Stürze teilweise aussehen. Die Castells sind zu einem Nationalsymbol Kataloniens geworden: von Südkatalonien aus, hat das Phänomen auch den Norden Kataloniens und die Balearen erobert, Regionen, in denen die Tradition überhaupt nicht verwurzelt ist. Selbst Hamburg hat seit einigen Jahren seine eigene kleine Colla Castellera – die Xiquets de l’Alster – die von hier lebenden Katalanen gegründet wurde. Außerdem gibt es auch Colles in Kalifornien, Chile, São Paulo, Paris, im Quebec, London, Edinburgh, Melbourne und selbst in China (Xiquets de Hangzhou), letztere wurde allerdings nicht von „Diaspora-Katalanen“ gegründet, sondern von einem chinesischen Fabrikbesitzer, der die Castells in Katalonien gesehen hatte und sie daraufhin als soziale Aktivität für seine Textilarbeiter einführte. Die Castells sind eben viel mehr als eine sportliche Darbietung. Die Colles sind für jeden offen, egal ob reich oder arm, Separatist oder Unionist, Katalane oder Andalusier, groß oder klein, alt oder jung, dünn oder dick: Jeder ist willkommen, jeder wird seinen Platz in der Colla finden und eine geeignete Aufgabe haben. Man wird Teil einer Gemeinschaft, die Dörfer und Stadtviertel vereint. Die Castells sind ein Symbol für Solidarität und Gemeinschaftssinn, das die Stärke der Gruppe über die des Einzelnen stellt. Daher auch das Motto „Força, Equilibri, Valor i Seny“ (Kraft, Gleichgewicht, Mut und Gemeinschaftssinn). Kurz erwähnen sollte man noch, dass in der Region Penedès in der ersten Hälfte des 20. Jhd. eine neue Tradition entstanden ist, deren Wurzeln in der patriotischen, tschechischen Sportbewegung Sokol (dt.: Falke) liegen: die Falcons. Diese Tradition ist sehr viel stärker politisch geprägt, denn sie lehnt sich am Kampf des Panslawismus an. Dementsprechend ist der Pankatalanismus (Wunsch nach nationaler und politischer Einheit aller katalanischsprachigen Länder/Regionen) in den Kreisen der Falcons stärker präsent, als z.B. bei Castellers. Jedoch gilt das nicht für alle Colles. Während bei den älteren traditionalistischen Colles (z.B. Falcons de Llorenç del Penedès) die Gymnastik und der Gemeinschaftssinn im Mittelpunkt stehen, konzentrieren sich die neueren fast ausschließlich auf akrobatische Darbietungen und bringen auch lokale Traditionen, wie eben den Bau von Menschenpyramiden, mit ein, wobei sie aber viel mehr Wert auf verschiedene Figuren legen.

Wie im Teil über die Geschichte Kataloniens schon erwähnt, ist der 11. September der Nationalfeiertag Kataloniens (Diada Nacional de Catalunya oder kurz La Diada). Da dieser Feiertag jedoch sehr politisiert wurde und viele Katalanen, die die Unabhängigkeit nicht unterstützen, sich nicht mit diesem Feiertag identifizieren können/wollen, gibt es einen zweiten, inoffiziellen, Nationalfeiertag: Sant Jordi, am 23. April. Sant Jordi (Sankt Georg) ist der Schutzpatron Kataloniens: Die Legende besagt, dass er einst gegen einen Drachen kämpfte (daher spielt der Drachen so eine große Rolle in der katalanischen Kultur), diesen mit seinem Schwert tötete und dass aus dem Drachenblut eine wunderschöne Rose wuchs, die jedes Jahr im April blühte. Daher ist es seit dem 15. Jhd. in Katalonien Tradition, seiner Freundin/Frau am 23. April eine Rose „so rot wie Blut“ (vermella com la sang) zu schenken, als Zeichen für die Liebe (der Tag ist zugleich der Tag der Verliebten). Anfang des 20. Jhd. kam eine neue Tradition hinzu: Während der Weltausstellung in Barcelona entschied man, den 23. April zum Tag des Buches zu erklären; man entschied sich für den Tag, weil es der Jahrestag von Cervantes Beerdigung und Shakespeares Tod war. Im Jahr 1995 wurde der Tag sogar von der UNESCO zum Welttag des Buches erklärt. Seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ist es daher Tradition, dass die Frauen den Männern ein Buch schenken. So wurde der Tag zum Tag der Liebe und der Kultur, an dem zudem die katalanische Sprache und Kultur gefeiert werden. Es ist aber eben ein kultureller Katalanismus, kein separatistischer. Überall in Katalonien werden an dem Tag rote Rosen und Bücher auf der Straße verkauft, aber es sind die Ramblas in Barcelona, die an dem Tag die Massen anziehen. Am 23. April werden in Katalonien über 1,5 Mio. Bücher und über 6 Mio. Rosen verkauft und es ist für jeden Katalanen ein wichtiger Festtag, obwohl er offiziell ein ganz normaler Arbeitstag ist (anders als die Diada, an der alle frei haben).

