Ich bin mir zu fast 100% sicher, dass hier in Deutschland noch niemand von dieser Sprache gehört hat. Naja, natürlich wird es Leute geben, die sie kennen, wer sich aber nicht näher mit der romanischen Linguistik oder den Sprachen Spaniens und Frankreichs auseinander gesetzt hat, wird die Sprache nicht zuordnen können. Weder geografisch, noch sprachlich. Und wem ist das schon zu verübeln, wird das Aranesische doch bloß von knapp 5.000 Menschen in einem abgelegenen Tal in den katalanischen Pyrenäen gesprochen. Wenn man allerdings das Aranesische im Gesamtkontext betrachtet, nämlich als einen Dialekt der Okzitanischen Sprache, die neben etwa 2 Mio. Sprechern in Südfrankreich, dem Nordwesten Italiens und eben dem Aran-Tal (Val d’Aran) in Spanien, auch eine reiche Sprachgeschichte aufweisen kann, erscheint das Aranesische nicht mehr so unbedeutend. Tatsächlich ist das Aranesische eine der drei offiziellen Amtssprachen Kataloniens, und muss daher auch von den spanischen Institutionen in Katalonien akzeptiert werden (z.B. Gerichte, Nationalpolizei, etc.). Damit nimmt das Aranesische innerhalb der Okzitanischen Sprache eine Sonderstellung ein, denn nirgendwo sonst genießt die Sprache einen ähnlichen Status.



Das Aranesische (okz.: aranés, occitan aranés) ist eine regulierte Varietät des Gaskognischen, das wiederum ein Dialekt der Okzitanischen Sprache ist. Eben weil es sich um eine Varietät handelt, kann man das Aranesische nicht isoliert betrachten, seine Entstehungsgeschichte erzählen oder sprachliche Besonderheiten aufzeigen; dies muss im Kontext des Okzitanischen als solches passieren. Auf regionale Besonderheiten, grammatikalische, phonetische und morphologische Unterschiede werde ich später etwas genauer eingehen, aber auch wenn der Großteil des okzitanischen Sprachgebiets außerhalb Spaniens liegt – und somit nichts mit diesem Blog zu tun hat – werde ich mich erst den allgemeinen Fakten der Sprache widmen.
Okzitanisch ist die Sprache Okzitaniens, einer Region, die sich über das südliche Drittel Frankreichs, Teilen Nordwest-Italiens und einem Tal in den spanischen Pyrenäen erstreckt und bei weitem nicht so bekannt ist, wie z.B. die Provence, welche allerdings ein wichtiger Teil Okzitaniens ist. Bekannt könnte es höchstens dem einen oder anderen wegen der weltweit vertretenen Kette für Pflegeprodukte und Parfüme, L’Occitane, sein. Man mag es kaum glauben, aber bis vor nicht allzu langer Zeit (bis ca. 1950), war die Hauptsprache der Menschen dort nicht Französisch (oder Italienisch in Italien bzw. Spanisch in Spanien), sondern eben das Okzitanische.
Sprachgeschichte
Wie alle anderen romanischen Sprachen, entstand das Okzitanische — dessen mittelalterliche Form auch Limousinisch (lemozi/lemosí) bzw. Provenzalisch (proensal/proensales) genannt wurde — in etwa zwischen dem 8. und 9. Jhd. aus dem Vulgärlatein und hatte seine Blüte im Mittelalter. Zeitgleich entwickelte sich im Norden das Altfranzösische zur Literatursprache. Während jedoch das Altfranzösische unter germanischem/fränkischen Einfluss stand — schließlich war Nordfrankreich das Kerngebiet des Fränkischen Reiches — und daher stark germanisiert wurde, fiel diese Germanisierung im Okzitanischen nicht so stark aus, da der fränkische Einfluss in den Randgebieten eher gering war. Das 11., 12., und 13. Jahrhundert waren die bedeutendsten, sowohl für die okzitanische Kultur als auch für die Sprache. Sie war nämlich die Sprache der trobadors (frz.: troubadours), okzitanischen Minnesängern und Dichtern, die so die Sprache in ganz Westeuropa bekannt machten. Man fand sie sowohl in Okzitanien, in Norditalien und den Königreichen der Iberischen Halbinsel als auch in den katalanischen Grafschaften. Hier, in Katalonien, hatte die Sprache eine signifikante Bedeutung: Da zu dem Zeitpunkt der Unterschied zwischen der katalanischen und der okzitanischen Sprache sehr gering war, schrieben selbst katalanische Dichter ihre Verse auf Alt-Okzitanisch (bzw. Alt-Provenzalisch, das eine Koiné, also eine einheitliche, dialektübergreifende, Schriftsprache war). Einige bekannte Trobadors waren sogar Katalanen (z.B. Guillem de Cabestany, Raimon Vidal de Besalú, Jofre de Foixà oder Berenguer de Palou). Bis ins 15. Jhd. schrieben die meisten katalanischen Dichter ihre Gedichte auf Okzitanisch, während sie für ihre Prosa das Katalanische benutzten.
Zum Gebiet selbst, also Okzitanien, muss man sagen, dass es nie ein zusammenhängendes politisches Gebilde war. Vielmehr bestand es aus vielen (teil)unabhängigen Grafschaften, die sprachlich und kulturell, aber nicht politisch verbunden waren. So gab es u.a. die Grafschaft von Toulouse («Comtat de Tolosa»), die Grafschaft Foix («Comtat de Fois»; Vasallen von Toulouse), die Grafschaft Comminges («Comtat de Comenge»; Vasallen der Krone von Aragonien), das Herzogtum Aquitanien («Ducat d’Aquitània»; zwischen 1152 und 1453 unter englischer Herrschaft), das Herzogtum Gascogne («Ducat de Gasconha»; ab 1053 Teil des Herzogtums Aquitanien) oder die Grafschaft Provence («Comtat de Provença»; bis 1267 in Besitz des Hauses Barcelona). Sie waren zunächst politisch unabhängig, sowohl von einander als auch vom König Frankreichs (zwar gehörten viele dem französischen Königreich an, der König hatte jedoch keine Macht über die Grafen), konnten diese Unabhängigkeit aber nur unterschiedlich lang beibehalten. Die meisten Grafschaften wurden im 13. Jhd. zu Besitztümern der französische Krondomäne, Aquitanien/die Gaskogne wurden im Jahr 1453 erobert und eingegliedert; die letzten Grafschaften, die in die Krondomäne Frankreichs eingegliedert wurden, waren die Provence (endgültig im Jahr 1498) und das Béarn (1620).
Anfang des 13. Jhd. nahm die Vormachtstellung des Okzitanischen ein abruptes Ende. Als Heimat der Katharer (Càtars) — einer christlichen Reformbewegung, die sich vom Papst abgewandt hatte und keine Kirchensteuern zahlte — war Okzitanien (besonders das Lengadòc) dem Papst und der römisch-katholischen Kirche ein Dorn im Auge. Die Katharer, oder auch Albigenser genannt, genossen einen starken Rückhalt von Seiten des okzitanischen Adels, da sie, ebenso wie der Adel selbst, Gegner des französischen Königs waren. Die katholische Kirche, die die Katharer als Ketzer und Verbündete des Teufels betrachtete, startete im Jahr 1209 einen 20 Jahre lang andauernden Kreuzzug gegen die abtrünnige Reformbewegung; den sogenannten Albigenserkreuzzug. Es war einer der grausamsten Kreuzzüge der Kirche. Unterstützt vom französischen König, der Okzitanien in sein Königreich eingliedern wollte, wurden hunderttausende – laut John M. Robertson (A Short History of Christianity, S. 254), Michael Newton (Holy Homicide, S. 117) und anderen, sogar eine Million – Menschen ermordet. Viele Historiker bezeichnen ihn als den ersten religiös-motivierten Völkermord. Allein beim ersten Angriff 1209 auf die Stadt Besièrs (frz.: Béziers) wurde die gesamte Bevölkerung, etwa 20.000 Menschen, brutal umgebracht. Dabei wurde nicht unterschieden zwischen Katharern, Katholiken, Männern, Frauen oder Kindern; da sich die Katholiken oft weigerten, ihre katharischen Mitbürger auszuliefern (daher sagte der Bischof Arnaud Amaury den Kreuzrittern: “Tötet sie alle! Gott erkennt die seinen schon!”). Zwar verliefen die Kreuzzüge nicht ohne Widerstand — vor allem von Seiten des Grafen von Toulouse und des Königs der Krone von Aragonien, der sogar bei einer Schlacht starb — jedoch endete das Massaker 1229 mit dem Sieg über die Okzitanier und der darauffolgenden Eingliederung der Grafschaften in das französische Königreich (eigentlich das gesamte Lengadòc, die Grafschaft Toulouse dann im Jahr 1271).
Trotz des immer größer werdenden Einflusses des Französischen, blieb das Okzitanische die Muttersprache der Bevölkerung. Sie büßte zwar stark an Bedeutung ein, da ab dem 15./16. Jahrhundert das Französische die alleinige Sprache der Verwaltung und Gerichte wurde; aber die Menschen sprachen unter sich weiterhin Okzitanisch in all seinen Varietäten. Erst mit der Französischen Revolution sollte die Sprache ernsthaft bedroht werden. Getrieben vom Gedanken, dass für die nationale Einheit auch eine einheitliche Sprache nötig sei, wurden alle Regionalsprachen verboten. Für die Ideologen war es bedauerlich, ja beschämend, dass in Frankreich, „dem fortschrittlichsten Land der Welt“ (Henri Grégoire), nur 3 Mio. der 25 Mio. Einwohner das Französische der Île-de-France als Muttersprache hatten. Mit der Französischen Revolution endete sowohl die Sprachfreiheit als auch jegliche politische und kulturelle Eigenständigkeit der Regionen/Provinzen. Im 19. Jhd. verschärfte sich die Sprachpolitik nochmals: Durch die Schulpflicht sollten alle Kinder Französisch lernen (da in den Schulen die Regionalsprachen verboten waren), der Gebrauch von anderen Sprachen in der Öffentlichkeit wurde unter Strafe gestellt. Schüler, die in der Schule Okzitanisch (oder eine andere Regionalsprache) sprachen, wurden bestraft: entweder mit Nachsitzen, extra Hausarbeiten, Prügel oder organisierter Verspottung, die meist durch den Schulleiter angeführt wurde. Im Jahr 1860 (vor der Einführung der Schulpflicht im Jahr 1882) stellten okzitanische Muttersprachler fast 40% der gesamten Bevölkerung Frankreichs dar. Sprecher der Regionalsprachen wurden von allen Seiten stigmatisiert, bis zu dem Punkt, dass man ihre Sprache nicht mehr als Sprache bezeichnete, sondern abfällig als „patois“. Patois stammt aus dem Altfranzösischen (patoiier) und bedeutete ursprünglich, sich mit Händen und Füßen zu verständigen. Dabei war egal, ob es sich um keltische Sprachen (Bretonisch), französische Dialekte der Langue d’Oïl (z.B. Picardisch oder Normannisch), germanische (Deutsch, Niederländisch) oder andere romanische Sprachen (Okzitanisch, Katalanisch) handelte, alles war bloß Patois. Noch heute kennen viele Franzosen den Namen ihrer Regionalsprachen nicht. Und diese Denkweise wurde von oben auf indoktriniert, so sagte 1925 der damalige Bildungsminister Anatole de Monzie u.a., dass „für die sprachliche Einheit Frankreichs, die bretonische Sprache verschwinden müsse“. Dies alles führte dazu, dass die Menschen sich wegen ihrer Muttersprache schämten (weshalb im Okzitanischen die Sprachpolitik Frankreichs als Vergonha [Scham/Schande] bezeichnet wird). In den 1920er Jahren waren noch ca. 30% der Franzosen okzitanischsprachig. Doch ab Mitte des 20. Jhd. gab es einen großen Wandel: die Weltkriege hatten ein starkes französisches Nationalgefühl entstehen lassen (durch den gemeinsamen Feind: Deutschland); viele Menschen wanderten vom Land in die Städte, im Radio und im Fernsehen hörte man nur noch Französisch; und der Großteil der Familien entschied sich gegen ihre Muttersprache als Familiensprache und begann, Französisch mit ihren Kindern zu sprechen. Dies hat dazu geführt, dass heute von den etwa 16 Mio. Einwohnern Okzitaniens nur noch etwa 2 Mio. die okzitanische Sprache tatsächlich sprechen können, während Anfang des 20. Jhd. die Zahl der aktiven Sprecher noch bei etwa 13 Mio. lag (Joseph Anglade, 1921). So hat das 20. Jhd. dem Französischen letztendlich den Sieg verschafft, den sich die Väter der Revolution erhofft hatten: Während Mitte des 19. Jhds. fast 40% der Franzosen okzitanischsprachig waren, sind es heute nur noch knapp 3%.
Zwar gibt es Bewegungen, die für den Erhalt der Regionalsprachen eintreten, die Zentralregierung gibt aber nicht wirklich nach. In Okzitanien entstanden zweisprachige Privatschulen, die Calandretas, die mit etwa 65 Grundschulen, 4 Sekundarschulen (Collèges) und 1 Oberstufe (Lycée) in allen wichtigen Städten Okzitaniens vertreten sind (insgesamt ca. 4.000 Schüler); z.B. in Toulouse (Tolosa), Bordeaux (Bordèu), Pau, Le Puy-en-Velay (Lo Puèi en Velai), Limoges (Limòtges), Narbonne (Narbona), Nîmes, Montpellier (Montpelhièr), Carcassona, Nizza (Niça) und Marseille (Marselha). Ob das ausreicht, um die Sprache auch an die nächsten Generationen weiterzugeben, wird die Zukunft zeigen; vor allem, weil das Okzitanische als Alltagssprache aus den meisten der oben genannten Städte verschwunden ist. Und dort, wo das Okzitanischen noch Alltagssprache ist, gibt es oft keine Calendreta. Zwar sollten öffentliche Schulen entweder Okzitanischunterricht oder zweisprachigen Unterricht (Französisch/Okzitanisch) anbieten, aber das passiert leider in den wenigsten Fällen (entweder, weil die Schulen es nicht anbieten oder weil Lehrer/Gelder fehlen). Sowohl bilinguale öffentliche Schulen als auch die Calendretas sind zudem regional sehr ungleichmäßig verteilt: während es im Süden (Lengadòc, Süden der Gaskogne) in relativ vielen Orten eine solche Schule gibt, fehlen sie im Norden — Limousin, Auvergne, Vivarais, Dauphiné — fast vollständig (keine einzige öffentliche bilinguale Schule und nur fünf Calendretas; in Orlhac [Auvergne], Lavaudieu [Auvergne], Lo Puèi de Velai [Auvergne], Lemòtges [Limousin] und Gap [Dauphiné]). Insgesamt lernen ca. 75.000 Kinder Okzitanisch. Das sind ca. 9% der Schüler Okzitaniens. Der Wille, die Sprache zu erhalten ist aber da. Fast 70% der Einwohner sind dafür, dass Okzitanisch an allen Schulen gelehrt wird und möchten, dass das Okzitanische eine wichtigere Rolle spielt (Franzis Manzano, 2004).
