Diese Sprache ist ein kleiner Schatz auf spanischem Boden, dessen Ursprung bis heute stark umstritten ist. Auch die Tatsache, dass diese Sprache bis heute überlebt hat, grenzt nahezu an ein Wunder. Man gibt ihr viele Namen: Von Xalimegu, Valego, Xalimés, A Fala dus Tres Lugaris und Chapurriáu, bis hin zu Galego de Extremadura, A nossa Fala, A Fala d’acá und A Fala de Xálima, oder eben kurz „A Fala“. „Fala“ leitet sich vom Verb falar/ falal (sprechen) ab, und bedeutet so viel wie Sprache/ Sprechweise/ Mundart (span.: hablar > habla). Gesprochen wird sie in drei Dörfern im äußersten Nordwesten der Extremadura, an der Grenze zu Portugal. Diese Region ist in Spanien einzigartig (wenn man mal von den Dörfern Galiciens absieht, wo die Situation ähnlich ist, aber nicht ganz so ausgeprägt). Warum? Über 80% der Bewohner haben Spanisch erst in der Schule gelernt.
Wie schon gesagt, wird die Sprache im Nordwesten der Extremadura gesprochen. Genauer gesagt im Tal Valle de Jálama/ Val de Xálima in der Sierra de Gata (Provinz Cáceres), direkt an der portugiesischen Grenze. Die Sprecher konzentrieren sich auf drei Dörfer, die zusammenfassend Us tres lugaris (die drei Ortschaften) genannt werden. Diese Dörfer sind San Martín de Trevejo (Sa Martín de Trevellu/ Sã Martim de Trevelho), Eljas (As Ellas/ As Elhas) und Valverde del Fresno (Valverdi du Fresnu/ Valverde do Fresno). Traditionell spricht man in jedem Dorf einen eigenen Dialekt und hat einen eigenen Namen für ihn, was dazu führt, dass die meisten Sprecher ihre Sprache noch heute mañegu (Sa Martín de Trevellu), lagarteiru (As Ellas) oder valverdeiru/ valverdeñu (Valverdi du Fresnu) nennen. Trotz einiger grammatikalischer und lexikalischer Unterschiede, sind die drei Dialekte aber untereinander verständlich und gehören ohne jeden Zweifel zur selben Sprache.
Aber was ist das für ne Sprache? Tja, da scheiden sich die Geister. Sicher ist zumindest, dass es eine romanische Sprache ist, die zum Galicisch-Portugiesischen gehört. In diesem Punkt sind sich die meisten einig, sowohl Sprachwissenschaftler als auch die Sprecher selbst. Da es jedoch bis heute keinen Konsens darüber gibt, wie die Sprache in das Gebiet gekommen ist, wer sie mitbrachte, wer in dem Gebiet siedelte, etc., wird über den genauen Status der Sprache stark diskutiert. Auf der einen Seite stehen viele galicische Sprachwissenschaftler, die der Meinung sind, dass es sich um einen mittelalterlichen galicischen Dialekt handelt, den galicische Siedler mitbrachten, als die Region nach der Reconquista im 13. Jhd. wiederbesiedelt wurde. Vorreiter dieser Hypothese war Luís Filipe Lindey Cintra, einer der wichtigsten portugiesischen Sprachwissenschaftler, mit seinem Werk „A linguagem dos Foros de Castelo Rodrigo: seu confronto com a dos Foros de Alfaiates, Castelo Bom, Castelo Melhor, Coria, Cáceres e Usagre : contribuição para o estudo do leonês e do galego-português do século XIII“ (1959), in dem er die Sprache in den Sonderrechten (Foros, 13. Jhd.) der Stadt Castelo Rodrigo – die zuerst zum Königreich León und ab 1297 zum Königreich Portugal gehörte – mit der Sprache in den Sonderrechten anderer Städte in Portugal und León verglich, und zu dem Schluss kam, dass es eine Mischung aus Galicisch und Leonesisch war. Das erklärte er sich damit, dass die – damals leonesische – Region zwischen den Flüssen Côa und Águeda (Terra da Riba-Côa) und die umliegenden Gebiete mit Galiciern aus dem Norden wiederbesiedelt wurden. Als die Terra de Riba-Côa im Jahr 1297 mit dem Vertrag von Alcañices an Portugal ging, übernahmen die Siedler mit der Zeit das Portugiesische, allerdings mit leonesischen Regionalismen. Das Tal Val de Xálima blieb dagegen in leonesisch-kastilischer Hand, war jedoch so stark isoliert, dass die Bewohner ihren archaischen galicischen Dialekt beibehalten konnten. Diese Hypothese war lange Zeit in Vergessenheit geraten, bis sich schließlich in den 90er Jahren galicische Sprachwissenschaftler für die Fala zu interessieren begannen. Eigentlich wusste niemand außerhalb des Tals von der Sprache, von einigen Sprachwissenschaftlern mal abgesehen, selbst die Bewohner der Provinz Cáceres (Extremadura) wussten nicht von ihrer Existenz. Doch im Jahr 1991 lud ein galicisches Fernsehprogramm einen Lkw-Fahrer aus Valverde del Fresno ein. Das war eine Sensation! Der Gast sprach Fala, kam aus einem Dorf, das hunderte Kilometer von Galicien entfernt war, und konnte sich ohne Probleme mit dem Moderator, der Galicisch sprach, verständigen! Das war der Moment, als in Galicien allgemein bekannt wurde, dass man in der Extremadura Galicisch spricht. Wie sonst wäre die Kommunikation so reibungslos verlaufen? Dieser Fernsehauftritt war auch der Auslöser dafür, dass sich galicische Sprachwissenschaftler für die Fala zu interessieren begannen. Bereits im Jahr 1992 erschienen erste Forschungsarbeiten zum Thema. Die wichtigsten Vertreter sind Xosé Henrique Costas González, Francisco Fernández Rei und Francisco Xavier Frías Conde. Besonders Henrique Costas setzt sich seit Jahren dafür ein, die Sprache als Galicisch zu betrachten. Daher befürwortet er auch, für die Fala die galicische Rechtschreibung der RAG (Real Academia Galega) einzuführen. Zum Problem mit der Rechtschreibung komme ich aber später noch.