Als letzte Elemente des katalanischen Brauchtums, möchte ich noch zwei Figuren vorstellen, die in der Weihnachtszeit eine besondere Bedeutung haben. Zum einen ist da der Caganer (Scheißer), eine etwas eigenwillige Krippenfigur, die sich mit heruntergelassener Hose entleert. Er trägt die typische Tracht der katalanischen Bauern: eine Barretina (eine rote Wollmütze), ein weißes Hemd, eine Faixa (Schärpe am Bauch) und eine dunkle Hose. Belegt ist der Caganer seit dem 17. Jhd., warum genau man aber einen defäkierenden Mann in der Nähe der Heiligen Familie platziert, ist nicht dokumentiert. Man nimmt an, dass er den Kreislauf des Lebens darstellen soll. Außerdem steht er wohl für einen gesunden Körper, schließlich gibt es in Katalonien den bekannten Spruch: Menja bé, caga fort i no tinguis por a la mort (Iss gut, scheiß kräftig und hab keine Angst vor dem Tod). Heute gibt es den Caganer auch in anderen Variationen, so findet man Caganer-Figuren, die bekannte Politiker, Fußballer, den Weihnachtsmann etc., darstellen. Komischerweise ist der Caganer aber nicht die einzige Figur, die sich in Katalonien zur Weihnachtszeit entleert. Ein weiteres wichtiges Element zu Weihnachten ist der Tió de Nadal (tió – Holzscheit). Der Holzscheit wird ab dem 8. Dezember im Haus aufgestellt und mit einer Decke zugedeckt, damit ihm nicht kalt ist. Früher war es lediglich der Scheit, heutzutage bekommt der Stamm zwei Beine und an die Vorderseite wird ein lächelndes Gesicht aufgemalt. Jede Nacht stellt man ihm etwas zu Essen und zu Trinken hin (z.B. Obst, Gemüse). An Heiligabend (oder an Weihnachten) ist dann der große Tag, die Kinder des Hauses müssen den Tió zum „scheißen“ bringen, um so an die Geschenke/Süßigkeiten zu kommen, die er für sie hat (die natürlich zuvor von den Eltern darunter versteckt wurden). Dazu bekommen die Kinder einen Stock und singen ein bestimmtes Lied (Caga Tió – Scheiß, Tió), während sie mit den Stöcken auf den Stamm schlagen. Am Ende nimmt man die Decke weg und die Kinder bekommen ihre Geschenke. Traditionell waren es nur Süßigkeiten, da die richtige Bescherung erst am 6. Januar ist, aber mittlerweile verstecken viele Familie auch Spielzeug darunter. Diese Tradition ist uralt und hat paganische Wurzeln. Einst war sie auch in den aragonesischen und südfranzösischen Pyrenäen verbreitet, doch heute ist sie dort nahezu ausgestorben.

„Meer und Gebirge“, Reis, Frühlingszwiebeln und Sterneköche: Kataloniens Küche

Wenn ein Katalane sagen müsste, was das typischste katalanische Gericht ist, dann würde er wohl immer Pa amb tomàquet sagen. Brot mit Tomaten. Wenn ein Katalane reist, ist es das, was er am meisten vermissen wird, wenn er in einem Restaurant isst. Denn nirgendwo wird es so zubereitet, wie in Katalonien. In Andalusien schütten sie passierte Tomaten aufs Brot, in Murcia raspeln sie eine Tomate aufs Brot, in Italien würfeln sie Tomaten auf die Bruschetta und in Okzitanien bleibt die Tomate ganz weg. Nein, als Katalane kann man nur verständnislos den Kopf schütteln oder beschämt grinsen, wenn man sieht, was einem in anderen Regionen so als „Brot mit Tomaten“ verkauft wird. Dabei ist Pa amb tomàquet so einfach! Man nimmt eine Scheibe Pa de pagès (katalanisches Bauernbrot) o. Ä., halbiert eine reife Tomate und reibt mit ihr das Brot ein. Ein bisschen Olivenöl, eine Prise Salz, das war’s. Alles, was darüber hinausgeht, ist nicht mehr Pa amb tomàquet. Röstet man das Brot vorher, ist es eine Torrada. In Katalonien kann man daher extra reife/überreife Tomaten kaufen, die man nicht mehr anders verwenden würde. Das vermisst man in Deutschland schon, wo man meist nur harte Tomaten aus Holland bekommt und man dann ne Verwendung für die ausgequetschten Tomaten suchen muss.

