El català – Das Katalanische

Katalanisch, nicht zu verwechseln mit Kastilisch, ist mit ca. 11 Mio. Sprechern die größte Regionalsprache Europas. Mir ist positiv aufgefallen, dass das immer mehr Leuten bewusst ist, denn noch bis vor ein paar Jahren hat mich jeder gefragt, was Katalanisch denn wäre und die wenigsten wollten mir abkaufen,dass es sich tatsächlich nicht um einen Dialekt des Spanischen, sondern um eine eigene Sprache, handelt. Das ist komisch, so erschien doch bereits im Jahr 1502 als erstes in katalanischer Sprache gedrucktes Buch das Katalanisch-Deutsche Wörterbuch „Vocabolari molt profitos per aprendre Lo Catalan Alemany y Lo Alemany Catalan“ (Ein gar nützliches Wörterbuch wodurch Katalanen Deutsch und Deutsche Katalanisch lernen können).

Katalanisch ist, wie alle anderen romanischen Sprachen auch, aus dem gesprochenen Vulgärlatein entstanden. Das Lateinische kam ab 218 v. Chr. mit den Römern in eine Region, die in den vergangenen Jahrhunderten von vielen verschiedenen Völkern besiedelt worden war. Außerdem war es eine wichtige Transitzone zwischen Europa und der Iberischen Halbinsel, sodass hier u.a. die vorkeltischen Sorothapten, die proto-keltische Urnenfeldkulturen und später die Iberer siedelten, deren Siedlungsgebiet sich entlang der gesamten Mittelmeerküste der Iberischen Halbinsel erstreckte. Zudem siedelten Griechen und Phönizier an der katalanischen Küste: Wichtige griechische Städte waren Rhode (heute Roses) und Emporion (heute Empúries), während Bàrcino (heute Barcelona) wohl eine phönizische Siedlung war, bevor sie die Iberer und später die Römer übernahmen. Da die ansässigen Iberer schon mit der römisch-griechischen Kultur vertraut waren, vollzog sich die Romanisierung hier relativ schnell. So war der Großteil der Bevölkerung bereits im Jahr 19 v. Chr. – als die letzten Gebiete in Nordspanien erobert wurden – lateinischsprachig. Nur der äußerste Nordwesten (Ribagorça und Pallars), in dem vor allem Basken lebten, behielt wohl das Baskische als Umgangssprache bis ins frühe Mittelalter bei. Nachdem das Römische Reich im 5. Jhd. untergegangen war, eroberten germanische Westgoten das Gebiet, doch ihr Einfluss auf die Volkssprache hielt sich in Grenzen (da sie relativ wenige waren und auch eher im Zentrum der Iberischen Halbinsel siedelten). Anfang des 8. Jhd. kamen dann die Mauren und eroberten fast die gesamte Iberische Halbinsel. In dem Gebiet, was heute Katalonien ist, konnten sie allerdings nur den Süden in ihrem Herrschaftgebiet halten, da das fränkische Karolinger-Reich den Norden ab Mitte des 8. Jhd. erobert und dort eine Art Schutzzone (Marca Hispànica/ Spanische Mark) mit verschiedenen Grafschaften eingerichtet hatte. Der Ursprungsort der katalanischen Sprache liegt hier, in den Katalanischen Grafschaften des Fränkischen Reichs (ab dem 10. Jhd. unabhängig).

Spanische Mark - Katalanische Grafschaften

Die Iberische Halbinsel um 800 n.Chr. Die Katalanischen Grafschaften befinden sich in dem Teil, der als Marca Hispánica gekennzeichnet ist. Blau ist das Emirat der Mauren.

Erste katalanische Wörter tauchen bereits im 8. und 9. Jhd. in lateinischen Texten auf, später auch ganze Sätze und Übersetzungen, jedoch gelten die „Homilies d’Organyà“ (spätes 12. Jhd.) als das erste literarische Werk, das vollständig auf Katalanisch verfasst wurde. Das mittelalterliche Katalanisch war zu der Zeit dem Okzitanischen sehr ähnlich, sodass man sagen kann, dass sie wohl zum selben sprachlichen Diasystem gehörten (bzw. Dialektkontinuum). Erst ab dem 13. Jhd. kann man von unterschiedlichen Sprachen sprechen, da sie sich zu dem Zeitpunkt schon stärker auseinander entwickelt hatten. Allerdings fassen heute viele Sprachwissenschaftler das Katalanische und das Okzitanische (manchmal zusammen mit der Aragonesischen Sprache) wieder zur Gruppe der okzitano-romanischen Sprachen zusammen, da die gegenseitige Verständlichkeit bei ca. 95% liegt (besonders in schriftlicher Form; in der gesprochenen Sprache ist die Verständlichkeit nicht so groß). Traditionell galt das Katalanische als Brückensprache zwischen den iberoromanischen (Spanisch, Galicisch-Portugiesisch, Asturleonesisch) und den galloromanischen Sprachen (Okzitanisch, Französisch, Arpitanisch), doch diese neue Einteilung scheint mir um einiges schlüssiger. Jemand, der nur Spanisch spricht, versteht Katalanisch genauso gut oder schlecht, wie z.B. Portugiesisch oder Italienisch. Vielleicht ist das Valencianische einfacher zu verstehen, da die Aussprache viel offener ist, als die balearischen oder nordkatalanischen Dialekte, aber selbst dann kann es oft schwierig werden. Ich würde sagen, dass es vergleichbar ist, wie wenn sich ein Sprecher des Hochdeutschen mit einem Sprecher des Niederländischen unterhält. Oder wie wenn jemand, der nur eine oberbairische Mundart spricht, jemanden verstehen soll, der nur Ostfriesisches Platt spricht (nur hypothetisch, denn monolinguale Bairisch- bzw. Niedersächsisch-Sprecher gibt es heutzutage ja nicht mehr). Hier zum Vergleich eine kleine Tabelle, in der die Verwandtschaft der Wörter zwischen dem Katalanischen, dem Spanischen, dem Okzitanischen und dem Französischen deutlich wird.

vocabulari comparatiu catala

Als Begründer der katalanischen Literatur gilt Ramon Llull, ein Mallorquiner, der zwischen 1232 und 1316 lebte und sich als Philosoph, Logiker, Grammatiker und Theologe einen Namen machte. Als Sohn eines katalanischen Ritters, der unter Jaume I El Conqueridor (König der Krone von Aragonien) geholfen hatte, Mallorca im Jahr 1229/30 zu erobern, wuchs er am Hofe des Königreichs Mallorca (der Krone Aragoniens zugehörig) auf, und wurde schnell zu einem der wichtigsten Gelehrten seiner Zeit. Die meisten seiner über 280 Werke veröffentlichte er auf Katalanisch (daneben schrieb er auch auf Okzitanisch, Latein und Arabisch). Tatsächlich war er der Erste, der die Volkssprache (Katalanisch) für wissenschaftliche Arbeiten benutzte. Nach ihm wurde das katalanische Äquivalent zum Goethe-Institut benannt (Institut Ramon Llull) und auch eine Privatuniversität in Barcelona (Universitat Ramon Llull).