Dieser galicischen Hypothese stehen mindestens ein halbes Dutzend anderer gegenüber. Manche halten die Sprache für Portugiesisch, manche für Asturleonesisch, andere für einen Übergangsdialekt, und wiederum andere für eine eigene Sprache. Die verbreitetste Gegen-Hypothese ist allerdings die, dass es sich um eine, aus dem mittelalterlichen Portugiesisch entstandene, Sprache handelt. Wenn man in diesem Kontext von Portugiesisch redet, meint man allerdings das Galicisch-Portugiesische des Mittelalters, nicht das heutige (das Portugiesische entstand aus dem mittelalterlichen Galicisch). Diese Hypothese wurde bereits von Fritz Krüger (1925), José Leite de Vasconcelos (1927 und 1933), Oskar Fink (1929), Rafael Lapesa (1942), Ramón Menéndez Pidal (1960) und Clarinda de Azevedo Maia (1977) vertreten. Und tatsächlich finden sich bis heute keine Beweise dafür (weder in der Geschichtsschreibung noch in historischen Dokumenten), dass das Xálima-Tal tatsächlich von Galiciern wiederbesiedelt wurde. Auch die Isolation, die laut der galicischen Hypothese fundamental war, damit die Sprache bis heute überleben konnte, ist nicht belegt. Mehr noch, die drei Dörfer waren wichtige Militärstützpunkte für das Königreich Kastilien, da es immer wieder zu Grenzstreitigkeiten mit Portugal kam. Die Region war so wichtig, dass sie im 15. Jhd. sogar mehr Einwohner hatte als alle anderen Dörfer der Sierra de Gata (ca. 3.000). Außerdem war der Austausch mit den portugiesischen Nachbarn schon immer sehr stark, was für Grenzregionen typisch ist. Es kam zu Ehen, es gab Handel, etc. Viele Familiennamen an der spanisch-portugiesischen Grenze wurden z.B. erst vor 100 Jahren kastilisiert. Es ist auch die Geografie des Tals selbst, das in Richtung Portugal abfällt, vom Rest der Extremadura jedoch durch Berge „abgeschottet“ ist, die diesen Austausch mit den Portugiesen auf der anderen Seite der Grenze erleichterte. Die Vertreter dieser Theorie sind sich zwar nicht immer einig, ob es sich nun bei Fala heute um eine eigene Sprache oder um einen portugiesischen Dialekt handelt, aber in einem stimmen sie alle überein: Es handelt sich um eine galicisch-portugiesische Varietät, die im Tal schon seit dem 11./12. Jhd. gesprochen wird, und die viele Eigenschaften des Asturleonesischen Extremaduras (Estremeñu, das heute als leonesisch-kastilischer Übergangsdialekt gilt) aufgenommen hat. Zu der Zeit waren das Portugiesische und das Galicische dieselbe Sprache, selbst als Portugal im 12. Jhd. unabhängig wurde, unterschieden sich die verschiedenen Dialekte kaum voneinander. Erst ab dem 15. Jhd., als Kastilien seinen Einfluss auf Galicien und die Gebiete Leóns ausweitete, und in Portugal die südportugiesischen Dialekte die Oberhand gewannen, entwickelten sich die Varietäten in Spanien und Portugal in verschiedene Richtungen (besonders in phonetischer Hinsicht). Ob das nun am Einfluss des Spanischen lag oder ob das spracheigene Entwicklungen waren, ist Ansichtssache, da es da auch keinen Konsens zu gibt. Aber es liegt nahe, dass es der kastilische Einfluss war. Denn, um ehrlich zu sein: Ja, Fala hört sich an wie Galicisch. Viele der Eigenschaften, die heute das Galicische vom Portugiesischen unterscheiden, findet man auch in der Fala wieder (z.B. Wegfall der meisten nasalen Vokale, das Auftauchen des [θ], in Galicien vollständiger und in Xálima regionaler Wegfall der stimmhaften Sibilanten). Aber das beweist eher, wie sich das Galicisch-Portugiesische im Kontakt mit dem Spanischen verändert, und weniger die Hypothese, dass es sich bei der Fala um einen galicischen Dialekt handelt. Die Tatsache, dass man bei anderen portugiesischen Dialekten in der Grenzregion (auch Raya/ Raia genannt) keinen Zweifel daran hat, dass es sich um Portugiesisch und nicht um „importiertes“ Galicisch handelt, kann man damit begründen, dass man von diesen Sprachinseln ganz genau weiß, wann sie von Portugal an Spanien abgetreten wurden. So gehören die portugiesischsprachigen Gemeinden Herrera de Alcántara/ Ferreira de Alcântara und Valencia de Alcántara/ Valença de Alcântara seit 1297 zu Spanien (damals Königreich León). Das Dorf La Alamedilla/ A Almedilha (Salamanca) wurde durch den Friedensvertrag in diesem Jahr zu einem Grenzort, da die Grenze vom Fluss Côa an den Fluss Águeda verschoben wurde. Noch heute sprechen seine Bewohner Portugiesisch (der Fala sehr ähnlich). Die portugiesischsprachigen Gemeinden in Zamora (Hermisende, Calabor) gingen 1640 an Spanien. Anders sieht es mit Olivenza/ Olivença (Badajoz/ Extremadura) aus. Die Gemeinde ging 1297 zwar an Portugal, wurde aber 1801 in Spanien integriert, sodass sie noch bis in die 1940er Jahre größtenteils portugiesischsprachig war. Heute wird es eher von den älteren Bewohnern gesprochen. Nur was mit dem Xálima-Tal geschah, weiß man nicht. Man weiß nur, dass es schon im 13. Jhd. zu León gehörte, und an zwei verfeindete Militärorden vergeben wurde, die sich um die Wiederbesiedlung und die Grenzsicherung kümmern mussten: Trevejo ging 1184 an den Orden del Hospital de San Juan de Jerusalén, Valverde und Eljas gingen 1227 an den Orden de Alcántara (Fray Alonso Torres y Tapia: Crónica de la Orden de Alcántara, S. 238 ff.; 1763). Das ist einer der meistgenannten Gründe, weshalb die Theorie der Galicier in Xálima angezweifelt wird (neben der Tatsache, dass es keine historischen Beweise dafür gibt). Erstens ist es sehr unwahrscheinlich, dass zwei verfeindete Orden beschließen, ihre Gebiete mit Leuten aus der selben Region zu besiedeln. Zweitens ist es unwahrscheinlich, dass – wenn es zur galicischen Besiedlung gekommen sein sollte – sich die Siedler nicht im ganzen Gebiet verteilen. Denn in den Nachbardörfern der Tres Lugaris hat man nie Fala gesprochen, sondern Leonesisch. Zwischen San Martín de Trevejo und Villamiel (keine 4km voneinander entfernt) oder zwischen Eljas und Cilleros (12km Entfernung) liegen Welten, was die sprachliche und kulturelle Ebene anbelangt, obwohl sie mehrere Jahrhunderte lang derselben Verwaltung untergeordnet waren.