Es gibt auch viele politische Parteien und Kulturvereine — wie die Partit Occitan, Assemblada Occitana, Gardarem la Tèrra, País Nòstre — die für mehr Autonomie kämpfen und jährlich erscheinen zehntausende Menschen zu Demonstrationen, die die Anerkennung des Okzitanischen als offizielle Amtssprache fordern etc. Jedoch gibt es heutzutage nur noch vier Regionen, wo das Okzitanische von der Mehrheit der Bevölkerung gesprochen und verstanden wird: In den Bergen des Béarn in den französischen Pyrenäen (1982 sprachen es 51%, 70% verstanden es; heute sollen es nur noch 15% — ca. 55.000 Menschen — gut/sehr gut sprechen können; 57% sagen, dass sie Kenntnisse des Okzitanischen haben); in den Corbières in Aude (südliches Lengadòc; Umland von Narbonne und Carcassonne); in der Altstadt von Nizza; sowie im Aran-Tal in Spanien (60% können es sprechen). Des weiteren sprechen es noch etwa 48% der Einwohner der „Okzitanischen Täler“ (Valadas occitanas) — etwa 50.000 Menschen — im nordwestitalienischen Piemont, und bis zu 40% der ländlichen Bevölkerung — ca. 80.000 Menschen — der Auvergne (Auvèrnhe). Im Alltag sprechen es insgesamt wohl nur noch höchsten ca. 800.000 Menschen (wie viele es genau sind, weiß man nicht, da Frankreich sich nicht darum kümmert), jedoch haben bis zu 8 Mio. zumindest passive Sprachkenntnisse, was bedeutet, dass sie – sollte es nötig sein – die Sprachkenntnisse schnell ausbauen könnten und zu aktiven Sprechern werden könnten. Das alles sagt dem Okzitanischen zwar eine ungewisse, aber keine absolut hoffnungslose Zukunft voraus. Man müsste von politischer Seite nur endlich anfangen, die richtigen Weichen zu stellen.
Allerdings gibt es einen Bereich, in dem das Okzitanische sehr lebendig ist: die Musik. Es gibt unzählige Sänger*innen und Bands, die ihre Lieder entweder größtenteils oder ausschließlich auf Okzitanisch schreiben und singen. Selbst, wenn sie normalerweise kein Okzitanisch sprechen. Hier ein paar Beispiele:
- Mauresca Fracàs Dub (aus Montpellier; z.B. Anam manjar)
- Goulamas’K (aus der Nähe von Besièrs; z.B. Canta la Nacion)
- Lou Dalfin (aus den Valadas Occitanas/Italien; z.B. Sèm encar ici)
- Du Bartàs (aus Aude; z.B. Qual es que ten?)
- La Mal Coiffée (aus Aude; z.B. Prenetz lo bon temps filhòtas oder Lo gat)
- Lo Còr de la Plana (aus Marseille; z.B. La noviòta oder Mi parlètz pas de trabalhar)
- La Talvera (aus Albi; z.B. Mon país oder Ciutadans de la tèrra entièira)
- Los de l’Ouzom (aus dem Bearn; z.B. Adishatz)
- Cocanha (aus Toulouse; z.B. Jo me’n vau tà la vesina oder M’an dit Martin)
- Familha Artús (aus Pau, Bearn; z.B. Hilha n’aimatz pas tant los òmis)
- und natürlich Nadau (aus dem Bearn; z.B. L’encantada, De cap tà l’immortèla oder Auròst tà Joan Petit)
Eines der bekanntesten okzitanischen Lieder wird allerdings größtenteils auf Französisch gesungen. Jeder, der Französisch in der Schule gelernt hat, wird es kennen. Denn die meisten Lehrer benutzen es, um mit den Schülern die Körperteile zu üben. Ich spreche von «Jean Petit qui danse», oder auf Okzitanisch «Joan Petit/ Jan Petit»; einem der bekanntesten Kinderlieder Frankreichs und auch Kataloniens (dort als Joan Petit quan balla bekannt). Doch während in der französischen Version der Ursprung des Liedes verschwunden ist (Erste Strophe: «Jean Petit qui danse; de son doigt il danse; de son doigt, doig, doigt; ainsi danse Jean Petit» = “Jean Petit, der tanzt; mit seinem Finger tanzt er; mit seinem Finger, Finger, Finger; so tanzt Jean Petit”), deutet die okzitanische Version den Ursprung noch an («Joan petit qui dança, per lo rei de França; amb lo pé, pé, pé; amb lo dit, dit dit; per lo rei dançava Joan Petit» = “Joan Petit, der tanzt; für den König von Frankreich; mit dem Fuß, Fuß, Fuß; mit dem Finger, Finger, Finger; für den König Frankreichs tanzte Joan Petit”). Aber wer war Joan Petit? Warum „tanzte“ er für den französischen König? Und was haben die ganzen Körperteile in dem Lied verloren? Joan Petit war ein okzitanischer Bauer aus Vilafranca de Roergue/ Villefranche-de-Rouergue (in der historischen Provinz Roergue; heutiges Département Aveyron). Im Jahr 1643 führte er eine Bauernrevolte in seiner Region an (während der Rebellion der Croquants – «Revòlta dels Crocants»; Revolten der gesamten okzitanischen Landbevölkerung nach den blutigen Religionskriegen, gegen den König Ludwig XIV., die Feudalherren und die Armee). Die Revolte wurde niedergeschlagen und mehrere Anführer, darunter Joan Petit, festgenommen. Er wurde zum Tod durch Rädern verurteilt. Und dies ist der Grund, weshalb in dem Lied von Fingern, Füßen, Beinen, Händen, Armen und Kopf die Rede ist…allesamt wurden mit dem Wagenrad zerschmettert. Die wahre Geschichte hinter diesem Kinderlied besingt Nadau im Lied Auròs tà Joan Petit (Klagelied für Joan Petit).
Sprachgeschichte des Aranesischen
Um jetzt auf die Situation des Aranesischen zurückzukommen, muss man – wenn auch nicht so ausführlich – ein bisschen zurückblicken. Das Aran-Tal war über lange Zeit ein Spielball der verschiedenen Mächte in der Region. Es war u.a. Teil des Königreichs Navarra, der Grafschaft Comminges und später der Krone von Aragonien. Als Teil der Krone von Aragonien bekam das Tal im Jahr 1313 viele Sonderrechte zugesprochen, die seine weitgehende Unabhängigkeit sicherten. Diese Sonderrechte, Era Querimònia genannt, behielten die Aranesen 500 Jahre lang bei und sind heute die Grundlage für ihre Sonderposition innerhalb Kataloniens. 1411 vereinigten sich Katalonien und Aran endgültig; eine Vereinigung, die auch von aranesischer Seite gewollt war, solange Katalonien ihre Sonderrechte unberührt ließ.
Dem einen oder anderen wird es jetzt komisch vorkommen, aber sowohl das Aran-Tal als auch die umliegenden Gebiete der französischen, aragonesischen und katalanischen Pyrenäen waren lange Zeit baskischsprachig. Die meisten Sprachwissenschaftler und Historiker sind sich einig, dass es im Aran-Tal noch bis ins 11. Jhd. Baskisch-Sprecher gab (z.B. Joan Coromines, Ferrán Soldevila i Zubiburu). Das älteste okzitanische Dokument, die „Chanson de Saint Foy/ Cançon de Santa Fe“ aus dem 10. Jhd, scheint dies zu bestätigen, denn dort wird erwähnt, dass «die Basken aus Aran schrien», als die christliche Märtyrerin Fides von Agen enthauptet wurde („Cisclaun’l Bascon que son d’Aran […]“, Jacques Allières, 1977). Beweis für die Präsenz des Baskischen sind vor allem die vielen baskischen Toponyme, also geografische Bezeichnungen. Bis zu 40% der Orts- und Flurnamen des Aran-Tals sind baskischen Ursprungs. Bestes Beispiel dafür ist das Wort „Aran“ selbst, denn auf Baskisch bedeutet es „Tal“. Val d’Aran bedeutet daher „Tal des Tales“, was nur damit zu erklären ist, dass die Menschen kein Baskisch mehr verstanden, als die Ortsbezeichnung von „Aran“ zu „Val d’Aran“ umgeändert wurde. Weitere Beispiele für den baskischen Einfluss sind Dörfer wie Escunhau, Arròs, Arties, Les oder Montgarri, Berge wie der Besiberri oder Montardo und Flüsse/Seen wie die Garona (Garonne), Nere, Lastoar, Obago, Güerri oder Arres. Auch, wenn man nicht genau weiß, bis wann man im Aran-Tal Baskisch gesprochen hat, ist es nicht zu leugnen, dass das Okzitanische in eine Region kam, in der Baskisch gesprochen wurde, und sich der Sprachwechsel wahrscheinlich ohne eine vorherige Romanisierung/Latinisierung vollzog. So lässt sich der starke Einfluss des Baskischen auf das Aranesische und auch auf die anderen Varietäten des Gaskognischen am besten erklären. Aber dazu komme ich später.
Heutige Situation im Aran-Tal
Das Aran-Tal hat eine geografische Besonderheit, die es vom Rest Spaniens weitestgehend isolierte. Als einziges Gebiet Spaniens liegt es auf der anderen Seite des Hauptkammes der Pyrenäen. Das bedeutet, dass die Grenze zum katalanischen/spanischen Sprachgebiet aus 2000-3000 Meter hohen Bergen bestand, die bis vor gar nicht so langer Zeit – genauer gesagt bis 1948, als ein Tunnel gebaut wurde – das Aran-Tal im Winter von Spanien aus unerreichbar machten (erst seit 1965 ist der Tunnel auch im Winter befahrbar). Deshalb war von jeher die Verbindung nach Okzitanien viel wichtiger, weil das Tal von der französischen Seite ganzjährig zu erreichen war. So blieb das Aranesische bis heute erhalten. Durch die starke Immigration von Menschen aus anderen Teilen Spaniens ab den 1960er Jahren, hat sich allerdings das Verhältnis zwischen Aranesisch-Sprechern und Spanisch- bzw. Katalanisch-Sprechern ziemlich verändert. Hinzu kommt eine starke Einwanderung aus dem Ausland (vor allem Lateinamerika, Rumänien und dem Maghreb) seit den 2000er Jahren. Das Aran-Tal ist eines der wichtigsten Wintersportgebiete der spanischen Pyrenäen, weshalb viele neue Arbeitskräfte benötigt wurden (der Tourismus macht ca. 80% des BIP aus). Heute leben etwa 10.000 Menschen im Aran-Tal, jedoch haben nur etwa 21% das Aranesische als Muttersprache (IDESCAT, 2018), während 38% das Spanische, 16% das Katalanische und 17% eine andere Sprache als Muttersprache haben. Eines muss man allerdings bedenken und zwar, dass über 60% der Bevölkerung außerhalb des Tals geboren wurde: nur knapp 37% wurden im Aran-Tal geboren, 21,1% wurden im Rest Spaniens geboren, 21,1% im Ausland und 20,9% im Rest Kataloniens. So kommt es, dass heute insgesamt bloß etwa 60% der Einwohner Aranesisch sprechen können. Nimmt man nur die, die auch im Tal geboren sind, dann steigt die Zahl auf fast 90%. Das macht deutlich, dass das Aranesische nicht wirklich zurückgedrängt wird, sondern, dass einfach zu viele Menschen in zu kurzer Zeit dazu gekommen sind. Stammten nämlich vor 1964 fast 100% der Bevölkerung aus dem Tal, waren es 1986 nur noch 62%, 1996 nur noch 47% (Vila, 2000) und im Jahr 2018 eben nur noch 37%.
Allerdings ist im Moment nicht zu befürchten, dass das Aranesische in nächster Zeit verschwindet. Wie schon bereits gesagt, ist das Aranesische Amtssprache, sowohl im Aran-Tal selbst, als auch in ganz Katalonien. Die autonome aranesische Regierung, der Conselh Generau d’Aran, hat weitreichende Kompetenzen und kann über Bildung, Kultur, Gesundheit, Tourismus etc. bestimmen. Seit dem Ende der Diktatur wurden viele Schritte unternommen, um die Zukunft der Sprache zu sichern: Orts- und Straßenbezeichnungen sind nur noch auf Aranesisch, es werden Aranesisch-Kurse für Erwachsene angeboten, die Verkehrssprache in den Ämtern und Krankenhäusern ist Aranesisch und außerdem wurde das Aranesische zur Unterrichtssprache in der frühkindlichen Erziehung, der Vorschule und in der Grundschule. Dabei setzt die Regierung auf Multilingualismus. Wie im Beitrag über das Galicische schon erwähnt, kommen Kinder in Spanien meist schon im Alter von 3 Monaten in den Kindergarten. Dort ist die Umgangssprache Aranesisch, später im Alter von 3 Jahren kommen zusätzlich jeweils zwei Stunden pro Woche Spanisch und Katalanisch hinzu. Im Alter von 8 Jahren sind die drei Sprachen vollkommen im Schulalltag integriert; jedes Fach hat seine eigene Unterrichtssprache: Mathe auf Spanisch, Soziales auf Aranesisch, Naturkunde auf Katalanisch etc. Außerdem kommt die erste Fremdsprache hinzu, das Französische (wegen der geografischen Nähe zu Frankreich). Und im Alter von 10 Jahren fangen die Kinder an, Englisch als zweite Fremdsprache zu lernen. Wenn sie mit der Schule fertig sind, könne sie dann – zumindest theoretisch – fünf Sprachen fließend sprechen. Problematisch für die Zukunft des Aranesischen ist, dass nur ca. 17% der 15 – 29-Jährigen ausschließlich das Aranesische im Alltag sprechen, 58% sprechen nur Spanisch im Alltag. Das liegt natürlich daran, dass viele dieser Generation Kinder von Eltern sind, die nicht im Tal geboren wurden und die daher auch das Aranesische meistens nicht an ihre Kinder weitergeben. Hinzu kommt, dass Sprecher von Minderheitssprachen sich meistens an die Sprecher der dominanten Sprache anpassen, d.h. dass Aranesisch-Muttersprachler meistens ins Spanische wechseln, wenn in ihrem Umfeld Spanisch-Sprecher sind. Bei den über 65-Jährigen ist das Aranesische die einzige Alltagssprache von knapp 46% (Daten von 2013).