Die katalanische Küche ist natürlich vor allem eine mediterrane Küche. Hauptbestandteil sind Gemüsesorten wie Zwiebeln (cebes), Tomaten (tomàquets), Paprika (pebrots), Aubergine (albergínia), Zucchini (carbassó), Mangold (bledes) und Artischocken (caxofes); Obstsorten wie Pfirsiche (préssecs), Orangen (taronges), Weintrauben (raïm) und Zitronen (llimona); Hülsenfrüchte wie Dicke Bohnen (faves), Bohnen (mongetes), Kichererbsen (cigrons) und Linsen (llentilles); Fisch und Meeresfrüchte wie Kabeljau (bacallà), Sardellen (anxoves), Thunfisch (tonyina), Garnelen (gambes), Muscheln (Miesmuscheln – musclos, Herzmuscheln – escopinyes) und natürlich Olivenöl (oli d’oliva), Knoblauch (all), Mandeln (ametlles) und Rosmarin (romaní). Anders als die okzitanische/provenzalische Küche, finden Gewürze und Kräuter – außer Salz (sal), Pfeffer (pebre) und Petersilie (julivert) – in der katalanischen Küche allerdings kaum Verwendung.

Da ein Großteil Kataloniens jedoch im bergigen Hinterland liegt, spielt Fleisch und Wild auch eine wichtige Rolle. Neben Fleisch vom Schwein und vom Kalb, sind Hühnchen (pollastre), Lamm (xai), Kaninchen (conill), Wildschwein (porc senglar) und Hase (llebre) beliebt.  Außerdem sind Schnecken (cargols) und Pilze (bolets) aus der Küche Zentral- und Nordkataloniens nicht wegzudenken. Aus den katalanischen Pyrenäen kommen zudem einige der besten Wurstwaren Spaniens, wie der Fuet („Peitsche“, luftgetrocknete Salami), die Botifarra (Schweinewurst), die Llonganissa (Dauerwurst) und die Bull (Brühwurst). Allein von der Botifarra gibt es mindestens 20 verschiedene – rohe oder gebrühte – Varianten (z.B. crua – frische Bratwurst ohne Fett; blanca – weiß; negra – schwarz, mit Blut; dolça – süß, mit Zucker und Zitrone; d’arròs – mit Reis; de ceba – mit Zwiebeln; botifarró – frische Blutwurst, etc.). Charakteristisch für die Küche Kataloniens ist es, dass die Elemente der Küste mit denen der Gebirge gemischt werden. Daher beschreibt man die katalanische Küche auch als „Mar i Muntanya“ (Meer und Gebirge). So gibt es Gerichte wie Pollastre amb Escamarlans (Hühnchen mit Kaiserhummer) oder Mandonguilles amb sípia (Hackbällchen mit Tintenfisch). Ein anderes Beispiel sind die Salate Xató und Esqueixada, die neben Gemüse auch Stockfisch enthalten. Typisch ist auch die Verbindung von süß und salzig, wie z.B. bei Conill a la xocolata (Kaninchen mit Schokolade), Bacallà amb panses (Kabeljau mit Rosinen) oder Ànec amb peres (Ente mit Birnen).

Besonders wichtig ist auch der Reis. Wie in ganz Spanien, isst man auch in Katalonien die valencianische Paella, aber hier wird sie meistens mit Kaninchen und Schnecken zubereitet (außer in Touristengegenden, wo Meeresfrüchte und Fleisch gemischt werden). Aber darüber hinaus spielt Reis eine wichtige Rolle, besonders in Südkatalonien. Dort gibt es z.B. Arròs negre (schwarzer Reis), Arròs amb espardenyes (Reis mit Seegurken-Fleisch), Arròs rossejat (Reis, der vor dem Kochen gebraten wurde) oder den Arròs a la cassola (Reis mit verschiedenem Fleisch und Meeresfrüchten). Weitere typische Gerichte sind Escudella i carn d’olla (Nudelsuppe mit gekochtem Fleisch), Faves ofegades („ertränkte“ dicke Bohnen mit Speck/Schinken) und Coca de recapte (der Pizza ähnlich, jedoch nur mit Gemüse belegt, ohne Käse oder Tomatensoße).  Die verbreitetsten vegetarischen Beilagen sind die Escalivada (im ganzen gegrilltes Gemüse, das danach geschält wird) und die Samfaina/ Xamfaina (wie das okzitanische Ratatouille/Ratatolha).