Als im Jahr 1136 aus der Heirat zwischen Ramon Berenguer IV, dem Grafen von Barcelona, und Petronila de Aragón, der damals erst einjährigen Erbin des Königreichs von Aragón, die Krone Aragón entstand, verbreitete sich die katalanische Sprache rasch. Durch die sukzessive Eroberung südlicher Gebiete unter Jaume I El Conqueridor – der viermal verheiratet war, acht Geliebte und insgesamt 15 Kinder hatte – kam die Sprache so zunächst nach Mallorca (1230) und später auch bis auf die Pityusen (Ibiza und Formentera, 1235) und nach Valencia (zwischen 1232 und 1245, ab 1296 auch Orihuela und Alicante). Die Sprache kam nicht mit der Eroberung an sich, sondern durch die Wiederbesiedlung (repoblament) mit Katalanen aus dem Norden (vor allem aus der Grafschaft Urgell im heutigen Lleida) und im geringeren Maße durch Aragonesen, die allerdings im Landesinneren siedelten. Viele dieser Katalanen trugen ihre Herkunftsorte als Nachnamen, sodass man heute in Valencia viele Nachnamen findet, die auf katalanische Ortschaften zurückzuführen sind. Dazu zählen z.B. Pons (Ponts, Lleida), Ivorra/Iborra (Ivorra, Lleida), Torregrosa (Torregrossa, Lleida), Verdú (Verdú, Lleida), und mein Nachname Menargues/Menárguez (Menàrguens, Lleida).

Gebiete der Krone von Aragón

Gebiete der Krone von Aragón

Die Krone von Aragón wuchs bis zum 15. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten Großmächte im Mittelmeer heran: Zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert gehörten – je nach Region unterschiedlich lange – Teile Südfrankreichs (Béarn, Bigòrra, Comminges, Carcassone, Rosselló und die Provence), Städte wie Marseilles, Nizza und Montpellier, später dann Sardinien, Sizilien, Neapel und Teile Süditaliens und auch Athen und Neopatria zur Aragonesischen Krone. So passierte es, dass die Katalanische Sprache einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die einheimischen Sprachen (z.B. Sardisch, Neapolitanisch, Sizilianisch) hatte. Da sie Amtssprache der Krone war (neben Aragonesisch), fungierte sie auf internationaler Ebene auch oft als Diplomatensprache. Selbst als sich die Krone von Aragonien und die Krone von Kastilien durch die Heirat der beiden „Katholischen Könige“ (Isabel von Kastilien und Fernando II von Aragonien) Ende des 15. Jhd. vereinten, konnte das Katalanische seine Vormachtstellung in allen Belangen des öffentlichen Lebens vorerst beibehalten.

Das 15. Jhd. war die Blütezeit der katalanischsprachigen Literatur (auch Segle d’Or Valencià genannt), so zählten die Valencianer Ausiàs March, Jaume March, Joanot Martorell, Jaume Roig, Joan Roís de Corella und die Katalanen Pere Torroella, Francesc Eiximenis und Andreu Febrer zu den wichtigsten Schriftstellern und Dichtern in katalanischer Sprache. Im 16. Jhd. fing das Spanische an, das Katalanische als Literatursprache zu verdrängen. Zum einen war es die Zeit des Siglo de Oro – dem goldenen Zeitalter der kastilischsprachigen Literatur – weshalb viele katalanischsprachige Schriftsteller Spanisch lernten, um auf Spanisch zu schreiben, und zum anderen wurde der Markt für spanischsprachige Bücher immer größer (weshalb katalanische Schriftsteller auch auf Spanisch schrieben). Außerdem übernahmen Teile der katalanischen Aristokratie das Kastilische schnell als Umgangssprache, um am Hof in Madrid besser darzustehen. Doch trotz dieses Rückgangs gab es auch im 16. Jhd. wichtige katalanische Schriftsteller wie z.B. Cristòfor Despuig, Pere Serafí, Pere Miquel Carbonell und Onofre Ferragut. Die Zeit zwischen dem 16. und dem 18. Jhd. wird oft als Decadència (Niedergang) beschrieben, weil das Katalanische sukzessiv an Bedeutung verlor. Jedoch ist der Begriff nicht ganz passend. Ja, es erschien wenig bis keine Hochliteratur auf Katalanisch, die katalanische Elite übernahm das Kastilische und es wurde zu Spaniens einziger Amtssprache. Aber selbst im 18. Jhd., nachdem dem Fürstentum Katalonien und den Königreichen Mallorca und Valencia – als Strafe dafür, beim Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) die Habsburger unterstützt zu haben und nicht die als Sieger hervorgehenden Borbonen – alle eigenen Institutionen und jegliche Eigenständigkeit entzogen wurden, erschien Unterhaltungsliteratur auf Katalanisch. Fast alle Einwohner Kataloniens, Valencias und der Balearen waren monolinguale Katalanisch-Sprecher, nur die oberen 2 – 3% waren zweisprachig Spanisch/Katalanisch. Nichtsdestotrotz waren die Folgen für die Sprache natürlich dramatisch. Mit den Verordnungen „Decretos de la Nueva Planta“ verbot der neue spanische König Felipe V das Katalanische in der Verwaltung, in den Behörden, in den Schulen, in den Kirchen und in offiziellen Schreiben. Auch verlor die Krone von Aragonien jegliche Eigenständigkeit: Seit der Vereinigung mit Kastilien hatten die Staaten der Krone (Fürstentum Katalonien, Königreich Valencia, Königreich Mallorca, Königreich Aragón und das Königreich Sizilien) ihre politische Eigenständigkeit beibehalten. Jeder Staat bzw. jedes Königreich hatte seine eigene Ständeversammlung (Corts), eigene Zölle, Grenzen, eigene Gerichte und Gesetze. Das alles wurde abgeschafft, sodass die Zentralisierung Spaniens nach französischem Vorbild vollendet wurde. Trotzdem erschienen zu der Zeit katalanische Grammatiken (u.a. von Ullastra, Ros und Anglès), aber auch Prosa und Poesie (u.a. von Pau Puig, Joan Ramis, Lluís Galiana i Cervera und dem Baró de Maldà), in der Hochliteratur fehlte es allerdings vollkommen.