Natürlich muss noch einiges passieren, damit man sagen kann, dass das Aranesische tatsächlich auf allen Ebenen präsent ist; vor allem in den Medien ist es unterrepräsentiert. Zwar gibt es auf TV3, dem katalanischen Regionalsender, täglich die Nachrichten auf Aranesisch, und ab und zu gibt es einzelne aranesische Programme, in den Printmedien fehlt es aber fast komplett. Das Tal ist einfach zu klein für einen eigenen, okzitanisch-sprachigen, Fernsehsender oder eigene Zeitungen etc. Und leider wird sich daran wohl nichts ändern, solange die Situation in Frankreich so ist, wie sie ist. Die Aranesen sind sehr isoliert; zwar können sie sich mit ihren nördlichen Nachbarn unterhalten — wenn sie Glück haben und der Gesprächspartner auch Okzitanisch spricht — aber durch die repressive, oder zumindest benachteiligende, französische Sprachpolitik und ihrer Konsequenzen, ist es im Moment nicht möglich, mit dem Rest Okzitaniens zu interagieren und zusammen für den Erhalt der Sprache zu kämpfen. Allerdings muss man sagen, dass sich die Aranesen im gesamt-okzitanischen Kontext in einer sehr privilegierten Position befinden. Ihre Sprache ist offizielle Amtssprache, sie haben eine regulierte Schriftnorm und einen institutionellen Rückhalt, von dem man in anderen Gegenden Okzitaniens nur träumen kann. Und wer weiß, vielleicht ändert sich ja auch mal was in Frankreich, sodass dem Weiterleben der okzitanischen Sprache eine Chance gegeben wird.
Allgemeines zur okzitanischen Sprache
Im Unterschied zu anderen Sprachen, die schon relativ früh eine regulierte Schriftnorm entwickelten und diese halbwegs einheitliche Schriftsprache beibehalten haben (vor allem, weil sie zu National- bzw. Staats- und Kolonialsprache wurden), konnte das Okzitanische seine mittelalterliche Schreibweise nicht beibehalten; was vor allem an der repressiven Sprachpolitik Frankreichs lag (Verbot in offiziellen Dokument, in der Verwaltung, in der Schule, etc.). Dieses Fehlen eines offiziell anerkannten schriftlichen Standards führte dazu, dass sich die verschiedenen Dialekte des Okzitanischen noch weiter voneinander entfernten. Heutzutage unterteilt man das Okzitanische meistens in sechs Hauptdialekte, die ihrerseits in viele Unterdialekte gegliedert werden können. Der Name der Hauptdialekte bezieht sich immer auf die Gebiete der historischen Provinzen, in denen sie gesprochen werden, allerdings gibt es starke Überschneidungen. Die Hauptdialekte und einige der Unterdialekte sind:
Im Norden:
- Auvernhat / Auvernhàs
- Bas-Auvernhat
- Naut-Auvernhat
- Velaiés
- Lemosin
- Bas-Lemosin
- Naut-Lemosin
- Vivaroaupenc
- Aupenc
- Cisaupenc (Valadas Occitanas)
- Vivarodaufinenc
- Vivarovelaiés
- Aupenc
Im Süden/ Zentrum:
- Provençal / Provençau
- Rodadenc
- Maritim
- Niçard
- Lengadocian
- Norden
- Roergàs (Roergue)
- Gavaudanés (Gavaudan)
- Osten
- Besierenc
- Montpelhierenc
- Westen
- Carcinòl (Carcin)
- Agenés (Agen)
- Süden
- Carcassés (Umland von Carcassona)
- Tolosan (Umland von Toulouse/ Tolosa)
- Foissenc
- Norden
Im Westen:
- Gascon
- Westen
- Parlar negue/ Landés
- Bordalés (Umland von Bordèu/ Bordeaux)
- Pirinenc (Pyrenäen)
- Bearnés
- Birgordan (Bigòrra)
- Südost-Gaskognisch
- Coseranés
- Comengés
- Luishonés
- Aranés
- Westen
Natürlich habe ich hier nicht alle Unterdialekte aufgeführt, aber so bekommt man einen kleinen Überblick über die verschiedenen Varietäten. Wie schon gesagt, unterscheiden sie sich zum Teil sehr stark voneinander (vor allem bei der Realisierung der Vokale und Diphthonge) und selbst innerhalb eines Unterdialekts kann es Abweichungen geben. Diese Abweichungen betreffen größtenteils die Phonetik, also die Aussprache, aber auch die Morphologie. So hat das Wort „soi“ [suj] (= ich bin) allein im Lengadocian folgende Realisierungen: sòi [ˈsɔj] (Besièrs), sèi [ˈsεj] (Laucata), siái [ˈsjεj] und [ˈsjɔj] (Zentral-Montpelhierenc und West-Montpelhierenc), siáu [ˈsjɔw] (Narbonne) und som [ˈsun] (Toulouse). In der Phonetik gibt es allerdings die größten regionalen Unterschiede, sowohl bei der Realisierung von unbetonten Diphthongen (z.B. <au> als [aw], [ɔw] oder [uw]; <ai> als [aj], [ej] oder [ij]), bei betonten Diphthongen (z.B. kann <iè> [jε] auch als [jεj], [je], [ej] oder [ε] realisiert werden), bei der Diphthongierung von ursprünglichen Monophthongen (z.B. <ò> als [wa], [we], [wɔ] statt [ɔ]) als auch bei der Realisierung mancher Konsonanten (z.B. <j,ge, gi> als [ʤ], [dz], [ʒ] oder <tg, tj> als [ʧ],[ts] oder [ʤ]). So kommt es, dass z.B. pòrc (Schwein) u.a. regional folgende Realisierungen haben kann: [ˈpɔɾ(k)] (Gaskognisch + Großteil des Lengadocian; auch im überregionalen Standard), [ˈpwɔɾ(k)] (Roergue, Provençau Maritim), [ˈpwaʀ]/ [ˈpwɔʀ] (Provençau Maritim), [ˈpwaʀk]/ [ˈpwœʀk]/ [ˈpweʀk] (Provençau Alpenc).
Weitere Unterschiede gibt es u.a. bei der Konjugation von Verben (z.B. die Endung der 1. Person Singular Präsens kann sowohl -i, -e als auch -o sein) und vor allem auch bei den bestimmten Artikeln. Es gibt im Okzitanischen nur maskuline und feminine Substantive, daher gibt es im Singular die Artikel lo (der) und la (die) – vor Vokal apostrophiert l‘ – und im Plural los und las (die). Der Großteil der okzitanischen Dialekte benutzt diese Artikel, regional gibt es aber noch mindestens neun weitere Varianten:
Das sollte aber für den Anfang reichen, denn hier alle regionalen Realisierungen aufzuzeigen, würde zum einen den Rahmen sprengen und zum anderen ist es nicht das Thema dieses Beitrags. Dieser Beitrag soll einen kleinen Einblick in das Okzitanische als Ganzes geben und dabei helfen, das Aranesische im Kontext zu sehen. Heute wird das Okzitanische des Lengadòc meist als Standard angesehen. Nicht weil es das „reinste“ ist, sondern weil es eine Brücke zwischen den östlichen/nördlichen und westlichen Dialekten darstellt und dadurch am Besten dazu geeignet ist, eine einheitliche Schriftsprache zu entwickeln. Das Lengadòc (fr.: Languedoc) ist eine historische Region im Süden Frankreichs und ihr Name leitet sich von der ursprünglichen Landessprache, der Lenga d’òc, ab. Das Okzitanische wurde und wird nämlich auch lenga d’òc genannt, im Gegensatz zum Französischen, das langue d’oïl genannt wird. Der Grund für die Unterscheidung ist das Wort für „ja“ in der jeweiligen Sprache: òc im Okzitanischen und oïl (später oui) im Französischen. Alle Vergleiche, die später folgen, werden sich auf das Lengadocian als Referenz für die okzitanische Norm (Occitan estandard/ Occitan larg) beziehen, ohne dass ich explizit darauf hinweise.
Hier möchte ich einen Einblick in dieses Standard-Okzitanische geben. Fangen wir mit der Aussprache an (Tipp: die Silbe, die in der Lautschrift nach dem Apostroph kommt, wird betont):
Vokale
- Es gibt 7 Vokale in betonter Position: [a], [e], [ε] (wie „ä“), [i], [ɔ] (wie „o“ in „offen“), [u] und [y] (deutsches „ü“). Sie werden wie folgt schriftlich dargestellt.
- [a]: <a, à>, z.B. far [ˈfa] (machen); anar [aˈna] (gehen); parlarà [paɾ.laˈɾa] (er wird sprechen)
- [e]: <e, é>, z.B. mens [ˈmens] (weniger); aquel [aˈkel] (jener); ténher [ˈte.ɲe] (färben)
- [ε]: <è>, z.B. èst [ˈεst] (Osten); èsser/ èstre [ˈε.se] / [ˈεs.tɾe] (sein); esquèrre [esˈkε.re] (links)
- [i]: <i,í>, z.B. libre [ˈli.βɾe] (Buch); analisi [a.naˈli.zi] (Analyse), títol [ˈti.tul] (Titel)
- [ɔ]: <ò>, z.B. òme [ˈɔ.me] (Mann); fòrt [ˈfɔɾt] (stark); dròlle [ˈdɾɔl.le) (Junge)
- <-iá>, als [jɔ] am Wortende; z.B. librariá [li.βɾaˈɾjɔ] (Buchhandlung), malautiá [ma.lawˈtjɔ] (Krankheit), aviá [aˈβjɔ] (hatte; Imperfekt von aver)
- [u]: <o, ó>, z.B. mot [ˈmut] (Wort); non [ˈnu] (nein); cóser [ˈku.ze] (nähen)
- [y]: <u, ú>, z.B. segur [seˈɣy(ɾ)] (sicher); tu [ˈty] (du); dessús [deˈsys] (über)
- In unbetonter Position gibt es 6 Vokale: [a], [e], [i], [ɔ], [u] und [y]. Wie man sieht, gibt es kein [ε] in einer unbetonten Silbe, es wird immer [e] ausgesprochen. Und so werden sie geschrieben:
- [a]: <a>, z.B. valor [baˈlu] (Wert); aprendre [aˈpɾen.dɾe] (lernen)
- [e]: <e>, z.B. cercar [seɾˈka] (suchen)
- [i]: <i>, z.B. diluns [diˈlys] (Montag); parli [ˈpaɾ.li] (ich spreche)
- [ɔ]: <-a>, ein unbetontes <-a, -as, -an> am Wortende wird immer wie ein offenes „o“ ausgesprochen; z.B. parla [ˈpaɾ.lɔ] (er spricht), parlas [ˈpaɾ.lɔs] (du sprichst), parlan [ˈpaɾ.lɔn] (sie sprechen), montanha [munˈta.ɲɔ] (Berg)
- [u]: <o>, ein unbetontes <o> wird immer zu [u] (wie im Standard-Katalanischen); z.B. gojat [guˈʤat] (Junge), dobrir [duˈβɾi] (öffnen)
- [y]: <u>, z.B. subretot [sy.βɾeˈtut] (vor allem), public [pyˈbli(k)] (öffentlich)
- Es gibt viele Diphthonge und einige Triphthonge. Sie werden mit den Halbvokalen <i> [j] und <u> [w] / [ɥ] gebildet. Ein [w] klingt wie das englische /w/ in „wow“, ein [ɥ] klingt eher wie <ü> [y] (z.B. Französisch: «nuit» [nɥi]). Die häufigsten Diphthonge sind <ai> [aj], <èi> [εj], <ei> [ej], <oi> [uj], <au> [aw], <èu> [εw], <iu> [iw], <ia> [ja] ([jɔ] am Wortende), <ie/ié> [je], <iè> [jε], <io> [ju], <uè> [ɥε] und <uò> [ɥɔ]/[jɔ]. Die häufigsten Triphthonge [Halbvokal + Vokal + Halbvokal) sind <iau> [jaw], <ièi> [jεj] (vor allem dialektal), <uèi> [ɥεj]/[wεj] und <uòu> [ɥɔw]/[jɔw]. Beispiele: paire [ˈpaj.ɾe] (Vater); aiga [ˈaj.ɣɔ] (Wasser]; glèisa [ˈglεj.zɔ] (Kirche); lèit [ˈlεjt] (Milch; Gaskognisch + Süd-Lengadocian, sonst eher lach/lait); rei [ˈrej] (König); coire [ˈkuj.ɾe] [Kupfer); malaut [maˈlawt] (krank); aurelha [awˈɾe.ʎɔ] (Ohr); lèu [ˈlεw] (bald); riu [ˈriw] (Fluss); istòria [isˈtɔ.ɾjɔ] (Geschichte); espiar [esˈpja] (angucken/beobachten); social [suˈsjal] (sozial); s’orientar [su.ɾjenˈta] (sich orientieren]; carrièra [kaˈrjε.ɾɔ] (Straße); ièr [ˈjεɾ] (gestern); question [kesˈtju] (Frage); fuèlha [ˈfɥε.ʎɔ] (Blatt); fuòc [ˈfɥɔk] / [ˈfjɔk] (Feuer); especiau [es.peˈsjaw] (speziell; dialektal, sonst eher especial); carrièira [kaˈrjεj.ɾɔ] [Straße; dialektal); uèi [ˈɥεj]/[ˈwεj] (heute); dempuèi [demˈpɥεj]/[demˈpwεj] (seit); buòu [ˈbɥɔw]/[ˈbjɔw] (Ochse); uòu [ˈɥɔw]/[ˈjɔw] (Ei).