Ich persönlich weiß nicht, wie ich die Fala einordnen würde, jedoch wäre ich am ehesten dafür, sie als unabhängige Sprache innerhalb der galicisch-portugiesischen Gruppe zu betrachten. Sie wäre dann die „terceira póla“, der dritte Zweig, neben Portugiesisch und Galicisch. Andererseits kann ich mir auch vorstellen, dass man sie als Teil der Portugiesischen Sprache ansieht. In diesem Fall müsste man aber auch das Galicische dazu nehmen (so wie es die Reintegrationisten und Lusisten in Galicien längst machen), also das Galicisch-Portugiesisch (galegoportugués/ galaico-português) wieder aufleben lassen. Was die Herkunft der Sprache angeht, halte ich es für am wahrscheinlichsten, dass es sich um eine galicisch-portugiesische Varietät handelt, die dort schon vor der angeblichen galicischen Wiederbesiedlung gesprochen wurde. So stehen sich das Xálima-Tal und die Terra de Riba-Côa auf der anderen Seite der Grenze (besonders die Region um Sabugal) sowohl sprachlich und kulturell als auch historisch und ethnisch sehr nah. Sie eint vor allem das keltische Erbe, das in der Region nicht zu übersehen ist (viele Skulpturen-, Werkzeug- und Statuenfunde, keltische Ortsnamen wie Ellas, Xálima oder Badomalos und verschiedenen Chozos/ Chafurdones und Castros). Durch die Zugehörigkeit zum Königreich León und wegen der unmittelbaren Nähe zu leonesischsprachigen Dörfern (z.B. Villamiel, El Payo, Navasfrías, Cilleros), kam es dazu, dass die Varietät leonesische und später kastilische Besonderheiten aufnahm, die sie von den portugiesischen Dialekten auf portugiesischem Territorium abgrenzten. Dabei scheint der Unterschied zwischen dem Portugiesischen in Sabugal und der Fala in Xálima bis Anfang des 20. Jhd. aber ziemlich gering gewesen zu sein. So schreibt Clarinda de Azevedo Maia in ihrem Werk „Os falares fronteiriços do concelho de Sabugal e da vizinha região de Xalma e Alamedilla“ (1977), dass sich die beiden Dialekte nur minimal unterschiedlich entwickelt hätten und dass es erst in neuerer Zeit zu größeren Unterschieden kam, als sich die Lebensumstände änderten. So wurde im Sabugal der lokale Dialekt fast vollständig vom Standardportugiesischen verdrängt, während in Xálima in den 70er Jahren der spanische Einfluss größer wurde, da ab dem Zeitpunkt spanisches Fernsehen empfangen werden konnte. Das war vorher nicht der Fall gewesen: Spanisches Fernsehen wurde bis Anfang der 70er nur bis Villamiel empfangen, in Xálima schaute man stattdessen portugiesisches Fernsehen. Noch heute hören viele Einheimische portugiesisches Radio, weil der Empfang besser ist. Auch der Lebensstil änderte sich. Dadurch, dass die Infrastruktur besser wurde (nur minimal), Kinder das Tal verlassen mussten, um zur Schule zu gehen und immer mehr Menschen aus dem Tal in die großen Städte zogen, verlor der Kontakt mit den portugiesischen Nachbarn nach und nach an Bedeutung. Doch noch heute treffen die Leute diesseits und jenseits der Grenze aufeinander, treffen sich auf Festen, Romerías (Wallfahrten) oder zum Kastanien-Fest (As Borrallás/ Magostu). Und wie konnten die Bewohner nun ihre Sprache bis heute beibehalten? Ganz geklärt ist das nicht, aber meiner Meinung nach liegt es an ihrem Stolz. Ihnen schwillt die Brust, wenn sie über „ihre“ Fala sprechen, „ihren“ Wein, „ihr“ Olivenöl, „ihr“ Tal und „ihre“ Dörfer. Es ist ein starkes Gemeinschaftsgefühl entstanden, das natürlich zugleich zur Abgrenzung führt. Ein „Wir“ (os falantis – die Fala-Sprecher) und ein „die anderen“ (Spanisch-Sprecher). Dabei kann das „die anderen“ durchaus abwertend gemeint sein, z.B. wenn sie ihre spanischsprachigen Nachbarn als „bah, genti de Castilha“ (Leute aus Kastilien) bezeichnen oder die Schönheit ihrer Dörfer hervorheben wollen, indem sie die anderen abwerten: „Ves Perales, ves los demás lugares“ (wenn du Perales siehst, siehst du die anderen Dörfer > Wenn du ein Dorf kennst, brauchst du kein anderes besuchen, weil alle gleich sind). Das mag jetzt nach Überheblichkeit klingen, aber es erklärt sich ganz einfach mit der Geschichte des Tals. Seit jeher sind die Bewohner durch hohe Bergketten von dem Land abgetrennt, zu dem sie offiziell gehören, während sich ihr Tal zu dem Land öffnet, zu dem sie nicht gehören. Getrennt durch eine künstliche Grenze, die sie allerdings nicht daran gehindert hat, mit ihren Nachbarn auf der anderen Seite in regem Kontakt zu sein. Portugiesen kamen nach Xálima, um ihre Ware zu verkaufen, Leute aus Xálima verkauften ihre Ware in Portugal. Portugiesen und portugiesischsprachige Spanier liebten sich, heirateten, lebten miteinander. Ohne die politische Grenze zu spüren. Besonders stark war dieser Austausch in den Zeiten des „contrabando“ (Schmuggels), als von Portugal aus vor allem amerikanischer Tabak und Kaffee nach Spanien geschmuggelt wurde. Die natürliche Grenze zum spanischsprachigen Spanien spürten die Leute allerdings sehr stark. Sie gehörten offiziell zu einem Land, in dem sie sowohl sprachlich als auch kulturell eine sehr kleine ignorierte Minderheit darstellten, während sich ein Steinwurf entfernt ein Land befand, das ihre Sprache und Kultur teilte. Aus diesem Zwiespalt ist ein Selbsterhaltungstrieb entstanden, eine Art Selbstverteidigung, der sich besonders stark in ihrem Umgang mit ihrer Muttersprache bemerkbar macht. Fala spricht man nur Zuhause, in der Familie, mit Freunden. In diesem Umfeld wird die Sprache aber extrem gut gepflegt und von Generation zu Generation weitergegeben. Mit Fremden, Beamten und in der Schule wird Spanisch gesprochen. Auch die Tatsache, dass sie ihr kulturelles und historisches Bewusstsein nicht nach außen tragen, ist auf den Selbsterhaltungstrieb zurückzuführen. Es ist ausgerechnet diese Ethnozentrismus, der den Sprechern dabei geholfen hat, diese archaische Sprache bis heute zu bewahren.