Das 19. Jhd. steht dagegen für die Wiedergeburt des Katalanischen in der Literatur, der Renaixença. Während der Renaixença wurde u.a. die Universität Barcelona (Universitat de Barcelona) wieder zurück nach Barcelona verlegt, nachdem sie im Jahr 1717 in das Dorf Cervera (Lleida) verlegt worden war, als Dank dafür, dass die Bewohner von Cervera Felipe V. im Erbfolgekrieg unterstützt hatten. Mit der Unterstützung von Seiten der Universität, der Reial Acadèmia de les Bones Lletres und der Arbeit vieler Linguisten entstanden zu der Zeit auch Grammatiken und Wörterbücher. Außerdem kehrt das Katalanische in die Hochliteratur und in das öffentliche Leben zurück. Zu den bedeutendsten Schriftstellern dieser Epoche zählen Bonaventura Carles Aribau, Miquel Anton Martí, Joaquim Rubió i Ors und Jacint Verdaguer. Doch schon Ende des 19. Jhd. beginnt eine neue Bewegung, die sich bis ins 20. Jhd. zieht: Der Modernisme. Dem einen oder anderen vielleicht aus der Architektur Barcelonas bekannt (Vertreter des katalanischen Modernisme waren Antoni Gaudí, Lluís Domènech i Muntaner und Josep Puig i Cadafalch), versucht diese Bewegung mit der romantischen Ästhetik des 19. Jhd. zu brechen, was in der Literatur verstärkt durch Symbolismus und Vitalismus zum Ausdruck kam (neben einer generellen Orientierung an der französischen Avantgarde). Wichtigste Vertreter des katalanischen Modernisme waren Jeroni Zanné, Joan Maragall, Víctor Català (ihr eigentlicher Name war Caterina Albert i Paradís), Narcís Oller, Santiago Rusiñol und Joan Puig i Ferrater. Außerdem veröffentlichten das Institut d’Estudis Catalans (mit der Beteiligung von Pompeu Fabra und Antoni Maria Alcover) im Jahr 1913 die einheitliche Rechtschreibung für das moderne Katalanisch (Normes ortogràfiques), die – bis auf wenige Änderungen – bis heute gültig ist.

Während der beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts – unter Primo de Rivera (1923-1930) und die unter Franco (1939-1975) – war das Katalanische in unterschiedlichem Maße verboten. Primo de Rivera, der Dank eines Militärputsches an die Macht kam, der von der katalanischen Bourgeoisie unterstützt worden war, verbot das Katalanische wieder in öffentlichen Versammlungen, in den Kirchen, in den Schulen und führte spanische Straßen- und Ortsnamen ein, um die katalanischen zu ersetzen. Doch trotzdem verschwand das Katalanische nicht, denn viele Bürgervereine, Intellektuelle  und Künstler widersetzten sich den Verboten. Zu ihnen gehörten z.B. der Orfeó Català (Kataloniens bedeutendster Chor), Acció Catalana (eine katalanistische Bewegung), Pau Casals (bekannt als bester Cellist aller Zeiten, und Pazifist, der während der Franco-Diktatur im Exil für die Wiedereinführung der Demokratie  und für Frieden kämpfte), Pere Rahola (Politiker und Anwalt) und Antoni Rovira i Virgili (Journalist und Politiker). Nach der Diktatur folgten ein paar Jahre, in denen das Katalanische wieder erlaubt und in Katalonien sogar zweite Amtssprache war (während der 2. Spanischen Republik), aber bereits 1939 wurde es unter Franco wieder verboten. Die Anfangsjahre der Franco-Diktatur waren wohl die schlimmsten: Das Katalanische und jegliche katalanische Kultur wurden nicht nur verboten, sondern schonungslos verfolgt. Im Privaten durfte die Sprache zwar gesprochen werden, jegliche Verwendung in der Öffentlichkeit wurde aber bestraft. Spanisch wurde zur einzigen Amtssprache, Straßen- und Ortsschilder, die Beschilderung in Geschäften, der Schriftverkehr mit den Behörden und alles, was veröffentlicht wurde, musste auf Spanisch sein. Damit wollte Franco sein Motto „España, ¡una, grande y libre!“ („Spanien, eins, groß und frei“, also unteilbar, imperial und keinen ausländischen – „kommunistischen/jüdischen“ – Einflüssen ausgesetzt) umsetzen. Für seinen Nationalstaat mussten alle „spanisch“, also kastilisch, sein. So hieß ein weiteres Motto von ihm „Si eres español, habla español“ („Wenn du Spanier bist, dann sprich Spanisch“). Damit – und mit der Durchsetzung des Spanischen als einzige Unterrichtssprache in der Schule – versuchte er besonders die Landbevölkerung, die teilweise nur Katalanisch sprechen konnte, zu kastilisieren. Die meisten katalanischsprachigen Schriftsteller gingen ins Exil nach Frankreich oder Lateinamerika, von wo aus sie weiterhin ihre Werke auf Katalanisch veröffentlichten. Doch auch die in Spanien gebliebenen sahen nicht tatenlos zu. Immer wieder veröffentlichten sie Werke aus dem Untergrund heraus, auch wenn diese kurz danach wieder verboten wurden (z.B. Salvador Espriu und Josep Palau). Gegen Ende der 40er Jahre durften einzelne Bücher auf Katalanisch veröffentlicht werden, aber nur begrenzt: So durften zwar einzelne Wörterbücher, Folkore-Werke und Klassiker veröffentlicht werden, aber keine Romane, Sachbücher, Geschichtsbücher oder Kinder- und Jugendliteratur. Es sollte aber noch bis zum Anfang der 60er Jahre dauern, bis die Sprachpolitik Francos gelockert wurde. Dies war auch die Zeit der Nova Cançó, einer Musikbewegung, die mit ihrer Musik den sozialen Missstände aber auch das neue katalanische Selbstwertgefühl zum Ausdruck brachte. Und die Vertreter sangen, natürlich, auf Katalanisch. Allerdings wurden auch immer wieder Lieder und Auftritte verboten, Sänger*innen hinhaftiert, etc. Die wichtigsten Vertreter der Nova Cançó waren Lluís Llach, Els Setze Jutges, María del Mar Bonet, anfänglich auch Joan Manuel Serrat und besonders Raimon, der 1963 zusammen mit Salomé den 1. Platz beim Festival de la Canción Mediterránea belegte und 1966 sogar mit Bob Dylan und Joan Baez in Paris auftrat.