Konsonanten
- /b, d, g/ werden zwischen Vokalen und nach <l, r, s/z> meist zu /β, ð, ɣ/ lenisiert (wie im Spanischen und Katalanischen). Außerdem werden <b> und <v> im Süden wie /b/ (also [b] oder [β]) ausgesprochen (im Norden wird zwischen [b] und [v] unterschieden): davant [daˈβan]/ [daˈvan] (vor); dobèrt [duˈβεɾt] (offen/geöffnet); arbre [ˈaɾ.βɾe] (Baum); alba [ˈal.βɔ] (Morgendämmerung); agradar [a.ɣɾaˈða] (gefallen); segar [seˈɣa] (abschneiden); badar [baˈða] (gähnen); cargar [kaɾˈɣa] (aufladen); acòrdi [aˈkɔɾ.ði] (Vereinbarung); desbastir [des.βasˈti] (zerstören).
- <ca, que, qui, co, cu> werden [k] ausgesprochen, <ça, ce, ci, ço, çu> wie [s]. Am Wortende ist das -c meist stumm, außer im Süden (Lengadocian, Gascon), dort ist es [k]; ein –ç am Wortende ist immer [s]. <Qua, quo, quò> werden generell [ka]/[ku]/[kɔ] ausgesprochen, außer im Süden, dort ist es noch [kwa]/ [kwo]. Beispiele: acabar [a.kaˈβa] (beenden); avançar [a.βanˈsa] (weiterkommen); color [kuˈlu] (Farbe); que [ˈke] (dass); quicòm [kiˈkɔn] (etwas); curiós [kyˈɾjus] (neugierig); mercé(s) [meɾˈse(s)] (Danke); obligacion [u.bli.ɣaˈsju] (Pflicht); ric [ˈrik] (reich); braç [ˈbɾas] (Arm); leiçon [lejˈsu] (Lektion); òc [ˈɔ(k)] (ja); aquò [aˈkɔ] (das hier); quand [ˈkan] / [ˈkwan] (als, wenn, sobald; temporale Konjunktion); quatre [ˈka.tɾe] / [ˈkwa.te] (vier); quora [ˈku.ɾɔ] (wann).
- <ch> wird [t͡ʃ] (wie „tsch“) ausgesprochen, ist am Wortende aber oft stumm (außer im Süden, dort auch [t͡ʃ]): agachar [aɣaˈt͡ʃa] (angucken); fach [ˈfat͡ʃ]/ [ˈfa] (gemacht); nuèch [ˈnɥɛt͡ʃ]/ [ˈnɥe] (Nacht); pichon [piˈt͡ʃu] (klein).
- /b, d, g/ am Wortende werden oft zu /p, t, k/: arab [aˈɾap] (Araber); adob [aˈðup] (Ausbesserung); verd [ˈbeɾt] (grün); tard [ˈtaɾt] (spät); sud [ˈsyt] (Süden); gorg [ˈguɾk] (Grube); sang [ˈsaŋk] (Blut); filològ [fi.luˈlɔk] (Sprachwissenschaftler)
- Ein <-g> am Wortende wird bei manchen Wörtern aber auch als [t͡ʃ] realisiert (wie das –ig im Katalanischen): ensag/ assag [enˈsat͡ʃ] / [aˈsat͡ʃ] (Versuch); mièg [ˈmjɛt͡ʃ] (Mitte/Hälfte); miègjorn [mjɛdˈʤuɾ] (Mittag); puèg [ˈpɥεt͡ʃ] (Hügel); gaug [ˈgawt͡ʃ] (Freude). Zum Vergleich im Katalanischen: assaig, mig, migdia, puig und goig.
- <ge, gi, j> wird generell als [d͡ʒ] (wie „dsch“ in Dschungel) ausgesprochen: geinar [d͡ʒejˈna] (stören); legir [leˈd͡ʒi] (lesen); jove/ joine [ˈd͡ʒu.βe]/ [ˈd͡ʒuj.ne] (jung); jaire [ˈd͡ʒaj.ɾe] (liegen). Im Gaskognischen werden sie [ʒ] ausgesprochen, in anderen Dialekten (z.B. Limosin, nördlichem Lengadocian) dagegen [d͡z].
- <ga, gue, gui, go, gu> werden wie [g] (bzw. [ɣ]) ausgesprochen, <güe, güi> wie /gwe, gwi/. <Gua> [gwa] ist eigentlich aus allen Dialekten verschwunden, nur im Gaskognischen findet man es noch: gat [ˈgat] (Katze); guèrra [ˈgɛ.rɔ] (Krieg); Mónegue [ˈmu.ne.ɣe] (Monaco); seguir [seˈɣi] (folgen); gant / guant [ˈgant]/ [ˈgwant] (Handschuh); ganhar / guanhar [gaˈɲa]/ [gwaˈɲa] (gewinnen); bilingüe [biˈliŋ.gwe] (zweisprachig); lingüistica [liŋ.gwisˈtikɔ] (Linguistik).
- Ein <ll> wird wie ein langes/doppeltes /l/ ausgesprochen. Ein <lh> wird als [ʎ] realisiert (in etwa wie „lj“). Am Wortende wird es aber zu [l] (außer im Gaskognischen und in den Alpen, dort auch [ʎ]): dròlle [ˈdɾɔl.le] (Junge); installar [ins.talˈla] (installieren); julhet [ʤyˈʎet] (Juli); Montpelhièr [mum.peˈʎjɛ] (Montpellier); uèlh [ˈɥɛl] (Auge); trabalh [tɾaˈβal] (Arbeit); vièlh [ˈbjɛl] (alt).
- Die Laute [m] und [n] werden eigentlich immer <m> und <n> geschrieben. Aber nicht immer wird ein geschriebenes <m> oder <n> auch so ausgesprochen:
- <-m> am Wortende wird eigentlich immer wie [n] ausgesprochen (nur im Gaskognischen ist [m] erhalten): fasèm [faˈzɛn] (wir machen); anèm (aˈnɛn] (wir gehen); avèm [aˈβɛn] (wir haben); fum [ˈfyn] (Rauch)
- <-n> am Wortende ist eigentlich immer stumm, außer bei manchen einsilbigen Wörtern; dann ist es [n]. Auch in der Konjugation wird ein –n am Wortende immer ausgesprochen: pan [ˈpa] (Brot); mon [ˈmun] (mein); bon [ˈbun] (gut; Adjektiv); an [ˈan] (Jahr); avion [aˈβju] (Flugzeug); ben / plan [ˈbe] / [ˈpla] (gut; Adverb); tanben [taˈβe] (auch); son [ˈsun] (sie sind); èran [ˈɛ.ɾɔn] (sie waren; Imperfekt); faguèron [faˈɣɛ.ɾun] (sie machten; Präteritum). Ausnahmen sind der Großteil des Gaskognischen, wo es [ŋ] ausgesprochen wird (pan [ˈpaŋ]; in der Konjugation immer [n]), und das Provenzalische/ Vivaroalpin, wo es den vorherigen Vokal halbnasalisiert (z.B. pan [ˈpãⁿ]).
- <mn> wird [nn] ausgesprochen: femna [ˈfen.nɔ] (Frau); damnar [danˈna] (verdammen/verurteilen); colomna [kuˈlun.nɔ] (Spalte/Säule).
- Das <nh> wird [ɲ] ausgesprochen (wie das spanische ñ oder katalanisch ny). Am Wortende wird es aber zu [n] (außer im Gaskognischen): contunhar [kun.tyˈɲa] (weitermachen); linha [ˈli.ɲɔ] (Linie); banh [ˈban] (Bad); junh [ˈjyn] (Juni)
- Das /r/ hat mehrere Realisierungen. Am Wortanfang und als <rr> wird es stark gerollt (wie im Spanischen, [r]). Im Provenzalischen und in den nördlichen Dialekten wird es allerdings wie im Französischen [ʁ] ausgesprochen. Als <r> wird es als Tap, also als einfach gerolltes [ɾ] (wie das <tt> im amerikanischen «better» [ˈbɛ.ɾɚ] oder das <dd> im norddeutschen «Vadder» [ˈfa.ɾɐ]), realisiert: rason [raˈzu] (Recht/Verstand); responsa [resˈpun.sɔ] (Antwort); barrar [baˈra] (schließen); darrièr [darˈjɛ] (letzter); ara [ˈa.ɾɔ] (jetzt); veire [ˈbej.ɾe] (sehen).
- Am Wortende ist <r> eigentlich immer stumm: voler [buˈle] (wollen]; calor [kaˈlu] (Wärme); aber amor [aˈmuɾ] (Liebe), per [ˈpeɾ] (wegen, für, durch) und clar [ˈklaɾ] (hell).
- Ein <s> wird meist wie [s] (scharfes s) ausgesprochen, außer es steht zwischen zwei Vokalen; dann ist es [z] (weiches s). Ein <ss> zwischen Vokalen wird [s] ausgesprochen: sonque [ˈsuŋ.ke] (nur); solelh [suˈlel] (Sonne); nas [ˈnas] (Nase); escòla [esˈkɔ.lɔ] (Schule); vaissèl [bajˈsɛl] (Boot); musica [myˈzi.kɔ] (Musik); los òmes [luˈzɔ.mes] (die Männer); baissar [bajˈsa] (senken); vesin [beˈzi] (Nachbar).
- Das <tg> (steht vor <e, i>) und <tj> (vor <a, o, u>) werden entweder als [t͡ʃ] oder als [d͡ʒ] ausgesprochen (dort, wo <ge, gi, j> als [d͡ʒ] ausgesprochen werden, werden <tg, tj> als [t͡ʃ] realisiert; dort, wo <ge, gi, j> als [ʒ] ausgesprochen werden, werden <tg, tj> als [d͡ʒ] realisiert): imatge [iˈma.t͡ʃe] / [iˈma.d͡ʒe] (Bild); viatge [ˈbja.t͡ʃe] / [ˈbja.d͡ʒe] (Reise); usatge [yˈza.t͡ʃe] / [yˈza.d͡ʒe] (Gebrauch, Brauch); viatjar [bjaˈt͡ʃa] / [bjaˈd͡ʒa] (reisen); coratjós [ku.ɾaˈt͡ʃus] / [ku.ɾaˈd͡ʒus] (mutig); viatgi ([ˈbja.t͡ʃi] / [ˈbja.d͡ʒi] (ich reise).
- <tl, tm, tn> werden [ll], [mm] und [nn] ausgesprochen: espatla [esˈpal.lɔ] (Schulter); setmana [semˈma.nɔ] (Woche); ritme [ˈrim.me] (Rhythmus); reguitnaire [re.ɣinˈnaj.ɾe] (dickköpfig, störrisch, widerspenstig).
- <tz> wird [ʦ] (wie deutsches <z>) ausgesprochen: votz [ˈbuʦ] (Stimme); parlatz [paɾˈlaʦ] (ihr sprecht); patz [ˈpaʦ] (Frieden), prètz [ˈpɾɛʦ] (Preis)
- Das <z> wird wie [z] ausgesprochen, also wie das weiche „s“ in „Sonne“: zèro [ˈzɛ.ɾu] (Null); onze [ˈun.ze] (elf); organizar [uɾ.ɣa.niˈza] (organisieren), utilizar [y.ti.liˈza] (benutzen).
- Am Wortende sind viele Konsonanten stumm: so werden <-nd, -nt> zu [n], <-mp> zu [n] und <-rm, -rn> zu [r]. In den nördlichen Varietäten (vor allem Lemosin, Auvernhat, aber auch im Provenzalischen) sind Konsonanten am Wortende aber fast immer stumm. Beispiele: grand [ˈgɾan] (groß); pendent [penˈden] (während); davant [daˈβan] (vor); camp [ˈkan] [Feld); tostemps [tusˈtens] (immer); temps [ˈtens] (Zeit/ Wetter); jorn [ˈʤur] [Tag); forn [ˈfur] (Bäckerei/ Ofen); braç [ˈbɾas] / [ˈbɾa] (Arm); lach [ˈlat͡ʃ] / [ˈla] (Milch); verd [ˈbeɾt] / [ˈvɛʁ] (grün); cap [ˈkap] / [ˈka] (Kopf); parlat [paɾˈlat] / [paɾˈla] (gesprochen); parlatz [paɾˈlats] / paɾˈla] (ihr sprecht), etc.
- Im Gaskognischen gibt es noch einen zusätzlichen Laut, nämlich [ʃ] („sch“). Er wird <sh-, -ish-> geschrieben, wobei das /i/ nur in einigen Dialekten mitgesprochen wird. Beispiele (bei zwei angegebenen Formen ist die erste immer die gaskognische, die zweite, die allgemeine des Okzitanischen): caisha / caissa [ˈka.ʃɔ] / [ˈkaj.sɔ] (Kasse, Kiste); baish / bas [ˈbaʃ] / [ˈbas] (unter, unten, niedrig); shinhau [ʃiˈɲaw] (bisschen); shivau / caval [ʃiˈβaw] / [kaˈβal] (Pferd); deishar / daissar [deˈʃa] / [dajˈsa] (lassen); vaishèth / vaissèl [baˈʃɛt] / bajˈsɛl] (Boot); peish / peis [ˈpeʃ] / [ˈpejs] (Fisch).
- Eine weitere Besonderheit des Gaskognischen ist der „fliegende Punkt“ bei <s·h> und <n·h>, um die getrennte Aussprache als [s.h] und [n.h] deutlich zu machen (da <sh> sonst ja [ʃ] und <nh> [ɲ] ausgesprochen werden). Dies ist im Gaskognischen nötig, da die meisten /f/ des Okzitanischen zu /h/ geworden sind. Beispiele: des·har [desˈha] (zerstören; sonst desfar); in·hèrn [inˈhɛr] (Hölle; infèrn); con·hessar [kun.heˈsa] (gestehen; confessar); en·hornar [en.huɾˈna] (etwas in den Ofen schieben; enfornar); es·hòrç [esˈhɔɾs] (Anstrengung; esfòrç).
Wer sich etwas mit dem Katalanischen auskennt, der wird merken, dass sich die Schreibweise sehr, und die Aussprache ziemlich ähnlich sind. Das liegt ganz einfach daran, dass sich beide Sprachen bis ins späte Mittelalter kaum voneinander unterschieden, dieselbe Schriftsprache benutzten und dass das Katalanische bis weit in die Neuzeit als okzitanischer Dialekt angesehen wurde. Aber natürlich gibt es auch genug Unterschiede, um heutzutage von zwei verschiedenen Sprachen zu sprechen, die aber zweifelsohne sehr nah miteinander verwandt sind. Außerdem orientiert sich die heutige Rechtsschreibung des Standard-Okzitanischen sehr stark an der Rechtschreibung des Institut d’Estudis Catalans, das sich seinerseits stark an der mittelalterlichen Rechtsschreibung orientiert hat.