Viele Gerichte werden von Soßen begleitet, jedoch haben die Soßen nicht den Raum, den sie z.B. im deutschen Kulturraum haben. Die bekannteste Soße ist natürlich die Allioli (all – i – oli = „Knoblauch und Öl“), die vor allem zu Reisgerichten, aber auch zu Schnecken und Fleisch gegessen wird. Daneben gibt es noch den Romesco, eine Soße aus dem Umland von Tarragona, die auf gerösteten Mandeln und Haselnüssen, Olivenöl, Ñoras (eine bestimmte Paprikasorte), gegrillten Tomaten und Knoblauch basiert und von der es noch zwei weitere Varianten gibt: den Xató (ohne Tomaten, ohne vorheriges Grillen/Rösten der Zutaten) und die Salvitxada/ Salsa de Calçots (mehr Ñoras als Tomaten, und Petersilie; insgesamt feiner). Der Romesco wird hauptsächlich zu Fisch- und Fleischgerichte gereicht, der Xató fast ausschließlich zu einem Endiviensalat mit Thunfisch und Kabeljau (der Salat + Soße wird auch Xató genannt) und die Salvitxada ist die Soße für Calçots. Was sind CalçotsCalçots sind katalanische Frühlingszwiebeln, die aber zum Teil eher die Größe von Porree haben als von Frühlingszwiebeln. Ursprünglich sind sie ein Gericht aus dem Umland von Tarragona (Valls, Penedès, Camp de Tarragona), doch in den letzten Jahren haben sie einen wahren Boom in ganz Katalonien erfahren. Das Treffen mit Freunden und Familie, um Calçots zuzubereiten und sie gemeinsam zu essen, heißt Calçotada und ist eine ziemlich schmutzige Angelegenheit. In Restaurants werden daher immer Gummi-Handschuhe und ein Lätzchen gereicht, damit man sich nicht überall bekleckert. Traditionell werden Calçots über einem offenem Feuer gegrillt, bis sie von Außen komplett schwarz sind. Nachdem sie in Zeitungspapier eingewickelt wurden und etwas geruht haben, beginnt das große Fressen: Man nimmt die Zwiebel mit der einen Hand an den grünen Blättern, mit der anderen zieht man die verbrannte Schicht ab. Dann tunkt man die weiße – und jetzt zarte – Zwiebel in die Salvitxada, hebt den Arm, kippt den Kopf nach hinten, und versucht, die Zwiebel am besten im Ganzen in den Mund zu bekommen. Jetzt versteht man auch, warum die Salvitxada feiner sein muss, als der Romesco. Denn ansonsten würde die Soße nicht an der Zwiebel haften und man würde sie überall verteilen. Natürlich bleibt wegen der verkohlten Zwiebelschichten und der Soße ein gewissen Beschmutzen nicht aus, aber das ist halt Teil der Calçotada. Das Feuer wird außerdem genutzt, um noch Würste und Fleisch zu grillen. Getrunken wird entweder Cava oder Wein, der natürlich aus einem katalanischen Porró getrunken wird, einem Trinkgefäß mit einer Einfüllöffnung oben und einem Trinkrohr an der Seite. Um zu trinken, hebt man den Porró in die Luft, und versucht, dass der Strahl den Mund trifft (hier ein Video, um zu sehen, wie das bei Anfängern aussieht und bei Fortgeschrittenen). Calçotada-Saison ist übrigens nur zwischen Spätwinter und Frühlingsanfang, kann aber – je nach Saison – auch von November bis Anfang April gehen.