Mit Francos Tod 1975 und mit dem Inkrafttreten der Spanischen Verfassung im Jahr 1978 und der jeweiligen Autonomiestatute (Landesverfassungen) Kataloniens (1979, 2006 reformiert), Valencias (1982, 2006 reformiert) und der Balearen (1983, 2007 reformiert), erlangte die katalanische Sprache ihren alten Status als Amtssprache zurück. Seitdem haben die Regionalregierungen einen sprachlichen Normalisierungsprozess begonnen (Normalització llingüística), mit dem Ziel, dem Katalanischen wieder den Raum im öffentlichen Leben zu geben, den es vor der Diktatur gehabt hatte. Erschwert wurde dieser Prozess ein bisschen durch die Tatsache, dass besonders in Katalonien und auf Mallorca mittlerweile über 50% der Bevölkerung aus spansichsprachigen Binnenmigranten – vor allem aus Andalusien, Murcia und Extremadura – bestand, die zwischen 1950 und 1980 dorthin gezogen waren, um zu arbeiten, und die die neue Sprachpolitik als Angriff auf ihre persönliche Sprachfreiheit ansahen. Anfangs gab es allerdings kaum Probleme, da die Aufbruchstimmung nach der Diktatur viele andere Konflikte überdeckte. Besonders in Katalonien wurde versucht, den Normalisierungsprozess sehr gründlich zu vollziehen. So fand die katalanische Sprache ihren Weg zurück in die Verwaltung, die Behörden, Kirchen, Schulen, Universitäten, Straßen und in die Regionalparlamente. Katalanischsprachige Literatur, Musik und Filme wurden/werden subventioniert und Mindestquoten für Katalanisch in den Medien festgelegt. Die Generalitat – die katalanische Regionalregierung – hat viel unternommen, um die Sprache am Leben zu erhalten. Wobei man anzweifeln kann, ob sie zu der Zeit wirklich gefährdet war. Wenn man nämlich die Zahlen von von damals und heute vergleicht, kommt man zu folgendem Schluss: Die Sprachpolitik hat zwar geschafft, dass heute mehr Leute Katalanisch sprechen und schreiben können als jemals zuvor (in absoluten Zahlen), die absolute Zahl derer, die Katalanisch als Muttersprache haben, hat sich aber in den letzten 100 Jahren kaum verändert. Gegen 1900 lebten ca. 2 Mio. Menschen in Katalonien (die wohl fast alle Katalanisch als Muttersprache hatten), im Jahr 2008 hatten 2,18 Mio. Katalanen das Katalanische als Muttersprache, was knapp 33% der Bevölkerung entsprach. Dass der Anteil an der Gesamtbevölkerung so niedrig ist, liegt einfach an der massiven Einwanderung in den 60er (aus dem Rest Spaniens) und 2000er Jahren (vor allem aus Lateinamerika, dem Maghreb und Rumänien). Ohne diese Einwanderung hätte Katalonien Schätzungen zufolge heute nur höchsten 3 Mio. Einwohner, und nicht wie heute 7,5 Mio. Daran wird deutlich, dass diejenigen, deren Muttersprache sowieso Katalanisch ist, die Sprache beibehalten und auch an die nächste Generation weitergeben, während diejenigen, deren Muttersprache Spanisch ist – selbst wenn sie Katalanisch sprechen können – meist nur das Spanische an die Kinder weitergeben. Ein Problem ist allerdings, dass Katalanisch-Sprecher aufgrund der Minorisierung dazu tendieren, sich ihrem Umfeld anzupassen: leben z.B. in einem Viertel nur wenig Katalanisch-Muttersprachler ist es wahrscheinlich, dass besonders die Jüngeren zum Spanischen wechseln und auch bei dieser Sprache bleiben. Verstärkt wird das Phänomen durch die Globalisierung und das Internet: heutzutage finden junge Menschen ihre Unterhaltung vor allem im Internet, wo das Angebot auf Spanisch unglaublich viel größer ist als auf Katalanisch (Youtube, Tik-tok, Netflix, etc.). Sprachen 2003 noch 35% der unter 29-Jährigen mit ihren hauptsächlich Katalanisch mit ihren Freunden (insgesamt sprachen 73% in unterschiedlichem Maß Katalanisch mit ihren Freunden), sind es heute nur noch 27% (66% sprechen in unterschiedlichem Maß Katalanisch mit ihren Freunden). Am besten sieht man das in den ländlichen Gebieten, wo es weniger Einwanderung gab: In den Terres de l’Ebre (Tarragona), im Alt Pirineu (Nordwesten) und im Landesinneren von Lleida und Girona ist Katalanisch die Muttersprache von zwischen 60 und 80% der Bevölkerung, während es in der Metropolregion Barcelonas nur von knapp 24% die Muttersprache ist (Zahlen vom Katalanischen Statistikinstitut Idescat). Natürlich war und ist die Sprachpolitik unglaublich wichtig, vor allem, um denjenigen, die hauptsächlich Katalanisch im Alltag sprechen (etwa 44% der Bevölkerung) die Möglichkeit zu geben, ein „normales“ Leben in ihrer Sprache führen zu können, aber man sieht auch, dass all die Anstrengungen der Regierung noch nicht das Ergebnis zur Folge hatten, das man erwartet hatte (Tatsache ist, dass u.a. durch die Einwanderung der prozentuale Anteil der Katalanisch-Muttersprachler dramatisch zurückgeht: von ca. 50% Ende der 90er Jahre auf ca. 34% im Jahr 2018; in dieser Zeit stieg der Anteil derjenigen, die im Ausland geboren wurden, von 4% im Jahr 2000 auf 19% im Jahr 2018).