Hier eine Tabelle mit den Personalpronomen, die aber — anders als im Französischen — nicht häufig gebraucht werden müssen, da das Verb eigentlich immer Aufschluss über die Person gibt (Okzitanisch ist eine sogenannte Pro-Drop-Sprache, genauso wie das Spanische oder Katalanische). Während man im Französischen z.B. je parle (ich spreche), tu parles (du sprichst) und il parle (er spricht) schreiben und sagen muss, damit man weiß, wer spricht (da sowohl «parle» als auch «parles» [ˈpaʁl] ausgesprochen werden), reicht es, im Okzitanischen parli (ich spreche), parlas (du sprichst) und (el) parla (er spricht) zu schreiben/sagen, da sie alle unterschiedlich ausgesprochen werden ([ˈpaɾ.li], [ˈpaɾ.lɔs] und [ˈpaɾ.lɔ]). Zum Vergleich: Spanisch (hablo, hablas, habla) und Katalanisch (parlo, parles, parla). Die Personalpronomen werden im Okzitanischen daher nur benutzt, wenn die Person betont werden soll.
Außerdem kennt das Okzitanische zwei Formen von Possessivpronomen: unbetonte und betonte. Während im Katalanischen die unbetonten Pronomen nur bei Familienmitgliedern benutzt werden (mon pare – ‘mein Vater’, ma mare – ‘meine Mutter’), werden sie im Okzitanischen häufiger verwendet. Die betonten Possessivpronomen werden meist mit dem bestimmten Artikel geformt (außer sie stehen nach dem Substantiv) und dienen dazu, den „Besitzer“ zu betonen/hervorzuheben.
Die unbetonten Possessiva:
Und die betonten Possessiva:
Beispiele: Ton paire (dein Vater); sa maire (seine/ihre Mutter); mos paires (meine Eltern); Encontrèri un amic mieu (Ich habe einen Freund von mir getroffen); Encontrèri mon amic (Ich hab meinen Freund getroffen); Encontrèri una amiga miá (Ich habe eine Freundin von mir getroffen); Encontrèri ma filha (Ich habe meine Tochter getroffen); Encontrèri un amic vòstre (Ich habe einen Freund von euch getroffen); Encontrèri vòstre amic (Ich habe euren Freund getroffen); Encontrèri d’amics tieus (Ich habe Freunde von dir getroffen); Encontrèri tas amigas (Ich habe deine Freundinnen getroffen); Encontrèri d’amigas siás (Ich habe Freundinnen von ihm/ihr/ihnen getroffen); Encontrèri un amic tieu (Ich haben einen Freund von dir getroffen); Lo mieu fraire estúdia (Mein Bruder studiert); Los mieus fraires estúdian (Meine Geschwister/Brüder studieren); La miá veitura es vielha (Mein Auto ist alt); Lo sieu ostal es mai pichon que lo mieu (Sein Haus ist kleiner als meins), etc. Zu sagen ist noch, dass <ma, ta, sa> vor Vokal zu <mon, ton, son> werden: mon amiga [mu.naˈmi.ɣɔ] (meine Freundin); ton amiga [tu.naˈmi.ɣɔ] (deine Freundin) und son amiga [su.naˈmi.ɣɔ] (seine/ihre Freundin).
Zum bestimmten Artikel habe ich weiter oben bereits was gesagt. Wichtig ist hier zu wissen, dass die maskulinen Formen mit <de> (von), <a> (nach, zu), <per> (wegen, für), sus (über, auf) und jos (unter) kontrahieren: del (vom; de + lo), dels (von den; de + los), al (zum; a + lo), als (zu den; a + los), pel (wegen dem/für den; per + lo), pels (wegen den/ für die; per + los), sul (auf dem; sus + lo), suls (auf den; sus + los), jol (unter dem; jos + lo) und jols (unter den; jos + los). Dies gilt nicht, wenn das nächste Wort mit einem Vokal beginnt, denn dann kontrahiert „lo“ mit dem nächsten Worte (z.B. del fraire –‘vom Bruder’ > de l‘amic – ‘vom Freund’). Beispiele: Veni del centre (Ich komme vom Zentrum); dels Pirenèus (von den Pyrenäen); Va al centre (Er geht ins Zentrum); al sègle XX (im 20. Jhd.); O fau pels paires (Er tut es für die Eltern); Montèri sul teulat (Ich bin auf das Dach gestiegen); Dintrèri jol teulat (Ich habe mich unter das Dach gestellt; «dintrar» – ‘reingehen, eintreten’). Allerdings gibt es mehrere regionale Möglichkeiten: del/dels kann auch als dau/daus ([daw]/[daws], vor allem im Limosin und Provençal), deu/deus ([du]/[dus], vor allem im Gascon) und dal/dals (Cisalpenc) auftauchen; al/als kann auch au/aus ([aw]/[aw(s)] in Provençal, Gascon, Limosin und Auvernhat) geschrieben werden.
Die unbestimmten Artikel im Okzitanischen sind un ([ˈyn]; ein) und una ([ˈy.nɔ]; eine). Den Plural bildet man mit <de> (bzw. <d‘> vor Vokal). Auch das Deutsche kennt keinen Plural für ein/eine, anders als z.B. das Katalanische, das neben un/una auch uns/unes kennt. Zwar gibt es im Okzitanischen die Formen unes/unas, sie bedeuten aber „ein paar/einige/ein Paar“. Beispiele: Un òme va crompar (Ein Mann geht einkaufen); Ai una veitura (Ich habe ein Auto); Ai de veituras (Ich habe Autos); Fa una còca (Er macht einen Kuchen); Fa de còcas (Er macht Kuchen); Fa unas còcas (Er macht ein paar Kuchen); unas caucetas (ein Paar Socken).
In diesem Zusammenhang wäre noch der partitive Artikel (Teilungsartikel; Article partitiu) zu nennen, der auch im Französischen und Italienischen vorkommt (allerdings nicht im Gaskognischen). Er lautet <de> (<d‘> vor Vokalen) und leitet ein direktes Objekt (Akkusativobjekt) ein. Der einzige Dialekt, in dem es keinen Teilungsartikel gibt, ist das Gaskognische. Beispiele: Vòli de pan (Ich möchte Brot); Non menja de pan ni beu de vin (Er isst weder Brot noch trinkt er Wein); Balha-li d’aiga (Gib ihm Wasser).
Die Objektpronomen/Reflexivpronomen des Okzitanischen sind denen des Katalanischen und Spanischen sehr ähnlich. Im Unterschied zu diesen Sprachen werden sie aber meist vor das Verb gestellt, selbst bei Infinitiven und Gerundien. Nur beim Imperativ werden sie mit einem Bindestrich ans Verb gehängt. Beispiel für ein reflexives Verb: se lavar (sich waschen) > me lavi (ich wasche mich), te lavas (du wäscht dich), se lava (er wäscht sich), nos lavam (wir waschen uns), vos lavatz (ihr wascht euch) und se lavan (sie waschen sich).
Beispiele (direktes Objekt: grün; indirektes Objekt: rot; Reflexivpronomen: nur fett): Me crompi de pomas (Ich kaufe mir Äpfel); Me vegères ièr? (Hast du mich gestern gesehen?); Te vesi (Ich sehe dich); Te compri de pomas (Ich kaufe dir Äpfel); Lo vesi (Ich sehe ihn); La vesi (Ich sehe sie); Los vesi (Ich sehe sie); Las vesi (Ich sehe sie); Lor crompi un present (Ich kaufe ihnen ein Geschenkt); Li crompa un present (Er kauft ihm/ihr ein Geschenk); Totjorn nos levam tard (Wir stehen immer spät auf); Te vòli dire quicòm (Ich möchte dir etwas sagen; Katalanisch: Et vull dir quelcom/Vull dir-te quelcom); Qual/Qui t‘a ajudat? (Wer hat dir geholfen?); Qué li a donat? (Was hat er ihm gegeben?); Pèire escota la cançon > Pèire l‘escota (Peter hört das Lied > Peter hört es); Vei l’aucèlh sus la branca > Lo vei sus la branca (Er sieht den Vogel auf dem Ast > Er sieht ihn auf dem Ast); Los dròlles parlan al mèstre > Los dròlles li parlan (Die Kinder sprechen zum Lehrer > Die Kinder sprechen zu ihm); Lèva-te! (Steh auf!; se levar); Los dròlles se pelejan (Die Kinder streiten sich); Nos pelejam (Wir streiten uns; se pelejar); Me rasi cada matin (Ich rasiere mich jeden Morgen); Vosautres vos planhètz tostemps (Ihr beschwert euch immer; se plànher); Cantatz-nos una cançon! (Singt uns ein Lied vor!); Ela s‘apèla Carina e ieu m‘apèli Esteve (Sie heißt Carina und ich heiße Stephan; s’apelar); Balha-me lo gòt/veire, se te plai (Gib mir das Glas, bitte) > Balha-me-lo, se te plai (Gib es mir, bitte).
Außerdem hat das Okzitanische auch drei Adverbialpronomen: ne (<n‘> bzw. <’n>), o und i. Diese Pronomen findet man zum Teil auch im Französischen (en/y), im Katalanischen (en/ho/hi), im Aragonesischen (en/i, bi) und im Italienischen (ne/ci). Auch ihre Funktion stimmt größtenteils überein:
- ne: Ersetzt Ergänzungen, die mit <de> eingeleitet werden, Herkunft, Ortsangaben und Mengenangaben. Vor einem Vokal wird es apostrophiert (n‘), nach Personalpronomen auch (z.B. me’n, te’n, vo’n [vos + en]). Es kann, je nach Kontext, mit davon/ daher/ von dort/ welche übersetzt werden. Beispiele: Vòles de vin? > Òc, ne vòli (Möchtest du Wein? Ja, ich möchte davon/welchen); Avèm d’iranges, ne vòles? > Òc, balha-me’n tres (Wir haben Orangen, möchtest du welche? Ja, gibt mir drei [davon]); Vo’n crompi quatre, d’iranges (Ich kaufe euch vier davon, [von den Orangen]); Me pòrta de flors > Me’n pòrta (Er bringt mir Blumen > Er bringt mir welche) aber Me pòrta las flors > Me las pòrta (Er bringt mir die Blumen > Er bringt sie mir); Veni de la plaja > Ne veni (Ich komme vom Strand > Ich komme von dort).
- o: Ersetzt ein neutrales, unbestimmtes Objekt (deutsch: es). Im Gaskognischen ist es ac, in anderen Dialekten ba. Beispiele: O sabi pas (Ich weiß es nicht); O compren pas (Er versteht es nicht) aber Lo compren pas (Er versteht ihn nicht); Nos diguèron que vendrián > Nos o diguèron / O nos diguèron (Sie haben uns gesagt, dass sie kommen [würden] > Sie haben es uns gesagt); T’a dit aquò? > Òc, m‘o a dit / Òc, o m’a dit (Hat er dir das gesagt? Ja, er hat es mir gesagt); Ela es polida, e o sap (Sie ist hübsch, und sie weiß es); Torna-o dire! (Sag es nochmal!); .
- i: Ersetzt einen Ort oder eine Richtung, aber auch Adverbialphrasen, die mit „en/ amb/ a“ eingeleitet werden (deutsch ‘da, dort, dahin, daran’). Sehr oft mit dem Verb èsser (sein) und mit aver (haben; z.B. i a — ‘es gibt’). Beispiele: I vau (Ich gehe dahin); I vòli anar (Ich möchte dahin gehen); Va a l’escòla > I va (Er geht zur Schule > Er geht dahin); Ai anat a París > I ai anat (Ich bin nach Paris gegangen/gefahren > Ich bin dahin gegangen); Ja i soi! (Ich bin schon da!); I es ton paire? Non, i es pas (Ist dein Vater da? Nein, er ist nicht da); As pensat a mos libres? Òc, i ai pensat/ Non, i ai pas pensat (Hast du an meine Bücher gedacht? Ja, ich habe daran gedacht/ Nein, ich habe nicht daran gedacht); Demoratz a Tolosa? Òc, i demoram (Wohnt ihr in Toulouse? Ja, wir wohnen dort); En lo vilatge i a doas glèisas (Im Dorf gibt es zwei Kirchen) > En lo vilatge n‘i a doas (Im Dorf gibt es zwei [davon]).
Um mit dieser Einleitung zum Ende zu kommen, möchte ich nur noch ein paar Verbkonjugationen vorstellen. Zum einen die Konjugation der regelmäßigen Verben, die auf -ar, -ir (inkl. inkoativer Verben; also mit dem Einschub von -ss-) und -re enden, und zum anderen die Konjugation einiger unregelmäßiger Verben/Hilfsverben.
Besonderheiten des Aranesischen
Das Aranesische gehört zu den gaskognischen Dialekten (Gascon), die von den Pyrenäen bis nach Burdèu/ Bordeaux gesprochen werden. Das Gaskognische unterscheidet sich am stärksten von den anderen okzitanischen Dialekten, daher wird es manchmal auch als eigene Sprache angesehen; wobei man sich in der Sprachwissenschaft größtenteils einig ist, dass es sich um eine Varietät der okzitanischen Sprache handelt. Das „Gascon“, das sich vom germanischen Wort „waskon“ ableitet und somit denselben Wortursprung hat wie seine Nachbar- und Substratsprache, das Baskische (bascon), hat einen sehr starken baskischen Einfluss erfahren:
- Wie im Spanischen wurde dadurch das lateinische f– im Anlaut zu h– (vor Vokal meist gehauchtes h wie im Deutschen, aber regional auch stumm wie im Spanischen/Französischen), allerdings war der Einfluss sehr viel stärker als im Spanischen. So verschwand das f– auch in Wörtern, in denen es im Spanischen beibehalten wurde (oder sich anders entwickelte), wie z.B. lat. festam > span. fiesta > gask. hèsta – [ˈhɛs.tɔ] / [ˈɛs.tə] – ‘Fest’; lat. frigidus > span. frío > gask. hred/hered [ˈret] / [heˈɾet] / [eˈɾet] – ‘Kälte’; lat. focus > span. fuego > gask. huec – ‘Feuer’; lat. flamma > span. llama > gask. hlama/ehlama – ‘Flamme’; lat. florem > span. flor > gask. hlor/ehlor [ˈlu]/ [eˈlu] – ‘Blume’ oder span. fuera > gask. dehòra – ‘draußen’.