Sprachliches
Die Sprache weist viele Gemeinsamkeiten mit dem Portugiesischen und dem Galicischen auf. So sind z.B. die Personalpronomen ei (ich), tu (du), el/ ela (er/ sie), nós (wir), vós (ihr), elis/ elas (sie); pt-gl.: eu, tu/ ti, el(e)/ ela, nós, vós, eles/ elas). Die Possessivpronomen mei/ minha (mein/e) , tei/ tua (dein/e), sei/ sua (sein/e, ihr/e), nosso/-a (unser/e), vosso/-a (euer/re), sei/ sua (ihr/e); pt-gl.: meu/ minha, teu/ tua, seu/ sua, nosso/-a, vosso/-a, seu/ sua. Außerdem hat Fala die Unterscheidung zwischen „fosse“ (wenn ich ginge) und „fora“ (ich war gegangen) beibehalten, d.h. die Formen mit -ss- stehen im Copréterito de Subjuntivo (Imperfecto de Subjuntivo) und die mit -r- stehen im Plusquamperfekt. Diese Unterscheidung ist typisch für das Galicisch-Portugiesische (fosse ≠ fora), im Spanischen ist er verschwunden und beide Formen stehen für Imperfecto de Subjuntivo (Bsp.: Si fuera / si fuese = wenn ich ginge). Der Wortschatz dagegen ist nicht immer so deutlich galicisch-portugiesisch und kann von Dorf zu Dorf sehr unterschiedlich sein. Der Großteil der Wörter ist zwar galicisch-portugiesischen Ursprungs, hat sich aber durch typische Eigenschaften der Fala, die ich später näher erläutern werde, ziemlich verändert: pt.: pedra > peira (Stein), pt.: padre – pai > pairi (Vater), pt.: ladrão > lairom (Dieb). Andere Wörter sind eher spanischen Ursprungs: Statt vermelho (rot) sagt man coloráu, statt louro/ loiro (blond) sagt man rubiu und statt cão-can/ raposa/ janela (Hund, Fuchs, Fenster) sagt man perru/ zorra/ ventán-ventana. Wiederum andere Wörter haben einfach einen anderen Ursprung: So sagt man z.B. zagal statt rapaz (Junge, aus dem Arabischen), Taita statt Papai (Papa, aus dem Keltischen, weltweit verbreitet) und axim statt pimento (Paprika/Chili, in Lateinamerika auch ají, von den Taíno-Indianern übernommen).
Die Frage zum Status der Sprache als galicischer Dialekt, portugiesischer Dialekt oder doch als eigenständige Sprache innerhalb des Galicisch-Portugiesischen, erschwert auch die Debatte zur Einführung einer einheitlichen Rechtschreibung. Fala war bisher eine Sprache, die ausschließlich mündlich weitergegeben wurde. Wichtige Geschichten, Erzählungen oder Legenden wurden nie verschriftlicht, sondern sind nur mündlich überliefert. Wenn man doch mal schreiben musste, bediente man sich der spanischen Rechtschreibung, da es die war, die man in der Schule gelernt hatte. Das führte aber unweigerlich dazu, dass man die Sprache nicht richtig wiedergeben konnte. Anders als das Spanische, das zwischen dem 14. und 17. Jhd. mehrere Lautwandel (kastilische Desonorisierung) durchlebte, die letztendlich dazu führten, dass die mittelalterlichen Sibilanten ihre Stimmhaftigkeit verloren und dadurch die Rechtschreibung angepasst/vereinfacht werden musste, hat die Fala diesen Wandel nicht oder nur teilweise mitgemacht. Während im Spanischen [ʦ] und [ʣ] zu [θ] wurden, [s] und [z] zu [s], und [ʃ] und [ʒ] zu [x], behielt die Fala [s], [z], [θ], [ʃ] und [ʒ] bei. Außerdem haben die Dialekte in San Martín de Trevejo und Eljas die mittelalterliche Unterscheidung zwischen [ʦ] und [ʣ] dahingehend beibehalten, dass das [ʣ] zusätzlich zu [ð] wurde (im Portugiesischen sonst zu [z]), während [ʦ] zu [θ] wurde. Hier eine Tabelle, um die Evolution der mittelalterlichen Sibilanten im Portugiesischen (und den konservativen Dialekten von Tras-Os-Montes und Alto Minho in Nordportugal), im Galicischen (und dem Dialekt um Mazaricos und Vimianzo), in der Fala und im Spanischen (sowohl dem Standard Spaniens als auch die südspanischen und lateinamerikanischen Varietäten) nachvollziehen zu können:
Da es nun vier Sibilanten gibt (+ zwei dentale Frikative), die spanische Rechtschreibung jedoch keine richtige Entsprechung für sie hat, musste man beim Schreiben kreativ sein. Im ersten Text, der in Fala geschrieben wurde (1910), sieht man z.B. dass das stimmhafte s [z] (wie in „Sonne) „xs“ geschrieben wurde: caxsas (Häuser), coixsas (Sachen) oder Roxsario (siehe „Cuadro de Costumbres“ von José Vidal López, 1910). Für das [ʃ] (deutsch „sch“) benutzte man allerdings den selben Buchstaben: abaixso (unter). Für das [ʒ] (wie das letzte g in „Garage“) bediente José Vidal sich des <g>, egal welcher Vokal folgte: genti (Leute), gogar (spielen), guntorin (sie vereinten), igregia (Kirche). Da der Autor aus San Martín de Trevejo stammte, war ihm natürlich der Laut [ð] bekannt (wie das <th> in „the“), der dem Laut eines intervokalischen -d- im Spanischen entspricht, sodass er entschied diesen Laut mit einem <d> wiederzugeben, was zwar etymologisch mehr als fragwürdig ist, aber für einen Mann seiner Zeit, der zum ersten Mal in seiner Muttersprache schreibt, ohne eine Vorlage dafür zu haben, eine mehr als lobenswerte Entscheidung war (heute dient es vor allem als Beleg dafür, dass das Phänomen weit verbreitet war): vedis (span.: veces; port.: vezes; Male), vodis (span.: voces, port.: vozes, Stimmen), radon (span.: razón; port.: razão; Recht, Verstand, Grund).
In der Zeit darauf waren die Menschen noch kreativer, es war und ist ein ziemliches Chaos. Heutzutage ist es aber für eine Sprache wichtig, auch geschrieben werden zu können. Durch das Internet hat sich vieles verändert, und so brauchen auch Fala-Sprecher jetzt eine Rechtschreibung, mit der sie ihre Sprache wiedergeben können und sich gegenseitig verstehen. Außerdem gibt es Menschen, die diese Sprache lernen wollen, sodass auch ihnen eine einheitliche Orthographie helfen würde. Das Problem ist, sich auf eine zu einigen. Es gibt bis zu zehn verschiedene Vorschläge, doch die meisten Anhänger haben die folgenden drei größeren Strömungen:
- Der Verein „Fala i Cultura“, mit Domingo Frades Gaspar als Vorsitzenden, wird von einigen galicischen Sprachwissenschaftlern (u.a. Henrique Costas) und Parteien (u.a. dem Bloque Nacionalista Galego) unterstützt. Domingo Frades ist, obwohl er im Xálima-Tal geboren ist, Mitglied der RAG (Real Academia Galega, der Königlichen Galicischen Sprachakademie). Der Verein setzt sich dafür ein, die offizielle galicische Rechtschreibung zu übernehmen – die wiederum auf der spanischen basiert – da man meint, dass es sich bei der Fala um einen galicischen Dialekt handle.