Die wichtigste Säule bei der Normalisierung ist das Bildungssystem, das allerdings regional sehr unterschiedlich ist. So ist in Katalonien das Katalanische, zumindest theoretisch, die einzige Unterrichtssprache von der Kinderkrippe bis zum Abitur, und auch auf den Balearen ist es die Hauptsprache im Unterricht (allerdings werden oft 50% der Fächer auf Katalanisch und 50% der Fächer auf Spanisch unterrichtet). In Valencia, das historisch zweigeteilt ist in einen katalanischsprachigen und einen spanischsprachigen Teil, sieht es allerdings anders aus. Hier gibt es innerhalb jeder Schule verschiedene Linien, die entweder Spanisch oder Katalanisch als Unterrichtssprache haben. Zwar sind alle Schulen verpflichtet, beide Linien anzubieten, dies geschieht jedoch nicht immer. So kommt es, dass in Valencia nur rund 30% der Schüler auf Katalanisch unterrichtet werden. In der Autonomen Gemeinschaft Valencia ist der Sprachwechsel, der vor allem von der ehemaligen rechts-konservativen PP-Regierung unterstützt wurde, teilweise ziemlich stark fortgeschritten. So sprechen in den großen Städten wie València oder Alicante (Alacant) nur noch jeweils 20% bzw. 12% der Bevölkerung Katalanisch Zuhause. Am lebendigsten ist es als Muttersprache auf dem Land, z.B. in der Region Alcoi-Gandia (68%), Provinz València (66%) und Castelló (49%).

Heute wird Katalanisch noch in vier Staaten gesprochen:

  • Spanien
    • Katalonien (überall)
    • Valencia (in den spanischsprachigen Gebieten im Landesinneren, Valencia Stadt und Alicante weniger)
    • Balearen (Mallorca, Menorca, Ibiza/Eivissa und Formentera)
    • Aragón (Franja de Ponent, an der Grenze zu Katalonien)
    • Murcia (in der Gemeinde El Carxe)
  • Andorra (einzige Amtssprache)
  • Frankreich
    • Im Department Pyrénées-Orientales/ Roussillon  (auf kat. Catalunya Nord / Rosselló) mit Hauptstadt in Perpignan/ Perpinyà
  • Italien
    • In der Stadt Alghero (l’Alguer) auf Sardinien

Verbreitung des Katalanischen

Der Status der Sprache ist jedoch in jeder Region unterschiedlich. Während sie in Andorra die einzige Amtssprache ist und in Katalonien, Valencia und den Balearen einen kooffiziellen Status genießt, bekommt sie in Aragón, Frankreich und Italien keinerlei Unterstützung von Seiten der Regierung. In Aragón hat die Regionalregierung (PP und Partido Aragonés) 2013 sogar – entgegen aller Kritiken und Proteste von Seiten der Opposition und der Sprecher des Katalanischen – mit dem neuen Sprachgesetz entschieden, die Sprache nicht mehr Katalanisch zu nennen, sondern sie von da an Lengua Aragonesa Propia del Área Oriental (Einheimische aragonesische Sprache der östlichen Gebiete), kurz LAPAO, zu nennen. Das Aragonesische wurde auch nicht mehr „Aragonés“, sondern Lengua Aragonesa Propia de las Áreas Pirenaica i Prepirenaica (Einheimische Aragonesische Sprache der Pyrenäen und Vorpyrenäen), kurz LAPAPYP, genannt. Proteste kamen vor allem von Seiten der katalanischen Regierung, aber auch von den Katalanisch-Sprechern in Aragón, die sich und ihre Sprache verhöhnt sahen. Um ehrlich zu sein, war es einfach nur peinlich, was die da in Aragón gemacht haben und kurz darauf füllte sich das Internet mit Memes zu dem Thema, weil es so lächerlich war. Zum Glück hielt das nur drei Jahre, denn 2016 bekamen die Sprachen mit der neuen Regierung (PSOE und Chunta Aragonesista) auch wieder ihren richtigen Namen zurück.

In Frankreich begann die Unterdrückung des Katalanischen bereits im 17. Jhd., als im Jahr 1659 Nordkatalonien durch den Pyrenäenfrieden an Frankreich ging. Obwohl der Friedensvertrag beinhaltete, dass die katalanischen Institutionen und Sprache beibehalten werden mussten, hielt sich der damalige König Ludwig XIV (der „Sonnenkönig) nicht dran: Nur ein Jahr nachdem der Vertrag unterschrieben worden war, schaffte er die Regionalregierung ab und verbot die Sprache in der Öffentlichkeit. Selbst heute tut die Regierung Frankreichs nichts für den Erhalt des Katalanischen (und der anderen Regionalsprachen). Alles was heute für die Sprache getan wird, beruht auf privaten Initiativen. So ist z.B. auch ein privates Schulnetz entstanden (La Bressola, „Die Wiege“), in dem Katalanisch vom Kindergarten an die Hauptverkehrssprache ist. Allerdings darf in den öffentlichen Schulen Katalanisch als Wahlfach gewählt werden, was 25% der Schüler tun. Trotzdem können nur etwa 16% der 18-24 jährigen Katalanisch sprechen, während es bei den über 65 jährigen 73% sind. In l’Alguer auf Sardinien sieht es nochmal anders aus. Bis zum 2. Weltkrieg sprach die Mehrheit der Bevölkerung Katalanisch (der lokale Dialekt heißt Alguerès) im Alltag. Doch durch zunehmende Einwanderung anderer Sarden, Bildung und Medien ausschließlich auf Italienisch und der Übermacht des Italienischen als Nationalsprache Italiens, hat ein radikaler Sprachwechsel stattgefunden. Zwar können noch 60% der Bewohner Katalanisch sprechen, doch die Muttersprache ist es nur noch von 22% und im Alltag benutzen es gerademal 13% (Zahlen aus dem Jahr 2004, Generalitat de Catalunya). Außerdem konkuriert das Katalanische in l’Alguer nicht nur mit dem Italienischen, sondern auch mit dem Sardischen, das von etwa 35% der Bewohner gesprochen wird (im Alltag allerdings nur von 3%). Am lebendigsten ist das Alguerès dabei noch in der Alstadt, wo auch viele Vereine versuchen, die Sprache sichtbarer zu machen. Da jedoch die intergenerationelle Weitergabe der Sprache abgebrochen ist (katalanischsprachige Eltern sprechen mit ihren Kinder Italienisch), muss noch sehr viel mehr passieren als das, was bisher für den Erhalt der Sprache getan wurde. Zwar ist Katalanisch theoretisch ko-offizielle Amtssprache der Stadt, was bedeutet, dass man im Kontakt mit den Behörden Katalanisch benutzen darf, und Katalanisch auch als Wahlfach in der Schule angeboten wird, aber das ist halt noch zu wenig. In letzter Zeit scheint mehr zu passieren, so singen z.B. Franca Masu und Antonel·lo Colledanchise auf Katalanisch und es wurden verschiedene Kampagnen gestartet, um das Image des Katalanischen positiv zu verändern (z.B. Parla-me en alguerès). Komischerweise ist es die Billigfluggesellschaft Ryanair gewesen, die in den letzten Jahren am meisten für den Spracherhalt getan hat. Natürlich war das denen aber nicht bewusst. Durch die vielen billigen Flüge zwischen l’Alguer und Barcelona/ Girona (mittlerweile gibt es diese Route nicht mehr), kam es zu einem großen Austausch zwischen katalanischen und sardischen Jugendlichen. Vielen wurde durch Barcelona-Reisen bewusst, dass Katalanisch keine Bauernsprache oder Sprache der alten Leute ist, sondern viel mehr sein kann.  Mal gucken, wie es sich weiterentwickelt.