In Katalonien gibt es aber noch andere Zusammenkünfte, um gemeinsam zu essen. So gibt es über das ganze Land verteilt – aber besonder im Hinterland von Girona, Barcelona, Lleida und Tarragona – Àpats Comunitaris (Gemeinschaftliche Mahlzeiten), bei denen sich die Leute aus dem Dorf treffen, und gemeinsam ein bestimmtes Gericht zubereiten, das dann auch gemeinsam gegessen wird. Dazu zählen u.a.: die Sardinades (gegrillte Sardinen), die Llonganissades (Llonganissa, eine Dauerwurst), die cargolades (Schnecken), die Fideuades (Fideuà, wie Paella, nur mit Fadennudeln), die Botifarrades (Botifarres amb mongetes, Würste mit Bohnen), Castanyades (Esskastanien), etc. Außerdem gibt es viele Wettbewerbe, die einem bestimmten Gericht gewidmet sind (z.B. Aplec del Caragol, in Lleida), und kulinarische Märkte (fires gastronòmiques), ähnlich wie die Streatfood-Märkte oder Foodtrucks, die jetzt seit einiger Zeit in Deutschland Fuß fassen.

Besonders typisch ist auch der Aperitif vor dem Mittagessen (Aperitiu). Man trifft sich mit Freunden oder der Familie in einer Bar, einem Restaurant oder Zuhause, isst eine Kleinigkeit (meistens Oliven, Chips, gesalzene Nüsse oder Herzmuscheln) und trinkt dazu entweder Bier, Wein oder eben traditionell Vermut (Wermut), weshalb das ganze eben auch „fer el vermut“ (den „Vermut“ machen) genannt wird. Diese Tradition war lange Zeit aus den Städten verschwunden, kam aber vor einigen Jahren mit einem Schlag zurück. Überall entstanden spezielle Bars, die Vermuteries, die sich darauf spezialisiert haben, „Vermuts“ – also Aperitife – anzubieten. Zu den besten und bekanntesten Vermut-Herstellern Kataloniens gehören Yzaguirre (vom Basken Enric Yzaguirre Basterretxe im 19. Jhd. in Reus gegründet) und Espinaler, die sich zudem darauf spezialisiert haben, auch alle anderen Produkte herzustellen, die für den Vermut gebraucht werden (Chips, Muscheln, Nüsse, die bekannte Espinaler-Soße) und sogar schon zwei Vermuteries in Hongkong und Tokio eröffnet haben. Ansonsten ist Katalonien eher bekannt für seine Weine und den Schaumwein Cava. Der Cava wird genauso hergestellt wie der Champagner, nur benutzt man weiße katalanische Traubensorten (Macabeu, Xarel·lo und Parelleda). Marken, die man in Deutschland kennt, sind vor allem Freixenet und Codorníu, aber es gibt unzählige Hersteller. 96% der Cava-Produktion stammt aus dem Penedès. Wichtige Weinregionen (mit geschützter Herkunftsbezeichnung) sind der Penedès, der Priorat, die Terra Alta, die Conca de Barberà und der Empordà.

Katalonien ist aber auch Heimat mancher Marken, die in der Welt um einiges bekannter sind. So wurde Bacardí, der größte Rum-Hersteller der Welt, vom Katalanen Facund Bacardí Massó gegründet, als er im 19. Jhd. nach Cuba auswanderte. Daher ist die richtige Aussprache auch Bacardí, mit Betonung auf dem „i“. Auch Chupa Chups, der Lolli-Hersteller, wurde von einem Katalanen (Enric Bernat) gegründet und hat heute immer noch seinen Sitz in Cornellà de Llobregat (Barcelona). Daneben wurde noch Danone von Isaac Carasso (einem aus Thessaloniki stammenden sephardischen Juden) in Barcelona gegründet, bevor sein Sohn, Daniel Carasso, das Unternehmen nach Frankreich brachte und expandierte; und auch die Modemarke Mango ist katalanisch: Der aus Istanbul stammende sephardische Jude Isak Andic Emay gründete das Unternehmen 1984 in Barcelona, wo es auch heute noch seinen Sitz hat. Isak Andic ist laut Forbes der reichste Katalane, mit einem Vermögen von knapp 4 Milliarden Euro.