- Der Verein „Somos Sierra de Gata“, mit Antonio Corredera als Vorsitzenden, und dem Galicier Eduardo Sanches Maragoto (Sprachwissenschaftler des Portugiesischen/ Lusist) und dem Sprachwissenschaftler José Luis Martín Galindo als Berater, setzt sich für eine Rechtschreibung ein, die auf der portugiesischen basiert, allerdings typische Eigenschaften der Fala miteinbezieht.
- Die Vereine „A Nosa Fala“ und „U Lagartu Verdi“ wollen nichts von all dem. Sie wollen eine eigene Rechtschreibung für jeden der drei Dialekte. Die Basis dafür ist, wie beim Galicischen, die spanische Orthographie mit einigen Besonderheiten (z.B. <sh> für [z], <x> für [ʃ] und [ʒ], <dx> für [ʤ]).
Zum ersten Vorschlag muss man sagen, dass er vom Großteil der Sprecher kategorisch abgelehnt wird. Domingo Frades erhält zwar sehr viel Unterstützung aus Galicien, besonders aus den nationalistischen Kreisen des BNG (links-nationalistische Partei in Galicien), im Xálima-Tal selbst steht er aber allein auf weiter Flur. 2006 kam es zu einer polemischen Debatte, als Mitglieder des BNG (vor allem Anxo Quintana) der Regionalregierung von Extremadura vorschreiben wollten, die Fala offiziell als Galicisch anzuerkennen (auch in der Landesverfassung) und der galicischen Regierung den Schutz und die Verbreitung der Sprache zu überlassen. Das wurde von vielen Bewohnern des Tals als „imperialistischer“ Angriff des galicischen Nationalismus gewertet und abgelehnt. Auch die Regierung der Extremadura konterte mit „die Fala ist nicht galicisch, sondern extremadurisch“. Daher läge die Kompetenz zum Schutz der Sprache und der sprachlichen Regulierung nicht bei den Galiciern. Dazu muss man anmerken, dass sich die Bewohner des Xálima-Tals, trotz linguistischer und kultureller Differenzen, immer als Extremadurer empfunden haben, nie als Portugiesen oder Galicier. Wenn man die ganze politische Debatte mal außer Acht lässt, müssten sich die Verteidiger dieser galicischen Rechtschreibung aber irgendwann eingestehen, dass die offizielle Orthographie des Galicischen für die Fala nicht taugt. Das Galicische unterscheidet heutzutage nicht mehr zwischen [ʃ] und [ʒ] (heute gibt es nur noch den Laut [ʃ]), weshalb man sich dazu entschied, die Orthographie zu vereinfachen und statt vorher <ge, gi, j, x> jetzt nur noch <x> zu schreiben. Die Fala unterscheidet beide Laute allerdings immer noch, sodass durch die Vereinfachung dieses unterscheidende Merkmal verschwinden würde. Auch unterscheidet das Galicische nicht mehr zwischen stimmhaftem und stimmlosem s, sodass man getrost <s> schreiben kann. In der Fala ist der Unterschied aber immer noch phonemisch (bedeutungsunterscheidend).
Der Vorschlag, eine am Portugiesischen angelehnte Rechtschreibung zu übernehmen, findet vor allem in intellektuellen Kreisen großen Zuspruch. Meiner Meinung nach ist dies auch die einzige Möglichkeit, um zu verhindern, dass die Sprache noch weiter kastilisiert wird. Es ist natürlich auch die schwierigste aller Varianten, schließlich sind die Sprecher auf Spanisch alphabetisiert. Aber wenn eine neue Rechtschreibung beschlossen wird, müssten sie ja eh alle neu lernen, da würde es – glaube ich – keinen großen Unterschied machen, ob sie nun auf dem Spanischen (mit „komischen“ Buchstabenkombinationen) oder auf dem Portugiesischen basiert. Das Portugiesische hat den Vorteil, dass es die Unterscheidung zwischen [ʃ] und [ʒ], und [s] und [z] beibehalten hat und keine Probleme hat, diese auch in der Schrift deutlich zu machen. Die Verfechter dieser Norm berufen sich auf drei Kriterien: Solidarität mit dem Portugiesischen (Solidariedai com o português), Anerkennung der dialektalen Besonderheiten (Reconhocimento da diversidai lingüística dos trés lugares) und die „Extremadurität“ der Sprache (A Estremenhidai da fala). Mit „Solidarität mit dem Portugiesischen“ ist gemeint, dass man das, was in beiden Varietäten übereinstimmt, so schreibt, wie im Standardportugiesischen. So übernimmt man <lh, nh, -m, -ss-, ç, z> und auch die unbetonten Vokale <e,o>, die in Fala fast immer zu [i] und [u] werden. Diese letzte Besonderheit, die so oft als Unterscheidungsmerkmal genutzt wird, findet sich genauso in vielen portugiesischen Dialekten. Das unbetonte <o> wird auch im Standardportugiesischen Portugals zu [u] (carro [ˈka.ʀu] / [ˈka.ru] — Wagen/ Auto; boneca [buˈnɛ.kɐ] — Puppe); im brasilianischen Portugiesisch wird es am Wortende zu [ʊ] und sonst regional auch zu [u] (carro [ˈka.xʊ]; boneca [boˈnɛ.kɐ] / [buˈnɛ.kɐ]). Das unbetonte <e> wird im europäischen Portugiesisch zu [ɨ] (cidade [siˈða.