Das katalanische Sprachgebiet wird meistens in zwei dialektale Blöcke unterteilt, den östlichen (Català oriental) und den westlichen (Català occidental). Auch wenn z.B. in Valencia die Sprache traditionell Valencià, also Valencianisch, genannt wird (und sie so auch in der Landesverfassung steht), gehören die valencianischen Varietäten aus sprachwissenschaftlicher Sicht genauso zur katalanischen Sprache (westlicher Block), wie die balearischen Dialekte (östlicher Block), die auf der jeweiligen Insel entweder mallorquí, menorquí oder eivissenc genannt werden. Die dialektalen Unterschiede begrenzen sich größtenteils auf die Aussprache und den Wortschatz, in der Morphologie kann es zwar auch teilweise größere Variationen geben, was jedoch der gegenseitigen Verständlichkeit keinen Abbruch tut. So sind die katalanischen Dialekte untereinander sehr viel verständlicher als z.B. alemannische oder bairische Dialekte. Zu den Dialekten der katalanischen Sprache gehören u.a.:

Ostkatalanisch (Català oriental)

  • Nordkatalanisch/ Català septentrional, Rossellonès (Frankreich)
  • Zentralkatalanisch/ Català Central (Ostkatalonien)
    • Barceloní (Metropolregion Barcelona)
    • Salat (Costa Brava und Cadaqués)
    • Tarragoní (Stadt Tarragona und Umgebung)
  • Balearisch/ Balear
    • Mallorquí (Mallorca)
      • Pollencí
    • Menorquí (Menorca)
    • Eivissenc (Ibiza)
  • Alguerès (l’Alguer auf Sardinien, Italien)

Westkatalanisch (Català occidental)

  • Nordwestkatalanisch/ Català nord-occidental (Westkatalonien)
    • Ribagorçà (im Osten von Aragón + Nordwestkatalonien)
    • Pallarès (im Pallars, Nordwestkatalonien)
  • Übergangsdialekte/ Català de transició / Tortosí (in der Grenzregion zwischen Katalonien und Valencia)
  • Valencianisch/ Valencià (Valencianische Gemeinschaft/ País Valencià)
    • Castellonenc (südliche Provinz Castellón)
    • Apitxat (Teile der Provinz Valencia)
    • Meridional (Südliche Provinz Valencia und Provinz Alacant/ Alicante)
      • Alacantí (im Süden der Provinz Alacant/ Alicante und El Carxe in Murcia)