Wer Süßes mag, wird in Katalonien nicht zu kurz kommen. Weltweit bekannt ist inzwischen die Crema Catalana, von der Katalanen natürlich überzeugt sind, dass sie der Vorgänger der französischen Crème Brûlée ist. Franzosen lassen sich das nicht immer gefallen und reagieren ziemlich allergisch darauf, Fakt ist aber, dass die Crema Catalana oder Crema Cremada bereits seit dem Mittelalter in katalanischen Kochbüchern dokumentiert ist (z.B. Llibre de Sent Soví, 1324; oder Llibre del Coch, 15. Jhd.), und die Crème Brûlée erst seit dem 17. Jhd. Eine weitere bekannte Creme ist der Menjar Blanc, der aus Mandelmilch, Zucker, Reisstärke, Zimt und Rosenwasser besteht. Im Empordà isst man zur Fastenzeit (Quaresma) die Brunyols de l’Empordà, eine Art frittiertes Gebäck mit Puderzucker. Aber es gibt unzählige Sorten von süßem Gebäck, z.B. den Bisbalenc (gefüllt mit Cabello de Ángel, karamellisierter Kürbiskonfitüre), den Tortell (ein Kuchen mit kandierten Früchten), die Carquinyolis (mit den italienischen Cantuccini verwandt), den Xuixo/ Chucho (ein frittiertes Gebäck, mit Crema Pastelera – ähnlich der Crema Catalana –  gefüllt) und natürlich die Panellets, ein traditionelles Marzipangebäck mit Pinienkernen, das vor allem an Allerheiligen (Tots Sants/ Castanyada) gegessen wird. Wer gerne Frischkäse mag, sollte Mel i Mató probieren, ein Nachttisch, der aus Mató (einem Frischkäse, dem italienischen Ricotta ähnlich) und Honig (Mel) besteht.

Und was ist mit den 60 Michelin-Sternen, die sich auf 50 Restaurants in ganz Katalonien verteilen? Allein das Restaurant El Bulli von Ferran Adrià (mehrmals zum besten Koch der Welt ernannt) erhielt teilweise pro Halbjahr mehr als 2 Mio. Reservierungsanfragen, obwohl nur 8.000 Plätze verfügbar waren (50 Sitzplätze im Restaurant). Nach Frankreich hat Katalonien die höchste Michelin-Stern-Dichte der Welt und was diese Tatsache so besonders macht ist, dass die Restaurants überall verteilt sind. Sie konzentrieren sich nicht nur auf die großen Städte, man findet sie in abgelegenen Tälern in den Pyrenäen, im Hinterland von Lleida und in den Bergregionen Tarragonas. Carme Ruscalleda ist mit insgesamt sieben Michelin-Sternen (auf 3 Restaurants verteilt) die Frau mit den meisten Michelin der Welt. Auch andere Köche, wie z.B. Santi Santamaria i Puig, Joan Roca, Sergi Arola oder Fina Puigdevall sind jedem, der sich für Spitzengastronomie interessiert, ein Begriff.  Wer die Essenz der katalanischen Küche – die auch gleichzeitig die Essenz Kataloniens ist – erleben will, ohne sich große Gedanken um Restaurants zu machen, der sollte das Angebot der Hotels Gastronòmics nutzen. Diese gastronomischen Hotels haben sich auf lokale Produkte und traditionelle Rezepte spezialisiert, und sind im ganzen Land verteilt. Manche liegen in den Pyrenäen, andere an der Costa Brava und wiederum andere am Ebro-Delta.

So, dat war’s dann für heute. Ich kann jedem, der den Beitrag gelesen hat (alle Achtung!) oder auch nicht, nur empfehlen, Katalonien kennen zu lernen. Und nicht nur Barcelona. Das wahre Katalonien wartet hinter’m Tibidabo und hat nichts mit den Horrorgeschichten zu tun, die man sich in Madrid über das katalanische Hinterland erzählt. Auch dort sprechen die Menschen Spanisch, wenn ihr Gegenüber kein Katalanisch kann. Das Spanische mag zwar mehr oder weniger verständlich sein, aber sie versuchen es. Natürlich gibt es Ausnahmen, Idioten gibt es aber überall, nicht nur in Katalonien. Und wem schadet es, vor einer Katalonienreise, ein paar Brocken Katalanisch zu lernen? Man macht das ja nicht nur für die Menschen vor Ort, sondern auch für sich selbst. Die Sprache eines Volkes ist der Zugang zu seiner Kultur und zu seiner Essenz, und am Ende ist es doch das, was das Reisen so interessant macht. Ich hoffe, dass die Länge des Beitrages eine Ausnahme bleibt und dass das niemanden abgeschreckt hat! :D Kiekt mol wedder in!

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Ein Gedanke zu “Katalonien

  1. Ja, endlich erfährt man die Realität: Hervorragend, besser geht es nicht, es darzustellen! Wie armselig, und, man muß es leider sagen, im Vergleich zu Ihren Darstellungen desinformierend, was man in unserer Tagespresse lesen kann. Der Korrespondent der FR in Madrid z.B. gibt genau diese „kastlische Arroganz“ wider: Vorurteile und unverantwortliche Oberflächlichkeit. Vielen Dank für Ihre Arbeiten!

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