ðɨ] — Stadt; fases [ˈfa.zɨʃ] — Phasen) und in Brasilien sehr oft zu [ɪ] (cidade [siˈdad͡ʒɪ] / [siˈdadɪ]; fases [ˈfa.zɪs]; besonders nach der betonten Silbe). Daher ist es kein Problem, in diesen Fällen die portugiesische Schreibweise zu übernehmen (was ja nichts an der Aussprache ändert). Es wäre also eigentlich nicht nötig „u lagartu“ (die Echse) zu schreiben, wenn „o lagarto“ auf Portugiesisch genauso ausgesprochen wird. Durch das <ss> hat man nun zudem die Möglichkeit, zwischen stimmhaftem [z] <s> und stimmlosem [s] <ss> zu unterscheiden, so wie es das Portugiesische macht: casa (Haus), nosso (unser). Das <ç> kann, genauso wie das <ce, ci> entweder als [s] (wie im Portugiesischen) oder als [θ] (wie im Spanischen oder eben in Fala) realisiert werden: caça (Jagd), cidai (Stadt). Hier kann man größtenteils auf die portugiesische Schreibweise zurückgreifen, außer vielleicht beim Wort für „Schuh“. Im Spanischen wird es zapato geschrieben und [θaˈpato] / [saˈpato] ausgesprochen, während das Portugiesische sapato schreibt und es [saˈpatu] ausspricht. Da man den Laut in Fala allerdings wie im Spanischen ausspricht, müsste man auf die mittelalterliche Form çapato zurückgreifen (im Spanischen und Portugiesischen früher identisch). Das <z> hätte auch zwei Realisierungsmöglichkeiten. In San Martin und in Eljas würde es wie [ð] ausgesprochen werden, während man es in Valverde del Fresno [θ] ausspricht: vizinho [biˈðiɲu] / [biˈθiɲu] (Nachbar), azeite [aˈðejti] / [aˈθejti] (Öl), vozes [boˈðis] / [boˈθis] (Stimmen). Mit der Einführung der portugiesischen <j, ge, gi, x> wäre auch das Problem der stimmhaften/stimmlosen prepalatalen Frikative gelöst. [ʒ] würde mit <j, ge, gi> dargestellt werden, [ʃ] mit <x>. Einige Gegner führen an, dass in Valverde größtenteils das Spanische [x] (wie „ch“ in Bach) übernommen wurde und in San Martin de Trevejo einige Leute ein [ʝ] statt [ʒ] realisieren; und das würde die Leute zu sehr verwirren. Meiner Meinung nach ist es aber viel verwirrender, wenn jeder unterschiedlich schreibt, nur weil er manchmal beim Sprechen die Zunge nicht am „richtigen“ Platz hat und der Laut dadurch einem anderen ähnelt, als wenn man sich darauf einigt, dass — je nachdem woher die Person kommt — das <j, ge, gi> entweder als [ʒ], [x] oder [ʝ] ausgesprochen werden kann. Aber naja, es gibt Leute für alles. Anstatt nämlich genti, senti, isenti, xenti, ixenti, yenti oder iyenti zu schreiben, könnte man einfach gente schreiben, das dann – je nach Dorf und Sprecher – als [ˈʃenti], [ˈʒenti], [iˈʒenti], [iˈsenti], [ˈxenti] oder [ˈʝenti] realisiert werden könnte. Ich weiß nicht, vielleicht bin ich auch der einzige, dem das logischer vorkommt… Unter „Anerkennung der dialektalen Besonderheiten“ verstehen die Erfinder dieser Rechtschreibung, dass man einzelne, in allen drei Dialekten vorkommenden, Besonderheiten verschriftlicht. Dazu gehört z.B. dass autochthonen Formen (nicht kastilisiert) bevorzugt werden, auch, wenn diese in der Minderheit sind: a ponte statt o ponte (die Brücke), uns statt ũos (ein paar), abaixo statt abajo/abaisu/abaxo (unten). Außerdem versucht man mit der Rechtschreibung, die unterschiedliche Aussprache/ Realisierung unter einen Hut zu bekommen: irmã (Schwester) kann wie [iɾˈma] oder [iɾˈmãŋ] realisiert werden, coraçõs wie [kuɾaˈθos] oder [kuɾaˈθõŋs] (Herzen; sonst im Standardportugiesischen corações). Charakteristisch für die Fala ist zudem der Wegfall des intervokalischen -d-, nicht nur in den Partizip-Endungen (dort im Spanischen auch), sondern nahezu überall. Da das aber regional sehr unterschiedlich ausfallen kann, hat man sich auf folgendes geeinigt: Obligatorisch ist es nur bei Wörtern, deren etymologische Endung –ade ist (wie im Portugiesischen oder Galicischen): verdade > verdai (Wahrheit), metade > metai (Hälfte), realidade > realidai (Realität). Erlaubt ist das schriftliche Darstellen des Wegfalls bei Partizip-Endungen und bei den meisten Wörtern, die auf -ado/-ada, -edo/-eda, -ido/-ida, etc. enden, oder wo das -d- traditionell weg fällt. Verboten ist es allerdings bei Wörtern, die auf -ede enden (rede, sede), Fremdwörtern und in der Verbkonjugation: cantado/ cantau (gesungen), comido/ comiu (gegessen), lado/ lau (Seite), comida/ comia (Essen), cada/ cá (jedes), adequada/ adequá (adäquat), madeira/ maeira/ meira (Holz), médico/ meico/ meco (Arzt), bodega/ boiga (Kammer), cidai / ciai (Stadt), aber quedí (ich blieb), podiam (sie konnten), idea (Idee) und ademais (außerdem). Das heißt zwar nicht, dass das -d- in den anderen Positionen beim Sprechen nicht weg fällt, aber es geht ja auch nur um die schriftliche Sprache. Das letzte Kriterium ist die „Extremadurität“, also das, was die Fala mit anderen sprachlichen Varietäten Extremaduras gemein hat (vor allem leonesische Überbleibsel). Da die Vertreter dieses Vorschlags die extremadurische Zugehörigkeit der Fala verteidigen, müssen ihrer Meinung nach auch gewisse extremadurische Eigenheiten in der Schriftsprache erlaubt sein. Eine der wichtigsten Besonderheiten ist, dass -r am Wortende fast immer zu -l wird (wie in vielen leonesischsprachigen Dörfern der Extremadura, in manchen Teilen Andalusiens und im karibischen Spanisch). So darf z.B. auch comel statt comer (essen), cantal statt cantar (singen) oder querel statt querer (wollen) geschrieben werden. Auch typisch für die Extremadura (aber auch für viele südspanische und lateinamerikanische Dialekte) ist der Wegfall des –z am Wortende. Dies darf auch geschrieben werden: vez / vé (Mal), voz / vó (Stimme), capaz / capá (fähig), luz / lu (Licht). Eine weitere Besonderheit der Fala ist, dass die 3. Prs. Pl. Präteritum der 1. Konjugation (Verben auf -ar) in San Martin und Eljas nicht auf –aram endet, sondern auf –orim (wie in manchen leonesischen Dialekten). Daher darf das auch geschrieben werden: chegaram / chegórim (sie kamen an), cantaram / cantórim (sie sangen), chamaram / chamórim (sie riefen), trabalharam / trabalhórim (sie arbeiteten). Hier eine Tabelle, in der die unterschiedliche Entwicklung in den jeweiligen Sprachen deutlich wird, man aber auch die Gemeinsamkeiten erkennt, die das Portugiesische, das Galicische und die Fala einen:
Es ist wohl kaum zu übersehen, welche Rechtschreibung ich für am sinnvollsten halte, aber der Fairness halber werde ich auch noch kurz den Vorschlag der Vereine „A Nosa Fala“ und „U Lagartu Verdi“ vorstellen. Diese beiden Vereine treten dafür ein, dass jeder der drei Dialekte (mañegu, lagarteiru und valverdeiru) seine eigene Rechtschreibung bekommt, weil sie der Meinung sind, dass sie zu unterschiedlich sind, und durch eine einheitliche Rechtschreibung die Vielfalt der Sprache verloren gehen würde. Basis für den Vorschlag ist die spanische Orthographie, es werden sowohl <ñ>, <ll> als auch <z, ce, ci> übernommen. Außerdem übernimmt man auch die Akzentuierung und die Satzzeichen: túa (deine), grafía (Schrift), ¿cuál? (welcher?), ¡importanti! (wichtig!). Für die Realisierung des mittelalterlichen <z> als [ð] wählt man <d> für die Dialekte von San Martín und Eljas: zagal / dagal (Junge), onci / ondi (elf). Für die Laute, für die das Spanische keine Entsprechung hat, werden Buchstabenkombinationen eingesetzt: <sh> für [z], <x, ix> für [ʃ] und [ʒ], und <dx> für [ʤ], das allerdings kein Phonem ist, sondern ein Allophon (also eine Variante) von [ʒ] nach [n]. Für das spanische J in Valverde benutzt man einfach die spanische Schreibweise <j, ge, gi>:
Meiner Meinung nach ist dieser Vorschlag zwar gut gemeint, aber viel zu chaotisch und irgendwie unmöglich umzusetzen. Eine einheitliche Schriftsprache soll es ja gerade einfacher machen, untereinander zu kommunizieren, Bücher auf Fala lesen zu können, Nachrichten auf Fala zu lesen und Fala in der Schule zu lernen. Mit einer eigenen Rechtschreibung für jeden Dialekt würde sich an der heutigen Situation kaum was ändern, wo jeder so schreibt, wie er es für richtig hält. Für mich nimmt dieser Vorschlag zu viel Rücksicht auf die minimalen Unterschiede innerhalb der Dialekte und gibt den Kastilismen zu viel Raum. Warum reserviert man die Buchstaben <j, ge, gi> für den spanischen Laut [x], der nicht typisch für die Fala ist, sondern erst in den letzten Jahrzehnten in Valverde aufgetaucht ist? Warum hat man so viel Angst davor, sich dem Portugiesischen anzunähern? Warum nutzt man diesen sprachlichen Vorteil nicht? Fast niemand in Spanien hat einen einfacheren Zugang zur portugiesischsprachigen Kultur als die Leute im Xálima-Tal. Es existiert leider zu viel Unwissenheit, was aber nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass die spanische Regierung nicht daran interessiert ist, dass die Verbindungen zu Portugal gestärkt werden und in diesem Teil der Iberischen Halbinsel bis vor 50 Jahren die Mehrheit der Leute nicht alphabetisiert war (im benachbarten portugiesischen Landkreis Idanha-a-Nova waren selbst 2001 noch 37% der Bevölkerung Analphabeten). Würde man Portugiesisch als erste Fremdsprache in den Schulen einführen, könnte man diesem Unwissen entgegenwirken. Die Schüler würden lernen, dass es auch im Portugiesischen sprachliche Variation gibt, ohne dass das was an der Rechtschreibung ändert. Sie würden lernen, dass sie durch ihre Muttersprache zusätzlich Zugang zur Kultur von über 250 Mio. Menschen in Südamerika, Europa und Afrika haben. Sie würden eine zusätzliche Sicht auf die Welt gewinnen. Sie wären nicht mehr eine unbedeutende Minderheit in einem spanischsprachigen Umfeld, sondern Teil eines zusätzlichen Kulturkreises, der ihre Sprache spricht. Und am Ende würden sie lernen, dass die einzige Möglichkeit, die sie haben, um ihre Sprache als unabhängige Sprache zu behalten und um zu verhindern, dass sie vom Spanischen „absorbiert“ wird, die der Annäherung an das Portugiesische ist. Die Fala hat in den letzten 40 Jahren mehr spanische Wörter aufgenommen, als in den 800 Jahren zuvor zusammen. Sagte man früher noch carvalho, branco, fechar, minhoca, boi, lundria, andurinha oder ameixeira (prt./gal.: carvalho/carballo; branco; fechar/fechar, pechar; minhoca/miñoca; boi; lontra/londra; andorinha/andoriña und ameixeira; Deutsch: Eiche, weiß, schließen, Wurm, Ochse, Fischotter, Schwalbe und Pflaumenbaum), hört man heute fast nur noch robli, blancu, cerrar, lumbrí, buei, nutria, gulundrina und cirueleiru (span.: roble, blanco, cerrar, lombriz, buey, nutria, golondrina und ciruelo). Auch das für das Galicisch-Portugiesische und Asturleonesische typische Anhängen der klitischen Pronomen an das Verb ging verloren (ähnlich wie im brasilianischen Portugiesisch): Me lavo statt lavo-me/ lávome/ llávome (ich wasche mich). Hauptgründe dafür sind zum einen die Einführung der Schulpflicht bis zum 14. Lebensjahr Anfang der 70er Jahre (ab 1990 dann bis zum. 16. Lebensjahr) und zum anderen die Modernisierung des Lebens, sodass viele Worte, die man früher für die Landwirtschaft, Natur, etc. benutzte, verloren gegangen sind. Zum anderen sind es heutzutage aber besonders die Medien und das Internet, die den Einfluss des Spanischen verstärken. Das Spanische ist eine omnipräsente Sprache, die Leute übernehmen neue Wörter in Bereichen Technologie, Alltag, etc., aus dem Spanischen. Das alles führt dazu, dass die Sprache immer weiter kastilisiert wird. Einige Sprachwissenschaftler glauben, dass die Fala in wenigen Jahrzehnten zu einem spanischen Dialekt wird (wie es mit den meisten leonesischen Dialekten in der Extremadura und León oder mit vielen aragonesischen Varietäten in Aragón passiert ist), wenn sich nicht bald was ändert.