Natürlich gibt es noch weitere Unterdialekte, aber als Übersicht reicht das erstmal. Wie schon gesagt, die Dialekte unterscheiden sich nicht stark voneinander. Der größte Unterschied zwischen den westlichen und östlichen Dialekten ist die Aussprache unbetonter Vokale, genauer gesagt des unbetonten /e/, /a/ und /o/. In den ostkatalanischen Dialekten werden das unbetonte /e/ und /a/ als Schwa (vocal neutre) [ә] realisiert, also wie das <e> in „viele“ [ˈfiːlә]. Die Stadt Barcelona wird daher [bәrsәˈlonә] ausgesprochen. Ein unbetontes /o/ wird immer zu [u] (außer im Mallorquinischen): So wird das Wort „sortida“ (Ausgang) wie [surˈtiðә] ausgesprochen. Im Gegensatz dazu werden in den westkatalanischen Dialekten die unbetonten Vokale nicht zu [ә] oder [u] neutralisiert. „Sortida“ wird dann [sorˈtiða] und Barcelona [barseˈlona] ausgesprochen. Generell kann man sagen, dass Westkatalanisch „offener“ klingt, während das Ostkatalanische für deutsche Ohren geschlossen, ja manchmal genuschelt, klingt. Das Standardkatalanische, das man fast überall in den Medien sieht und hört, basiert auf dem Zentralkatalanischen, also einem östlichen Dialekt. Allerdings haben die beiden anderen großen Varietäten (Valencianisch und Balearisch) teilweise ihre eigenen Standards, die sich zwar größtenteils nach der Rechtschreibung und Grammatik des Standardkatalanischen richten, in die jedoch regionale Besonderheiten mit einfließen. Als sprachlich normierende Institution fungiert das Institut d’Estudis Catalans mit Sitz in Barcelona, nach der sich die valencianische Acadèmia Valenciana de la Llengua richtet und auch die Universitat de les Illes Balears, die auf den Balearen für die Anpassung des Standards an die regionalen Varietäten zuständig ist. Wirklich nötig sind sie für mich zwar nicht, denn mit verschiedenen Rechtschreibreformen wurden auch valencianische und balearische Formen im Standardkatalanischen anerkannt, aber besonders in Valencia pocht man sehr auf seine Eigenständigkeit. So schreibt man z.B. in Valencia este/ eixe (dieser hier / dieser da) statt aquest/ aqueix, ací/ açò (hier/ das da) statt aquí/ aixòhui (heute) statt avui oder seua/ teua (seine/deine) statt seva/teva. Die meisten dieser Wörter findet man aber auch außerhalb Valencias. Außerdem gibt es Unterschiede in der Verbkonjugation: Die 1. Pers. Sg. Indikativ Präsens bei Verben, die auf -ar enden, ist im Valencianischen -e, statt Standardkatalanisch -o: jo cante / jo canto (ich singe). Bei Verben, die auf -er und -ir enden fällt die Endung im Valencianischen weg: jo dorm – jo llig / jo dormo – jo llegeixo (ich schlafe – ich lese, Infinitiv: dormir, llegir). Auf den Balearen sieht es ähnlich aus. Hier fällt die Endung für die 1. Pers. Sg. Indikativ Präsens immer weg: jo cant – jo dorm – jo llig/llegesc (statt jo canto – jo dormo – jo llegeixo). Und auch die 1. + 2. Pers. Pl. werden anders gebildet: cantam / cantau (wir singen/ ihr singt) statt cantem / canteu. Generell muss man sagen, dass es zwar in der Konjugation von Region zu Region zu größeren Unterschieden kommen kann, insgesamt gesehen sind die Dialekte aber ziemlich einheitlich. Außerdem findet seit Jahrzehnten ein Vereinheitlichungsprozess statt, sodass dialektale bzw. regionale Besonderheiten verschwinden und sich dem Standard angleichen. Normativ sind meistens nur die standardsprachlichen (jedoch mit einigen Ausnahmen), denn allein für das Personalpronomen „wir“ (Standardkatalanisch: nosaltres) gibt es regional sehr viele Varianten: nosatros, nosatres, nosautris, naltres, noltres, naltros, noltros, natri, naltri, nantri, natros, noatros, nantros, mosaltros, mosaltres, mosatros, matros.… Hier ein paar Tabellen, um die Unterschiede bei der Konjugation nachvollziehen zu können. Die Formen, die im Standard und im jeweiligen Dialekt auch in der Schriftsprache erlaubt sind, sind fett. Möchte ich z.B. als Nordkatalane einen Artikel schreiben, habe ich entweder die Möglichkeit, das standardkatalanische „canto“ zu benutzen oder das nordkatalanische „canti“, allerdings wäre die zweite Option eher regional begrenzt (z.B. ein Artikel, der in einer nordkatalanischen Zeitung veröffentlicht wird). Dasselbe gilt für die Formen „cant“ (Balearen, l’Alguer) oder „cante“ (Valencia). Formen wie „càntic“, „càntoc“ oder „càntec“ sollten in der Schrift nicht wiedergegeben werden (außer in Mundartliteratur):

Eine weitere Besonderheit des Balearischen sind die bestimmten Artikel. Denn während diese in weiten Teilen des Sprachgebiets „el/la“ (vor Vokal l‘) und „els/les“ (der/die Sg. und die Pl.) sind (in Westkatalonien und in Valencia teilweise auch „lo/la/los/les“, in Pollença „u/la/us/les“), benutzt man auf den Balearen meistens „es, so/ sa/ es, sos / ses“. So kann man auf Mallorca z.B. „es pare“ (der Vater) statt „el pare“, „amb so cotxo“ (mit dem Auto) statt „amb el cotxe“, „sa ciutat“ (die Stadt) statt „la ciutat“, „es camins“ (die Wege) statt „els camins“ und „ses sabates“ (die Schuhe) statt „les sabates“ schreiben. Das bekannteste Beispiel für deutsche Touristen ist wohl der Strand von s’Arenal, oder auch Es Trenc.