- Anders als im restliche Okzitanisch, aber wie im Baskischen (und Galicisch-Portugiesischen), verliert das Gaskognische das lateinische intervokalische -n-: lat. luna > lua [ˈly.ɔ] (Mond), lat. una > ua [ˈy.ɔ] (eine), lat. fenestram > hièstra/ herièsta (Fenster; sonst fenèstra), lat. genuculum > jolh [ˈʒuʎ] (Knie; sonst genolh), etc. Zum Vergleich im Baskischen: lat. anatem > altbask. *anate > bask. ahate [aˈte]/ [aˈaˌte]/ [aˈhaˌte] (Ente); altbask. *(h)anari > bask. ahari [aˈɾi] / [aˈhaˌɾi] (Widder).
- Wie im Baskischen wird ein prothetischer Vokal vor anlautendem r- angehängt (im Gaskognischen a–, im Baskischen meist e–): lat. regem > arrei (König; okz. rei), lat. rivus > arriu (Fluss; okz. riu), lat. ridere > arríder (lachen; okz. rire), lat. rota > arròda (Rad; okz. ròda). Siehe Baskisch regem > errege; rota > errota.
Typisch für das Gaskognisch ist außerdem, dass das lateinische ll im Ausland zu –th und zwischen Vokalen zu –r– wurde: lat. castellum > castell > castèth (Schloss; okz. castèlh), lat. gallina > garia (Huhn; sonst galina). Dieses -th wird meist [t] ausgesprochen, regional aber auch [t͡ʃ]. Charakteristisch für den Großteil des Gaskognischen ist zudem, dass ein geschriebenes intervokalisches <v> oft wie [w] (wie im englischen „Wales“ [ˈweɪlz]) ausgesprochen wird und nicht wie [β] ([w] vor allem in Aran, Comenge, Bigòrra, im nördlichen Landesinneren und an der Küste; [β] vor allem im Bearn, im Süden des Aran-Tals, Coserans und in den Grenzgebieten zum Lengadocian): víver [ˈbi.we] / [ˈbi.βe] (leben), aver [aˈwe] / [aˈβe] (haben), levar [leˈwa] / [leˈβa] (heben), etc. All diese Merkmale gelten für nahezu alle gaskognischen Dialekte, auch für das Aranesische.
Innerhalb des Gaskognischen gehört das Aranesische zu den Pyrenäen-Varietäten (gascon pirinenc) und ähnelt daher den Dialekten des Bearn, der Bigòrra und vor allem denen des Comenge und des Coserans, weist aber auch einige Unterschiede auf, die zum einen ebenfalls in umliegenden okzitanischen Regionen zu finden sind, zum anderen aber auch auf den Einfluss der angrenzenden nordwestkatalanischen Dialekte zurückzuführen sind.
Zur besseren Orientierung möchte ich kurz die Gliederung des Aran-Tals erklären. Die traditionellen Verwaltungseinheiten sind die Terçons (Drittel; da ursprünglich drei). Sie galten zwischen 1313 und 1834, wurden dann aber aufgelöst. Mit dem Ende der Franco-Diktatur wurde die Forderung größer, die Terçons wieder einzuführen, was dann 1990 passierte. Bei den Wahlen zum Conselh Generau d’Aran sind die Terçons zugleich die Wahlkreise, während es bei den katalanischen und spanienweiten Wahlen die Municipis sind. Die Municipis können entweder größer sein als ein Terçon (z.B. zwei Terçons bilden ein Municipi) oder kleiner (ein Terçon besteht aus mehreren Municipis), wie man unten sieht. Die Municipis — die ihren Ursprung in den kastilischen Municipios haben, die traditionelle Verwaltungsgliederung in den Gebieten der Krone von Aragonien ersetzten — sind am ehesten mit den deutschen Kommunen/Gemeinden vergleichbar. Heute gibt es 6 Terçons und 9 Municipis:
- Die Terçons Pujòlo und Arties e Garòs bilden das Municipi Naut Aran
- Orte: u.a. Salardú, Arties, Bagergue, Unha, Tredòs und Gessa
- Die Terçons Castièro und Marcatosa bilden das Municipi Vielha e Mijaran
- Orte: u.a. die Hauptstadt Vielha, Escunhau, Gausac und Aubèrt
- Das Terçon Lairissa/Irissa besteht aus den Municipis Vilamòs, Arres und Es Bòrdes
- Orte: Vilamòs, Arres, Es Bòrdes, Era Bordeta, Arró und Begós
- Das Terçon Quate Lòcs besteht aus den Municipis Bossòst, Les, Bausen und Canejan
- Orte: Bossòst, Les, Bausen, Canejan, Eth Pradet und Porcingles
Hier eine Karte der Umgebung des Aran-Tals, um es besser einordnen zu können:
Der katalanische Einfluss ist in Naut Aran (die höchste Region, an der Grenze zum Rest Kataloniens) am größten und wird talwärts immer weniger. In Baix Aran (die niedrigste Region des Tals) war der katalanische Einfluss am schwächsten, weshalb dort einige Eigenheiten beibhalten wurden, die sonst bereits verschwunden sind. Während z.B. im Großteil von Aran das h stumm ist — wie im restlichen Okzitanisch, im Katalanischen, Französischen und Spanischen — wird es in Bausen und Canejan (ganz unten im Tal an der Grenze zu Frankreich) noch aspiriert: huec (Feuer) kann also wie [ˈwek] oder wie [ˈhwek] realisiert werden. Allerdings ist die Aussprache stark rückläufig; nicht zuletzt, weil sie im Rest des Tals lange verspottet wurde und teilweise noch wird. Auch aus vielen angrenzenden französischen Dörfern ist das [h] bereits verschwunden. Außerdem wird u.a. in Bausen und Canejan das -th am Wortende noch etwas anders ausgesprochen als im restlichen Tal. Während es meist als [t] realisiert wird — z.B. eth castèth [et kasˈtεt] (das Schloss) — wird es dort oft noch wie „tsch“ [t͡ʃ] realisiert: [et͡ʃ kastˈtεt͡ʃ]. Allerdings gibt es auch ein paar aranesische Wörter, wo -th am Wortende immer [t͡ʃ] ausgesprochen wird, egal in welchem Dorf: «còth» [ˈkɔt͡ʃ] (Hals), «poth» [ˈput͡ʃ] (Hahn), «mòth» [ˈmɔt͡ʃ] (nass/feucht/weich; wird oft fälschlicherweise «mòg» geschrieben), «moth» [ˈmut͡ʃ] (Knochenmark), etc. Besonders in Canejan können auch –t und –d zu [t͡ʃ] werden (allerdings ist auch dieses Phänomen stark rückläufig): hèt [ˈhɛt͡ʃ] / [ˈɛt͡ʃ] (gemacht) statt sonst [ˈɛt], heired/ hered [heˈɾet͡ʃ] / [eˈɾet͡ʃ] / [iˈɾet͡ʃ] (Kälte) statt sonst eher [iˈɾet] / [ejˈɾet]. Besonders heired hat aber ziemlich viele Realisierungen: neben den bereits erwähnten gibt es auch [eˈɾet], [iˈɾɛt] oder [ajˈɾet].
Die Varietäten in Naut Aran (vor allem Pujòlo, aber auch Arties) weisen einige Merkmale auf, die sie vom restlichen Tal unterscheiden: während z.B. im restlichen Aranesischen das –n am Wortende, wie im Großteil des Gaskognischen, wie [ŋ] realisiert wird — also «pan» [ˈpaŋ] – „Brot“ — ist es dort stumm («pan» [ˈpa]), wie im Katalanischen; «pa» [ˈpa]. Außerdem wird dort das intervokalische <v> nicht wie sonst [w] ausgesprochen, sondern [β]: statt «iuèrn» [iˈwɛr] sagt man dort also «ivèrn» [iˈβɛr] (Winter; siehe kat. «hivern» [iˈβɛɾn]).
Wie groß der Einfluss des Katalanischen auf das Aranesische tatsächlich war, lässt sich allerdings nur schwer sagen. Selbst die Eigenheiten des Aranesischen in Naut Aran können nicht eindeutig auf den Einfluss des Katalanischen zurückgeführt werden. Schließlich findet man diese Phänomene auch in den Dialekten auf der anderen Seite der Grenze: [β] im Bearn / Teilen des Südwest-Gaskognischen und im gesamten Lengadocian; stummes –n am Wortende z.B. im Bearn, Teilen des Coserans und in den meisten restlichen okzitanischen Dialekten. Was allerdings sein kann, ist, dass die räumliche Nähe zum Katalanischen dazu beigetragen hat, diese Eigenheiten zu erhalten.
Im Bezug auf die Aussprache gibt es keine großen Unterschiede zu anderen gaskognischen Dialekten: <ge, gi, j> werden auch [ʒ] ausgesprochen (wie in „Garage“) und nicht wie sonst [ʤ]; <-nh> bzw. <-lh> am Wortende werden [ɲ] bzw. [ʎ] und nicht [n]/[l] ausgesprochen; und ein <l> am Wort– und Silbenende wird fast immer zu [w] (daher auch <u> geschrieben; z.B. abriu/abril – ‘April’; sau/sal > ‘Salz’; atau/atal – ‘so’; sauvar/salvar – ‘retten’; especiau/especial – ‘speziell’).
Kennzeichnend für das Aranesische ist allerdings, dass ein unbetontes –a am Wortende meist nicht wie ein „offenes o“ [ɔ] realisiert wird, sondern wie [a]. Wobei es auch hier von Dorf zu Dorf zu unterschiedlichen Realisierungen kommen kann. So wird es zwar generell wie [a] gesprochen, man kann aber durchaus auch [ɑ] oder [ɔ] hören. Bsp: encara (noch) kann wie [eŋˈka.ɾa], [eŋˈka.ɾɑ] oder [eŋˈka.ɾɔ] realisiert werden. Diese Aussprache als [a] ist allerdings kein Alleinstellungsmerkmal: man findet es auch noch teilweise in anderen Regionen, wie z.B. im Süden der gaskognischen Bigòrra, im Umland von Montpelhièr/ Montpellier, im Umland von Niça/ Nizza, im südlichen Auvernhat und im nördlichen Vivaroaupenc.
Wie man weiter unten im Teil über den Wortschatz sehen wird, kann ein geschriebenes <iu> im Aranesischen zwei Aussprachen haben: entweder [iw] (vor allem unten im Tal, wie Canejan, Bausen, Les, aber auch teilweise in Bussòst und Vielha) oder [jew] (vor allem in den höheren Gegenden, wie Pujòlo, Arties, Castièro, etc.). So können Wörter wie arriu (Fluss), hiu (Faden) oder adiu (Tschüss) folgende Realisierungen haben: [aˈriw] / [(a)ˈrjew], [ˈhiw] / [ˈiw] / [ˈjew] und [aˈðiw] / [aˈðjew]. Auch im restlichen Okzitanischen findet man diese Triphthongierung (so schreibt man im Standard z.B. adieu), allerdings kann sie im Aranesischen (und Teilen des Gaskognischen) auch andere Positionen betreffen: saliua/saliva [saˈli.wa] / [saˈlje.wa] / [saˈli.βa] (Speichel), viua/viva [ˈbi.wa] / [ˈbje.wa] / [ˈbi.βa] (lebendig), escriu [esˈkɾiw] / [esˈkɾjew] (er schreibt), etc.
Außerdem wird, wie man oben sieht, die gaskognische Aussprache des intervokalischen <v> auch graphisch dargestellt. Im Großteil der gaskognischen Dialekte wird es ja [w] (wie englisches <w>) ausgesprochen, aber nicht graphisch dargestellt. Die Verben aver (haben) und víver (leben) können also [aˈβe] / [aˈwe] und [ˈbi.βe] / [ˈbi.we] ausgesprochen werden, werden aber trotzdem aver und víver geschrieben. Anders im Aranesischen: hier werden diese Verben direkt auer und víuer geschrieben (ein Sprecher aus Pujòlo dürfte allerdings auch «aver» und «víver» schreiben, da man dort ja [β] sagt). Hier weicht die aranesische Orthographie klar vom Standard-Okzitanischen ab, das versucht alle Varietäten zu vereinen, unabhängig davon, wie ein Laut realisiert wird.
Generell entspricht die Aussprache des Aranesischen mehr der Schrift als die anderer okzitanischer Dialekte. Das meiste, was geschrieben wird, wird auch ausgesprochen. Während in vielen Dialekten des Okzitanischen die meisten Konsonanten am Wortende nicht ausgesprochen werden und man sonst auch eher dazu tendiert, bei zwei aufeinander folgenden Konsonanten nur einen zu realisieren, wird im Aranesischen fast alles ausgesprochen. Es gibt jedoch ein paar Ausnahmen:
- das <h> ist stumm (von Bausen und Canejan mal abgesehen): hèsta [ˈɛs.ta] (Fest), truha [ˈtɾy.a] (Kartoffel).
- das <-r> am Wortende ist meist stumm
- das <-mp> am Wortende wird [m] ausgesprochen: «camp» [ˈkam] (Feld)
- das <-t> am Wortende ist stumm, wenn das Wort auf <-nt> oder <-lt> endet (teilweise auch nach Diphthong oder –s): «hònt» [ˈɔn] (Quelle); «adult» [aˈðyl] (erwachsen); «molt» [ˈmul] (viel); «pònt» [ˈpɔn] (Brücke); «lèit» [ˈlɛjt]/[ˈlɛj] (Milch); «aguest» [aˈɣest]/[aˈɣes] (dieser); «naut» [ˈnawt]/[ˈnaw] (hoch)
- das <-ng, -nc> am Wortende wird [ŋ] ausgesprochen (klingt wie das –ng in „Sing!“ [ˈzɪŋ]): «blanc» [ˈblaŋ] (weiß); «sang» [ˈsaŋ] (Blut)
- das <mn> und <-mp- + Konsonant> wird [n] ausgesprochen: «hemna» [ˈen.na] (Frau); «compdar» [kunˈda] (zählen); «temps» [ˈtens] (Zeit); «camps» [ˈkans] (Felder)
- das <-n> am Wortende wird meist [ŋ] ausgesprochen, außer:
- bei bestimmten Wörtern: «non» [ˈnu] (nein); «plan» [ˈpla] (gut); «tanben» [taˈβe] (auch); «tanpòc» [taˈpɔk] (auch nicht)
- bei <-rn> am Wortende: «carn» [ˈkar] (Fleisch); «horn» [ˈur] (Ofen)
- beim Plural von Wörtern, die auf <-n> enden: «man» [ˈmaŋ] > «mans» [ˈmas] (Hand/Hände); «cosin» [kuˈziŋ] > «cosins» [kuˈzis] (Cousin/Cousins)
Allerdings kann es – vor allem bei Muttersprachlern – zur Assimilierung von zwei aufeinanderfolgenden Konsonanten kommen: z.B. «me sap de grèu» [ˈsad.de] statt [ˈsap de] (Es tur mir leid); «L’ac darè» [lad.daˈɾɛ] (Ich werde es ihm geben); «dissabte» [diˈsat.te] (Samstag); «administracion» [am.mi.nis.tɾaˈsjuŋ] (Verwaltung) oder «Barratz-la, [era pòrta]» [baˈral.la] (Macht sie zu! [die Tür]).