Die Sprache hat zwar ein Problem mit der Kastilisierung, aber keins mit dem Überleben. Zugegeben, sie wird als gefährdete Sprache geführt (Ethnologue), aber das liegt an der niedrigen Sprecherzahl, nicht an ihrer Vitalität. Verschiedene Umfragen aus den 90ern (Gargallo Gil 1992, Martín Galindo 1993 und 1996, Costas González 1999) haben ergeben, dass die Fala in San Martín de Trevejo und Eljas von 100%, und in Valverde del Fresno von 97% der Befragten gesprochen wurde. Es war die Alltagssprache von etwa 96% der Einwohner. 95% waren dafür, dass die Sprache offizielle Amtssprache im Xálima-Tal wird und dass mehr für sie getan werden muss. Bei den unter 20-jährigen stieg die Zahl sogar auf 100%. Allerdings gab es schon damals Unterschiede zwischen den Dörfern, was Spanisch als Muttersprache anging: So gaben in Eljas 5,5% der Schüler an, Spanisch als Muttersprache zu haben, in San Martín de Trevejo 14% und in Valverde del Fresno 20%. Nichtsdestotrotz gaben 75% an, sich ohne Probleme mit den portugiesischen Nachbarn unterhalten zu können. Im Jahr 2007 kam Fernando Ramallo (2011 veröffentlicht) zu folgenden Zahlen: 80% der befragten Schüler lernten Fala in der Familie, allerdings schon 40% in einem zweisprachigen Umfeld (dabei führt San Martín de Trevejo die Liste mit 50% an). Spanisch als einzige Muttersprache gaben in Eljas jetzt 16% (1992 waren es 5,5%), in Valverde del Fresno 20% (unverändert) und in San Martín de Trevejo 23% (1992: 14%) an. Trotzdem empfinden 88,4% der Befragten Schüler ihre Fala-Kenntnisse als sehr gut. 54% sprechen ausschließlich Fala im Alltag, während 24% vorwiegend Spanisch sprechen (der Rest benutzt beide Sprachen, ohne dass eine überwiegt). Mit ihren Lehrern sprechen allerdings über 95% der Befragten nur Spanisch, da der Großteil der Lehrer von Außerhalb kommt. Daran sieht man, dass die Schule das Hauptproblem für die Fala ist. Dadurch, dass die jungen Leute in der Schule nur Spanisch sprechen, ändert sich auch das Sprachverhalten in der Familie: In Eljas gaben 1992 noch 91% an, in ihrer Familie ausschließlich Fala zu sprechen, 2007 waren es nur noch 72%. In San Martín de Trevejo waren es 1992 80%, und im Jahr 2007 nur noch 58%. In Valverde del Fresno, das eh am meisten kastilisiert ist, war der Rückgang nicht ganz so stark. 1992 gaben 69% an, mit der Familie nur Fala zu sprechen, 2007 waren es 61%. Das Spanische hat in nur 15 Jahren einen unglaublich starken Einfluss auf die Familien bekommen, was jedoch die Haltung zur Fala nicht verändert hat. 95% der Schüler sind stolz auf ihre Sprache, 70% finden, dass Fala in der Schule unterrichtet werden sollte und durchschnittlich 80% sind dafür, dass es mehr TV-Programme und Bücher auf Fala gibt. Was den Namen der Sprache angeht, nennen sie 62% „A Fala“, 56% nach dem lokalen Dialekt (mañegu, lagarteiru, valverdeiru) und 36% „Chapurreau“ (Mehrfach-Angaben möglich). 16% nennen sie Portugiesisch und nur 2,2% nennen sie „Galego de Extremadura“.
Auch wenn der Rückgang der Fala als einzige Umgangssprache zurückgegangen ist, läuft die Sprache bisher keine Gefahr, zu verschwinden. Im Tal selbst leben knapp 5.000 Menschen, von denen fast alle Fala sprechen. Der Rückgang bei den unter 20-Jährigen ist zwar alarmierend, aber nicht so dramatisch, wie es vielleicht wirken kann. Mit den richtigen Veränderungen kann dieser Prozess noch aufgehalten werden. Selbst der Großteil der etwa 5.000 Menschen aus dem Tal, die seit Jahrzehnten in Madrid, Barcelona oder dem Baskenland wohnen, spricht Zuhause Fala und lässt die Bindung an die Heimat nicht abreißen (im Sommer kehren sie immer in ihr Dorf zurück). Das Bewusstsein und der Wille sind also vorhanden, man muss nur endlich was tun, damit die Institutionen was verändern. Es reicht nicht aus, dass die Regionalregierung von Extremadura die Sprache im Jahr 2001 zum Kulturgut (Bien de Interés Cultural) erklärt hat, ohne danach irgendwas zu machen. „Erhaltenswertes Kulturgut“ hört sich immer schön an, heißt im Endeffekt aber nur, dass man schön findet, dass es da ist, man aber nicht bereit ist, selber etwas dafür zu tun, damit es nicht verschwindet. Eine Sprache ist keine alte Kirche, die man zum Kulturgut ernennt und meint, damit wäre sie geschützt. Sprachen sind lebendig, verändern sich, je nachdem welches Umfeld, welche Einsatzmöglichkeiten, man ihnen bietet. Man hat es verpasst, die Sprache im Jahr 2011 im neuen Autonomiestatut als regionale Amtssprache anzuerkennen, sie wird noch nicht einmal wörtlich erwähnt. Das meiste, was getan wird, geht von den vorher genannten Vereinen aus. Dazu zählt z.B. Fala-Unterricht für Lehrer, die von Außerhalb kommen und Fala-Kurse nach der Schule, in denen die Schüler vor allem Grammatik lernen und die wenigen Bücher, die auf Fala erschienen sind, lesen. Doch das reicht nicht. Zu dem, was getan werden müsste, um wirklich etwas zu verändern, zählt z.B. die Einführung der Fala in den Lehrplan (nicht nur als Fach, sondern auch als Unterrichtssprache, z.B. 50% der Fächer), Einführung des Portugiesischen als erste Fremdsprache und eine einheitliche Orthografie, mit der zumindest die Mehrheit der Sprecher einverstanden ist.
Zum Abschluss wollte ich noch Videos oder Audios empfehlen, um sich die Fala mal anzuhören. Das Problem ist leider, dass die Interviewten oft zwischen Fala und Spanisch wechseln, da das Interview auf Spanisch geführt wird. Und da man in Xálima mit Leuten von Außerhalb halt nur Spanisch spricht, ist es ziemlich kompliziert irgendwas zu finden, wo man die Sprache richtig spricht (und die dann auch hören kann). Aber naja, besser das, als nichts. Hier ein Video auf Valverdeiru, hier ein Lied auf Mañegu (das Gedicht „Durmil a rucío“, gesungen von Gómez Naharro) und hier ein Interview mit einem Mann aus As Ellas (Lagarteiru).
Quellen/ Fontes:
- Critérios para oriental a ortografia da língua do Val de Xálima (Antonio Corredera)
- Proposta da ortografía da Fala (A Nosa Fala)
- As falas das Elhas, Valverde e S. Martinho (Cáceres): origem galega ou portugesa? Apontamentos críticos à tese histórica da repovoaçom galega (Eduardo Sanches Maragoto)
- A Fala de Xálima: Variante dialectal do português da Riba-Côa (Galindo)
- Cuadro de Costumbres (erster Text in Fala, von José López Vidal)
- A Fala: normalización tardía e identidad cultural (Gerda Haßler)
- A Fala: Singular habla del noroeste cacereño (Germán Marcos García)
- O enclave lingüístico de Xálima: unha análise sociolingüística (F. Ramallo)
- Los hablas de Jálama entre los dialectos fronterizos extremeños (Carrasco)
- Vamus a falal: Notas pâ coñecel y platical en nosa fala (Domingo Frades)
- Os falaris fronteirizus do Val de Xálima: Ũa maneira estremenha de falar o português antigu (José Luís Martín Galindo)
- A Nosa Fala
- U lagartu verdi
- Grupo Xálima
- Somos Sierra de Gata