Zur Entstehung der beiden Dialektblöcke gibt es unterschiedliche Theorien, die meistens zwei verschiedenen Argumentationen folgen: Auf der einen Seite stehen die Sprachwissenschaftler (z.B. Sanchis i Guarner, Ferrando i Francès), die das Augenmerk auf das vorromanische Substrat legen (also die Sprachen, die vor der Ankunft der Römer im entsprechenden Gebiet gesprochen wurden), das im Nordosten Kataloniens indoeuropäisch war und im Nordwesten Kataloniens vorindoeuropäisch (baskisch, iberisch). Durch die Eroberung neuer Gebiete und die Besiedlung Valencias durch Katalanen aus dem Nordwesten und der Balearen durch Katalanen von der Ostküste, verbreiteten sich dann die Dialekte. Auf der anderen Seite steht vor allem Antoni Badia, der mit seiner „Teoria de la romanització i la desromanització“ (Theorie der Romanisierung und der Deromanisierung) die bisher umfangreichste Arbeit zu diesem Thema veröffentlicht hat. Er konzentriert sich weniger auf das unterschiedliche Substrat, sondern viel mehr auf die Romanisierung (schnell/langsam, in alle Schichten durchdringend oder nicht) und auf die spätere Deromanisierung mit der Eroberung der Iberischen Halbinsel durch die Mauren (starke/schwache Arabisierung). So wurde Ostkatalonien relativ schnell und sehr „gründlich“ romanisiert, sodass die Bewohner das Lateinische schnell als Umgangssprache übernahmen. Auch Valencia und die Balearen wurden stark romanisiert, während der Nordwesten Kataloniens wenig bis gar nicht romanisiert wurde. Dort blieb das baskische Substrat (und die baskische Sprache) noch bis ins frühe Mittelalter erhalten, was man heute vor allem an den zahlreichen baskischen Ortsnamen erkennt (z.B. Suert, Erill und Benavarri in der Ribagorza, Gerri, Lessui, Esterri, Espot und Arestui im Pallars, Arans, Bixessarri und Isort in Andorra und Asnurri und Canturri im Alt Urgell). Mit den Mauren kam im 8. Jhd. auch das Arabische, der Islam und die arabische Kultur in die Region. Doch Nordkatalonien stand nur wenige Jahrzehnte unter arabischem Einfluss, sodass er dort so gut wie keine Spuren hinterließ. Ab 801 gehörten alle nördlichen katalanischen Grafschaften zur Spanischen Mark des Fränkischen Reichs. Das restliche Gebiet wurde arabisiert, sodass im 10. Jhd. im Norden schon Ost- und Westkatalanisch gesprochen wurde, während die Menschen in weiten Teilen Lleidas, Tarragonas und in ganz Valencia und den Balearen Mozarabisch (eine romanische Sprache, die aber zum einen stark vom Arabischen beeinflusst wurde, und zum anderen mit dem arabischen Alphabet geschrieben wurde) und Andalusí, einen lokalen arabischen Dialekt, sprachen. Badia ist der Meinung, dass diese arabisch- und mozarabischsprachige Bevölkerung dann das Katalanische übernahm, dabei das vorromanische Substrat mit einfließen ließ und  dass dadurch ein neuer westlicher Dialekt entstand. Dabei vergisst er jedoch, dass die arabischsprachige – und muslimische – Bevölkerung Valencias (Morisken genannt) nie katalanisiert wurde: Sie behielten ihren Glauben (trotz Zwangskonversion zum Katholizismus) und ihre Sprache bei und lebten getrennt von den christlichen – und katalanischsprachigen – Siedlern aus Nordwestkatalonien. Im Jahr 1609 wurden alle Morisken (etwa 270.000) aus Spanien vertrieben. Besonders vehement war man dabei in Valencia, über 117.000 Morisken (laut Henri Lapeyre) wurden auf Schiffen nach Marokko gebracht. Valencia verlor so ein Drittel seiner Bevölkerung, jedoch sind da die Morisken, die flohen oder starben nicht mit eingerechnet. Dadurch, dass Valencia fast 500 Jahr länger unter maurischer Herrschaft stand als Nordkatalonien, ist natürlich der arabisch-mozarabische Einfluss auf das Valencianische größer als in den nordkatalanischen Dialekten. Das sieht man an typisch valencianischen Wörtern wie safa (kat.: palangana/rentamans, Waschschüssel), fardatxo (kat.: llangardaix, Eidechse), samaruc (eine kleine Fischart, die nur in Valencia vorkommt), alacrà (kat.: escorpí, Skorpion), almàssera (kat.: trull, Ölmühle), safanòria (kat.: pastanaga, Karotte), abellota (kat.: aglà, Eichel), alcalde (kat.: batle/batlle, Bürgermeister) und nicht zuletzt an den zahlreichen Ortsnamen arabischen Ursprungs (in Valencia über 300, in Nordkatalonien 4) wie Benicàssim, l’Alcúdia, Albaida, Alcàsser, Almudaina, Alzira, Albuixec, Benicalap, Vinaròs, Burjassot, Alacant (Alicante), Benicarló oder Benagéber. Wenn man nun davon ausgeht, dass das Katalanische mit der Wiederbesiedlung nach Valencia und auf die Balearen kam, dort mit dem Mozarabischen und Arabischen in Kontakt trat und so die jeweiligen Dialekte entstanden, scheint mir diese Theorie die schlüssigste zu sein.

Entstehung des Katalanischen

Die Entstehung des Katalanischen und der Einfluss des Substrats, der Romanisierung und der Arabisierung auf die Entstehung der katalanischen Dialekte. (Antoni I. Alomar, http://blocs.mesvilaweb.cat/node/view/id/38603)

Natürlich ist die Reichweite der katalanischen Sprache nicht vergleichbar mit der des Spanischen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es die Sprache nicht wert wäre, gelernt zu werden. Für mich ist es eine wunderschöne Sprache, die ich auch selber gerne unterrichte, auch wenn das Interesse dafür leider nicht besonders groß ist. Aber immer mehr Universitäten bieten es als Studienfach an (mehr als 150 Universitäten weltweit, davon 20 in Deutschland, 20 in Großbritannien, 20 in den USA und nur 7 im Rest Spaniens), das Institut Ramon Llull in Berlin (auch vertreten in London, Paris und New York) oder der Verein El Pont Blau in Hamburg bemühen sich, die Sprache und Kultur Kataloniens und der anderen katalanischsprachigen Regionen im Ausland bekannter zu machen und scheinen schon kleine Erfolge zu erzielen. Aber sie verdanken es Barcelona, als eines der wichtigsten Touristenziele in Europa und gleichzeitig Aushängeschild der katalanischen Sprache, und dem FC. Barcelona, als eine der besten Fußballmannschaften der Welt, dass es immer mehr Leute gibt, die immerhin schon wissen, dass es das Katalanische überhaupt gibt. So kann ich jedem, der in Barcelona, der Costa Brava (kaum zu glauben, aber auch Lloret de Mar und Calella), der Costa Daurada, Valencia, der Costa Blanca (ja, auch Calpe und Benidorm gehören dazu, auch wenn es dort weniger gesprochen wird) oder im Hinterland von Mallorca oder Ibiza Urlaub macht, nur empfehlen, ein paar Wörter Katalanisch zu lernen und zu benutzen. Schaden wird es auf keinen Fall, und natürlich kommt man auch mit Spanisch weiter, aber die besten Erlebnisse hat man meistens erst dann, wenn sich die Einheimischen darüber freuen, dass man ihre Sprache kennt. Und ein paar Brocken reichen da allemal. Man weiß nie, welche Türen es einem öffnet. Auf jeden Fall werden die Leute hilfsbereiter, freundlicher und gastfreundlicher sein, das ist sicher.

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2 Gedanken zu “El català – Das Katalanische

  1. De fet „llapis“ com molts de mots en el lèxic escolar (*pissarra, *llibreta…) és catanyol, és a dir castellà adaptat. En tinc una llista d’aquest lèxic escolar amb proposicions per a desinsterferir-lo

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    • Home, penso que no cal „desinterferir-lo“ tot. Hi ha paraules q sorgiren perquè sembla ser q són típiques de la Península Ibèrica („llapis“ podria ser-ne un exemple, perquè també existeix en portuguès, i, a més, en italià). Sobretot si es tracta de lèxic antic i adaptat al català, penso q no cal desinterferlr-lo. Els castellanismes recents ja són un altre tema. Però bé, sempre hi haurà els qui pensen q no s’està fent prou per „purificar“ la llengua (Bibiloni, Virgili, etc.) i els qui pensen q no cal fer res (els del „català light“). A mi m’agradaria trobar un punt intermedi. La llista de les proposicions, la tens a mà?

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