In der Morphologie scheint das Aranesische allerdings dem Katalanischen etwas näher zu sein, da viele Formen eher ans Katalanische erinnern als ans Okzitanische des Lengadòc oder der Gascogne. Hier vier Beispiele für die Konjugation im Präsens Indikativ:
Bei manchen Formen scheint der Unterschied zum Okzitanischen aber größer als er wirklich ist: denn die Vergleichsformen sind ja die des Standard-Okzitanischen, das, wie gesagt, auf dem Lengadocian basiert. Würde man stattdessen die gaskognischen Formen daneben stellen, wäre der Unterschied nicht annähernd so groß. Formen wie hèsqui/ dormisqui findet man auch in den angrenzenden Dialekten. Interessant ist außerdem, dass manche Teile Verbkonjugation des Aranesischen (und der angrenzenden Dialekte des Coserans und Comenge) der langedokischen Konjugation ähnlicher sind als der des restlichen Gaskognischen (vor allem im Präteritum und Konditional). Einige Besonderheiten der aranesischen Konjugation sind außerdem auch typisch für die angrenzenden nordwestkatalanischen Dialekte (Pallarès und Ribagorçà): so findet man dort auch Formen wie dormisco/dormisso (statt des standardkatalanischen dormo), dormisses und dormís (statt dorms und dorm), oder ell cante (statt ell canta). Speziell die Endung [e] für die 3. Pers. Sg. der I. Konjugation könnte auch eine parallele Entwicklung mancher romanischer Pyrenäen-Varieätaten sein, da man sie sowohl im Nordwest-Katalanischen, im Aranesischen und Luishonés als auch im benachbarten Benasqués (aragonesisch-katalanischer Übergangsdialekt) findet:
Hier zwei Tabellen, um die Konjugation im Aranesischen und restlichen Gaskognischen zu vergleichen:
Und hier noch eine Tabelle zum Vergleich des Präteritums und Konditionals im allgemeinen Gaskognischen, dem Südost-Gaskognischen (Aran, Coserans und Comenge) und dem Lengadocian. Das Verb ist créder/créser (allgemeines Gaskognisch), créder/creir (Coserans/Comenge/Aran) bzw. creire (Lengadocian) = “glauben”:
Kennzeichnend für das Aranesische ist auch, dass die okzitanische Endung –as/ -an als –es/-en realisiert und auch geschrieben wird. So wird parlas [ˈpaɾ.lɔs] zu parles [ˈpaɾ.les] (du sprichst), femnas/ hemnas zu hemnes (Frauen) und parlan zu parlen (sie sprechen). Wie man sieht, betrifft dies sowohl die feminine Pluralendungen der Substantive als auch die Konjugation der Verben (2. Pers. Sg. und 3. Pers. Pl.).
Den fem. Plural auf –es findet man aber auch im angrenzenden Luishonés (südostgaskognischer Dialekt; so heißt das Heilbad Banhèras de Luishon [frz. Bagnères-de-Luchon] im örtlichen Dialekt Banhères de Luishon), im Donesanenc (ganz im Süden des Lengadocian) und im Cisaupenc der italienischen Alpen (hier zusammen mit anderen Varianten wie [ɔs], [a:] und [e]). Allerdings wird überall –as geschrieben, nur im Aranesischen schreibt man –es.
Die Endung –es für die 2. Pers. Sg. der I. Konjugation ist weiter verbreitet, so findet man parles/ penses auch im Auvernhat (hier [ˈpaɾ.le]/[ˈpen.se] ausgesprochen), im Provençau, in den Alpen und teilweise in den angrenzenden südostgaskognischen Varietäten. Allerdings stimmt dieses Merkmal auch mit dem West-Katalanischen überein (im Katalanischen wird zwar immer cases bzw. parles/ parlen geschrieben, aber nur im West-Katalanischen spricht man es auch [ˈka.zes] bzw. [ˈpaɾ.les]/ [ˈpaɾ.len] aus; ansonsten ist es [ˈka.zəs] bzw. [ˈpar.ləs]/ [ˈpar.lən]).
Wie man sieht entfernt sich das Aranesische teilweise vom Standard-Okzitanischen, obwohl dieser versucht, alle Varietäten zu vereinigen. Dieser panokzitanische Standard erlaubt allerdings auch regionale Eigenheiten in der Orthographie, da die Verfechter des Standards das Okzitanische als eine plurizentrische Sprache ansehen (wie auch z.B. Deutsch, Englisch, Spanisch etc.). Als die aranesische Schriftnorm erarbeitet wurde, orientierte man sich größtenteils an diesem Standard, der vom ‚Institut für okzitanische Studien‘ (Institut d’Estudis Occitans) und vom ‚Rat für die okzitanische Sprache‘ (Conselh de la Lenga Occitana) verteidigt und verbreitet wird. Daher gibt es zwar minimale Unterschiede in der Schreibweise, die jedoch dem gegenseitigen Verständnis meist keinen Abbruch tun. Nichtsdestotrotz sind einige Unterschiede in der Schrift einfach überflüssig, betonen minimale Unterschiede und tragen nur dazu bei, dass man das Aranesische als „zu verschieden“ betrachtet. Deshalb sind viele aranesische und französisch-okzitanische Sprachwissenschaftler bemüht, die Rechtsschreibung zu reformieren, um sie der des Standard-Okzitanischen weiter anzugleichen.
Leider kann man immer noch nicht von einer von allen anerkannten, okzitanischen Schriftnorm sprechen. Es wird zwar dran gearbeitet, sie zu verbreiten, Fakt ist aber, dass immer noch mindestens vier unterschiedliche Schreibweisen „im Umlauf sind“: Die klassische (nòrma classica; die verbreitetste und Grundlage für das Standard-Okzitanische), die nach Frédéric Mistral (normo mistralenco) für das Provenzalische, die nach Piare Bonaud (normà bonaudinà) für das Auvernhat und die der Escòla dau Pò (normo de l’Escolo dóu Po) für die Varietät des Vivaroaupenc (Cispalpenc) im italienischen Piemont. Die klassische Norm, die sich an den mittelalterlichen Schriftsprache orientiert (alle anderen orientieren sich vor allem am Französischen oder nur an der Aussprache), ist die verbreitetste und anerkannteste von allen; und scheint sich auch in der Auvergne und dem Piemont durchzusetzen. Aber bis heute wird sie nicht von allen okzitanischen Autoren/Linguisten benutzt (besonders in der Provence beharren einige Autoren noch auf der Normo Mistralenco). Wer allerdings Okzitanisch lernt – egal ob in der Schule, in Abendkursen oder an der Uni – der wird die klassische Norm erlernen, weshalb auch ich nur diese in diesem Beitrag benutzt habe.
Vergleich der Normen (in Klammern steht die Form, wie sie im Standard geschrieben werden kann, sodass regionale Eigenheiten auch schriftlich dargestellt werden können):
Ein weiteres Merkmal, das das Aranesische von den meisten okzitanischen Varietäten unterscheidet, ist die Plural-Bildung bei einigen maskulinen Wörtern, besonders Pronomen, Determinativen und manchen Substantiven und Adjektiven. Normalerweise bildet man den Plural, indem man ein –s anhängt: shivau (Pferd) > shivaus (Pferde); gojat (Junge) > gojats (Jungs); mètge (Arzt) > mètges (Ärzte). Dies gilt auch für die anderen okzitanischen Dialekte. Wörter wie tot (alles/ ganz), bèth (irgendein), aute (anderer), pòc (wenig), aguest (dieser), gròs (groß/dick), urós/ erós (glücklich), mes (Monat), còs (Körper), país (Land) oder aqueth (jener) bilden jedoch den Plural auf –i: toti, bèri, auti, pòqui, aguesti, gròssi, urosi/ erosi, mesi, còssi, païsi und aqueri. In anderen Varietäten findet man dieses Phänomen kaum, allerdings gibt es in den angrenzenden südostgaskognischen/ südwestlanguedokischen Dialekten (Foissenc, Coseranés, Luishonés) Formen mit –is (z.B. aqueris/ aquelis, gròssis, mesis, totis, etc.), und in den Bergen des Coserans — an der Grenze zum Aran-Tal — auch –i bei Adjektiven (toti, boni, urosi, etc.).
Hier wird auch noch einmal deutlich, weshalb viele der Meinung sind, dass das Aranesische eine eigene Orthographie braucht. Durch die unterschiedliche Plural-Bildung würde es in der Schrift zu Ungenauigkeiten kommen, mal ganz davon abgesehen, dass eine auf dem Lengadocian basierende Schreibweise das Gesprochene nicht wiedergeben würde (nichtsdestotrotz gibt es auch Sprachwissenschaftler, die meinen, dass man trotzdem -as, -an, etc. schreiben könnte; so schreibt man im Katalanischen auch –es und –en, obwohl man es in den östlichen Dialekten [əs]/[ɐs] bzw. [ən]/[ɐn] und nicht [es]/[en] ausspricht). Ein Nachteil dieser eigenen Schreibweise ist allerdings, dass dadurch aranesische Texte für andere Okzitanier schlechter verständlich sind: während -es im Aranesischen meist für feminin Plural steht, steht es im restlichen Okzitanisch für maskulin Plural. Als Beispiel nehmen wir folgende Sätze: Alle Aranesen singen./ Alle Aranesinnen singen.
Occitan aranés: Toti es aranesi canten. / Totes es araneses canten.
Occitan estandard: Totes los araneses cantan. / Totas las aranesas cantan.
Bei diesem Beispiel wird noch eine Eigenheit des Aranesischen deutlich: die bestimmten Artikel. Wie schon weiter oben erwähnt, gibt es neben den okzitanischen Artikeln lo/la/los/las regional noch viele weitere. Anders als seine Nachbarvarietäten, die die Artikel eth/era/eths/eras benutzen, fallen im Aranesischen eths und eras (die, mask. Pl; die, fem. Pl.) zusammen und bilden es, sowohl für maskuline als auch für feminine Substantive (nur im Luishonés kommt es auch vor). Außerdem wird der maskuline Artikel eth (der) zu er wenn ein Vokal folgt (mit Ausnahme von Canejan und Bausen, wo eth auch vor Vokalen steht):
Wortschatz
Hier einige Wörter und Sätze für den Anfang:
Bon dia/ Bonjorn [bunˈdia] / [bunˈʒur] — Guten Tag / Guten Morgen
Òla/ Adiu [ˈɔ.la] / [aˈðiw] / [aˈðjew] — Hallo
Bon vèspe/vrèspe / Bon ser [bumˈbɛs.pe]/ [ˈbɾɛs.pe] / [bunˈse] — Guten Abend
Bona net [ˈbu.na ˈnet] — Gute Nacht
Com va? / Quin va? / Com te va? [kum ba]/ [kim ba] — Wie geht’s dir?
Ben/ Plan ben/ Mau [ˈbeŋ]/ [plaˈbeŋ]/ [ˈmaw] — Gut / Sehr gut / Schlecht
Va plan [ba ˈpla] — Es geht (mir) gut.
Com te dides? Com te crides? [kum te ˈði.ðes]/[kum te ˈkri.ðes] — Wie heißt du?
Me digui … [me ˈði.ɣi] — Ich heiße…
Me cridi… [me ˈkɾi.ði] — Ich heiße…
Quin ei eth tòn nòm? [kin ej et tɔn nɔm] — Wie ist dein Name?
Eth mèn nòm ei…. [ed mɛn nɔm ej] — Mein Name ist…
Guairi/Quanti ans as? [ˈgwaj.ɾi ans as] [ˈkwan.ti] — Wie alt bist du?
Qu’è … ans [kɛ ans] — Ich bin … Jahre alt
D’a on ès? [da.un ˈɛs] — Wo kommst du her?
(Que) sò de… [ˈsɔ ðe] — Ich bin aus…
A on viues? / A on demores? [a.um ˈbi.wes] [a.un deˈmu.ɾes] — Wo wohnst du?
Viui / Demori en… [ˈbi.wi eŋ] [deˈmu.ɾi] — Ich wohne in…
Parles occitan/alemand/anglés/espanhòu? — Sprichst du Okzitanisch/Deutsch/Englisch/Spanisch?
Mercés / (Fòrça) gràcies [meɾˈses] [ˈgɾa.sjes] — Danke / (Vielen) Dank
Se vos platz / Se te platz [se βus plats] / [se te plats] — Bitte
Desencusatz-me / Perdon [de.zeŋ.kyˈzam.me] [de.zeŋ.kyˈzats.me] [peɾˈðuŋ] — Entschuldigung
Me sap de grèu [me ˈsad.de ˈɣɾɛw] — Es tut mir leid
Adiu [aˈðiw] / [aˈðjew] — Tschüß (zu einer Person)
Adishatz [aðiˈʃats] — Tschüß (zu mehreren Personen oder jemandem, den man siezt)
Enquia lèu [eŋˈki.a ˈlɛw] — Bis bald
Enquia dempús [eŋˈki.a ðemˈpys] — Bis später
Enquia deman [eŋˈki.a ðeˈmaŋ] — Bis morgen
Enquia un aute còp / Enquia ua auta [eŋˈki.a ˈjaw.te ˈkɔp] / [ˈjaw.ta] — Bis zum nächsten Mal
Òc [ˈɔ] — Ja
Non [ˈnu] — Nein
Non ac sabi pas [nu ak ˈsa.βi pas] — Ich weiß es nicht
Non ac compreni pas [nu ak kumˈpɾe.ni pas] — Ich verstehe es nicht
Non cau [nu ˈkaw] — Nicht nötig
Eth mèn telefòn qu’ei eth… [et mɛn teleˈfɔŋ kej et] — Meine Nummer ist…
Aué [aˈwe] / ager [aˈʒeɾ] / delàger [deˈla.ʒe] / deman [deˈmaŋ] / deman passat — Heute/ Gestern/ Vorgestern/ Morgen/ Übermorgen
aciu / aquiu [aˈsiw] [aˈsjew] / [aˈkiw] [aˈkjew] — hier / dort
açò / aquerò [aˈsɔ] / [a.keˈɾɔ] [aˈkɾɔ] — das hier/ das da, das dort
aguest / aqueth [aˈɣest] / [aˈket] — dieser/ jener
laguens / dehòra [laˈɣens] / deˈɔ.ɾa] — drinnen / draußen
nosati / vosati [nuˈza.ti] / [buˈza.ti] — wir / ihr
ahraga [aˈɾa.ɣa] / truha [ˈtɾy.a] / arradim [a.raˈðim] / ceda [ˈse.ða] — Erdbeere/ Kartoffel/ Weintraube/ Erbse
citron [siˈtɾuŋ] / poma [ˈpu.ma] / amètla [aˈmɛl.la] / persec [ peɾˈsek] — Zitrone/ Apfel/ Mandel/ Pfirsich
lèit [ˈlɛj(t)] / hormatge [urˈma.d͡ʒe] / boder [buˈðe] / mèu [ˈmɛw] — Milch/ Käse/ Butter/ Honig
bièra [ˈbjɛ.ɾa] / aigua [ˈaj.ɣwa] / citronada [si.tɾuˈna.ða] — Bier/ Wasser/ Limonade
veir [ˈbej] — sehen (sonst gask. véder/véser/ veir; okz. veire)
díder [ˈdi.ðe] — sagen (sonst gask. díser/ díder; okz. dire)
vier [ˈbje] — kommen (sonst gask. viéner/vier/vénguer; okz. venir)
tier [ˈtje] — halten/ behalten/ bewahren (sonst gask.: tiéner/tier//ténguer; okz. tenir/téner)
creir [ˈkɾej] — glauben/ gehorchen (sonst gask. créser/créder/creire; okz. creire/creure)
sèir / setiar / assetiar [ˈsɛj] [seˈtja] — sitzen (sonst gask. [as]séder; okz. assetar/assetiar/sèire)
quèir / càder [ˈkɛj] [ˈka.ðe] — fallen/hinfallen (sonst gask. càder/càser/càger/cair/ quèir; okz. caire/tombar)
Das Katalanische hat aber auch einen gewissen Einfluss auf den traditionellen Wortschatz gehabt. So benutzt man oft «molt» statt «fòrça» (viel), «veu» statt «votz» (Stimme), «creu» statt «crotz» (Kreuz) oder «german» statt «frair» (“Bruder”; Katalanisch: «germà»). Leider werden diese Formen von der aranesischen Sprachakademie als Synonyme anerkannt, was die aranesische Form unnötig von der standardokzitanischen entfernt. Andererseits haben diejenigen, die für die Normierung des Aranesischen verantwortlich waren, auch viele Wörter erfunden, da man sich stärker vom Katalanischen entfernen wollte. Dies hat dazu geführt, dass man sich aber stattdessen vom Okzitanischen entfernt. Zu diesen neuen Wörtern gehören so skurrile Wortschöpfungen wie «pòga pòc» (“Schritt für Schritt”; eigentlich «pòc a pòc», Katalanisch : «a poc a poc»), «pròplèu» (“in der Nähe”; statt «apròp/près»; Katalanisch: «a prop»), «prebotjar» (“fördern”, statt «promòir»; wörtliche Übertragung von promòir = pre [für] + botjar [bewegen]; Katalanisch: «promoure») oder «termièra» (“Grenze”, statt «frontèra/ frontièra»; Katalanisch: «frontera»). Bei diesen Wörtern sollte man immer den traditionellen okzitanischen/aranesischen Wörtern (in fett) den Vorzug geben.
Allerdings hat das Spanische wohl den größten Einfluss auf den heutigen Wortschatz, besonders in Bereichen der Verwaltung und der Technologie. So hört man oft «increment» statt «aumentacion» (Zuwachs), «matricula» statt «inscripcion» (Einschreibung), «per casualitat» statt «per azard» (durch Zufall), «talhèr» statt «obrador» (Workshop), «subralhar» statt «sotalinhar» (unterstreichen), «informe» statt «rapòrt» (Bericht), «diari» statt «jornau» (Tageszeitung), «inversion» statt «investiment» (Investition), «resèrva» statt «reservacion» (Reservierung), «querelha» statt «denóncia» (Anzeige/Klage) und «empresa» statt «enterpresa» (Unternehmen). Manchmal wird auch «oficina» genannt, weil man sonst im Okzitanischen «burèu» sagt, dies wurde allerdings aus dem Französischen übernommen («bureau» = Büro) und kann daher nicht als „richtiger“ betrachtet werden. Diese Hispanismen sind offiziell anerkannt und werden selbst von den aranesischen Institutionen benutzt. Teilweise, besonders bei Nicht-Muttersprachlern, kommt es sogar zu neuen Wortschöpfungen wie «abantes», eine Mischung aus «abans» (Aranesisch) + «antes» (Spanisch) für „vorher“, oder man übernimmt die Wörter direkt, z.B. «hasta» (Span. für „bis“) anstatt «enquia / entà» (z.B. «Enquia deman!» – ‘Bis morgen!’; «Vau de Vilamòs enquia Vielha» – ‘Ich gehe von Vilamòs bis nach Vielha’; aber «Eth non ven entà deman» – ‘Er kommt nicht bis/vor morgen’) und «después» (nach) anstatt «dempús/despús/après». Seitdem der Zugangstunnel zum Rest Spaniens gebaut wurde, schleichen sich auch immer mehr spanische Barbarismen in die Alltagssprache ein, die man aber vermeiden sollte. Beispiele: «vasso» (statt «veire/gòt»; Glas), «lhòco» [statt «hòl»; verrückt) oder «límpio» (statt «net»; sauber).
Da das Okzitanische von mehreren großen Sprachen „überdacht“ wird, gibt es besonders bei neuen Wörtern Unterschiede zwischen dem Aranesischen, dem Cisalpenc (Piemont) und den Dialekten in Frankreich. Viele Wörter der Moderne wurden und werden aus der jeweiligen Staatssprache entlehnt und stimmen daher nicht immer überein. Beispiele: «coche» [ˈku.ʧe] (‘Auto’ im Aranesischen; Spanisch «coche» → Katalanisch «cotxe» → Galicisch «coche» → Asturisch «coche») / «veitura» (‘Auto’ im Okzitanischen Frankreichs; Französisch «voiture») / «maquina» (‘Auto’ im Okzitanischen Italiens; Italienisch «macchina»); «diari» (‘Tageszeitung’ im Aranesischen; Spanisch «diario» → Katalanisch «diari») / «jornal» (‘Tageszeitung’ im Okzitanischen Frankreichs und Italiens; Französisch «journal») / Italienisch «giornale»); «ordenador» [uɾ.ðe.naˈðu] (‘Computer’ im Aranesischen; Spanisch «ordenador» [allerdings aus dem Französischen entlehnt] → Katalanisch «ordinador» → Galicisch «ordenador» → Baskisch «ordenagailu») / «ordinator» (im restlichen Okzitanisch; Französisch «ordinateur»); «pantalha» (‘Bildschirm’ im Aranesischen; Spanisch «pantalla» [vom Katalanischen entlehnt] → Katalanisch «pantalla» → Galicisch «pantalla» → Baskisch «pantaila») / «escran» (im Okzitanischen Frankreichs; Französisch «écran»); «teclat» (‘Tastatur’ im Aranesischen; Spanisch «teclado» → Katalanisch «teclat») / «clavièr» (restliches Okzitanisch; Französisch «clavier»), etc.
Andererseits gibt es auch einige französische Lehnwörter im Aranesischen, besonders beim Thema Schule: «creion» (statt «gredon»; (Bunt-)Stift; von «crayon»); «caièr» (statt «quadèrn»; Heft; von «cahier»); «boèta» (statt «bóstia/bróstia»; Schachtel; von «boîte»), «estilò» (auch estilo/ boligraf; Kugelschreiber; von «stylo») oder «retrèta» (statt «retirada»; Ruhestand; von «retraite»); aber auch «cimentur» (statt «paredèr»; Betonbauer; von «cimenteur»), «sanglièr» (statt «singlar»; Wildschwein; von «sanglier») oder «apuprètz» (statt «mès o mens»; ungefähr, circa; von «à peu près»). Neuerdings ist zu beobachten, dass einige dieser Lehnwörter durch Hispanismen ersetzt werden. Diese sind aber weder anerkannt noch zu empfehlen. Beispiel: «bòli» (statt «estilò») oder «libreta» (statt «caièr/quadèrn»).
Zum Schluss wollte ich noch ein paar aranesische Musiker nennen, damit man sich die Sprache mal anhören kann. Da es sich um eine sehr kleine Sprachgemeinde handelt, gibt es leider keine große Auswahl. Die bekannteste Band ist Bramatopin, die eine Mischung aus traditionellen und selbst geschriebenen Liedern singt (z.B. Tornaram oder Es Caulets). Die Sprachgemeinde ist so klein, dass ein Bandmitglied bis vor kurzem der Ministerpräsident von Aran (Sindic d’Aran) war. Es Corbilhuèrs dagegen machen nur traditionelle aranesische und gaskognische Musik, sie fehlen auf keinem Dorffest (z.B. Te vòs maridar, Roseta oder die aranesische Version von Era Immortèla). Die offizielle Hymne des Aran-Tals ist Montanhes araneses (auch Aqueres montanhes genannt), die aranesische Version von Se canta (im 14. Jhd. entstanden; regional auch Se chanta/ Aquelas montanhas/ Aqueras montanhas/ La font de Nimes), der inoffiziellen Nationalhymne Okzitaniens. In der letzten Zeit sind auch jüngere Künstler erschienen, die ihre Lieder auf Aranesisch schreiben und singen. Dazu zählt vor allem Alidé Sans (z.B. Esclaua, Audèths, Pirata de montanha oder Eth riu) oder die Gruppe Sin Hip Hop No Hay Crew (Crazy Alvarez, ein Bandmitglied, macht auch als Solokünstler Rap auf Aranesisch; z.B. Perque non? oder Dera evolucion ara revolucion zusammen mit Alidé Sans).
Nadau, die wohl bekannteste Band Okzitaniens (aus Tarba im Bearn/Gaskogne), hat zudem ein Lied über und für das Aran-Tal geschrieben: Adius a la Val d’Aran. Es ist im Aran-Tal unglaublich beliebt und wird noch lauter mitgesungen als die eigentliche Nationalhymne. Die beiden lautesten Parts sind immer der Refrain und die letzte Strophe:
«Val d’Aran, cap de Gasconha,
luènh de tu que’m cau partir
Val d’Aran, cap de Garona,
luènh de tu que’m vau morir.»
«Companhs de Les e de Bossòst,
de Salardú e Vilamòs,
brembatz-vo’n plan deth praube Joan
qui a estimat tant era Val d’Aran.»
„Val d’Aran, Spitze der Gaskogne,
ich muss dich weit zurücklassen.
Val d’Aran, Quelle der Garonne,
weit von dir entfernt werde ich sterben.“
„Freunde aus Les und aus Bossòst,
aus Salardú und Vilamòs,
erinnert euch gut an den armen Joan,
der das Aran-Tal so sehr geliebt hat.“
Hier ein Konzert von Nadau in Vielha:
So, das war’s dann erstmal :) Adishatz e enquia un aute còp!
Quellen / Hònts:
- Geschichte + Soziolinguistik Aran: Era Val d’Aran, una comunidad lingüística aislada
- Linguistische Besonderheiten des Aranesischen, Dialektologie, regionaler Vergleich: L’occità de la Vall d’Aran davant els parlars veïns. Implicacions lingüístiques [..]
- Okzitanische Grammatik, Allgemeines zur okzitanischen Sprache, Konjugationen : Lo Congrès permament de la lenga occitana
- Aranesische Morphologie: Morfologia verbal aranesa
- http://www.aranes.org/web/
- http://www.conselharan.org
- Institut d’Estudis Occitans
- Academia Occitana
- De les Normes ortografiques a l’occitan larg (Aitor Carrera)
- Institut d’Estudis Aranesi
- L’aranés e l’occitan general – Quatre estudis
- Normes ortografiques der aranés
- Introduccion ara gramatica occitana (Loís Alibèrt)
- Elements bàsics de la llengua occitana
- Una aproximació a les varietats geogràfiques de l’occità a la Vall d’Aran
- Diàleg transfronterer en una cruïlla pirinenca (Aitor Carrera)
- Se vò sauvar er aranés, era Val d’Aran non pòt pas demorar isolada ne tanpòc hèr sonque ath sòn cap (Interview Aitor Carrera; Jornalet)
- Proverbes patois de la Vallée de Biros en Couserans (Félix Pasquier/ Pierre Castet)
*entà dempús: calc del castellà (Solució: Entà mès tard)
òla, Bona tarde: idem (Adiu; Bon dia)
Tier existeix en gascó defora d’Aran, cf. vier per viéner o vénguer
Quin ei eth tòn nòm? és molt menys corrent que Com te crides? Com te dides?
„vò“ per vòu és una norma escrita de l’aranès criticable, perquè -òu en certes zones del gascó és pronunciat -ò (ex. Nogarò(u) de Claude Nougaro) però es nota -òu per diasistèma i perquè el femení és – òla
En condicional del verb Creure, les persones que notes amb É (-iés, -ié, ién) s’haurien de notar -á indicant la pronunciació amb e tancada.
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„qui estimava (??) era Val d’Aran.
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Parleu de la lletra de la cançó de Nadau?
A la pàgina del grup diuen que és „qui a estimat tant era Val d’Aran“.
https://nadau.com/paroles/1740
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Corregiu *Sobjunctiu: SUBJONTIU
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Merci!
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Was denkent Sie über Kastilien? es ist für Sier nicht wichtig ?
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Warum fragen Sie? Natürlich ist Kastilien auch wichtig. (si le es más cómodo me puede escribir en castellano, no hay problema)
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